Suhrkamp-Verlagschef Günter
Berg
geschaeftsleitung(at)suhrkamp.de im
SPIEGEL:
"Die Zionismuskritik und die Argumente Honderichs gegen Israel und seine
moralischen Rechtfertigungsstrategien sind für unseren Verlag nicht
tragbar."
Dazu meine Frage an Herrn Berg:
Als Kollege, Jude, Demokrat und Zionist, allerdings keiner, der vor
Israels Unrecht die Augen verschließt, die Ohren verstopft und den Mund
nicht aufmacht, frage ich Sie, warum die Zionismuskritik für Ihr Haus
nicht tragbar ist? Für mich war der Name Suhrkamp immer ein Synonym für
Kritik, kritische Kultur. Gibt es überhaupt eine "nicht tragbare
Kritik"? Und das auch noch im Verlag von Ernst Bloch, Theodor Adorno,
Bertold Brecht und nicht zuletzt Frantz Fanon, der in seinem bei
Suhrkamp erschienen Buch geschrieben hat: Wir werden zu dem, was wir
sind, nur durch die innere radikale Negation dessen, was man aus uns
gemacht hat. Was anderes hat Honderich auch nicht sagen wollen.
Honderichs Buch ist alles andere als eine "Aufforderung zum Judenmord",
sondern eher eine Aufforderung über den Mord an Palästinenser
nachzudenken und zu diskutieren. Sie stattdessen wollen keine
Diskussion, wollen keine Debatte sondern das Verbieten des Buches, was
einem Verbrennen nahe kommt.
Meinen Sie den Israelis oder gar den Juden einen Gefallen damit zu tun,
wenn Sie das Buch aus dem Verkehr ziehen? Seit wann "verbrennt" ein
Verleger Bücher und Autoren? Wollen Sie etwa den Spieß jetzt umdrehen
und solche Bücher verbrennen, auf den Scheiterhaufen werfen, die Unrecht
beim Namen nennen und den Kampf um Freiheit, Unabhängigkeit und ein
eigenes menschenwürdiges Leben rechtfertigen?
Peter Suhrkamp und Siegfried Unseld drehen sich sicherlich im Grabe
angesichts solch rigider Verlagspolitik, solch Verdrehung der Moral und
Verzerrung der Realität. In der Auseinandersetzung im Nahen Osten sind
nicht die Juden die Opfer, sondern die Täter, selbt wenn Micha Brumlick
meint, daß das "nicht tragbar" sei. In Wirklichkeit ist es für Micha
Brumlick weniger "nicht tragbar" als vielmehr unerträglich. Deshalb ist
er bei dieser Wahrheit wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen und
diese grundsätzliche Frage vom Zentrum wieder in den Rand verdrängt,
indem er "Antisemitismus" geschrien hat, die seit Jahren bewährte Keule
bei unerträglichen Wahrheiten.
Was soll aus dem kritischen Suhrkamp Verlag werden? Ist es immer noch
die geistige Heimat der vielen kritischen Autoren? War den die
moralische Rechtfertigungsstrategie mit der Ihr Autor Peter Handke den
Diktator und Verbrecher Slobodan Milosovicz verteidigt hat nicht auch
eigentlich "nicht tragbar" und für viele sogar unerträglich? Siedfried
Unseld, bestimmt kein Freund dieses Diktators, hat es dennoch ertragen
(müssen), weil er Achtung vor seinen Autoren Handke hatte. Und Sie? Sie
ziehen sofort den "Sch..." ein bei der ersten unverschämten und
untragbaren Kritik eines Micha Brumlick, der es gar eilig hatte den
moralischen Podest zu besetzen, von dem erst kürzlich der Moralapostel
Friedman gestürzt wurde. Wir haben doch eigentlich die Nase voll von
solchen falschen Propheten. Sie etwa nicht?
Mit freundlichen Grüßen
Abraham Melzer