Bundeskabinett beschließt Definition von
Antisemitismus
Donnerstag, 21. September 2017 09:13
Die Bundesregierung hat am Mittwoch die von der
International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA)
vorgelegte einheitliche Arbeitsdefinition von
Antisemitismus beschlossen und folgt damit der
Empfehlung des Unabhängigen Expertenkreises
Antisemitismus. Dazu erklärt der Vorsitzende der
Arbeitsgruppe Menschenrechte und humanitäre Hilfe
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Brand:
„Der Beschluss des Bundeskabinetts ist ein klares
Bekenntnis unseres Landes, Antisemitismus in keiner
Form zu dulden oder zu tolerieren. Deutschland setzt
sich nach innen wie nach außen für eine
differenzierte Auslegung des Begriffes ein, der
dieses menschenverachtende Phänomen beschreibt.
Es ist besorgniserregend, dass antisemitische
Vorurteile zunehmend offener geäußert werden, gerade
solche, die sich auf den Staat Israel als jüdisches
Kollektiv beziehen. Das darf uns nicht ruhen lassen,
weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene.
Darum treten wir jeder Form von Antisemitismus mit
aller Entschlossenheit entgegen. Dazu braucht es die
tatkräftige Unterstützung von Opfern ebenso wie
verstärkte Bildungs- und Aufklärungsarbeit in
Schulen wie in der Erwachsenenbildung.“
Hintergrund:
Die Begriffsbestimmung wurde im Mai 2016 von den 31
Mitgliedstaaten der IRHA verabschiedet. Israel,
Großbritannien, Österreich und Rumänien stimmten der
Definition bereits zu. Sie lautet: „Antisemitismus
ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich
als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der
Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen
jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder
deren Eigentum, sowie gegen jüdische
Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“
Mit der Arbeitsdefinition wird das Ziel verfolgt,
Antisemitismus möglichst früh zu erkennen, um ihn
entschlossen bekämpfen zu können. Sie soll
insbesondere in der Schul- und Erwachsenenbildung
sowie in der Justiz und der Exekutive verwendet
werden.
Freigegeben in
Berlin
Quelle
Bundesregierung beschließt
einheitliche Antisemitismus-Definition
-
In Deutschland ist künftig eine international
ausgearbeitete Definition von Antisemitismus gültig.
Dadurch soll die Strafverfolgung vereinfacht werden.
- 20. September 2017 - Quelle: ZEIT ONLINE
Die Bundesregierung hat beschlossen, sich der
internationalen Definition von Antisemitismus
anzuschließen. Dadurch soll erreicht werden,
verschiedene Ausprägungen von Antisemitismus
möglichst früh zu erkennen und zu bekämpfen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) stellte
die Arbeitsdefinition gemeinsam mit Außenminister
Sigmar Gabriel (SPD) in der Ministerrunde vor. "Wir
Deutschen sind besonders wachsam, wenn
Antisemitismus in unserem Land um sich zu greifen
droht", sagte de Maizière.
Die Definition beruht auf Arbeiten der
Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken
(IHRA). Sie lautet: "Antisemitismus ist eine
bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass
gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus
richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder
nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren
Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen
oder religiöse Einrichtungen." >>>
IMMER
NOCH EINE MÖGLICHKEIT ANTISEMITISMUS ZU
ERFINDEN
"Antisemitismus im
Gewand vermeintlicher Israelkritik gilt es ebenso zu
bekämpfen wie die alten Vorurteile gegenüber Juden",
sagte der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster.
Quelle
http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/127/1812784.pdf
Deutscher
Bundestag 18. Wahlperiode -
Drucksache 18/12784 -
20.06.2017
Antrag der
Abgeordneten Volker Beck (Köln), Monika
Lazar, Luise Amtsberg, Marieluise Beck,
Katja Dörner, Kai Gehring, Katja Keul,
Sven-Christian Kindler, Renate Künast, lrene
Mihalic, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von
Notz, Corinna Rüffer, Ulle Schauws,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Antisemitismus entschlossen bekämpfen -
Der
Bundestag wolle beschließen:
1. Der
Deutsche Bundestag stellt fest:
Antisemitismus ist in einer
freiheitlich-demokratischen Gesellschaft
nicht hinnehmbar. Es ist eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe,
Antisemitismus zu bekämpfen, und nicht nur
die von Jüdinnen und Juden. Antisemitismus
ist ein Problem, das die gesamte
Gesellschaft angeht und nur durch gemeinsame
Anstrengungen von Staat, Organisationen,
der Zivilgesellschaft und jeder einzelnen
Bürgerin und jedem einzelnen Bürger
nachhaltig angegangen und bekämpft werden
kann. Mit Blick auf die deutsche
Geschichte, die Vertreibung und
millionenfache Ermordung von deutschen und
anderen europäischen Jüdinnen und Juden
während der Shoa, aber auch auf die
aktuellen Zahlen zu antisemitischen
Einstellungen sowie verbaler und tätlicher
Gewalt ist es unser aller Verantwortung,
Aufgabe und Verpflichtung, gegen
Antisemitismus in seinen verschiedenen
Erscheinungsformen entschieden vorzugehen
und ihn entschlossen zu bekämpfen.
Am 24. April
2017 hat der vom Deutschen Bundestag
eingesetzte Expertenkreis Antisemitismus
seinen Bericht vorgelegt
(Bundestagsdrucksache 18/11970). Neben der
Aktualisierung der Ergebnisse, die der erste
Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus im
November 2011 als erste Bestandsaufnahme zum
Antisemitismus in Deutschland vorgelegt
hat, wurden im zweiten Bericht die
Perspektive der Betroffenen, erste
Erkenntnisse zu möglichem Antisemitismus
unter Geflüchteten und Entwicklungen im
Internet und sozialen Medien in den Blick
genommen.
Der Bericht
macht deutlich, dass Antisemitismus in
weiten Teilen der Gesellschaft verbreitet
ist und antisemitische Straftaten weiterhin
zur traurigen Realität Deutschlands zählen.
Zugleich macht der Bericht deutlich, welchen
Handlungsbedarf es seitens der Politik, der
Strafverfolgungsbehörden, im
Bildungsbereich, der Zivilgesellschaft und
der Präventionsarbeit gibt, um
Antisemitismus nachhaltig zu bekämpfen,
antisemitischen Einstellungen vorzubeugen
und Betroffene zu unterstützen.
Der Deutsche
Bundestag nimmt mit diesem Antrag die
Forderungen und Handlungsempfehlungen des
Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus
als Grundlage, um Antisemitismus auf allen
Ebenen entschlossener zu bekämpfen und
vorzubeugen.
Drucksache
18/12784
-2-
Deutscher
Bundestag - 18. Wahlperiode
Für die
konsequente Erfassung, Ahndung und
Prävention ist eine einheitliche
Arbeitsdefinition von Antisemitismus
wichtig. Diese dient als Grundlage zur
Beurteilung antisemitischer Taten, sowohl
bei Strafverfolgungsbehörden als auch in der
Reflektion von Bildungsprogrammen und
Präventionsmaßnahmen. Die vielfältigen
Erscheinungs- und Ideologieformen von
Antisemitismus müssen sich in der
einheitlichen Definition widerspiegeln,
auch wenn Definitionen - wie im Bericht des
Unabhängigen Expertenkreises beschrieben -
immer nur Annäherungen an das Phänomen sein
können. Die International Holocaust
Remembrance Alliance (IHRA) hat 2016 eine
Definition zu Antisemitismus formuliert,
die mittlerweile von Großbritannien und
Österreich angenommen wurde. Zentrales Ziel
des Vorsitzes der Bundesrepublik
Deutschland bei der Organisation für
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
(OSZE) war, dass diese Definition in allen
Mitgliedstaaten angenommen wird. Anders als
in Großbritannien und Österreich wurde
diese Definition aber bisher nicht im
Inneren übernommen, was zu einer fehlenden
Konsistenz bei der Bekämpfung und Prävention
von Antisemitismus führt.
Der
Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus hat
in seinem umfangreichen Bericht konkrete
Forderungen und Handlungsempfehlungen
formuliert, die zu einer Verbesserung der
Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus
in Deutschland führen können und einen
Schwerpunkt auf Maßnahmen legen, die auf
Bundesebene umgesetzt werden können. Die
Forderungen und Handlungsempfehlungen weisen
auf Schwachstellen in der Bekämpfung und
Prävention von Antisemitismus in
Deutschland hin und sollten angesichts der
hohen antisemitischen Einstellungen und
Straftaten als Grundlage für Verbesserungen
genommen werden.
II. Der
Deutsche Bundestag fordert die
Bundesregierung auf,
1.
die
Definition der IHRA zu Antisemitismus auf
Bundes- und Landesebene anzunehmen und
damit eine Konsistenz staatlicher Behörden
in der Bewertung und Beurteilung von
Antisemitismus herzustellen;
2.
die
zentralen Forderungen des Unabhängigen
Expertenkreises Antisemitismus bis zum
Jahresende 2017 umzusetzen bzw. mit der
Umsetzung zu beginnen:
a)
Berufung einer/eines
Antisemitismusbeauftragten und Verstetigung
eines unabhängigen Expertinnen- und
Expertenkreises;
b)
konsequente Erfassung, Veröffentlichung und
Ahndung antisemitischer
Straftaten;
c)
dauerhafte Förderung von Trägem der
Antisemitismusprävention;
d)
Schaffung einer ständigen
Bund-Länder-Kommission;
e)
langfristig angelegte Forschungsförderung
zum Antisemitismus;
3.
dem
Deutschen Bundestag bis September 2018 einen
Bericht über den Stand der Beurteilung oder
Umsetzung der Handlungsempfehlungen des
Unabhängigen Expertinnen- und
Expertenkreiseses Antisemitismus durch Bund
und Länder vorzulegen.
III. Der
Deutsche Bundestag verpflichtet sich,
jeder Form des
Judenhasses und des Antisemitismus schon im
Entstehen in aller Konsequenz entschlossen
entgegenzutreten. Wir sind dankbar für das
vielfältige jüdische Leben und die erneute
Verwurzelung jüdischer Kultur in
Deutschland. Ein starkes und vielfältiges
Judentum bereichert das Zusammenleben und
festigt den Zusammenhalt in Deutschland und
Europa.
Berlin, den
20. Juni 2017
Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter
und Fraktion
1. und 11.1:
Die
Antisemitismusdefinition der IHRA,
www.holocaustremembrance.com/sites/default/files/press
_release _ document_antisemitism.pdf )
lautet: ,,Antisemitismus ist eine bestimmte
Wahrnehmung von Juden, die im Hass auf Juden
Ausdruck finden kann. Rhetorische und
physische Manifestationen von Antisemitismus
richten sich gegen jüdische oder
nicht-jüdische Individuen und/oder ihr
Eigentum, gegen Institutionen jüdischer
Gemeinden und religiöse Einrichtungen."
II.2a- e
Dies sind die
zentralen Forderungen des Unabhängigen
Expertenkreises Antisemitismus
(Bundestagsdrucksache 18/11970, S. 14 f.).
1. und II.2a -
e
Das
Europäische Parlament hat am 1. Juni 2017 in
einem Entschließungsantrag der Fraktionen
EVP, SD und ALDE Forderungen zur Umsetzung
von Maßnahmen zur besseren Vorbeugung und
Bekämpfung von Antisemitismus in den
EU-Mitgliedstaaten gestellt (B8-0383/2017).
Zentrale Forderungen decken sich mit denen
des Unabhängigen Expertenkreises
Antisemitismus, u. a. die Annahme der
Antisemitismusdefinition der IHRA (Ziffer
2), die Berufung eines Koordinators zur
Bekämpfung von Antisemitismus (Ziffer 5),
die finanzielle Unterstützung für
zivilgesellschaftliche Organisationen und
Bildungsträger (Ziffer 7) und die Einführung
eines „umfassenden und effizienten Systems
für die systematische Sammlung
zuverlässiger, relevanter und vergleichbarer
Daten" (Ziffer 12).
Vergleiche
auch Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache
18/0272.
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