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Texte von Arn Strohmeyer

Michael - Lueders - Krieg -ohne - Ende
Die Israel-Verteidiger in der Klemme:
Über 100 Jahre Widerstand gegen Zionismus
Getreu der zionistischen Weltanschauung
Partnerschaft zwischen Südafrika + Israel
Brief an den  Dr. Nils Minkmar - SZ
Antwort auf Aleida Assmanns Versuch - Judenhass
Habeck - Apostel der doppelten Moral
Die israelische Tragödie
Tamar Amar-Dahl - "Siegeszug des Neozionismus"
Weltbild von Mathias Döpfner
Gerechtigkeit für Roger Waters!
Israel-Politik radikal überdenken
Andenken an Toten des Holocaust missbraucht
Omri Boehm ein antisemitisches Buch?
Zionistenschreiben vor, wie an Holocaust zu erinnern.
Tragödie des Zionismus
Palästinenser dürfen in Erinnerungspolitik nicht vorkommen
Genozid wäre besser gewesen
Deutsche Erinnerungspolitik ohne Palästinenser
Plädoyer Ungleichheit der Menschen
Deutschland eine Bananenrepublik?
Situation derPalaestinenser unter zionistischer Besatzung
Ist Banksy ein Antisemit?
Israel ein Apartheidstaat wie Südafrika?
Streit um die Kasseler Documenta
Rezension - Abraham Melzer-  Ich bin (k)ein Antisemit!
Afghanische Sanndalentraeger besiegten USA
Gemeinsame Werte mit einem Apartheidstaat?
Der Welt droht ein neuer Kalter Krieg
Die Antideutschen
Chefs des Springer-Konzerns Mathias Döpfner
„Apeirogon“ des irischen Autors Colum McCann
Lapid - Imagpflege, neue Einsichten?
„1984“ - israelische Cyber-Software“
BDS -  Hoffnung der Palästinenser“
Das Ende einer Illusion
Kampf gegen Windmühlenflügel
Die grüne Kanzlerkandidatin
Palästina in israelischen Schulbüchern
Die Nakba soll zu Ende gebracht werden
Westliche Propaganda - Aufteilung der Welt in Gut+ Böse
Die Jerusalemer Erklärung - Antwort auf die IHRA
Werder Bremen übernimmt die IHRA-Definition
Joseph Melzer - Ich habe neun Leben gelebt.
Holocaustgedenktag 2021
Inhalt der BDS-Resolution nicht erwähnen
Bücher - Positionen zum israelbezogenen Antisemitismus
Kariere von Sawsan Chebli
Martialisches Erinnern
Das zynische Angebot
Omri Boehms - liberaler und humaner Zionismus!
Omri Bohm - Israel - eine Utopie
Darstellung des Zionismus  für Israels Politik Problem
Zionismus untergräbt Werte des Judentums
Gaza ist Überall!
Israel und das Apartheid-Südafrika
Fall Achille Mbembe kein Einzelfall
Eine deutsche Debatte im Jahr 2020
Achille Mbembe - Eigentor von Felix Klein
Was trägt Israel  zum Judenhass bei?
Antideutsche - Antisemitismus und Nahostkonflikt
Nirit Sommerfeld - Stimme des anderen Israel
Symbol für den Freiheitskampf
Krieg gegen das palästinensische Volk
Treueschwüre für einen Besatzerstaat
Zur Kriegsgefahr im Nahen Osten
Der  ideologische Blick auf Israels Geschichte
Kein Friedensstern über Bethlehem
G. Hanloser - Abgesang auf die Antideutschen
Bundesregierung will Hisbollah verbieten
Jürgen Todenhöfer - Die große Heuchelei
Spiegel - zu Israel-kritischer Positionen kein Wort
Gegenwärtige Hexenjagd auf „Antisemiten“
Hungert sie aus!
Das Beispiel Dr. Dr. Marcus Ermler
Hans-Jürgen Abromeit sagt die Wahrheit
Israel zieht belastende Dokumente aus dem Verkehr
Definiert Israels Regierung was Antisemitismus ist
Der Kushner-Plan -Totgeburt
Israels Politik -  zynisch, autoritär und reaktionär
Bremen verweigert Kritik an Israel
Wahlen ohne Opposition und Alternative…
Man unterscheidet zwischen "guten" und "bösen" Juden
BDS-Aktivisten auf „Krawall“ reduziert
Israel Siedlungen auf dem Mond?
Die Mauer als Symbol des Scheiterns
Wider den Mainstream
Triumph des moralischen Nihilismus
Mythos - Vertreibung der Juden aus arabischen Ländern
Frieden auf Erden“ –  nicht in Palästina
Zensur der evangelischen Kirche
Lehrer nach Yad Vashem
Evangelische Kirche und Israels Unrechtspolitik
Hysterie bis zur Paranoia
Klassischer Fall von Geschichtsfälschung
Bremer Innensenator Mäurer hat Recht
Die „Israelisierung der Welt“
Trumps "Deal" Verrat an Palästina
Wikipedia ist der Manipulation überführt
Klassischer Fall von Geschichtsfälschung
Juden und Muslime in Auschwitz
Israels Sanktionen - Iran
Zum Tod von Felicia Langer
„WerteInitiative“  - Schlag gegen Bettina Marx
Stopp gegen Antisemitismus-Hysterie
Palästina - Realität wird zum Tabu
Tom Segevs Ben Gurion-Biographie
Deutschland, Israel + der Antisemitismus:
Präsident Abbas‘ missverständliche Rede
Unterstützung Arbeit Antisemitismus-Beauftragten
Die inszenierte Hysterie
Entstehung Israels als Heldenepos
70 Jahre Israel – 70 Jahre Siedlerkolonialismus
Skandalöse Geschichtsklitterung
Heiko Maas  in Israel
Was für ein Staat!
Heiko Maas - Kniefall nach Israel
Meinungsfreiheit für Palästinenser in Bremen
Rolf Verleger - Hundert Jahre Heimat_Land
Israel hat den Frieden nie gewollt.
Weihnachten 2017
Gefängnisstrafen und Sippenhaft
Nimmt der Antisemitismus zu?
Stramm hinter Trump
Hermann Kuhn demonstriert  Nichtwissen
Deutsche Kampfflieger über Israel
„Sie weichen den wirklichen Problemen aus“
Rezension - Abraham Melzer: Die Antisemiten-Macher
Rezension - Abraham Melzer: Mit Feuer und Blut
Die kopernikanische Wende
Martin Schulz Kotau vor der Israel-Lobby
„1984“ auf israelisch
Rückfall in die Vormoderne
Michael Wolffsohn hat sich disqualifiziert
Rezension - M. Peled - Der Sohn des Generals
Analysen des antizionistischen Isaac Deutscher
Film - Der Hass auf Juden in Europa
14. Dokumenta - Ahlam Shibli
Michael Lüders Buch „Die den Sturm ernten“
Jenseits aller Wirklichkeit
„Im Gefängnis, weil  Palästinenser“
Das Lehrbeispiel BDS
DIG Aufruf gegen Kritiker
Broder - BDS + die Endlösung
Zwischen „Lügen- “ und „Lückenpresse“
Frieden auf Erden... nicht im Heiligen Land
Ist Deutschland eine Bananenrepublik?
Hat Jakob Augstein der Mut verlassen?
Israel-Berichterstattung - doppelte Standards
Propaganda-Lügen gegen den Frieden
Antisemitismus – „Missverständnis der Geschichte“?
Wann ist Kritik an Israels antisemitisch
Die Lobby schlägt zu
Geheimsache Heron TP
Claude Lanzmann -  Palästina-Konflikt
Die Israel-Lobby und die HAWK
Ein Humanist?
„Die Hamas ist an allem schuld“
Ein Krieger und Verächter des Völkerrechts
Proteste und Demonstrationen nicht Antisemitisch
Der Streit um Israels „Existenzrecht“
„Journalismus“ á la Benjamin Weinthal
„Methodisch betriebener Wahnsinn“
Dank an Benjamin Weinthal
Albert Einstein muß als Zeuge herhalten
Wenn Weinthal wieder einmal zuschlägt ...
Rezension von  Kurt O. Wyss
Noch mehr Israel-Kritiker geschafft
Interview mit Abdallah Frangi
Benjamin Weinthal verhindert Vortrag Arn Strohmeyer
„Lügenpresse“ oder kritikloser Philosemitismus?
Ein Weihnachtswunsch
Abraham Melzers Buch „Israel vor Gericht“
Rezension - Petra Wild: Die Krise des Zionismus
Gipfel der Absurdität
Daniel Killy diffamierte seinen früheren Arbeitgeber
Rezension - Die Hölle von Gaza - Spiewak
Rote Karte für Israel!
Der Antisemitismus-Vorwurf als Rufmord
Ist Israel ein verrückter Staat?
„Oslo war ein Kapitulationsabkommen“
Rezension - Ilan Pappe -  „Die Idee Israel"
Wenn eine Jüdin den Zionismus kritisiert...
Leseprobe 3 - Antisemitismus – Philosemitismus
Leseprobe 2 - Antisemitismus – Philosemitismus
Leseprobe 1 - Antisemitismus – Philosemitismus
Inhalt - Antisemitismus – Philosemitismus
Buch - Antisemitismus – Philosemitismus
Kontrolle über Israels Atomwaffen?
Rezension - Sven Severin: Shalom ist nicht Frieden.
Werte der USA und Europas Doppelmoral
Antwort auf Uri Avnerys Artikel Die wirkliche Nakba
Rezension - Israel – Im permanenten Kriegszustand
Zwischen Doppelmoral und Lebenslügen
Die Herren über Leben und Tod
Dauerbrenner Antisemitismus
Weglassen, vertuschen und manipulieren
Napoleoni - Die Rückkehr des Kalifats.
Presseboykott gegen  Nakba-Ausstellung Bremen?
Der Streit um die historische Wahrheit
Am besten das Völkerrecht abschaffen.
Anschläge Paris - Stunde der Heuchler
Die Legenden von den vertriebenen Juden
Linkspartei und die Verletzer der Völkerrechte
Für Israel Frieden unmöglich.
Zionismus vor seinem historischen Ende?
Antisemitismus-Gefahr als politische Waffe
Eine genau kalkulierte Kampagne
„Ein Massaker schlimmsten Ausmaßes!“
Dieter Graumann und die westlichen Werte
Willkommener Anlass
Die EU als zahnloser Papiertiger
Antisemiten überall
Uri Avnery relativiert die Nakba
H. Baumgarten - Kampf um Palästina
Ein bedeutender Schritt zur Versöhnung
Bremer Evangelische Kirche -  Frieden Nah Ost
„Warum provoziert Ihr Israel immer so?“
Interview mit  Reuven Moskowitz
Israels große Propagandainszenierung
Unkritische Unterstützung Israels.
Tumulte in der Knesset
Rezension - Israel kontrovers
Ariel Sharons brutale Gewaltpolitik
Neuerscheinung Ilan Pappes Buch?
Ilan Pappe - „Eethnische Säuberung Palästinas
Schweigen der Christen im Nahen Osten
Feldmans Film „The Lab“
Mythos - Vertreibung der Juden
Rezension - Viktoria Waltz -  „Monopoly“
Shlomo Sand - Ich steige aus.
Palästinenser Testpersonen für Rüstungsindustrie
Israel steht unter Verdacht
Rezension - Buch Ekkehart Drost
3. Israelkongress in Berlin
Die Angst vor der Wahrheit
Was kommt nach dem Zionismus?
Führt Obama Israels Krieg?
Haben nur Palästinenser „Blut an den Händen“?
Ein Bantustan-Staat für die Palästinenser?
Zionismus + arabischer Antisemitismus
Ethnische Säuberungen
Juden unerwünscht?
Wenn Israel fällt, fällt auch der Westen!“
Nachruf auf Stéphane Hessel
Streit um Augsteins „Antisemitismus“ geht weiter
Zerstört Israel sich selbst?
Broders taktischer Rückzieher
Solidarität mit Jakob Augstein!
Sollen Patriot-Raketen Israel schützen?
Von der Macht der Denunzianten
Rezension Rudolph Bauer - Wer rettet Israel
Netanjau in Berlin zum völlig falschen Zeitpunkt
Mit der UNO auf Kriegsfuß
Generalangriff auf die Mythen des Zionismus
Gaza - Schweigen die Waffen?
"Sicht der Armee  kein ethisches Problem“
Erwiderung auf Charlotte Knobloch
Atmosphäre der Angst
Keine Chance für die Vernunft?
These vom Mord an Arafat
„Hier wird Israel pauschal diffamiert“
D. Barenboim:„Nur ein Psychiater kann  helfen!“
In Nibelungentreue an Israels Seite?
Merkels abenteuerlicher Kriegskurs
Der Dichter, Israel und die Denkverbote
Genug der Heuchelei! - Günther Grass
Auf Mythen keinen Frieden aufbauen
Brief an Ralph Giordano
Ilan Pappe -  Wissenschaft als Herrschaftsdienst
Nazi-Analogien in Israel
Interview mit Abdallah Frangi
Abdallah Frangi - Der Gesandte
Israeltag 2011 - Bremer Schulen
Ein Akt historischer Gerechtigkeit
Israel-Propaganda an deutschen Schulen ?
„Boykott ist eine absolute Notwendigkeit“
Rezension - Finkelstein „Israels Invasion in Gaza“
Die Partei „Die Linke“ + das Existenzrechts Israels
„Wir wollen die ganze Region befreien“
Ergänzung - Brief Bürgermeister Jens Böhrnsen
Offener Brief - Bürgermeister Jens Böhrnsen
Helmut Schmidt + R. von Weizsäcker Antisemiten?
Sind Boykottaktionen antisemitisch?
Boykott gegen Früchte aus Israel
Stéphane Hessel - Empört Euch!
Todenhöfer - Warum tötest Du, Zaid?
Arabische Aufstände düpieren den Westen + Israel
Verzweifeln an Israel
In der Falle der Stammesideologie
Wer glaubt an Friedensbotschaften
Kotau vor Merkels Nahost-Politik
Wie man Antisemiten produziert
Im Gleichschritt mit Israel?
Was ist Antisemitismus
Gibt es  "neuen" Antisemitismus? - Klug Brian
Was sind "jüdische Gene"? - Thilo Sarrazin
Zionistischer Angriff auf Wikipedia
Moshe Zimmermann: Angst vor Frieden
Verwirrung der Begriffe?
Offener Brief  Weser-Kurier-Artikel - 16. 06. 2010
Iris Hefets gewann Prozess gegen Lala Süsskind
Mordaktion nach Piratenmanier
Israel will keinen Frieden
Solidarität mit Iris Hefets!
Sieg der Spermien und Gebärmütter
Hajo Meyer - Radikale Kritik am Zionismus
Interview mit Norman G. Finkelstein
Gespräch mit Yehuda Shaul
Interview mit Yahav Zohar
Broder - Aufklärung + Untergang
„Israel streut der Welt Sand in die Augen“
„Hitler besiegen“
Interview mit Moshe Zuckermann
Bethlehem 2008
Volk ohne Hoffnung
Brief Präsidium J. G. Bremen
Interview Felicia Langer

 




 

Gemeinsame Werte mit einem Apartheidstaat?

Die deutsche Erinnerungspolitik ist in die Kritik geraten / Die kruden Thesen Samuel Salzborns zur Aufarbeitung der NS-Zeit

Arn Strohmeyer - 28. 2. 2022

Die deutsche politische Elite wird nicht müde, die Aufarbeitung der NS-Diktatur mit all ihren Verbrechen als „Erfolgsgeschichte“ zu feiern. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier tat das anlässlich des Holocaust-Gedenktages in Yad Vashem und Bundeskanzlerin Angela Merkel zum 60. Gründungsjubiläum in der Knesset. Nun muss man diesem selbsterhöhenden Lob entgegenhalten, dass die deutsche Erinnerungspolitik sich in einem großen Dilemma befindet, wenn nicht sogar gescheitert ist, denn sie beruhte von Anfang an auf sehr fraglichen moralischen Voraussetzungen. Sie hat immer auf das sehr enge fast symbiotische Verhältnis zu Israel gesetzt – eines Staates, dessen Entstehung auf einem großen Verbrechen – der ethnischen Säuberung Palästinas (der Nakba) – beruht. Und diese ethnische Säuberung dauert bis heute an.

Die deutsche Erinnerungspolitik müsste sich eigentlich die Frage stellen, wie man das moralisch-universalistische Vermächtnis des Holocaust mit einem Staat teilen kann, dessen Erinnern an den Holocaust ganz einseitig nicht universalistisch, sondern partikularistisch-zionistisch ist und ein ganzes Volk seit über siebzig Jahren in brutaler Weise unterdrückt. Kann es da gemeinsame Werte geben? Dazu kommt etwas anderes. Israelische Autoren wie Moshe Zuckermann oder Abraham Burg haben nachgewiesen und beklagt, dass dieser Staat die Toten des Holocaust nicht zweckfrei – also um ihrer selbst willen – erinnert, sondern sie sehr zweck- und zielgerichtet instrumentalisiert – für politische, militärische, wirtschaftliche und kulturelle Ziele.

Selbst die Gründung des Staates wird mit dem Genozid gerechtfertigt und auch das unmenschliche Vorgehen gegen die Palästinenser: „Wir haben den Holocaust durchgemacht, uns ist alles erlaubt!“ Man macht dieses Volk, das mit dem Holocaust nichts zu tun hatte, zu den „neuen Nazis“, um einen Vorwand zu haben, ihm sein Recht auf Freiheit und Souveränität zu verweigern.

Die deutsche Erinnerungspolitik ist mit der israelischen vollständig identisch und erhebt deshalb kein Wort der Kritik gegen die Unmenschlichkeit der israelischen Okkupationspolitik. Sie ist deshalb unglaubwürdig, weil sie auf moralisch zweifelhaften Fundamenten beruht. Für diese These habe ich – wenn auch mit einer ganz anderen Begründung – Zuspruch und Bestätigung von einem Autor erhalten, den ich eigentlich als politischen Opponenten betrachte: Samuel Salzborn. Dieser umstrittene deutsch-jüdische Sozialwissenschaftler und Antisemitismus-Beauftrage des Landes Berlin sieht die von deutscher Seite proklamierte „Erfolgsgeschichte“ der Erinnerung als gescheitert an, weil es eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus – vor allem mit dem Holocaust – nur rudimentär gegeben habe. Deshalb entpuppe sich das Paradigma von der „Erfolgsgeschichte“ heute als „geschichtspolitische Illusion“. Ja, er setzt noch eins drauf und bezeichnet diese vermeintliche deutsche Selbstgewissheit als eine „freie Erfindung“ und die „größte Lebenslüge der Bundesrepublik“.

Die Aufarbeitung habe, wenn überhaupt, nur eine kleine links-liberale Elite geschafft. Der Rest der Bevölkerung, betont Salzborn immer wieder, lebt in der „Erinnerungsverweigerung“, „bei der bis heute im nationalen und vor allem familiären Gedächtnis die Weigerung in die Einsicht dominiert, dass – je nach Alter – der eigene Vater oder die eigene Mutter, der eigene Opa oder die eigene Oma, der eigene Uropa oder die eigene Uroma schuldig waren.“ Mit anderen Worten: So gut wie alle Deutschen waren und sind schuldig – persönlich-moralisch, politisch und je nach den Umständen auch juristisch. Die Schuld wird noch an die Enkel weitergegeben, die nun noch deutlichere Formen der Erinnerungs- und Schuldabwehr an den Tag legt. (Als Fußnote sei gefragt: Was ist mit den Antideutschen – einer Bewegung, die die deutsche Nation ablehnt, sich total mit Israel identifiziert und inzwischen über beträchtlichen Einfluss verfügt? Salzborn erwähnt sie nicht einmal, wie alles, was nicht ins Bild passt.)

Und nicht nur das. Die große Mehrheit der Deutschen betreibt nach Salzborn nicht nur eine Erinnerungs- und Schuldabwehr, sondern sie huldigen einem Opfer-Mythos, dem Mythos der Kollektivunschuld, dessen Basis die Verweigerung der Erinnerung an den Holocaust ist. Damit ist es aber auch noch nicht genug. Aus dem Wunsch heraus, sich von der Vergangenheit zu entlasten, entsteht ein Schuldabwehr-Antisemitismus – „nicht trotz, sondern wegen Auschwitz“. Das ist nach Salzborn so zu verstehen: Die deutsche Erinnerungspolitik macht die Juden für die Folgen des Holocaust verantwortlich, weil sie den Massenmord an den europäischen Juden als negative Störung der nationalen Erinnerungskompetenz empfindet. (Das erinnert an den sarkastischen Satz, dass die Deutschen den Juden Auschwitz niemals verzeihen werden.) Die Deutschen machen also aus den Opfern Täter.

Anders gesagt: Die Deutschen haben ein starkes Bedürfnis nach nationaler Identität und streben einen Schlussstrich an, um Normalität zu erreichen, aber da ist die schreckliche Erinnerung an den Holocaust im Weg. Die Deutschen stellen sich aber nicht der Verantwortung für den Genozid an den Juden durch die Nazis, sondern verorten die Verantwortung bei den Opfern der deutschen Politik [also bei den Juden], die sich mit ihrem Schicksal nicht abfänden. Und daraus entsteht dann eben Antisemitismus, so Salzborn.

An anderer Stelle ist es die verdrängte Wut und der verschobene Hass auf die unbewussten Familienerbschaften, die sich bei der Generation der Nachgeborenen gegen die Juden richtet. Aber dieser Antisemitismus zielt nicht nur auf die Juden, sondern auch auf den Staat Israel. Es ist eben antiisraelischer Antisemitismus.

Gleich im ersten Kapitel seines Buches beschreibt Salzborn diesen Antisemitismus und seine Träger: „75 Jahre nach der Niederschlagung des Nationalsozialismus durch die Alliierten und der Befreiung der Welt von der deutschen Barbarei ist Antisemitismus allgegenwärtig weltweit, aber auch und gerade in Deutschland. Allgegenwärtig in der Form von palästinensischen Banden, die tagtäglich Israel terrorisieren, allgegenwärtig in Form von rechten und linken Verbündeten des antisemitischen Mobs in Europa, die zusammen mit Islamisten demonstrieren oder, mal der eine, mal der andere, verantwortlich zeichnen für Gewalt- und Propagandataten gegen Jüdinnen und Juden.“ Der renommierte Antisemitismus-Forscher Professor Wolfgang Benz stellt dagegen fest: „Ich sehe überhaupt keine neue Qualität. Ich würde auch gern die Wortwahl ‚antisemitische Ausschreitungen‘ hinterfragen. Es haben sich zum Teil seltsame Leute zusammengerottet. Einige haben blödsinnige Parolen gerufen. Das wird von Interessenten mit großem Widerhall als Wiederaufflammen des Antisemitismus dargestellt. Ich beobachte die Szene seit 30 Jahren. Seit 30 Jahren wird damit Politik und Stimmung gemacht.“   

Die deutsche Schuldabwehr steht also für Salzborn in engem Zusammenhang mit dem gegen Israel gerichteten Antisemitismus und der propalästinensischen Orientierung. Die familiäre Täterschaft wird ins Unbewusste verdrängt, aus dem es dann als Schuldabwehr, als Israel-Hass und als Palästinenser-Solidarität wieder hervorbricht. Die Solidarisierung mit den Palästinensern bezeichnet Salzborn als „wirkmächtige Projektionsorientierung“, weil sie eine psychische Funktion erfüllt: sie stelle einen vordergründigen Bruch mit der NS-Ideologie dar, der aber gar kein Bruch sei, sondern nur ein Rebellionssurrogat“, in dem das völkische und antisemitische Weltbild der Nazis weiter existiere. Die Abgrenzung zum Nationalsozialismus sei also nur scheinbar. Die Palästina-Sympathisanten rebellierten, ohne sich selbstkritisch in Frage zu stellen.

Ich muss gestehen, dass ich große Probleme habe, diese Argumentation mit ihren absurden Verallgemeinerungen, infamen Unterstellungen und hergeholten Kausalitätsbezügen zu verstehen. Es ist gar keine Frage, dass die Deutschen allergrößte Probleme hatten und haben, ihre verbrecherische Vergangenheit aufzuarbeiten. Aber das geht eben nur auf dem Weg, den der Historiker Eberhard Jäckel beschrieben hat: „Nur wer seine Vergangenheit und die Vergangenheit seines Volkes schonungslos betrachtet, wird von ihr frei. Er gewinnt dadurch eine Freiheit, auf die er stolz sein kann. Der Nationalstolz des mündigen Bürgers besteht nicht darin, die Vergangenheit seiner Nation zu rühmen. Sein Stolz ist es vielmehr, sie kritisch zu betrachten. Das macht ihn frei, und diese Freiheit macht ihn zukunftsfähig.“ Salzborns Proklamierung der Kausalkette Schuldabwehr, Erinnerungsverweigerung, Verdrängung, Wut, Antisemitismus, der sich vor allem auch gegen Israel richtet, ist keine wissenschaftliche Feststellung, sondern ein ideologischer Irrweg, der nicht weiterführt.

Salzborn macht einen großen Rundumschlag: Er differenziert nicht beim Blick auf die deutsche Gesellschaft. Im Grunde sind ihm zufolge alle Deutschen Antisemiten und noch zutiefst von der NS-Ideologie geprägt – ein Volk von Nazis eben, sieht man von einer kleinen links-liberalen Elite ab. Die Studentenbewegung von 1968, die sich gegen die eigenen NS-Väter richtete, der Eichmann-Prozess und die Auschwitz-Prozesse, die Wehrmachtsausstellung sowie eine Fülle kritisch-aufklärerischer Literatur über Hitler und seinen Staat, die vielen Menschen die Augen geöffnet haben, bei Salzborn kommt das alles nicht vor. Auch die deutsche Politik und die deutschen Medien nicht, die sich in ihrem unkritischen Engagement und einseitigen Parteinahme für Israel gegenseitig übertreffen. Er will die paranoide Idee, dass so gut wie alle Deutschen Hitler noch nicht abgeschworen haben, unbedingt aufrechterhalten.

Die deutsche Politik und die Erinnerungspolitik haben versucht, die deutsche Schuld vor allem mit der völligen Identifizierung mit Israel, mit einer vorbehaltlosen Symbiose mit diesem Staat, abzutragen, was nicht gelungen ist und von vornherein zum Scheitern verurteilt war, weil diese Symbiose sich in die völlige politisch-ideologische Abhängigkeit von dem zionistischen Staat begeben hat, eines Staates, dem Völkerrecht und Menschenrechte nichts bedeuten und damit selbst im diametralen Gegensatz zum moralischen Vermächtnis des Holocaust steht. Die deutsche Erinnerungspolitik musste scheitern, weil sie „eine egoistische Nabelschau ist, die sich in formalen Abstraktionen einerseits und unreflektiert selbstbezogenen Emotionsgewühl andererseits bewegt“, so beschreibt der Israel Moshe Zuckermann das deutsche Gedenken.

Auch davon weiß Salzborn nichts oder will es nicht wissen. Für ihn ist die deutsche Erinnerungspolitik gescheitert, weil die Deutschen nach wie vor Nazis sind und sich gar nicht erinnern wollen. Genauso blind ist sein Blick auf Israel. Er beschreibt ihn als „jüdischen und modernen Staat mit einer pluralistischen Gesellschaft“. Besatzung, Apartheid und die Unterdrückung eines ganzen Volkes als Basis der israelischen Staatlichkeit – für Salzborn existiert dies nicht. Kritik an Israels Okkupationspolitik ist natürlich israelbezogener Antisemitismus. Und im Hass auf diesen Staat sieht er die Deutschen eng vereint: islamistische Antisemiten, Neonazis und linke Anti-Imperialisten verbünden sich da. Er wirft alles in einen Topf, wobei er gar nicht exakt definiert, was er unter Antisemitismus versteht und er grenzt ihn auch nicht vom Antizionismus ab.

Eine empirische Studie des Konstanzer Psychologen Wilhelm Kempf, die auf umfangreichen Umfragen beruht, kommt der gesellschaftlichen Wirklichkeit sehr viel näher als Salzborns Spekulationen. Es ist sicher kein Zufall, dass er diese Studie auch gar nicht erwähnt. Kempf unterscheidet zwischen nicht-antisemitischen und antisemitischen Israel-Kritikern. Letzteren bescheinigt er einen latenten Antisemitismus – ein Muster, das sich auch bei NPD-Wählern findet. Über die nicht-antisemitischen Israel-Kritiker hat Kempf herausgefunden: „Sie sind besser informiert und zeigen eine größere Nähe zu dem israel-palästinensischen Konflikt. Ihr Pazifismus ist stärker ausgeprägt und ihre Menschenrechtsorientierung ist konsistenter. Ihre Positionierung zugunsten der Palästinenser wird umso radikaler, je besser sie über den Konflikt orientiert sind, je größer ihre emotionale Nähe zu dem Konflikt ist, je konsistenter ihre Menschenrechtsorientierung ist, je mehr sie die Einschränkung von Menschenrechten ablehnen, je weniger sie zu moralischer Ablösung neigen und je stärker sie für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen eintreten.“

Genau umgekehrt verhält es sich bei den antisemitischen Israel-Kritikern: „Je radikaler sie sich zu den Palästinensern positionieren, desto schlechter sind sie informiert, desto weniger emotionale Nähe zu dem Konflikt haben sie, desto geringer ist ihre pazifistische Einstellung, desto inkonsistenter ist ihre Menschenrechtsorientierung und desto weniger treten sie für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen ein.“

Kempf bilanziert: „Unter den aktiven Israelkritikern waren diese [antisemitischen] Muster dagegen nicht zu finden. Die aktiven Israelkritiker und mit ihnen die überwiegende Mehrheit der Deutschen, die sich zugunsten der Palästinenser positionieren, teilen keinerlei antisemitische Vorurteile, sondern kritisieren die israelische Politik in Folge ihres Menschenrechtsengagements und Pazifismus. Während die aktiven Kritiker dazu neigen, sich trotz ihres ausgeprägten Pazifismus in einem pro-palästinensischen War-Frame zu positionieren, sind diese radikalen Spielarten der Israelkritik in der allgemeinen Bevölkerung extrem selten. Diese radikalen Kritiker wählen Die Linke oder Bündnis 90/Die Grünen, und in der Mitte der Gesellschaft (bei den Wählern von CDU, SPD und FDP) finden sie sich überhaupt nicht.“

Die Kempf-Studie ergibt also ein ganz anderes, differenzierteres und realistischeres Bild von den Einstellungen in der deutschen Gesellschaft zum Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern als die ideologischen Spekulationen Salzborns. Damit werden auch seine Schlussfolgerungen für die Aufarbeitung der Vergangenheit, also die deutsche Erinnerungsarbeit, die die Deutschen geleistet bzw. nicht geleistet haben, unglaubhaft und obsolet. Es gibt in diesem Land durchaus eine größere Gruppe von Menschen, das hat Kempf festgestellt, die den Holocaust angemessen erinnert und ihre Folgerungen daraus gezogen hat: dass die Menschenrechte universal gelten – für alle Menschen in der Welt. Natürlich gibt es auch Erinnerungsverweigerung und Schuldabwehr, aber sie verallgemeinernd der ganzen deutschen Bevölkerung zu unterstellen, ist ein Phantasieprodukt Salzborns.

Man fragt sich, welche Motive dieser Mann hat und welche Ziele er verfolgt? Will er mit seinen kruden Thesen von Israels Untaten ablenken? Israels Verbrechen an einem ganzen Volk – das ist kein Geheimnis – fachen den Antisemitismus in der Welt an. Will Salzborn auch von diesem Faktum ablenken? Will er die deutsche Schuld instrumentalisieren? Wenn ja, wofür? Man wüsste gern, wie er zu dem funktionalen Antisemitismus-Begriff des Israeli Daniel Blatman steht, der besagt, dass Israels politische Elite diesen Antisemitismus-Begriff selbst kreiert hat, ihn mit allen Mitteln fördert, um Kritik an seiner unmenschlichen Politik gegenüber den Palästinensern abzublocken. Einem so renommierten Holocaust-Forscher wie Blatman kann er ja schließlich nicht Antisemitismus vorwerfen.

Samuel Salzborn verwickelt sich mit seinen realitätsfernen Thesen in unauflösbare Widersprüche. So schreibt er etwa, dass der Antisemitismus sich nicht nur gegen Juden wende, sondern „gegen alles, was die moderne Welt kennzeichnet: gegen Freiheit und Gleichheit, Urbanität und Rationalität, Emanzipation und Demokratie.“ Freiheit und Gleichheit, Emanzipation auch für die Palästinenser? Da würde Salzborn doch sofort die Antisemitismus-Keule hervorholen.

Die Forderungen nach Freiheit und Gleichheit usw. sind natürlich universalistisch. Aber dem Universalismus erteilt er eine klare Absage. Er findet ihn fatal, weil der universalistische Anspruch der Erinnerung „zur entkonkretisierten, enthistorisierten und emotionalisierten Willkür der Postmoderne wird.“ Er befürchtet, dass der Holocaust, wenn aus ihm universelle Wertmaßstäbe abgeleitet werden, in seiner konkreten historischen Dimension ausgeblendet, die Erinnerung umso radikaler abgewehrt und die deutsche Täterschaft universalisiert würde. Damit würden aber die Juden nicht mehr im Mittelpunkt der Erinnerung stehen, weil die Erinnerung durch ahistorische und im Kern geschichtsrevisionistische Vergleiche nun überall auf der Welt die Gefahr sehe, Auschwitz könne sich wiederholen.

Wenigstens hier wird klar, was Salzborn will: die umstrittene These von der Einzigartigkeit des Holocaust retten.

 

 

 

Samuel Salzborn

 Kollektive Unschuld.

Die Abwehr der Shoa im deutschen Erinnern

Berlin/ Leipzig 2020,

 ISBN 978-3-95565-359-0, 15 Euro

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