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Verleumdungsaktionen
JagdAktionen
DER ISRAELLOBBY

 

Aktion Prof. Lahnstein

 

Abgesehen vom politischen Hintergrund, demonstrieren diese Jagaktionen ein Denken und Verhalten, welches unserer demokratischen Gesellschaft, nach der geistigen Überwindung des Hitlerreiches nicht mehr entsprechen sollte. Es lässt sich nicht gleichsetzen, aber, Erinnerungen an Jagd- Verfolgungsaktionen in der DDR, an Verleumdungskampagnen mit denen das Nazireich arbeitete drängen sich auf. Auch Bezüge zu "modernere" Formen des Menschenjagen, Stalking, Mobbing sind zu erkennbar. Hierin begründet sich auch, über alle politischen Grenzen und Gegensätze hinweg die erkennbare Kritik an dem Wirken dieses Netzwerkes Honestly Concerned + "Freunde" mehr >>> Pr. Lahnstein ist sicher kein typisches Opfer, gehört er doch zu denen, die auch ein recht einseitiges Bild über den Nahostkonflikt vermitteln.

Die Pressemitteilung des Präsidenten der DIG Pr. Lanstein vom 22.03.2004:
 

22.03.04

"Bedrückender Tag für den Nahen Osten"

Am 22.03.2004 wurde Scheich Yassin, einer der Führer der palästinensischen Terror-Organisation Hamas von der israelischen Armee gezielt getötet. 

"Der Tod Scheich Yassins kann die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten fördern.

Scheich Yassin ist ein "Schreibtischtäter des Terrors" gewesen. Der Führer der Hamas hat den blutigen Terror gegen Israel immer wieder legitimiert. Und aus seinem Ziel, den Staat Israel von der Landkarte zu tilgen, hat er nie einen Hehl gemacht. Zu dieser Militäraktion hat der Präsident der DIG, Prof. Manfred Lahnstein, die folgende Presseerklärung abgegeben.

Dennoch wirft seine gezielte Tötung zwei Fragen auf:

Darf die Regierung Sharon in Verfolgung auch der berechtigsten Interessen zur Selbstjustiz greifen - und zwar auch gegen die unbestreitbaren Hintermänner eines unbestreitbaren Terrors? Das ist - von allen Problemen des internationalen Rechts abgesehen - eine sehr schwierige Gewissensfrage. Eine einmütige Haltung erscheint kaum möglich. Mein persönliches Gewissen sagt mir, dass dieses Vorgehen nicht gerechtfertigt ist.

Die andere Frage ist die nach den denkbaren Konsequenzen. Ich fürchte, sie werden negativ sein. Das bereits vorhandene Chaos im Gaza-Streifen wird noch größer werden. Der Terror gegen Israel wird noch blindwütiger werden (wenn das überhaupt noch geht). Und der Weg zurück zur "road map" ist in noch weitere Ferne gerückt.

Das ist ein bedrückender Tag für den Nahen Osten."

 

 Die  Presseerklärung war dann für Honestly Concerned, in Zusammenarbeit mit Ulricht W. Sahm wiederum der Anlass zu einer neuen Kampagne: Es erschien eine Sonderausgabe  Pr. Lahnstein >>>>

 

Ein Ausschnitt:

Hier zusammengefasst die wichtigsten Diskussionspunkte:

  1. Lahnstein hält die „Liquidierung“ Jassins für „Selbstjustiz“ und bemängelt deshalb einen Verstoß gegen rechtsstaatliche Ordnung. Dagegen wurde argumentiert, dass die Israelis nicht von einer „Bestrafung“ reden, sondern von der Prävention weiterer Anschläge.
  2. Lahnstein argumentiert, dass selbst im Kriegsfall keine Zivilisten getötet werden dürften. Als Gegenargument wurde behauptet, dass Jassin als Befehlshaber einer Kombattanten-Organisation laut internationalen Konventionen nicht als Zivilist gelte und keine Immunität genießen könne. Der Scheich sei ein legitimes militärisches Ziel. Laut Konventionen müssten sich Kombattanten von Zivilisten fern halten. Es sei legitim, sogar den Tod von Zivilisten in Kauf zu nehmen, wenn ein militärisches Ziel angegriffen wird.
  3. Lahnstein behauptet, dass Israel „andere Mittel“ hätte ausschöpfen müssen, sagt aber nicht, welche. Dagegen wurde argumentiert, dass Israel keine Möglichkeit hatte, Scheich Jassin zu verhaften, ohne völkerrechtswidrig in Gaza einzumarschieren, ohne sehr viele Menschen zu gefährden und ohne gegen weitere Gesetze zu verstoßen. Jene, die allein befugt wären, mit legalen Mitteln gegen Jassin vorzugehen, die PA, nichts täten.
  4. Lahnstein behauptete, dass Israel im Gazastreifen die „Strafgewalt“ besitze. Ihm wurde erwidert, dass die Strafgewalt dank Osloer Verträge allein bei Arafat und seiner Autonomiebehörde liege.
  5. Lahnstein schrieb, dass Krieg nur zwischen Staaten geführt werden könne. Dazu wurde ihm aus internationalen Konventionen zitiert, wonach Krieg auch von nichtstaatlichen Organisationen und bewaffneten Gruppen ausgehen könne. Ein angegriffener Staat dürfe sie gemäß dem Kriegsrecht bekämpfen.
  6. Lahnstein redet von einem israelischen Verstoß gegen das Völkerrecht anhand eines Artikels in der Süddeutschen Zeitung. Es stellt sich heraus, dass alle in dem Artikel erwähnten Voraussetzungen, mit denen dieser Verstoß begründet wird, schlicht falsch sind.
  7. Lahnstein befürchtet noch mehr Terror. Ihm wurde entgegnet, dass die politische Weisheit der Liquidierung diskutabel sei. Es müsse aber beachtet werden, dass diese Liquidierung den Terror eindämmen könnte.
  8. Lahnstein glaubt, dass eine Legitimierung  der Tötung des Scheich Jassin gleichkäme mit einer Legitimierung außergerichtlicher Tötungen jeglicher Terroristen in der Welt, ihrer Drahtzieher oder auch Arafats. Ihm wurde dazu erwidert, dass in Israel die Norm gelte, Tat- oder Terrorverdächtige, inklusive ihrer Drahtzieher zu verhaften und vor Gericht zu stellen. Jedoch da, wo dies nicht möglich sei, gebe es nur die Alternative, entweder den Mann zu töten, oder ihm eine Immunität zuzugestehen und ihn gewähren zu lassen, weitere Massenmorde zu planen. Das aber verstoße gegen andere Menschen- und Völkerrechte, nämlich die Pflicht eines Staates, seinen Bürgern das Recht auf Leben zu garantieren. Er wurde auch darauf hingewiesen, dass ein anderer Drahtzieher des Terrors, Osama bin Laden, sogar mit dem Segen der UNO nicht nur gesucht sondern in Tora Bora und Pakistan offenbar mit Riesenbomben und Militäraktionen sehr ungezielt getötet werden dürfe. 
Eine Ruth F. schreibt:
 
".....Sie schreiben: “Darf die Regierung Sharon in Verfolgung auch der berechtigsten Interessen zur Selbstjustiz greifen - und zwar auch gegen die unbestreitbaren Hintermänner eines unbestreitbaren Terrors?”

Dieser Satz ist sehr unklar formuliert. “Selbstjustiz” scheint auf eine Situation hinzuweisen, in Buerger das Recht in ihre eigenen Hände nehmen, anstatt sich dem staatlichen Gewaltmonopol zu unterwerfen. Eine Regierung ist aber kein einzelner Buerger, sondern vertritt den Staat und damit dessen Gewaltmonopol. Tatsächlich sind in einer Demokratie und damit auch in Israel Exekutive (Regierung) und Justiz (Rechtsprechung) voneinander getrennt. Anders verhält es sich mit dem staatlichen Gewaltmonopol in einer Kriegssituation, das dann sehr wohl bei der Exekutive liegt.

Rechtsstaatliche Verhältnisse beziehen sich immer auf innerstaatliche Situationen. Wenn die Forderung nach rechtsstaatlichem Vorgehen gerechtfertigt wäre, müsste davon ausgegangen werden, dass Israel, die besetzten Gebiete und die Gebiete der Palästinensischen Nationalen Autonomie zusammen einem Rechtsstaat gleichzusetzen wären. Das dürfte aber kaum den Tatsachen entsprechen. Israel verfügt z.b. im Gazastreifen nicht über Polizeigewalt. Um Yassin zu verhaften, hätte ein massiver Einmarsch erfolgen müssen, wahrscheinlich mit vielen Toten, vor allem auf der pal. Seite, die ja kaum mit defensiver Ausrüstung versehen ist.

In Konflikten zwischen Staaten, bzw. zwischen einem Staat und feindlichen Organisationen aber gelten nicht rechtsstaatliche Verhältnisse, mit anderen Worten Zivilrecht, sondern Kriegsrecht, im besonderen die Genfer Konvention.

Ein Problem besteht darin, dass Kriegsrecht keineswegs eindeutig und lückenlos alle möglichen Konflikte abdeckt. Im besonderen asymmetrische Kriegsführung: nicht 2 oder mehr Staaten gegeneinander, sondern irreguläre Streitkräfte (Guerilla) gegen einen oder mehre Staaten, wird nicht genügend berücksichtigt. Das heißt jedoch nicht, dass Kriegsrecht in solchen Konstellationen nicht angewendet werden könne...."

Sahm schreibt: (Ausschnittsweise)

"...Gemäß allen israelischen Darstellungen war seine Tötung keine "Justiz" und keine Bestrafung, sondern eine im Krieg wohl durchaus legitime Form, weitere Anschläge zu verhindern. Aus Ihrer Kritik geht hervor, dass Sie entweder die Israelis auffordern, einzumarschieren, um dann Scheich Jassin zu verhaften und vor ein Gericht zu stellen, oder - falls Ihnen das wegen der erwarteten Toten nicht behagt - dass Scheich Jassin als Chef einer offiziell zur Terrororganisation erklärten Hamas schlicht Immunität besitzt und weder getötet noch bestraft werden dürfe, zumal Sie sicherlich wissen, dass die PA nicht gegen Jassin vorgehen würde und ihn gewähren lässt. Ich glaube nicht, dass es im Internationalen Recht oder im Völkerrecht einen Zustand gibt, der Massenmördern völlige Immunität gewährt, selbst wenn sie ständig Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen der Genfer Konventionen planen und ausführen...."

mehr >>>>


Die Reaktion der DIG:

Die Pressemitteilung des Präsidenten der DIG vom 22.03.2004 anlässlich der gezielten Tötung des Hamas-Anführers Scheich Yassin ist innerhalb der DIG kontrovers diskutiert worden. Dabei ist Lahnsteins generelle Ablehnung der gezielten Tötungen auf erhebliche Kritik gestoßen.

Kritiker sehen  in der gezielten Tötung von Terroristen eine in letzter Konsequenz unvermeidbare Maßnahme zum Schutz der israelischen Bevölkerung vor Anschlägen. Sie verweisen darauf, dass durch die Tötung einzelner krimineller Personen das Leben zahlreicher Unschuldiger gerettet werde. Die Tötung von Terroristen stelle das letzte Mittel im Kampf gegen den Terror dar und sei insbesondere deshalb geboten, weil die palästinensische Autonomiebehörde nichts gegen die Terrororganisationen unternimmt.

Exemplarisch sei auf die Äußerungen des Journalisten Ulrich W. Sahm verwiesen. Seinen Standpunkt und weitere Reaktionen auf die Erklärung von Prof. Lahnstein finden Sie hier:

http://www.usahm.de/Lahnstein02040.htm


Honestly Concerned bekommt eine Antwort von Prof. Lahnstein:

Als Reaktion auf diese Kritik erreichte uns (DIG) folgender offener Brief von Prof. Lahnstein:

 

"Vorwärts in die Vergangenheit
Offener Brief an ein geschätztes Mitglied

Meine kritische Erklärung zur "gezielten Tötung" von Yassin hat innerhalb der DIG ein lebhaftes und in Teilen kritisches Echo ausgelöst. Ich habe geantwortet, so gut ich konnte und soweit es meine Zeit zugelassen hat.

Nun ist mir ein über das Internet ein Beitrag zugeleitet worden, den ein Mitglied unserer Gesellschaft unter dem Titel "Er (also Yassin) verdiente den Tod wie kaum ein anderer" verfasst hat. Dieser Beitrag fasst die Auffassung des Autors, der Mitglied unserer Gesellschaft ist, wie folgt zusammen:
" ‚Wenn dich jemand umbringen will, so stehe du früher auf und töte ihn zuerst', heißt es im Talmud. Nach dieser Maxime handelt Israel. Weil es muss. Weil man nur so mit Terroristen umgehen kann".
Diese Auffassung, die wohl auch Teilen der mir entgegen gebrachten Kritik zugrunde liegt, erschreckt mich und fordert mich zum Widerspruch heraus. Ich halte sie aus mehreren Gründen für falsch.

Zunächst einmal verbietet sich der ungefilterte Rückgriff auf den Talmud bereits dann, wenn man über Prinzipien des individuellen Rechts redet. Wir dürfen nicht bereit sein, Jahrhunderte geistiger und zivilisatorischer Entwicklung beiseite zu schieben. Und es macht gerade auch meine Liebe zu Israel aus, dass man dies dort ebenfalls nicht tut.
Für zivilisierte Gesellschaften und Nationen haben die Grundsätze des Rechtsstaates zu gelten, für die große Denker und Lehrer in vielen Völkern gestritten und gelitten haben. Glaubt der Autor ernsthaft, die großen, leuchtenden Gestalten der jüdischen Geschichte würden sich auf den von ihm zitierten Grundsatz berufen haben?
Auch sie sind nicht nur für die Lebensrechte des eigenen Volkes, sondern immer auch für die Menschenrechte eingetreten. Der Staat Israel ist ein Rechtsstaat. Das unterscheidet ihn von seinen Nachbarn. Und der Rechtsstaat zieht die Grenzen für erlaubte Notwehr und deren juristische Folgen aus guten Gründen sehr eng.

Die Übertragung des Talmud - Zitats auf das existierende Völker- und Kriegsvölkerrecht ist nach meiner Überzeugung auch nicht zulässig. Wir wissen alle, dass sich Völkerrecht nicht so präzise kodifizieren lässt wie individuelles Recht. Damit wird aber kein zusätzlicher Freibrief ausgestellt sondern an die "kollektive Moral" zivilisierter Völker appelliert.
Das gilt auch für den "Präventivkrieg". Die für ihn geltenden Regeln werden sich wohl nie eindeutig festlegen lassen. Wir bleiben auf die Wertung im Einzelfall angewiesen. Und die führt dann dazu, Hitlers Überfall auf die Sowjetunion als völlig illegitim anzusehen ( die Nazis haben damals von einem "notwendigen Präventivkrieg" gesprochen!), den israelischen Erstschlag im "Sechstagekrieg" hingegen als völlig legitim. 1967 lagen die unmittelbaren Angriffsabsichten arabischer Staaten eben so klar auf dem Tisch, wie es unabweisbar war, dass sich Israel nicht anders zur Wehr setzen konnte.

Nun ist zuzugeben, dass das Phänomen des internationalen Terrorismus uns alle, und ganz besonders Israel vor neuartige Herausforderungen stellt. Die existierenden Rechtsordnungen geben uns keine eindeutigen Antworten; sie müssen also noch gefunden werden. Das aber schafft keinen "rechtsfreien Raum", den man mit dem deutenden Rückgriff auf Thora oder Talmud oder das Neue Testament oder den Koran ausfüllen darf. Wer das tut, begibt sich in gefährliche Nähe des Fundamentalismus, welcher Couleur auch immer.
Die Regierung Barak hatte diese Grenze wohl gesehen, als sie erstmals zum Abwehrmittel der "gezielten Tötung" gegriffen hat. Sie hatte die auch im Kampf gegen den Terrorismus gültigen Instrumente der Verhältnismäßigkeit und des abgestuften Vorgehens dabei im Blick. Mit Nachgiebigkeit oder "appeasement" hat das nichts zu tun, wohl aber mit den Regeln, denen die zivilisierte Völkergemeinschaft zu folgen hat.

Diese Grenze ist nach meiner Überzeugung inzwischen überschritten worden. Und nur das hat meine Kritik hervorgerufen. Wir sollten die hier aufgeworfenen Fragen gründlich diskutieren."
Quelle



Auf die Kritik antwortet am 24.3.04 Prof. Lahnstein mit einer 2. Presseerklärung:

DIG - DEUTSCH- ISRAELISCHE GESELLSCHAFT

 PRESSEERKLÄRUNG LAHNSTEIN: AUGE UM AUGE, ZAHN UM ZAHN?

Ergänzendes zu meiner Pressemitteilung von vorgestern

Wegen meiner Presse-Erklärung zur Tötung Yassins bin ich zum Teil heftig kritisiert worden, auch von Mitgliedern der DIG. zu dieser Kritik möchte ich folgendes sagen:

1. Es besteht für mich keinerlei Zweifel daran, dass Yassin immer wieder zum Terror gegen Israel aufgerufen und diesen legitimiert hat. Es besteht für mich ebenso wenig ein Zweifel daran, dass die von ihm begründete Hamas eine Terrororganisation ist, auch wenn durch verschiedene Stellen der "feinsinnige" Versuch unternommen wird, zwischen der "politischen" und der "militärischen" Hamas zu unterscheiden. Es besteht schließlich kein Zweifel daran, dass es Ziel von Yassin gewesen ist, den Staat Israel von der Landkarte zu tilgen.

2. Wenn ich in diesem Zusammenhang von "Schreibtischtäter" und "Hintermännern" gesprochen habe, dann ausschließlich in der Absicht zu verdeutlichen, dass die Verantwortung nicht bei jenen endet, die die Mordwaffe in die Hand nehmen.

Mir hier den Versuch der Verharmlosung zu unterstellen, das zeugt entweder von Unwissenheit oder von Bösartigkeit.

So weit also zu Yassin und meiner Meinung über ihn.

3. Mir wird vorgeworfen, dass ich den Begriff "Selbstjustiz" verwendet habe. Nun könnte ich es mir leicht machen und darauf hinweisen, dass "kein einziger Politiker in der Welt Verständnis (für das Vorgehen der Regierung Sharon) geäußert habe" (so zitiert Ulrich Sahm in einem Zeitungsbeitrag vom 22.03. den israelischen Rundfunk).

Ich aber frage mich: Auf welcher Rechtsgrundlage ist denn gehandelt worden? Auch meine Kritiker können sie nicht benennen. Sie berufen sich ohne Ausnahme auf den Tatbestand der "Notwehr". Aber auch der, der in Notwehr handelt, nimmt das Recht in die eigene Hand, so legitim seine Motive auch sein mögen. Was ist das anderes als "Selbstjustiz"? (Zu den rechtlichen Argumenten habe ich Frau Radhauer gebeten, einen Beitrag von Stefan Ulrich zu versenden, der im heutigen Feuilleton der SZ erschienen ist).

Übrigens war Yassin von einem israelischen Gericht rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt und auch inhaftiert worden. Er ist dann im Zuge eines Gefangenenaustauschs freigelassen worden, eine Maßnahme, die seinerzeit auch in Israel auf Unverständnis gestoßen ist.

4. Auch andere Argumente, die zur Rechtfertigung dieses Falls von "targeted killing" angeführt werden, halten m.e. einer ernsthaften Prüfung nicht stand:

- Wir Deutschen seien in Afghanistan doch auch an dem Versuch beteiligt, Osama bin Laden zu töten? Das ist unrichtig. Da lese man sich noch einmal den einschlägigen Bundestagsbeschluss sowie andere relevante Dokumente durch. Ziel ist es, alles zu tun, um Terroristen wie ihn der Gerechtigkeit zuzuführen.

- Wer aus moralischen Gründen die Tötung Yassins verwerfe, der müsse mit seinem Gewissen ins reine kommen, wenn unbeteiligte Menschen in Madrid oder in Jerusalem getötet werden? Das hieße im Umkehrschluss, das Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn" zur Richtschnur des Handelns zu machen. Da aber mache ich nicht mit! Mit der gleichen oder einer ähnlichen Begründung ließe sich dann auch die gezielte Tötung Arafats (über die bereits spekuliert wird), Hunderter von "geistigen Führern" oder von Finanziers des Terrors oder derjenigen Wahnsinnigen rechtfertigen, die auch hier in Europa die nächsten Selbstmordattentate planen.

- Gründe der strategischen oder politischen Opportunität? Hierüber mag lustvoll streiten, wer da will. Ich bleibe der Überzeugung, dass Menschenwürde und Menschenrechte nicht zur Disposition irgendeiner Opportunität gemacht werden dürfen.

5. Ferner wird mir entgegengehalten, in einem Krieg würden andere Regeln gelten. Das ist richtig. Die Regeln sind andere - aber es sind Regeln!. Und zu ihnen gehört auch die der "Verhältnismäßigkeit der Mittel". Und genau das ist für mich die Gewissensfrage, auf die ich in meiner Presseerklärung ausdrücklich Bezug genommen habe.

Seit Israel in der Abwehr des palästinensischen Terrors das Mittel der gezielten Tötung einsetzt, habe ich um eine Antwort für mich gerungen. Sie ist mir nicht leicht gefallen. Ich habe dann akzeptieren können, dass dieses Mittel gegen diejenigen eingesetzt wird, die eine unmittelbare, konkrete Gefahr für Leib und Leben israelischer Bürger darstellen. Ich habe dabei auch hinnehmen müssen, dass dabei Unbeteiligte ihr Leben verlieren können.

Hier aber ist für mich eine Grenze, so moralisch verwerflich auch die Anstifter sein mögen. Sie gehören vor ein Gericht, wohl wahr. Und sie gehören nach den Gesetzen bestraft, denen ihre Richter unterworfen sind. "Immunität darf es hier nicht geben.

Es ist zum Verzweifeln, dass weder die Palästinenser noch die viel beschworene "Gemeinschaft der zivilisierten Völker" willens oder in der Lage sind, dem Terror gegen Israel wirklich ein Ende zu machen. Das zwingt Israel zum Handeln. Ich bleibe aber überzeugt davon, dass auch diesem Handeln Grenzen gesetzt sind, so bitter das auch erscheinen mag.

6. Das also ist meine Position. Man kann - auch aus Gewissensgründen - zu anderen Schlussfolgerungen gelangen. Einer ernsthaften Diskussion hierüber stelle ich mich gerne.

Nur Lob aus der falschen Ecke möchte ich mir vorsorglich und deutlich verbitten.

Prof. Manfred Lahnstein, 24.03.2004

Am 27.4.04 antwortet Herr Sahm: (Ausschnitt)

"...Ich halte es für ungeheuerlich, dass sogar Sie nicht die Bedeutung dieses ständig missbrauchten und falsch verstandenen Verses kennen. "Auge um Auge" hat nichts mit Rache zu tun. Unser Strafgesetzbuch richtet sich nämlich ganz nach dem Prinzip "Auge um Auge", indem es für den Täter eine Geld- oder Gefängnisstrafe vorsieht, während dem Opfer eine finanzielle oder andere Entschädigung zugestanden wird......

Reden wir also über Rache und nicht über "biblische Prinzipien". Sie machen da nicht mit! Schon wieder setzen Sie voraus, dass die Israelis Scheich Jassin "bestrafen" wollten, sozusagen ein außergerichtliches "Todesurteil" ausgesprochen oder verachtete "Selbstjustiz" verübt hätten......

Soweit ich die Israelis verstanden habe, und ich bin weder deren Sprecher noch kenne ich alle ihre Erwägungen, handelt es sich um den Versuch, eine mörderische Organisation mit allen Mitteln daran zu hindern, weiter israelische Bürger zu töten, .....

"....Die diskutablen Fragen drehen sich meines Erachtens also nur um die richtige Taktik des Vorgehens gegen die Hamas, nicht aber um die moralische Frage, ob es verwerflich sei, einen "armen alten Mann im Rollstuhl" gezielt getötet zu haben....." mehr >>>

Professor Lahnstein antworte Sahm:

Lahnstein

Sehr geehrter Herr Sahm, 

Nun habe ich ihr ausführliches E-Mail gelesen und möchte Ihnen doch gleich antworten. Gestehen muss ich, dass die von Ihnen angeschlagene Tonart mich nicht gerade fröhlich stimmt. Nun aber zu Ihren Argumenten:

 - Die Israelis "liquidieren" niemanden wegen seiner Meinungen? Nun - Gott sei Dank ist das so! Das aber habe ich auch nirgendwo behauptet. Gerade der Umstand, dass ich die Analogie der "Notwehr" herangezogen habe, hätte Ihnen unschwer zeigen können, dass ich mir über die Motive der Regierung Sharon im Klaren war und bin.

 - Ich hätte eine verniedlichende Meinung zu Yassin? Ich weiß nicht, wie Sie zu diesem Eindruck kommen konnten. Ich wüsste aber gerne, wo und wann dieser "Pate des Terrors" (wenn Ihnen diese Bezeichnung besser gefällt) "den Befehl gab zu morden, die eigenen Leute wie die Israelis". Wenn ich mich recht erinnere (ich habe so viel Post bekommen!), haben Sie in Ihrem ersten E-Mail auf "Geheimdienstinformationen" Bezug genommen. Ich gestehe, dass mir derartige Quellen nicht zugänglich sind.

 - Die Meinungen im israelischen Rundfunk haben doch Sie zitiert und nicht ich! Ganz im Gegenteil, ich habe geschrieben: "Nun könnte ich es mir leicht machen, aber...". Allerdings: Kofi Annan, der britische Außenminister und viele andere mehr, sind das wirklich alles nur "populistische Politiker"?

 - Bitte den Artikel in der SZ nicht überbewerten! Er lag mir nur gerade vor, als ich meinen Text verfasst habe. Heute könnte ich auch Misha Brumlik, Shlomo Avineri oder Moshe Zimmermann anführen, deren Beiträge Sie ja sicher gelesen haben.

 - Was soll die Frage, ob ich schon einmal von den Osloer Verträgen gehört habe? Im Unterschied zu manchem israelischen Politiker nehme ich sie nach wie vor ernst. Übrigens - der Übergang der "Strafgewalt" an die Palästinenser liegt ja auch der "road map" zugrunde. Aus ihr erwächst u.a. die Verpflichtung der palästinensischen Führung, den Terror zu stoppen. Das geschieht nicht - auch hier sind wir uns einig. Und deshalb habe ich, um die israelische Position verständlicher zu machen, ja gerade auf "Notwehr plädiert", als ich den Begriff "Selbstjustiz" (der zugegebenermaßen missverstanden werden kann) verwendet habe.

 - Auch ich kenne Herrn Ulrich nicht. Er sollte aber fair behandelt werden. Da, wo er das "Selbstverteidigungsrecht" heranzieht, zitiert er den Frankfurter Völkerrechtler Michael Bothe sowie den Bayreuther Völkerrechtler Daniel Khan. So wird ein sauberes Zitat daraus.

 - Sehr interessiert wäre ich, der ich kein Jurist bin, daran, die Bestimmungen im Völkerrecht zu kennen, die von "bewaffneten Gruppen" sprechen. Aber: Wenn ich es recht erinnere, dann war der Beschluss gegen Afghanistan gegen die Taliban gerichtet, die dort die staatliche Macht ausübten.

 - Sie haben meine volle Zustimmung, wenn Sie schreiben, dass der Staat Israel verpflichtet sei, "seine Bürger vor den TATEN einer im palästinensisch verwalteten Gazastreifen vogelfrei handelnden Organisation schützen muss und darf." Das aber bedeutet noch lange nicht, dass der Staat in der Wahl seiner Mittel frei ist.

 - Ich habe nirgendwo über die Amerikaner gesprochen, wenn es um Osama bin Laden geht. Ich habe ausschließlich von der deutschen Position gesprochen. Übrigens glaube ich nicht, dass dieser Verbrecher Immunität genießen sollte, falls seine Verhaftung unmöglich sein sollte. Aber - erst einmal muss die Verhaftung wenigstens ernsthaft betrieben werden. Ihre Gleichsetzung mit den Massenmördern von New York ist Polemik, auf deren Ebene ich mich nicht begeben möchte. Übrigens - die "Hintermänner", so weit sie sich in deutscher Gewalt befinden, sind vor Gericht gestellt worden oder werden das noch.

 - Es ist auch polemisch, wenn Sie mir als Alternative zur "gezielten Tötung" lediglich Straffreiheit und diplomatische Immunität unterstellen. Zudem - selbst dann bleibt für mich die Frage: Wer darf hier Richter sein?

 - Wenn Sie den Text nur sorgfältig gelesen hätten, würden Sie unschwer bemerkt haben, dass ich vom "biblischen" Prinzip Auge um Auge nicht gesprochen habe. Und wenn Sie schon  "Rache" erwähnen, wie ist es (siehe oben) mit dem Spruch: "Mein ist die Rache, spricht der Herr"? Übrigens war die Inkonsistenz der christlichen Aussage vor und nach dem Beschluss zur Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland, der mich zum Austritt aus der evangelischen Kirche bewogen hat.

 - Voll verstehe ich die von Ihnen formulierte Begründung der israelischen Regierung. Es ist aber absolut nicht irrelevant, ob man das Notwehr, Krieg oder Selbstverteidigung nennt. Übrigens - dass das gezielte Töten für Sharon nicht die Norm ist, weiß ich wohl. Aber mir scheint, dass er eben über Barak ein ganzes Stück hinausgegangen ist.

 - Für Sie ist "gezieltes Töten" aus Gewissensgründen völlig legitim, solange es kein besseres Mittel gibt, den Mörder am Morden zu hindern. Ich bestreite, dass im Fall Yassin alle anderen Mittel ausgeschöpft waren.

 - "Das Recht auf Leben ist das erste und wichtigste Menschenrecht". So formulieren Sie es unter meiner vollen inneren Zustimmung. Dieses Recht aber gilt nach meiner Überzeugung für jedermann, auch für den Mörder (so schwer das auch zu akzeptieren sein mag) - es sei denn, die Gesetze sähen die Todesstrafe vor.

 - Sie werden alle Alternativen wohl nicht für gangbar halten. Aber - sie sind nicht einmal ernsthaft ergriffen worden!

 Ich hoffe sehr, dass wir beide auch in Zukunft für "unser" Israel streiten werden, auch wenn wir in diesem Fall weit auseinanderliegen.

 Mit den besten Grüßen

Ihr

Manfred Lahnstein

Unter anderem ist es sicher der Nähe von Honestly Concerned zur DIG zu verdanken, das die Kampagne dann ein Ende hatte........

 

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