Die
zionistische Ideologie
In Israel, den USA und Deutschland
Prof. Dr. Kenneth Lewan
Einleitung
In diesem
Aufsatz will ich zeigen, wie die zionistische Ideologie in Israel, den USA und
Deutschland zur Anwendung kommt. Durch Vergleiche können wir die eigene Lage
besser verstehen und geeignetere Wege gehen. An einigen Stellen erläutere ich
die Haltung deutscher Politiker hierzu.
Theodor
Herzl, der Hauptideologe und Organisator der zionistischen Bewegung, schrieb
1895 in seiner Streitschrift „Der Judenstaat“: „Kein Volk der Geschichte hat
solche Kämpfe und Leiden ausgehalten wie wir..., denn tief im Volksgemüt (aller
anderen Völker, K.L.) sitzen alte Vorurteile gegen uns... Und je länger der
Antisemitismus auf sich warten lässt, um so grimmiger muss er ausbrechen. Die
einzige Hoffnung, den Verfolgern zu entrinnen“ sei ein Staat der jüdischen
Nation. (1)
Herzls
Aussage über das Leiden der Juden und die tiefsitzenden Vorurteile in anderen
Völkern ihnen gegenüber ist empirisch nicht überprüfbar. Das war ihm gewiss
einerlei, ihm und seinen Mitstreitern ging es um die Begründung eines eigenen
Staates für Juden. Seine Ideologie dient als Rechtfertigung dafür. Die Führung
der Bewegung entschied sich für die Kolonisierung von Palästina, einem schönen
Land, in dem die Bevölkerung einen gewissen Wohlstand genoss und sich auf eine
tausendjährige arabische Geschichte berufen konnte. Herzl meinte: „Wir würden in
Palästina einen Vorposten gegen die Barbaren bauen.“ Herzl und die späteren
Führer meinten, dass die Einheimischen ganz oder zum größten Teil das Land
verlassen müssten. Weiterhin sollten die Grenzen des Staates nicht auf Palästina
beschränkt werden. Allerdings redeten sie im Völkerbund und auch sonst nicht von
der Verdrängung der Palästinenser oder von einem noch größeren Staat.
Der erste
praktische Schritt, die fortschreitende Assimilation der Juden in ihren
„Wirtsvölkern“ aufzuhalten, sollte durch die Verbreitung der zionistischen
Ideologie unter den Juden erreicht werden. Wie bei anderen Ideologien war zu
erwarten, dass auch manche Juden die zionistische Lehre verinnerlichen würden,
andere würden Lippenbekenntnisse ablegen, insoweit es ihnen nutzvoll erschiene.
Die zu erwartende Grundeinstellung der wirklich Überzeugten wäre Mistrauen,
Unsicherheit und Angst vor den Nichtjuden, die anderen würden so tun, als ob.
Die zu erwartenden Folgen wären Rechthaberei und Rücksichtslosigkeit gegenüber
den Menschen in Palästina.
Wir sollten
an dieser Stelle über eine Aussage von Klaus von Dohnanyi, dem ehemaligen
Bürgermeister Hamburgs, nachdenken. Er sagte über eine Karikatur, die in der
britischen Zeitung „The Economist“ erschienen war: „Sie zeigt uns Deutsche
ängstlich in eine Ecke geduckt, in die uns ein starker Arm mit dem Davidstern
weist... Der Vorwurf des Antisemitismus erschreckt, lässt verstummen und stärkt
nicht das demokratische Selbstbewusstsein der Deutschen. Man sollte umsichtig
und gut begründet mit dem Wort Antisemitismus umgehen... Wir sollten offen, aber
wahrheitsgemäß sagen dürfen, was uns am Herzen liegt.“(2)
Der
Zionismus in Israel
Die
politischen Führer Israels haben sich immer wieder zu den Grundgedanken der
zionistischen Bewegung bekannt und sie angewendet
.
Der
Eichmann-Prozess: Während des Prozesses, der 1961 in Israel stattfand,
behauptete der Ankläger mehrmals, dass der Fall den ewigen Judenhass bestätige.
Diese Deutung des Falles im Sinne von Herzl durch den Ankläger hat große
Bedeutung gewonnen. Bis zu dem Prozess war es in politischen Kreisen und in den
Medien in Amerika gang und gäbe, die Massenmorde im Dritten Reich und in
kommunistischen Ländern als Folge des Totalitarismus zu bezeichnen. In andern
Worten: Feindschaft gegen ethnische oder klassenzugehörige Gruppen, hätte sie in
einer offenen Gesellschaft nicht, oder höchst wahrscheinlich nicht, zu den
grausamen Ergebnissen geführt. In diesem Sinne deutet die Philosophin Hannah
Arendt den Fall Eichmann: Dieser sei nicht antisemitisch, gar kein Ideologe,
sondern ein oberflächlicher, ehrgeiziger Handlanger des Totalitarismus
gewesen.(3) Wenn politische Kreise und Medien bei dieser Deutung geblieben
wären, hätten die Verfechter der ständigen Erinnerung an den Holocaust weitaus
geringere Aussichten auf Erfolg gehabt.
Das
Yad Vashem Museum: Das Museum sei eingerichtet worden,
so der Beirat, um die Lehre zu verkünden, daß das Leben von Juden außerhalb
Israels auf Flugsand gebaut ist. Diese Begründung ist unzutreffend, weil der
Massenmord an den Juden unter völlig anderen Umständen geschah als zur Zeit des
Museumbaus. Aber diese Aussage ist wohl dazu geeignet, manche Juden über ihr
Leben unter Nichtjuden zu verunsichern.
Zionistische Erziehung: Das Erziehungsministerium in
Israel unterstützt seit mehreren Jahren Schülerreisen in die Vernichtungslager
in Polen. Mehr als 22.000 israelische Schüler haben diese Reise gemacht. Die
israelischen Wächter, die die Besucher begleiten, ergreifen verschiedene
Sicherheitsmaßnahmen, als ob die Besucher mit Angriffen auf sich selbst rechnen
müßten. In Vorträgen wird der Holocaust in das zionistische Weltbild
eingebracht: Die „Erlösung“ der Juden kann nur in Israel stattfinden. Da aber
der Judenhaß nach Herzl unheilbar sei, wie kann „der einzige Zufluchtsort“
bestehen ? Während der zweiten Intifada hielt Sharon eine Rede in Auschwitz. Er
sagte, die Voraussetzung für Israels Sicherheit sei seine militärische
Stärke.(4) Er sprach nicht von Verhandlungen mit den Nachbarn, um gemeinsame
Lösungen und damit Sicherheit für alle zu erreichen. Kein israelischer
Ministerpräsident hat jemals ernstzunehmende Verhandlungen mit den
Palästinensern über die wesentlichen Streitfragen gewollt, um einen Ausgleich zu
erreichen. Verhandelt haben sie nur mit Amerika und England. Chaim Weizman, der
Führer der Zionisten zu Anfang der Kolonisierung Palästinas, sagte 1919 bei
einem Treffen der Zionisten: Sie (die Palästinenser) seien „eine verdorbene
Rasse, mit der man unmöglich verhandeln“ könne. Die Araber seien „verräterisch
und wankelmütig, bar aller moralischen Werte, man kann nicht erwarten, daß sie
sich an Grundsätze halten“.(5) Das entspricht der Grundeinstellung der
zionistischen Ideologie. Die Juden sollten mißtrauisch sein. Verhandlungen sind
schlecht, Diktate sind besser, weil sicherer. Hier allerdings wurde die
Rechtfertigung für die Ablehnung von Verhandlungen nicht mit dem Vorwurf des
Antisemitismus begründet, sondern mit der Behauptung, daß die Araber tief
verwurzelte, gefährliche Eigenschaften hätten. Dies ist ein antiarabisches
Vorurteil, das immer wieder zum Vorschein kommt, um das Verhalten Israels zu
rechtfertigen oder um das Verhalten von der arabischen Seite zu erklären. Ein
Beispiel: Herzls Aussage, wir werden ein Vorposten gegen die Barbarei sein. Ein
zweites: Als Barak entgegengehalten wurde, daß er einen falschen Eindruck über
Camp David verbreitete, sagte er: „Die Palästinenser stammen aus einer Kultur,
in der Lügen kein großes Mißfallen hervorrufen.. Im Gegensatz zu Christen und
Juden sind sie nicht mit einem schlechten Gewissen belastet. Die Wahrheit wird
als unwichtig betrachtet.“ Dieses Vorurteil ist eines von mehreren politischen
Glaubenssätzen/Dogmen, die die zionistische Führung in die Köpfe von Juden
eingebläut hat. Wenn man diese Dogmen verinnerlicht oder so tut, als ob, wird
eine empirische Überprüfung der jeweiligen Umstände überflüssig. Mit diesem
Vorurteil und dem Antisemitismusvorwurf bewaffnet dürften die Israelis
weitgehend gefeit sein gegen Gewissensqualen.(6)
Kernwaffen für Israel: Der amerikanische Geheimdienst
CIA benachrichtigte Präsident Kennedy 1961, daß in Israel eine Atomanlage im Bau
wäre, die wahrscheinlich für die Herstellung von Kernwaffen geeignet wäre.
Israel sei den arabischen Staaten schon jetzt militärisch überlegen. Wäre Israel
in Besitz solcher Waffen, so wäre es schwieriger als bisher, es gegenüber den
Nachbarn zur Ruhe zu verpflichten, sodaß die Araber sich an die Sowjetunion
wenden würden. Kennedy traf sich mit Ben Gurion und bat um die Zusicherung, daß
er keine Kernwaffen bauen lassen würde. Er solle auch der Atomenergiekommission
erlauben, die Anlage zu untersuchen. Im Notfall würden die USA zugunsten von
Israel einschreiten. Kennedy bat ihn auch, einen Teil der palästinensischen
Flüchtlinge zurückkehren zu lassen. Man könne sich erkundigen, wie viele die
Gelegenheit wahrnehmen würden.
Ben Gurion versicherte, die Anlage würde nur für
Forschungszwecke benutzt, mit einer Untersuchung wäre er einverstanden. Dann
fügte er hinzu: Nassers erklärtes Ziel wäre, Israel zu zerstören. Wenn Ägypten
siegen würde, würde es den Israelis antun, was Hitler den sechs Millionen Juden
in Deutschland angetan hat. Weiterhin : Wenn die Flüchtlinge zurückkämen, wäre
unsere Lage kritisch. „Wir sind umzingelt, sie wollen uns zerstören“. Kennedy
besprach die Angelegenheit mit der Außenministerin Golda Mair. Auch sie sprach
von der Gefahr eines neuen Holocaust. Nach einiger Zeit war es ein offenes
Geheimnis, daß Israel Atomwaffen besaß. Israels Atomanlage ist nie von der AEK
untersucht worden.(7) Die Rechtfertigungen für die Bombe werden Kennedy wohl
nicht überzeugt haben. Vielleicht genügte es ihnen, den Eindruck von
Ängstlichkeit zu vermitteln. Die Vortäuschung, unsicher und ängstlich zu sein,
ist bezeichnend für die Führer der zionistischen Bewegung.
Zwei Kriege und ein Aufstand: Der Sechstagekrieg 1967
begann mit der Zerstörung der gesamten ägyptischen Luftwaffe, während sie noch
auf dem Boden stand. Die Rechtfertigung des israelischen UNO-Botschafters
lautete: „Es hieß leben oder sterben: die Endlösung stand bevor“ Vier Mitglieder
des israelischen Generalstabs gaben später zu, sie hätten gewusst, daß Präsident
Nasser keine Kriegsabsichten hatte. Vor dem Angriff stritten die Parteien über
die Durchfahrt durch die Straße von Tiran für israelische und andere Schiffe.
Die USA und England versuchten zu vermitteln. Ehe sie zu einem Ergebnis kommen
konnten, eroberten die israelischen Streitkräfte in einem Blitzkrieg
Ostjerusalem, das Westjordanland, die Golan-Höhen und die Sinaihalbinsel.
250.000 Palästinenser und mehr als 100.000 Syrer wurden vertrieben. Der Verbleib
Israels in diesen eroberten Gebieten ist seither der Kern der Auseinandersetzung
im Nahen Osten. (8)
Während des Libanonkrieges 1982 schrieb der israelische
Premier Begin an Präsident Reagan, er marschiere nach Beirut, um Hitler (Jassir
Arafat) zu liquidieren. Israel hatte den Krieg begonnen. Sein UNO-Botschafter
sagte, die PLO, die damals im Libanon im Exil war, habe den Waffenstillstand,
der 11 Monate zuvor vereinbart worden war, wiederholt verletzt hätte. Die
UNO-Beobachter berichteten jedoch, die PLO wäre äußerst zurückhaltend geblieben,
während Israel den Waffenstillstand seinerseits Hunderte Male von der Luft und
von der See aus verletzt hätte. Die palästinensischen Flüchtlingslager, Beirut
und andere Städte wurden weitgehend zerstört. Erinnern wir uns nur an Sabra und
Shatila. Nach Krankenhausberichten gab es mindestens 18.000 Tote, 90 Prozent
davon Zivilisten. Etwa 30.000 wurden verletzt. Der libanesische Erzbischof
Georges Haddad sagte über die Zerstörung von Sidon: „So haben die Städte nach
dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland ausgesehen“ Die Hisbulla ist nach diesem
Krieg entstanden. (9)
Der Vergleich zwischen Hitler einerseits und Nasser und
Arafat andererseits waren lächerlich und gemein. Die Ankläger deuteten an, daß
Israels Gegner aus Judenfeindlichkeit alle Juden in Israel umbringen wollten und
die Mittel dazu hätten. Beweise wurden nicht erbracht und die Palästinenser und
Ägypter hatten sachliche Gründefür ihren Widerstand gegen Israel. Mit diesen
vorgetäuschten Fällen vom ewigen Antisemitismus haben die israelischen Führer
Landraub und Vertreibung gerechtfertigt. Auch während der letzten Intifada wurde
das Vorgehen der israelischen Armee als Vergeltung in einem Existenzkampf
gerechtfertigt, obwohl der Aufstand erst mit der Tötung von 7 palästinensischen
Demonstranten begann und die übermäßige Anwendung von Gewalt bezeichnend war für
die Kampfweise der israelischen Armee. Ebenso rechtfertigte Israels Vize Premier
Israels Vorgehen im Libanon als „eine Frage des Lebens oder Sterbens“. (10)
Der Zionismus in Amerika und Deutschland
In diesem
Abschnitt erläutere ich drei Gegenstände: 1. Die sogenannte Welle von
Antisemitismusvorwürfen während der letzten Intifada. 2 . Die Vergegenwärtigung
des Massenmords an Juden und die Frage, ob der Holocaust einzigartig ist. 3.
Näheres zu den Zielen der Verfechter der zionistischen Ideologie in Amerika und
Deutschland.
Zu
1: Die Welle von Antisemitismus-Vorwürfen:
Die
Vorwürfe begannen, als die Bombardierung und Belagerung von
palästinensischen Flüchtlingslagern und Städten ihren Höhepunkt erreichte und in
Europa und anderswo heftige Kritik an Israel hervorrief. Es geht uns hier um die
Frage, ob tatsächlich Antisemitismus vorliegt, wenn die Kritiker sich nur über
Israel äußern und nicht über „die Juden“. Ein Beispiel dafür ist der Befund
einer europaweiten Meinungsumfrage, daß 59% der Europäer Israel für das
gefährlichste Land in der Welt für den Frieden halten. Im Alltags- und
wissenschaftlichen Sprachgebrauch liegen negative Vorurteile gegen ethnische
oder religiöse Gruppen nicht vor, wenn nur ein Teil der Gruppe kritisiert wird.
Von
ausschlaggebender Bedeutung sind hier Stellungnahmen von den Leitern der großen
jüdischen Verbände in Amerika, des Zentralrats der Juden in Deutschland und
mancher Journalisten, und Akademiker. Wegen ihrer engen Bindung an Israel kann
man sie als Zionisten bezeichnen. Hier ein paar Beispiele: Der Chefredakteur von
„Commentary“ , einer der wichtigsten jüdischen Zeitungen in Amerika, schrieb:
„Wir haben die Kristallnacht in Amerika hinter uns gebracht und sind auf dem
besten Weg zur Endlösung“. Der Leiter der Anti Defamation League sagte, das
Überleben des jüdischen Volkes könnte wieder auf dem Spiel stehen. Elie Wiesel,
ein führender Verfechter der Holocaust Erinnerung, sprach 2004 bei
Antisemitismus-Konferenzen der OSZE in Berlin und der UNO in New York. In Berlin
sagte er: „Es gibt Städte in der Welt, die von mündlichem und gewaltsamem Hass
gegenüber Juden geplagt werden...es gibt extrem linkslastige Transparente, die
Israel schamlos verunglimpfen, ...und die Anstachelung zu hysterischer Gewalt
unter dem Deckmantel von antiisraelischer Propaganda“. In New York brachte er zu
Gehör: „60 Jahre nach der schrecklichsten Tragödie in der menschlichen
Geschichte ist Antisemitismus wieder auf dem Vormarsch, eine einzigartige
Kombination aller Formen von Bigotterie“. (11)
In
Deutschland war die Antwort auf die Israelkritik nicht anders. Salomon Korn vom
Zentralrat der Juden in Deutschland schrieb am 6. Mai 2002 in der FAZ: „Alle
Juden werden für jegliche Vergehen Israels gegen die Palästinenser in
Kollektivhaft genommen. Die Debatte über den Nahostkonflikt entlarvt den
vorhandenen Antisemitismus. Die alte Damoklesschwert-Frage schwebt abermals
über den Köpfen der Juden: War es richtig, in Deutschland zu bleiben?“ In einer
darauffolgenden Nummer der FAZ pflichtete Außenminister Fischer Korn bei. „Warum
diese heftige Kritik an Israel? Warum diese weitverbreitete Einseitigkeit? Viele
deutsche Juden fühlen sich in diesen Monaten alleingelassen.“ Michel Friedman
sagte bei einer Spendensammlung für Israel auf Sat.1: „Antisemitismus ist das
größte Problem für die westliche Welt. In allen Kreisen in Deutschland ist es
salonfähig, schlecht über die Juden zu reden.“ Auf die Frage, ob es auch
Philosemitismus in Deutschland gäbe, antwortete er: „Die Philosemiten sind
schlimmer als die Antisemiten, weil sie immer Dankbarkeit von uns erwarten“.
(12)
Paul Spiegel
hielt im Juni 2002 eine Rede beim CDU Parteitag, auf dem er vor einer Koalition
mit der FDP warnte: Ein führendes Mitglied der FDP habe „antisemitische
Äußerungen“ gemacht. „Antisemitismus wäre als Teil öffentlicher Politik wieder
denkbar und ermöglicht worden.“ Keiner der anwesenden Politiker fragte, welche
Äußerungen von Jürgen Möllemann gemeint waren, oder was Spiegel unter
Antisemitismus verstand. Möllemann hatte gesagt, daß die israelische Regierung
Staatsterrorismus betreibe. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch besteht
Terrorismus darin, daß Angriffe auf unbewaffnete Zivilisten gemacht werden. Dazu
gehören mit Sicherheit Attentate von Hubschraubern aus ohne Gerichtsverfahren
und ohne Rücksicht auf in der Nähe unbeteiligter Menschen. Möllemann sagte auch
„Der aggressiv- arrogante Umgang Herrn Friedmans mit Sharon-Kritikern ist leider
geeignet, antiisraelische und antisemitische Ressentiments zu erwecken.“
Möllemann hatte mit seiner Kritik an der israelischen Regierung offenbar recht
und er meinte Israel und nicht die Juden. Spiegel machte dem ehemaligen
Bundesminister Norbert Blüm den Vorwurf, eine rassistische Aussage gemacht zu
haben. Blüm hatte die Meinung geäußert, daß der Vorwurf des Antisemitismus „als
Knüppel benutzt wird“, um Hinweise auf die Mißachtung der Menschenrechte durch
Israel unter den Teppich zu kehren. „Ich kann in den Aktionen des israelischen
Militärs keinen Abwehrkampf gegen den Terrorismus sehen, sondern Vernichtung.“
Das Urteil von Shimon Stein, dem israelischen Botschafter in Deutschland, die
Kritik an Israel betreffend, lautete: „Der Antisemitismus in Deutschland ist
offensichtlich eine chronische Krankheit. Jetzt konzentriert er sich auf den
Staat Israel als Kollektivjude.“ (13)
Führende
Politiker im Bundestag behandelten Möllemann „wie ein Insekt“. (Volker Zastrow
von der FAZ).Ob die Aussagen von Möllemann und Blüm stimmten, kam gar nicht zur
Sprache. Bundeskanzler Schröder beschuldigte die FDP, sie spiele mit dem
Antisemitismus. Müntefering: Die FDP wolle „antisemitische Strömungen in
Deutschland für ihre Zwecke instrumentalisieren.“ Der Ministerpräsident von NRW,
Rüttgers, meinte, daß Blüms Äußerung „nützlich für die Ewiggestrigen“ sei. Beck
(Grüne): Wer die Juden für Antisemitismus verantwortlich macht, legitimiert
ihn.“ Auch hier gilt der Einwand, daß Möllemann nicht über die Juden geredet
hat. Barbara Bohley (Grüne): Möllemann ist ein lumpiger Antisemit“. (13a)
Bedenken wir,
was für ein Kunststück der Zionisten glatt über die Bühne gegangen ist. Kritik
an Israel wird ohne Weiteres mit Feindschaft gegen alle Juden gleichgesetzt,
sogar auch dann, wenn die Kritik gerechtfertigt ist. Nach Meinung mancher liegt
Antisemitismus erst dann vor, wenn die Kritik an Israel scharf ist. Auch das ist
kein Antisemitismus im landläufigen und wissenschaftlichen Sinne. Ein Verfechter
dieses Gedankensprungs, Alan Dershowitz, Professor für Strafrecht an der Harvard
Universität, schrieb 1991: „Es ist unmöglich zu verstehen, warum Israel diese
Aufmerksamkeit erregt, im besonderen diese Kritik, ohne zu erkennen, daß Israel
„der Jude“ unter den Nationen ist.“ (14) Doch andere Erklärungen liegen auf der
Hand. Palästina liegt seit Beginn der zionistischen Kolonisierung im
Erdbebenzentrum des Vorderen Orients und das geht uns alle an. Darüber hinaus
sind Millionen von Menschen in Europa und anderswo über das schon Jahrzehnte
andauernde erbarmungslose Verhalten Israels gegenüber den Palästinensern und
anderen Arabern entsetzt.
Vielleicht
haben manche Kritiker während der Wahrnehmung dieser Ereignisse Vorurteile gegen
Juden im Allgemeinen entwickelt. Oft führen die Untaten von Teilen einer Nation
zu Vorurteilen gegen die ganze Nation. Im vorliegenden Fall kann die Haltung von
Israels Mitstreitern in Amerika und Deutschland, die als Vertreter der Juden in
dem jeweiligen Land gelten, die Entwicklung der Vorurteile begünstigt haben.
Wären nicht sie und die Pulverköpfe in Israel die Verursacher dieses
Antisemitismus? Allerdings stoßen wir hier auf einen der Glaubenssätze des
Zionismus: Juden seien nie die Verursacher von Antisemitismus. (15)
Zu
2: Die Vergegenwärtigung des Holocausts: Seit
Jahrzehnten schauen Amerikaner und Deutsche wie besessen rückwärts auf ein
Großverbrechen, den Massenmord an Juden im Dritten Reich. Alle anderen
Großverbrechen bleiben im Dunkeln. Bekannterweise wird der Holocaust in
Deutschland von jüdischer wie von deutscher Seite in Erinnerung gerufen. M.E.
brauche ich keine Beispiele zu nennen. In Amerika ist die Hervorhebung der
jüdischen Tragödie das Werk der großen jüdischen Verbände und von Juden in
Schlüsselstellungen in Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen, Verlagen, in
Hollywood und in der Akademia. (16)
Es gibt
Holocaust-Museen nicht nur an einer markanten Stelle in Washington, es gibt sie
auch in jeder Großstadt. In einigen wird auch anderer Opfer des Dritten Reichs
gedacht, das aber nur am Rande. An dem Ort in New England, der den Helden der
amerikanischen Revolution gewidmet ist, steht jetzt auch ein Holocaust-Denkmal.
In vielen Bundesstaaten sind die Lehrer gesetzlich verpflichtet, den Holocaust
im Unterricht zu behandeln. Es sind Lehrstühle an Universitäten entstanden, die
sich nur mit diesem Thema befassen. Der neunstündige Film „Holocaust“ wurde 1979
ganz oder zum größten Teil von 110 Millionen Zuschauern gesehen. Jüdische
Verbände warben 1979 für „Schindlers Liste“ mit 10 Millionen Kopien einer
sechzehnseitigen Broschüre und bearbeiteten die wichtigsten Zeitungen, damit sie
die Buchvorlage serienmäßig druckten. Der National Councel of Churches nannte
den ersten Tag der Filmvorführung „Holocaust-Sonntag“. Gelbe Sterne wurden
verteilt, um die Stimmung anzuheizen. Die New York Times hat von 1996 bis 2000
3.500 Artikel mit Holocaust-Bezug gedruckt. Politiker finden es hilfreich, sich
in Yad Vashem ablichten zu lassen, u.s.w. (17)
In Amerika fing die Hervorhebung des Massenmordes an
den Juden nicht gleich nach dem Kriege an, sondern erst Anfang der sechziger
Jahre. Bis dann war der Kalte Krieg im Gange, die Politiker und die Medien
bekämpften den Kommunismus. Vergleiche zwischen den Verbrechen im Kommunismus
und im Nationalsozialismus waren gang und gäbe. Das Ende des Kalten Krieges
ermöglichte die Wende. Der Eichmann-Prozess ebnete den Weg. Zuerst zweifelten
manche jüdische Führer, ob der Prozeß gut für die Juden wäre. Hie und da wurde
in den Medien eingewendet, daß Juden Ankläger und Richter zugleich wären, es
wäre ein Schauprozess. Auch die Führer von zwei der großen jüdischen
Verbände erklärten den Eichmann-Fall als Folge des Totalitarismus. Doch während
der vier Monate dauernden Verhandlung erlebten die Fernsehzuschauer grausame
Bilder und Erzählungen, die anfängliche Kritik hörte allmählich auf. Der Weg zum
Holocaust als Dauerbrenner war geebnet. (18)
In
Deutschland gab es schon in den frühen 50er Jahren eine beachtliche Aufklärung
über das Dritte Reich durch die Adenauer-Regierung, den Bundestag, die Medien
und durch die Schulen. Immer wieder wurde die Bevölkerung ermahnt, die
Vergangenheit nicht zu verdrängen. Besonderer Nachdruck wurde auf den Massenmord
an den Juden gelegt. Diese Entwicklung wurde verstärkt durch die NS Prozesse
Ende der fünfziger Jahre und den Bühnenerfolg des „Tagebuch der Anne Frank“
(allein 1957 1420 Vorstellungen), wie auch durch den Verkauf von 700.000
Taschenbuchausgaben. Nach der Schändung einer Kölner Synagoge Ende 1959 durch
Jugendliche, gab zahlreiche Sympathieerklärungen in Deutschland für die
betroffene Gemeinde. Die Täter wurden bestraft. Aber jüdische Verbände in
Amerika und England behaupteten, Hitlers Verbrechen würden in Deutschland
verharmlost, der Geist der Nazizeit sei immer noch am Werk. Untersuchungen über
die Einstellung der deutschen Bevölkerung zeigten aber ein ganz anderes Bild.
Trotz der bisherigen Bemühungen um Aufklärung wurde die Schändung der Synagoge
in den Medien hochgespielt. Zusammen mit dem Eichmann-Prozeß, der zwei Jahre
lang in den Medien behandelt wurde, war dieses Ereignis der unmittelbare Anlaß
für die ständige Klage, daß die Aufklärung nicht ausreiche, um die Gefahr des
Antisemitismus zu unterdrücken. Der Kampf gegen den Kommunismus endete auch in
Deutschland in der sechziger Jahren. Auch der Vergleich zwischen Kommunismus und
Faschismus kam zu Ende. Die Beschäftigung mit dem Holocaust wurde in Deutschland
wie auch in den USA zu einer Besessenheit. (19)
Der
Anspruch auf Einzigartigkeit: Wo „die Erinnerung“
gefordert wird, wird beharrlich beteuert, daß der Holocaust einzigartig und
unvergleichbar sei. Diese Aussage ist offenbar zweideutig. Sie kann bedeuten,
daß ein Ereignis Merkmale besitzt, die es nirgendwo anders gegeben hat, was auf
jedes geschichtliche Ereignis zutrifft. Doch die Verfechter der Einzigartigkeit
des Holocausts wollen die Überzeugung verbreiten, er wäre das allerschlimmste
Verbrechen in der menschlichen Geschichte. Diese Absicht wird deutlich, wo
Vergleiche mit anderen Großverbrechen als Verharmlosung des Holocausts
verurteilt werden. Der erwünschte Eindruck wird dadurch bestärkt, daß der
Holocaust seit Jahren im Rampenlicht steht.
War der
Holocaust das Allerschrecklichste? Aussagen über das Allerschrecklichste sind
empirisch nicht überprüfbar, sie sind weder wahr noch falsch, sondern
Ansichtssache. Um diesen Gedanken zu erläutern, lohnt es sich, die am häufigsten
vorgebrachten Erklärungen von jüdischen Führern zu überprüfen. Erstens: Die
Tötungsweise sei eine organisierte, fabrikmäßige Vergasung gewesen. Doch die
Tötung durch Nahrungsentzug, ein viel eingesetztes Mittel in den kommunistischen
Ländern und andere Tötungsweisen können als genauso schlimm oder schlimmer
angesehen werden. Übrigens sind Zigeuner und andere Nichtjuden auf die gleiche
Weise umgebracht worden wie die Juden. (20)
Weiter wird
behauptet: Ohne Ausnahme sollten alle Juden umgebracht werden, keiner sollte am
Leben bleiben, gleich wie er sich verhielt, und zwar aus ideologischen Gründen.
Ob die Tötung aller Juden beabsichtigt war, wissen wir nicht. Die Vereinbarung
zwischen Hitler und der zionistischen Führung “zur Förderung der Auswanderung
von deutschen Juden nach Palästina“ spricht dafür, daß er die Juden aus Europa
verdrängen wollte und nicht die Absicht hatte, alle Juden umzubringen. Laut
Ludwig Penner vom Leo Baeck Institut brachte die Durchführung der Vereinbarung
der jüdischen Wirtschaft in Palästina einen raschen industriellen
Aufschwung.(21) Was die Ideologie der Nationalsozialisten in bezug auf Juden
betrifft, wollen wir Aussagen von Hitler, dem ausschlaggebenden Ideologieträger,
heranziehen. Er vertrat eine Geschichtsauffassung, der zufolge die Arier die
Bestimmung hätten, sich an oberster Stelle in kultur- und staatsbildenden
Angelegenheiten zu entfalten. Dafür seien gegnerische Kräfte nötig, die
Widerstand und einen Anreiz hervorbringen würden. (Er folgt hier dem
Sozialdarwinismus) Die Juden stellten den Gegenpol zu den Ariern dar, sie seien
zerstörerisch und müßten bekämpft werden. (22) Aus seiner Aussage, „etwas
Schlechtes muß da sein, um das Gute zu reizen“, könnte man schließen, daß er die
Wechselwirkung mit Juden weiter für notwendig hielt, um die Sendung der Arier zu
stützen, auch wenn die Juden auf irgendeine Weise unterjocht werden sollten. Im
Januar 1939 sagte er in einer Rede: „Wenn es dem internationalen Finanzjudentum
gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, wird das
Ergebnis die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa sein.“ Im Januar 1941
hieß es: „Wenn Amerika von dem Judentum in einen allgemeinen Krieg gestürzt
wird, wird das gesamte Judentum seine Rolle in Europa ausgespielt haben.“ Das
waren scharfe Warnungen, allerdings waren es keine vorbehaltslosen
Willenserklärungen und betrafen nicht alle Juden.
Nehmen wir
einmal an, daß die Tötung aller Juden wirklich beabsichtigt war. Die Absicht,
ganze Völker auszulöschen, hat es gegeben und ist auch durchgeführt worden. 23).
Weiterhin: Angesichts der Tatsache, daß die Zahl der von Kommunisten ermordeten
Menschen weitaus höher war, mögen Manche meinen, daß dieses Ereignis das
allerschrecklichste in der menschlichen Geschichte ist. Die logische Folge aus
diesem Blickwinkel wäre, daß der Vorwurf, der bisher gegen Deutsche gerichtet
wurde, auch gegen Russen, Juden und andere Kommunisten gelten müsste. Russen und
Juden hatten eine Vormachtstellung im russischen Geheimdienst, der die vom Staat
angeordneten Massenmorde vollstreckte. In einer neueren Untersuchung über den
Anteil von verschiedenen Nationalitäten an der Führung des sowjetischen
Geheimdienstes ist eine russische Forschergruppe zu dem Ergebnis gekommen, daß
der Anteil von Juden 1934 noch vierzig Prozent betrug. Russen und Ukrainer
zusammen machten etwas weniger als 40 Prozent aus. (24) Allerdings muß auch hier
eingeräumt werden, daß die Meinung, diese Gruppe hätte das Allerschlimmste
getan, auch Ansichtssache wäre.
Die
Behauptung, der Holocaust sei einzigartig, wurde auch von dem ehemaligen
Bundeskanzler Schröder, der jetzigen Bundeskanzlerin Merkel und von dem
Vorsitzenden der CSU Stoiber vertreten. Es gibt keine Anzeichen dafür, daß der
Wahrheitsgehalt dieser Aussage in politischen Kreisen hinterfragt worden wäre.
Erinnern wir uns an die Mahnung von jüdischer Seite und von deutschen
Politikern, dass der Holocaust nicht relativiert werden darf, d.h., daß dieses
Ereignis nicht mit anderen Ereignissen verglichen werden darf. So weit darf man
nicht denken, wohl weil man wahrscheinlich zu einem unerwünschten Ergebnis käme.
(25)
Zu 3: Näheres
zu den Zielen: Erstens: Möglichst viele Juden sollten sich als Angehörige
des jüdischen Volkes fühlen, und zwar mit einer besonderen Bindung an Israel.
Herzl sagte, „Wir sind ein Volk“. Das war gewiss übertrieben. Ihm ging es um die
Schaffung eines Volksbewusstseins. Israels Präsident Katzav sagte letztes Jahr
im Bundestag, er spreche im Namen des jüdischen Volkes. Alle Präsidenten Israels
haben geredet, als ob alle Juden sich zum jüdischen Volk bekennen und Israel
als ihren Vertreter anerkennen. Das stimmt auch heute nicht. Eine nicht
unwichtige Zahl der Juden bekennen sich nicht dazu und lehnen den Anspruch
Israels ab, für sie zu sprechen. Das gilt auch für Amerika, wo der Zionismus am
leidenschaftlichsten verfochten wird. Katzavs Anspruch gilt aber wohl für die
Leiter der jüdischen Verbände und ihre Mitstreiter in Amerika und Deutschland.
Schon der Name des Zentralrats deutet darauf hin, daß sie sich nicht als
Angehörige der deutschen Nation betrachten. Michel Friedmann hat diese
Einstellung wie folgt zum Ausdruck gebracht: „Israel verleiht uns Identität und
Selbstverständnis“. (26)
Wie Herzl sind seine
Nachfolger in Amerika und Deutschland bestrebt, den jüdischen Zusammenhalt durch
die Verbreitung von Angst und Schrecken zu schaffen und zu stärken. In Amerika
gab es Alarmrufe wie: „Es wird wahrscheinlich auch hier geschehen, die Frage ist
nur, wann?“ „Ein Holocaust-Bewußtsein ist notwendig, damit die Juden bereit
sind, Amerika zu verlassen“. Es handelt sich hier um eine Täuschung. Peter
Novick, Professor für Geschichte an der Universität von Chicago, hat in seinem
Buch „The Holocaust in American Life“ darauf hingewiesen, daß die Angstmacher
bestrebt waren, Mischehen und Assimilation zu beenden. In den 1960er Jahren
heirateten 40% der jüdischen Männer und 30% der jüdischen Frauen in den USA
Nichtjuden. Das führte zu Aufregung unter den Nationalgesinnten. Sie sprachen
von einem „blutlosen Holocaust“. Es gab keinen nennenswerten Antisemitismus in
Amerika und Juden besaßen einflußreiche Stellen in den Medien, in der Politik
und an den Universitäten. Als Gruppe zeichneten sie sich durch einen
außerordentlichen Wohlstand aus. (27)
In diesem
Zusammenhang lohnt es sich, den Erlebnisbericht eines ehemaligen deutschen
Diplomaten zu berücksichtigen, der sich viele Jahre von Washington, New York und
Bonn aus, um das Deutschlandbild in Amerika, gleichfalls um eine Normalisierung
des deutsch-jüdischen Verhältnisses, bemühte. Dr. Wolf Calebow hat auf Grund
seiner Überzeugung, daß die einseitige Darstellung des Holocaust in den USA ein
düsteres, gefährliches Bild des heutigen Deutschland vermittelt, unter anderem
Gespräche mit großen jüdischen Verbänden geführt. Er bat sie, die Darstellungen
mit Angaben über den deutschen Widerstand, die Wiedergutmachung an die Opfer,
die deutsche Unterstützung für Israel und ein wahrhaftiges Bild des heutigen
Deutschland zu ergänzen. Seine Vorschläge wurden abgelehnt. Der Beirat des
Holocaust-Museums in Washington hat sich geweigert, darüber mit Deutschen zu
verhandeln. Allerdings gewann er die zeitweilige Mitarbeit des American Jewish
Committee und des eigens für diesen Zweck gegründeten Amonk Instituts. Zusammen
erreichten sie in einigen Bundesländern, in denen Holocaustunterricht
Pflichtfach war, daß seine Ergänzungsvorschläge teilweise übernommen wurden.
Über die Atlantik-Brücke kam es zu einem Schüleraustausch zwischen
amerikanischen und deutschen Schulen ermöglicht. Er brachte in seinem Buch „Auf
dem Weg zur Normalisierung“ umfangreiche Belege dafür, daß die wichtigsten
jüdischen Kräfte in Amerika ein bedrohlich erscheinendes Bild von Deutschland
aufrechterhalten und nutzen wollten, um jüdisches Bewußtsein zu stärken. Daß die
Juden Deutschland als Schreckgespenst wahrnehmen würden, war ihnen nicht nur
recht, es war so gewollt. (28)
Auch in
Deutschland haben jüdische Führer (Korn und Friedman) während der
Niederschlagung der 2. Intifada beteuert, daß Juden hier wegen Antisemitismus
verunsichert und verängstigt wären. Solche Aussagen mögen das
Zusammengehörigkeitsgefühl und die Abgrenzung der Juden in Deutschland gestärkt
haben, doch erzeugen sie m.E. keinen Fluchtgedanken. In Deutschland gibt es
keinen nennenswerten Antisemitismus und der Weg für Juden, ihre Lebensziele zu
verwirklichen, steht ihnen offen. Weiterhin hätte der Zentralrat sich bestimmt
nicht für die Einwanderung etwa zweihunderttausend Juden aus der früheren
Sowjetunion eingesetzt, wenn er wirklich geglaubt hätte, daß diese Menschen in
Deutschland gefährdet wären. Der Zentralrat will selbst nicht weg aus
Deutschland. Der Einsatz der Mitglieder für die Verwirklichung der zionistischen
Ideologie gibt ihnen einen Lebenssinn und bringt ihnen materielle Vorteile.
(Näheres dazu weiter unten).
Das
zionistische Ziel, die Zusammengehörigkeit der Juden in Deutschland als
ethnisch/nationale Gruppe zu stärken, wird sogar vom deutschen Staat
unterstützt. Ein sogenannter Staatsvertrag zwischen der deutschen Regierung und
dem Zentralrat ist vor kurzem Gesetz geworden. Die Regierung verspricht,
alljährlich 3 Millionen Euro an den Zentralrat zu zahlen. Das ist unabhängig
davon, daß die jüdische Religionsgemeinschaft anerkannt ist und finanzielle
Unterstützung erhält. In der Präambel steht: „Das deutsche Volk hat eine
geschichtliche Verantwortung für jüdisches Leben in Deutschland.“ Das Geld soll
für „gemeinsame Interessen der Bundesregierung und des Zentralrats“ verwendet
werden, nämlich für den Aufbau einer jüdischen Gemeinschaft und die
Integrationsaufgaben des Zentralrats, darüber hinaus für
„überregionale Aufgaben und die Verwaltungskosten des Zentralrats“. Diese
Vereinbarung ist kein Vertrag, sondern ein Geschenk. Eine Gegenleistung wird
nicht gefordert. Die schwammige Beschreibung der „Aufgaben“ bedeutet im
Klartext: Der Zentralrat soll das Geld für Zwecke verwenden, die er nach eigenem
Gutdünken fördern will. Vom Standpunkt des Zentralrats ist die
„Integrationsaufgabe“ die Stärkung des jüdischen Bewußtseins als
ethnisch/nationale Gruppe mit einer besonderen Bindung an einen anderen Staat.
Friedman hat erklärt, daß er eine jüdische Lobby in Europa ähnlich der in den
USA aufbauen will. Zu bedenken ist jedoch, daß die große Mehrzahl des deutschen
Volkes möchte, daß die verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen das
Gemeinsame erstreben und nicht das, was sie trennt. (29) Zum Ende des letzten
Ramadan sprach Bundespräsident Köhler den Wunsch aus, die eingewanderten Muslime
mögen Deutschland als Heimat betrachten. Soll dieser Wunsch nur an die Muslime
gerichtet sein?
Ein zweites Ziel: Die
Belange Israels fördern: Das Ziel Herzls, einen Staat für alle Juden aufzubauen,
wird vorläufig nicht angestrebt. Israel braucht Juden in anderen Ländern,
insbesondere in Amerika, aber auch in Deutschland. Ein günstiges Israelbild und
wirtschaftliche, militärische und diplomatische Unterstützung sind von großer
Bedeutung. Die jüdischen Führer und ihre Mitstreiter in Amerika und Deutschland
besetzen ein breites Feld in der Öffentlichkeit, wo sie ihre Sicht der Dinge im
Nahen Osten bekannt machen können. Sie beteuern beharrlich, daß Israel immer der
Verteidiger sei, daß es nur um seine Existenz kämpfe. So z. B. Dershowitz: „Die
große moralische Frage für die Welt zu Beginn dieses Jahrtausends ist, ob
Israels Bestreben, sich vor Terroristen zu verteidigen, zu einer großen Zunahme
von Antisemitismus führen wird.“ (30) In diesem Sinne erklärte Spiegel nach
einem Angriff auf das Hauptquartier der Hamas, bei dem acht Zivilisten, einige
davon Kinder, starben: „Es sind erklärte Terroristen...Notwehr...eine
Existenzfrage.“ (31) Dieser Einstellung entsprechend kritisieren sie Israel
höchst selten. Es war ein unerhörtes Ereignis, als ein Mitglied des Zentralrats
und Vorsitzender der jüdischen Gemeinschaft von Schleswig-Holstein, Herr Prof.
Verleger, Israel wegen der gezielten Tötungen ohne Gerichtsverfahren, der
Zerstörung ganzer Stadtviertel u.s.w. scharf kritisierte. Ihm wurde vom
Zentralrat vorgeworfen, „antiisraelische Klischees“ bedient zu haben. Er wurde
aus dem Verband ausgestoßen.
Zum Zweck eines
günstigen Israelbildes werden grundlose Antisemitismusvorwürfe und die
Vergegenwärtigung des Holocausts eingesetzt. Während der letzten Intifada
dienten die Antisemitismusvorwürfe dazu, die Öffentlichkeit von der verheerenden
Kampfweise der israelischen Armee und den Folgen für die Palästinenser
abzulenken. Dazu dienten die Antisemitismuskonferenzen in New York und Berlin.
Ein weiterer Zweck war, einzelne wichtige Kritiker (Blüm und Möllemann)
verächtlich zu machen und womöglich auszuschalten. Diesem Zweck diente auch der
Angriff während des Libanonkrieges auf Heide Marie Wieczorek-Zeul, nachdem sie
auf die Gefahren durch die Blindgänger der israelischen Streubomben hinwies,
die noch zahlreich im Libanon herumlagen. Der Zentralrat warf ihr vor, sie rede
„einseitig zum Nachteil Israels und unterstütze damit antisemitische Stimmungen.
Ein drittes Ziel war wohl, künftige Kritik an Israel von Menschen, die im
öffentlichen Leben stehen, zu verhindern. Der Vorwurf des Antisemitismus
erschreckt.
Die Berieselung mit der
Holocaust-Erinnerung geschieht wohl, um den Eindruck zu verbreiten, daß Israel
trotz allem Anschein eigentlich das Opfer in der Auseinandersetzung mit den
Palästinensern und anderen Arabern ist oder jedenfalls unter mildernden
Umständen handelt. Hier zwei Beispiele: 1. Nachdem Israel im Sechstagekrieg 1967
den Rest von Palästina eroberte und gleich anfing, die eroberten Gebiete „aus
Sicherheitsgründen“ mit Juden zu besiedeln, wurde das Israelbild weltweit
getrübt. Da tauchte im Kreis der engsten Unterstützer Israels in Amerika der
Gedanke auf, dieses trübe Bild sei durch einen Mangel an Holocaust-Bewusstsein
zu erklären. Daraufhin schuf man allerlei Abhilfe. Holocaust Romane wurden an
alle Kongressmitglieder geschickt. In vielen Filmen und Romanen planten Nazis
und Palästinenser die Zerstörung Israels. Der Leiter der ADL schrieb: Die
Palästinenser, oder viele von ihnen, waren Hitlers kleine Helfer“. (32) 2.
Während des letzten palästinensischen Aufstands forderten Spiegel und Israels
Botschafter Shimon Stein besseren Holocaust-Unterricht, um Antisemitismus zu
bekämpfen. Es ging ihnen damals offenbar darum, sich der Kritik an Israel zu
widersetzen. Spiegel forderte bezeichnenderweise die deutschen Kultusminister
auf, sich von Fachleuten des Yad Vashem Museums über Holocaustunterricht beraten
zu lassen.
Die Forderungen nach
wirtschaftlicher, militärischer und diplomatischer Unterstützung für Israel, die
gegenüber Amerika und Deutschland gestellt und durchgesetzt werden, werden auf
völlig unterschiedliche Weise gerechtfertigt. Gegenüber Amerika wird beteuert,
daß Israels Forderungen in Einklang mit amerikanischen Interessen seien.
Ähnliche Leistungen von Deutschland werden als Erfüllung einer sittlichen
Verpflichtung bezeichnet, Israels Existenz zu sichern. Was die Verhältnisse in
den USA betrifft, empfehle ich hier der Kürze halber eine neue Veröffentlichung
und einige Besprechungen dazu. Die Verfasser, John Mearsheimer und Stephen Walt,
Professoren an der University von Chicago bzw. Harvard. Sie vertreten die
Auffassung, dass die „Israel Lobby“ die amerikanische Nahostpolitik auf Bahnen
zwingt, die den Interessen der USA widersprechen und auch moralisch nicht zu
rechtfertigen sind. (33)
Über die Jahre hinweg
haben zionistische und deutsche Kreise gemeint, daß die Deutschen sittlich
verpflichtet wären, Israels Existenz zu sichern. Der deutsche Staat müßte die
notwendigen Leistungen erbringen. So sagte zum Beispiel Israels
Ministerpräsident Barak in einem Gespräch mit Kanzler Schröder am Beginn der
Intifada: „Wegen der Schatten der Vergangenheit hat Deutschland eine besondere
Verpflichtung gegenüber Israel“. Israels Präsident Mosche Katzav sagte letztes
Jahr in einer Rede im Bundestag: „Für die Shoa kann es weder Vergebung noch
Verzeihung geben.“ Mit diesen strengen Worten wollte er alle Deutschen treffen,
auch die noch Ungeborenen, ihr Gewissen belasten und ihr Selbstbewusstsein
beeinträchtigen, obwohl in unserem Kulturkreis nur d i e Menschen, die Schuld
auf sich geladen haben, Grund haben, um Vergebung zu bitten. Friedman hat
während der Intifada gesagt, „Den Erben des judenmordenden Staates kommt gar
nichts anderes zu, als die schwere historische Verantwortung auf sich zu
nehmen.“ Die politische Führung in Deutschland hat diese Behauptung ohne
öffentliche Debatte übernommen und nie in Frage gestellt. Außenminister Fischer,
sagte z.B. während die israelische Armee palästinensische Städte und Dörfer
bombardierte: „Wir (die Deutschen, KL) müssen mit allen Mitteln die Zerstörung
Israels verhindern“.(34) Die Gründe der Bundesregierung für den Libanon-Einsatz
wurden vom stellvertretenden Sprecher wie folgt beschrieben: „Es gibt erstens
die historische Verpflichtung zur Sicherung der staatlichen Existenz Israels und
zweitens das Interesse an der Stabilität im Nahen Osten.“ (35) Kanzlerin Merkel
erklärte: „Unsere Staatsräson ist vor allem, Israels Existenz zu sichern.“ Wenn
man der zionistischen Ideologie genügend aufgesessen ist, kann man reden, als ob
es um die Existenz Israels ginge und nicht um die des Libanon. Israel legte
anläßlich der Gefangennahme von 2 Soldaten libanesische Städte und große Teile
der Infrastruktur in Schutt und Asche und brachte dabei mehr als eintausend
nichtbeteiligte Zivilisten um, und das alles ohne nennenswerten Widerstand.
Weiterhin: Wo eine Regierungschefin behauptet, daß die Staatsraison ihres Landes
vor allem sei, die Existenz eines anderen Staates zu sichern, und niemand aus
dem öffentlichen Leben widerspricht, ist die Zeit nicht fern, wo das Volk ans
Auswandern denkt.
Wie lässt sich eine
Verpflichtung des deutschen Volkes und des deutschen Staates, Israels Existenz
zu sichern, begründen? Aus deutscher Sicht hat Klaus Schütz, ein ehemaliger
deutscher Botschafter in Israel, die Meinung vertreten, daß der Holocaust „der
Auslöser“ für die Entstehung Israels gewesen sei. „Daraus resultiert eine
bleibende Verantwortung für die Nation.“ Richard von Weizsäcker u. a. hat sich
in diesem Sinne geäußert. Der Kern der schwammigen Erklärung von Schütz ist, daß
es einen Kausalzusammenhang zwischen dem Holocaust und der Entstehung Israels
gäbe. Hier ist jedoch zu bedenken, daß die ausschlaggebende Ursache für die
Entstehung Israels die ungleichen Machtverhältnisse in der Mandatszeit war.
Damit wurden die Bemühungen der palästinensischen Nationalbewegung, einen Staat
zu gründen, vereitelt. England hatte seit 1920 siebzehn Jahre lang die
Kolonisierung ermöglicht und unterstützt. Die britische Armee hat die erste
Intifada (1936-39) gewaltsam niedergeschlagen. 3000 Aufständische wurden
getötet, 100 wurden erhängt und die Anführer des Landes verwiesen. England
erlaubte den Zionisten sogar, eine Streitmacht aufzubauen, die zusammen mit
jüdischen Terrorverbänden die Mehrzahl der Palästinenser vertrieb und 80% von
Palästina eroberte. Waren und sind die Engländer für die Sicherung von Israels
Existenz verantwortlich? Das würde niemand ernst nehmen, weil England dem Staat
Israel nicht geschadet hat, vielmehr hat es den Zionisten ermöglicht, das zu
bekommen, was sie wollten. Den Schaden hatten die Palästinenser. Logischerweise
müßte die Frage gestellt werden, ob nicht England (genauer: die englischen
Entscheidungsträger und ihre Unterstützer) eine moralische Verpflichtung hatte
und hat, den Palästinensern Entschädigung zu leisten.
Von israelischer Seite
hat es auch keinen tauglichen Begründungsversuch gegeben. Bei Forderungen an
Deutschland wird in aller Regel an den Holocaust erinnert, aber ohne einen
Schaden für den Staat zu belegen. Katzav behauptete in seiner Bundestagsrede, er
spräche für alle Juden. Das stimmt so nicht. Ben Gurion hat zur Zeit seines
ersten Abkommens mit Deutschland gemeint, daß er die jüdischen Opfer des
Nationalsozialismus zum Zweck ihrer Entschädigung vertrete. Doch hat er sich
nicht gegen die Vertreter der jüdischen Opfer in den USA, England, Frankreich
und anderen Ländern durchsetzen können. Dazu kommt, daß der Schaden der Opfer
keinen Schaden für den Staat Israel darstellt. Israel hätte nur dann einen
eigenen Anspruch auf Schadenersatz von Deutschland gehabt, wenn es für die
Eingliederungskosten von jüdischen Flüchtlingen in Israel (angeblich 500.000)
aufgekommen wäre. Aber die jüdischen Einwanderer haben Grundeigentum von
palästinensischen Flüchtlingen bekommen. Das heißt, dass ein wesentlicher Teil
der Eingliederungskosten durch palästinensisches Eigentum gedeckt wurde. Von
arabischer Seite wurde auf die Folgen für die Palästinenser hingewiesen. Doch
Adenauer sagte, er hätte kein Recht, Stellung zu der Frage der arabischen
Flüchtlinge zu nehmen. Er zahlte an Israel. Damit widersprach er der fast
einhelligen Meinung in der Wissenschaft der Ethik, einschließlich der
katholischen, daß die Folgen von Vereinbarungen für Dritte berücksichtigt werden
müssen.
In erheblichem Umfang
sind inzwischen deutsche Waffen an Israel geliefert worden. Die ersten
Lieferungen wurden geheim gehalten. Das ist auch später der Fall gewesen. Weder
die Araber noch die deutsche Öffentlichkeit sollten davon erfahren. Die Kosten
wurden manchmal teils oder ganz vom deutschen Staat, sprich den Steuerzahlern,
übernommen. Für die U-Boote, die mit Nuklearwaffen ausgerüstet werden können,
zahlte der deutsche Steuerzahler 85%. (36) Das Ergebnis war eine deutsche
Beihilfe zu Angriffskriegen, Vertreibungen und Unterdrückung. Um die eigene
Rolle zu beschönigen, beteuerte man, daß Israel um seine Existenz kämpfe und die
Deutschen dementsprechend verpflichtet seien. Dieses Verhalten ist nicht nur
wegen der Folgen für Israels Opfer beklagenswert. Während der zweiten Intifada
und des zweiten Libanon-Krieges haben Meinungsumfragen herausgefunden, daß die
Mehrzahl der deutschen Bevölkerung eine ganz andere Meinung zu dem Verhalten
Israels hatte. Das heißt, die Mehrzahl der Bevölkerung hat das Kind beim rechten
Namen genannt. Wie schon oben erwähnt, haben 59% der Europäer gesagt, Israel sei
das gefährlichste Land für den Weltfrieden. Während der Kämpfe im Libanon wurden
im Auftrag von „Spiegel“ zwei Fragen gestellt. Die erste Frage: „Israel
versucht, die Angriffe der radikal islamischen Hisbullah auszuschalten. Halten
Sie die israelischen Angriffe auf den Libanon durch das Recht auf
Selbstverteidigung für gerechtfertigt, oder hat Israel kein Recht dazu?“ 22%
antworteten mit „Ja“, 63% mit „Nein“ und 15% hatten keine Meinung. Die zweite
Frage: „Sollte Israel auf den Angriff auf Großstädte verzichten, um Opfer unter
der Zivilbevölkerung zu vermeiden, selbst wenn die Hisbullah ebenfalls große
Städte in Israel mit Raketen angreift?“ 72% antworteten mit “Ja“, 18% mit „Nein“
und 10 % gaben keine Meinung dazu ab.(37) Weiterhin: Die Berieselung der
Deutschen mit einer angeblichen Verpflichtung durch einen Teil der Siegermächte
und jüdischer und deutscher Führungskräfte hat zweifellos das
Zusammengehörigkeitsgefühl, das Nationalbewußtsein und das Selbstbewußtsein
vieler Deutscher stark beeinträchtigt.(38)
Haben die deutschen
Regierungen wirklich aus dem Bewußtsein einer sittlichen Verpflichtung gegenüber
Israel gehandelt, als sie es über die Jahre hinweg mit Geld, Waffen und
diplomatischer Rückendeckung unterstützt? Gesetzt den Fall, die Zionisten hätten
nicht einen Teil des schwachen Arabien erobert, sondern einen Teil der
Vereinigten Staaten und die Einheimischen vertrieben. Hätten die Deutschen sich
für das „Existenzrecht“ des Vertreiberstaats oder für die Vertriebenen
eingesetzt? Zum Hintergrund des Abkommens zwischen Adenauer und Ben Gurion,
worin Adenauer Israel die Zahlung von 350 Millionen versprach, gehört, daß
Deutschland die Unterstützung der USA in der Berlinfrage und die Aufnahme in
das Westbündnis anstrebte. Die USA wollten deutsche wirtschaftliche Leistungen
für Israel und befürworteten ein Abkommen für diesen Zweck. Bei den
Verhandlungen mit Israel mußte Adenauer auch „jüdischen Bankkreisen“
entgegenkommen, um, wie er in seinen Erinnerungen schrieb, „einen Erfolg bei der
Londoner Schuldenkonferenz zu erzielen“. Die Haltung aller Regierungen in der
Zwischenzeit gegenüber den Opfern des Dritten Reichs ist bezeichnend dafür, daß
es nicht um moralische Beweggründe ging. Der letzte Beleg dafür ist die
Tatsache, daß in der neuen Gedenkstätte nur an jüdische Opfer erinnert wird. Die
Anregung von Dr. Calebow und anderen für eine Überprüfung der
deutsch/jüdisch/arabischen Verhältnisse hat bisher zu keiner Debatte in den
herrschenden Kreisen, in den Medien und der Politik geführt. Warum ist das so?
Ist es Angst vor dem Antisemitismusvorwurf? Ist es Angst vor Vorgesetzten in
Politik und Medien? Ist es Amerikahörigkeit? Die Jagd nach persönlichen
Vorteilen oder Fremdnationalismus?
Eine Wende im
deutsch/jüdischen Verhältnis ist nicht in Sicht. Betrachten wir es als
Kennzeichen dafür ist, was in Bezug auf die Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem
geschehen ist. Die Bundesrepublik unterstützt mit bisher 2,3 Millionen Euro die
Identifizierung und Ablichtung von Dokumenten über die Verfolgung von Juden im
Dritten Reich. Justizministerin Brigitte Zypries hat 2005 einen Scheck an die
Leitung übergeben und gesagt: „Unsere Verpflichtung als Deutsche ist, ein
Wiederaufleben des Antisemitismus zu verhindern. Wir haben als Deutsche auch
die Aufgabe, die Erinnerung an die Verbrechen des Naziregimes wach zu halten,
weil dies eine Voraussetzung dafür ist, daß sich so etwas nie mehr wiederholt.“
Deutsche und Israelis seien „einander verlässliche Partner und Freunde“
geworden.(39)
Seit Jahren bietet die
Gedenkstätte Seminare „Erziehung nach Auschwitz“ für Lehrer an. Seit 1998 haben
200 Lehrer aus NRW die Seminare besucht. Ihre Beteiligung wird von deutschen
Stellen finanziell unterstützt. Der deutsche Botschafter in Israel, Rudolf
Dressler, hat 2005 die deutschen Lehrer zu einem Empfang eingeladen: Er sagte:
„60 Jahre nach Auschwitz kann der Holocaust gar nicht genug behandelt werden.
Normalisierte Beziehungen zwischen Israel und Deutschland kann es auch nach 40
Jahren diplomatischer Beziehungen nicht geben.“ (40) Wie das Thema behandelt
wird, darauf geht er nicht ein. Zu dem Unterricht in Yad Vashen hat Calebow
Folgendes geschrieben: „Das Ziel der amerikanischen Mitgestalter dieses
Programms ist nicht nur die Förderung eines emotional geprägten
Holocaust-Unterrichts, in dem „die Juden“ als „die Opfer der Geschichte
schlechthin“ dargestellt werden. Ziel sei auch die Darstellung Deutschlands als
„Land der Täter“, wobei auch die Bundesrepublik „in den denkbar düstersten
Farben dargestellt werden soll.“ Daß Deutschland und Israel verläßliche Partner
und Freunde seien, hält er für bloßen Schein.(41) Wie er in seinem Buch
dargestellt hat, ist die jüdische Führung, besonders in den USA, bestrebt, das
Bild vom „bösen Deutschen“ aufrecht zu erhalten. Ein weiterer Beleg dafür: Der
Leiter des Museums lädt jedes Jahr eine Anzahl von Staatsführern zu einer
Erinnerungsveranstaltung ein, schließt jedoch Deutschland aus, obwohl es
maßgeblich zu der Finanzierung des Museums beigetragen hat. Dressler erklärte,
er hätte Verständnis dafür, daß Deutschland nicht eingeladen würde.
Ein drittes Ziel: Eine
Sonderstellung für die jüdische Leidensgeschichte. Es gibt andere ethnische
Gruppen in Amerika und Deutschland, die ihre Leidensgeschichte zur Geltung
bringen wollen. Ein Beschlussantrag im amerikanischen Kongress für den Bau eines
Museums zum Andenken an die Opfer der Sklaverei, der die Schwarzen unterworfen
waren, fiel durch. Die Schwarzen haben nie Wiedergutmachungsleistungen erhalten.
Ein Beschlussantrag zum Andenken an die weitgehende Vernichtung der Indianer
ist auch durchgefallen.
Der Beirat des Holocaust
– Museums in Washington erläuterte den Sinn des Baus folgendermaßen: „Dieses
Museum gehört in das Zentrum des amerikanischen Lebens, weil Amerika als
demokratische Zivilisation der Feind des Rassismus und seiner radikalen
Ausdrucksform, des Völkermords ist. Die Nazis hätten in Wort und Tat die
tiefsten Glaubenssätze des amerikanischen Volkes verletzt.“
Ein
Kongressbeschlußantrag für ein Andenken an die Tragödie der Armenier wurde von
Israel und jüdischen Verbänden erfolgreich bekämpft. Die Einzigartigkeit des
jüdischen Leidens läge, ihnen zufolge, darin, daß es keinen rationalen Grund für
die Ermordung der Juden gegeben hätte. Doch Hitlers Drohungen gegen die
europäischen Juden für den Fall, daß amerikanische Juden Amerika veranlassen
würden, Krieg gegen Deutschand zu führen (Siehe den Abschnitt weiter oben über
„Einzigartigkeit“) belegt, daß der Massenmord, nachdem die Niederlage
Deutschlands sicher war, ein Mittel zum Zweck der Rache war, also nicht
grundlos.
Die Schwarzen haben in
den sechziger Jahren die Apartheidgesetze - die Trennung in Wohngebieten,
Schulen, Verkehrsmitteln und anderen öffentlichen Einrichtungen - erfolgreich
bekämpft. In den siebziger Jahren forderten sie und andere schwache Minderheiten
ein Gesetz, wonach sie als Bewerber für Arbeitsstellen und Studienplätze gewisse
Quoten beanspruchen dürften. (Affirmative Action). Die großen jüdischen
Verbände stritten dagegen. Der Leiter der Anti-Defamation League führte die
Antisemitismuswaffe ins Feld gegen die Befürworter des Gesetzes. Seine
Auffassung von Antisemitismus ist bemerkenswert: „Gleichgültigkeit gegenüber
jüdischen Ängsten“. Dabei erinnerte er an die „Gleichgültigkeit zur Zeit des
Dritten Reiches“. Novick erklärt diese Haltung damit, daß die Mehrheit der Juden
ihre Elitestellungen und ihren Wohlstand gegen aufstrebende Minderheiten zu
sichern versuchten.(42)
Das Holocaust-Museum in
Washington sollte, nach dem ursprünglichen Plan, zum Andenken an alle Opfer des
Nationalsozialismus gebaut werden. Anlaß dazu war die Befürchtung in Präsident
Carters Partei, daß Carters offenbare Sympathie für die Palästinenser zu einem
starken Verlust von jüdischen Wahlkampfspenden und Stimmen in einigen wichtigen
Wahlkreisen führen würde. Doch Elie Wiesel, der für die Juden sprach, war nicht
einverstanden. Er bestand darauf, daß nur der Juden in der Gedenkstätte gedacht
werden sollten. Ihr Leiden sei einzigartig gewesen. Die Juden würden den Bau
sonst nicht unterstützen. Carter gab nach. Die Sonderstellung, die Juden in
Amerika für die Erinnerung an jüdisches Leiden errungen haben, hat zu großer
Spannung unter den schwachen Minderheiten, insbesondere der Schwarzen,
geführt.(43)
Auch in der neuen
Gedenkstätte an einer markanten Stelle in Berlin wird nur jüdischer Opfer des
Dritten Reiches gedacht. Die Verfechter des Baus in der Öffentlichkeit, Wolfgang
Jäckel und Lea Rosh, gehören nicht dem Zentralrat an, traten aber
gewiß im Einvernehmen mit Spiegel auf. Auch sie spielten die „Einzigartigkeit“
als Trumpf aus. Jäckel erklärte in der FAZ den Ausschluß der Zigeuner
folgendermaßen:
1. Hitler hatte
Drohungen gegenüber Juden abgegeben, aber nicht gegenüber Zigeunern. Also, wenn
einer ohne Vorwarnung umgebracht wird, verdient er kein Andenken. 2. Nach
„eigenen Quellen“ sind viel weniger Zigeuner umgebracht worden, als die von
ihnen angegebene Zahl. Doch auch die Zahl jüdischer Opfer, die allgemein von
Juden genannt wird, ist in Frage gestellt worden. 3. Die Zigeuner sind aus
anderen Gründen und auf andere Weise umgebracht worden“. Doch Zigeuner und
andere Opfer in den Vernichtungslagern sind auch vergast worden. Ist die
Ermordung von schuldlosen Menschen aus anderen Gründen als Rassenzugehörigkeit
weniger beklagenswert?
Viertens: Gewinne.
Tausende von Menschen haben durch ihre berufliche Tätigkeit ein ureigenes
Interesse an der Ausbreitung der zionistischen Ideologie, was durch die
Verbreitung des Antisemitismusvorwurfs und die Berieselung mit der
Holocaust-Erinnerung geschieht. Sie werden gegebenenfalls mit Geld, Ansehen und
Einfluß belohnt. Dazu zählen u.a. die Leiter von jüdischen Verbänden, die Jewish
Claims Commission against Germany, Beiräte und Angestellte in den
Holocaust-Museen, Filmemacher, Verleger von jüdischen Zeitungen und
Zeitschriften, Rechtsanwälte.(44)
Schlusswort
Wollen wir zum Schluss
die Dogmen, die Zerrbilder der Wirklichkeit, noch einmal in Erinnerung bringen,
die Herzl und seine Nachfolger entwickelt und angewendet haben. Auch mit anderen
Ideologien, z.B. mit dem Darwinismus, dem Kommunismus und dem Liberalismus sind
Dogmen verbreitet worden. Sie standen ebenfalls auf wackeligen Beinen. Trotzdem
gaben sie vielen Menschen einen Lebenssinn – für viele von ihnen war es ein
Religionsersatz – und sie waren zeitweilig erfolgreich.
Das Kennzeichen
(Leitmotiv) der zionistischen Ideologie ist Angst und Unsicherheit. Der
unhaltbare Antisemitismusvorwurf wird benutzt, um Juden in Angst zu versetzen,
damit sie zusammenhalten und die Ziele der zionistischen Führung unterstützen.
Der gleiche Vorwurf wird erhoben, um Angst und Unsicherheit von Juden in Israel
und anderswo vorzutäuschen und so eine Rechtfertigung u.a. für das Verhalten
Israels zu bringen. Derweil sind nicht wenige Deutsche, Amerikaner und Araber in
Ecken geduckt, in die sie ein starker Arm mit dem Davidstern weist. Kurz
zusammengefasst die Dogmen:
-
Für Herzl diente die
Geschichte (oder besser, seine Auffassung davon) als Rechtfertigung für den
erwünschten Staat und als Mittel, Juden dafür zu gewinnen. Im neunzehnten
Jahrhundert haben andere Ideologen und mehrere nationale Bewegungen die
Geschichte als Rechtfertigung für ihre Ansprüche benutzt. Die Juden, so
Herzl, könnten nur in einem Judenstaat sicher sein. Das lehre die
Geschichte der Juden. Weil Antisemitismus im Volksgemüt aller anderen Völker
verankert ist und bleiben wird, bliebe ihnen kein Ausweg.
-
Juden seien nie die Ursache
für Antisemitismus.
-
Der Holocaust sei eine Folge
des Antisemitismus schlechthin. Ein weiteres Dogma in diesem Zusammenhang:
Der Holocaust sei das allerschlimmste Verbrechen in der menschlichen
Geschichte. Weiterhin: Wegen des vorhandenen Antisemitismus sei ein neuer
Holocaust auch heute eine erhebliche Gefahr.
-
Kritik an Israel, für manche
scharfe Kritik, sei antisemitisch.
Ich ziehe den Schluss,
daß die düstere zionistische Ideologie mit ihren Dogmen und der Rechthaberei,
die eng damit zusammen hängt, durch ein natürliches und heiteres Leitbild
ersetzt werden sollte. Das wird nicht leicht sein, aber „die Welt ist kein
stinkender Teich. Sie ist ein Fluß. Was nicht ist, kann werden. “Ole Bienkopf“
(Erwin Strittmacher) Ich kenne kein besseres Leitbild dafür, als den Spruch
Zarastros in der Zauberflöte: „Das Leben beginnt, wo die Angst aufhört.“
Anmerkungen
-
Theodor Herzl, Der
Judenstaat, 1895, zitiert in Julius Schoeps, Zionismus, Wiesbaden 1983, S.
18. Er bringt eine Darstellung der Bewegung mit dem geschichtlichen
Hintergrund. Vgl. die in wesentlichen Zügen unterschiedliche Darstellung von
Allen Taylor, The Zionist Mind, Beirut 1974. Vgl. auch Israel Shahak,
Jüdische Geschichte, Jüdische Religion, Süderbrarup 1998 und meine
Besprechung in Orient, Heft 1, 1998, S. 144-146.
-
Klaus von Dohnanij,
Zivilcourage contra Political Correctness, München 2003, S. 12ff. 32/33.
-
Hannah Arendt, Report
on the Banality of Evil, zitiert in Peter Novick, The Holocaust in American
Life, Boston, New York 1999, S. 134.
-
FAZ, !. Juli 2005.
-
Zitiert in Simha
Flapan, Zionism and the Palestinians, New York, 1979, S. 82.
-
Näheres zu der Frage der
Verhandlungen in: Kenneth Lewan, Ist Israel Südafrika?, Tossens 1993, S.
85-92. Die Haltung Israels hat sich trotz der sieben Jahre andauernden Oslo
Gespräche nicht geändert. Siehe ders., Palestina: Das Zentrum des Erdbebens,
Neue Ordnung, Bd. 2, 1994, S. 9ff. Weitere Beispiele für die Unterstellung,
daß die Araber gefährlich und nicht vertrauenswürdig seien, sind in Lewan,
Ist Israel..., a.a.O., S. 60-62, 68,71/72.
Baraks Aussage ist zitiert aus New York Review of Books,
2006.
-
Avi Shlaim, The Iron
Wall, London 2000, S. 208-216.
-
Lewan, Sechs Tage und Zwanzig
Jahre, Berlin 1988, S. 13-38. Ders. Der Nahost Krieg in der westdeutschen
Presse, Köln 1970 passim. Kurze von Dems. In: Die Zweite Intifada –
Zwiespalt in der FAZ, Frankfurt/M. 2002, S. 143/144.
-
Noam Chomsky, The
Fateful Triangle, London 1999, passim.
Zusammengefaßt in Lewan, Ist Israel...a.a.O., S.
73-74.
-
Lewan, Die zweite
Intifada...a.a.O., S 18-43; Perez zitiert in SZ, 26. Juli 2006.
-
Zitate in Norman Finkelstein,
Beyond Chutzpah, Berkelay 2005, S. 39; 33 und 81. Näheres über die
Antisemitismuswelle in Amerika auf den Seiten 32-65.
-
Israel ist unser Rückgrad,
Gespräch mit Michele Friedman auf Sat.1, Tacheles , 4. Januar 2005.
-
Lewan, Die zweite ...,
a.a.O., S. 126-134; Shimon Stein zitiert im Tribüne – Verlag, 5.
13a. Zitiert in Lewan, ebenda, S. 130.
-
Zitiert in Finkelstein, a.a.
O., S. 33.
-
Ebenda, S. 77-81.
-
Novick, a.a.O., S.
208-210.
-
Novick, ebenda, S. 207/208;
Juncker, Die Amerikanisierung des Holocausts, FAZ, 9. September 2000.
-
Novick, ebenda a.a.O., S.
85-102, 127 –145.
-
Manfred Kittel, Die Legende
von der zweiten Schuld, Berlin, Frankfurt/M, 199, passim.
-
Guenther Levy, Rückkehr nicht
erwünscht, Berlin 2001, S. 372-378.
-
Penner, Die Bedeutung der
Einwanderung aus Deutschland, in: Werner Feilchenfeld, Dolf Michaeli und
Ludwig Penner, Havara-Transfer nach Palästina, Tübingen 1972, S. 89-1O6.
-
Frank Lothar Kroll, Utopie
als Ideologie, Paderborn 1998, S. 44-64.
-
Näheres in Immanuel Geis,
Geschichte Griffbereit, Gütersloh/München, 2002, S. 1009.
-
Näheres in Lewan, Die
zweite...a.a.O., S. 144.
-
Das von Horst Möller
herausgebrachte Buch, Der rote Holocaust, München 1999, enthält
Streitschriften zur Frage der Vergleichbarkeit von Nationalsozialismus und
Kommunismus. Leider hat es in den führenden Politikerkreisen keine Debatte
darüber gegeben. Dieses Buch wäre auch besonders empfehlenswert für die
Schulen, damit die Schüler die Geschichte ihres Landes besser einordnen
können. Es sei an ein Zitat aus Goethes Tasso erinnert: „Vergleiche dich.
Erkenne was du bist.“
-
Israel ist unser Rückgrad,
a.a.O.
-
Novick, a.a.O., S.
170-188.
-
Wolf Calebow, Auf dem Wege
zur Normalisierung, Berlin 1999.
-
Ein Leserbrief in diesem
Sinne von Dr. Rudolf Baumann ist am 18. Juni 2005 in der FAZ erschienen.
-
Zitiert in Finkelstein,
a.a.O., S. 46.
-
Zitiert in Lewan, Die
zweite..., a.a.O., S. 132.
-
Zitiert in Novick, a.a.O., S.
156ff.
-
Die Kurzfassung der
Abhandlung erschien zuerst am 10. März 2006 in der
London Review of Books. Besprechungen sind u.a.
erschienen in International Harald Tribune, 4.
April 2006, Ha-Áretz, 25. März 2006 und der
Financial Times, 3. April 2006. Diese Kurzfassung und mehrere Besprechungen
sind abgedruckt in Journal of Palestine Studies, Bd. 139, Spring 2006.
-
Näheres in Lewan, Die
zweite..., a.a.O., S.112-120.
-
Zitiert in SZ, 7. September
2006.
-
Näheres in Christopher
Steinmetz, German-Israeli Armaments Cooperation, Berlin Information Center
for Security, Nov./Dec. 2002.
-
TNS Infratest für den
„Spiegel“, 18.-20 Juli 2006. Freundlicherweise hat Prof Helmut Spehl mich
auf diese Meinungsumfrage aufmerksam gemacht.
-
Für eine eingehende
Schilderung der Kollektivschuld - und Pflichtzuweisung an das deutsche Volk
und eine Erläuterung der Folgen siehe Heinz Nowratil, Der Kult der Schuld,
München 2004. Ein Nachwort „Aus der Sicht der Psychoanalyse“ von Prof.
Hubert Speidel ergänzt Nowratils Befund.
-
Pressemitteilung des
Bundesministeriums der Justiz vom 23. Mai 2005.
-
Newsletter der Israelischen
Botschaft Berlin in www. Jüdische, 31. August 2005.
-
Unveröffentlichter Leserbrief
an die FAZ von Calebow einen Artikel betreffend die NRW Lehrerfortbildung in
Yad Vaschem.
-
Novick, a.a.O., S.
178/79.
-
Ebenda, S. 16-22.
-
Finkelstein bringt eine Fülle
von Belegen für die Benutzung der Holocaust-Erinnerung für gewinnbringende
Geschäfte.
The Holocaust Industry,
London, New York, 2000.
Anhang 1
Ohne
wenn und aber für Israel
Erschienen in „Die Aula“ Juli/August 2005
Die deutsche Regierung
bewirbt sich um einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.
Wie bei anderen Bewerbern auch müssten verschiedene wahrscheinliche Folgen in
Erwägung gezogen werden. Was wäre von der jetzigen und zukünftigen deutschen
Regierung in Bezug auf die Israel-Palästina-Frage zu erwarten? Das vom
gegenwärtigen Außenminister geprägte Bild des Konflikts während der zweiten
Intifada sollte in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden.
Als die Vollversammlung
der UN Israel wegen seiner außerhalb jeglichen Vergleichs mit palästinensischer
Gewalt stehenden Gewaltausübung zurechtwies, enthielt sich Deutschland der
Stimme. Nach den Angriffen auf New York im September 2001 versicherten Kanzler
Gerhard Schröder und Außenminister Fischer, daß die Terroristen westliche
Einrichtungen und Werte zum Ziel gehabt hätten. Dies war auch der Standpunkt von
Präsident Bush und anderer Staatsmänner in der EU. Die naheliegende Erklärung,
daß das Verhalten Israels und der USA den Angreifern als Beweggrund gedient
haben könnte, erwähnten sie nicht. Die deutsche Regierung lieferte sogar
Ersatzmotoren für israelische Panzer, trotz der Tatsache, daß sie
palästinensische Städte und Flüchtlingslager zerstörten.
Fischer erläuterte seine
Ansichten über den Konflikt in einer Bundestagsrede am 12. Dezember 2001 und in
einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen. Er behauptete in seiner Rede, daß
eins der Ziele der islamischen Terroristen die Zerstörung Israels gewesen sei.
Israel hätte ein Recht darauf zu existieren, „Terror gegen Israel muß verurteilt
werden“. Wir (die Deutschen, K.L.) müssen mit allen Mitteln eine Zerstörung
Israels verhindern. Er verlor kein Wort darüber, warum diese Leute vielleicht
die Existenz Israels zerstören wollten. War dieses Verhalten ohne jeden
Zusammenhang mit dem, was die Israelis angerichtet hatten? Fischer schwieg auch
zu den israelischen Angriffen auf Zivilisten (also Staatsterror) und sonstigen
Gewaltanwendungen. In diesem Zusammenhang sollte erwähnt werden, daß er von
Israels Recht auf Sicherheit sprach; bei den Palästinensern hieß es nur, sie
hätten „legitime Interessen“.
In seinem Artikel, der
im Mai 2002 erschien, schrieb er: „Zwei Nationen kämpfen um das gleiche
Territorium.“ Aber der Kampf geht um besetzte Gebiete, um Land, auf das Israel
keinen berechtigten Anspruch hat. Fischers Äußerung stimmt überein mit der
israelischen Sichtweise – es handle sich um „umstrittene Gebiete“. Fischer
führte weiter aus, daß eine Lösung nur durch einen Kompromiß und die Schaffung
eines Staates für die Palästinenser erreicht werden könnte. Aber auch Sharon und
Bush, die sich nie durch Großzügigkeit gegenüber den Palästinensern hervorgetan
haben, behaupten, daß sie für einen Palästinenserstaat seien. Aber die Kernfrage
müßte sein: Wo sollen die Grenzen gezogen werden? Sharon und Bush haben sich nie
zu dieser Frage geäußert, in diesem Artikel geht Fischer auch nicht darauf ein.
Bemerkenswert ist, daß er die Forderung der EU nach einem vollständigen Rückzug
Israels hier nicht vertritt. Was Camp David und seine Auswirkungen angeht,
schrieb er, daß Barak, nach israelischer Auffassung, den Palästinensern einen
Staat angeboten hätte und daß die Intifada die Antwort darauf gewesen sei.
Völlig unwichtig scheint Fischer das, was andere Teilnehmer an den Verhandlungen
inzwischen berichtet haben und was in Untersuchungen festgestellt worden ist.
Von diesem Hinweis auf den israelischen Standpunkt springt er zu seiner
Schlußfolgerung: „Seither kämpft Israel um sein Überleben.“ Zur gleichen Zeit
zerstörten israelische Hubschrauber, F 16 Bomber und Panzer palästinensische
Städte und Flüchtlingslager, ohne nennenswerten Widerstand anzutreffen.
Fischer schloß seinen
Artikel mit einer weiteren Geste von Sympathie für Israel. „Angesichts ihrer
Erfahrung mit dem Zusammenbruch der Verhandlungen in Camp David, sorgen sich die
Israelis, daß die palästinensischen Anführer mehr wollten, als eine
Zweistaatenlösung.“ Sie befürchten, schrieb er, daß Arafats PLO die Rückkehr
einer so großen Anzahl von Flüchtlingen durchsetzen will, daß Israel seinen
jüdischen Charakter einbüßen und ein bi-nationaler Staat werden würde. Man
wundert sich hier, ob er sich überhaupt bemüht hat, die Gründe für das Scheitern
der Verhandlungen herauszufinden. Wahrscheinlich hatte er von der zweiten
Erklärung Baraks für das Scheitern gehört: Die Palästinenser hätten die Rückkehr
von so vielen Flüchtlingen gefordert, daß Israel nicht mehr jüdisch sein würde.
Baraks erste Erklärung – die unterschiedlichen Meinungen über Jerusalem – ist
durch Interviews mit Teilnehmern beider Seiten ausreichend gut belegt. Clintons
Berater, Robert Malley, hat außerdem bestätigt, daß Arafats Standpunkt über das
Rückkehrrecht nichts mit dem Scheitern der Verhandlungen zu tun gehabt hätte. Er
wäre schon mit einer Rückkehr einverstanden gewesen, die die jüdische Mehrheit
nicht gefährdet hätte. Auf jeden Fall ist es kaum vorstellbar, daß die
Palästinenser die Israelis dazu zwingen könnten, so viele Flüchtlinge
zurückzulassen. Während der vergangenen 55 Jahre ist es ihnen nicht einmal
gelungen, Wiedergutmachung für ihr verlorenes Eigentum zu erhalten. Übrigens ist
Barak gewiß deshalb zu der zweiten Erklärung übergewechselt, weil sie wirksamer
war, um Sympathie für die israelische Seite zu gewinnen. Fischers Sorge, daß
Israel seinen jüdischen Charakter verlieren und ein binationaler Staat werden
könnte, widerspricht der Haltung der Partei, die er führt, zu ihrem eigenen
Land. Für Deutschland befürwortet sie eine multikulturelle Gesellschaft.
Quod licet Iovi non licet bovi.
Als in der EU die Frage
der Sanktionen gegen Israel gestellt wurde, weigerten sich die deutschen und die
britischen Vertreter sogar, mögliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen. Sie
wollten nur weiter vermitteln. Im April 2002 machte Fischer drei Einwände gegen
den Einsatz von Druck auf Israel. Erstens: Eine erfolgreiche Vermittlung kann
ohne das Vertrauen beider Seiten nicht stattfinden. Aber wenn der Zweck der
Vermittlung darin bestünde, Sharon zu bewegen, den Palästinensern
entgegenzukommen, wären bloße Gespräche zu diesem Zeitpunkt offensichtlich
sinnlos gewesen. Zweitens: Der EU, sagte er, mangelte es an Mitteln, wirksam
Druck auf Israel auszuüben. Doch könnte man mit kleinen Schritten anfangen, z.B.
der Einstellung von Waffenlieferungen, Geldzuwendungen oder diplomatischer
Rückendeckung. Das könnte sehr wohl die israelische Führung dazu bewegen, über
die Zukunft seiner wichtigsten Handelsbeziehungen nachzudenken. Auf jeden Fall
erfordern gute Entscheidungen ernsthafte Überlegungen über mögliche Mittel und
Zwecke. Die Weigerung der britischen und deutschen Vertreter, genau das zu tun,
belegt, daß sie eher zusehen würden, wie die Palästinenser in den Staub getreten
werden, als die amerikanische und israelische Führung zu verärgern. Drittens:
Die Deutschen hätten eine moralische Verpflichtung gegenüber Israel. Fischer hat
wiederholt erklärt, daß diese Verpflichtung niemals zuende kommen würde. Aber
ist diese Behauptung wahr? Wenn wir den Maßstab zugrunde legen, der überall in
der westlichen Welt gilt, dann sind nur diejenigen moralisch verpflichtet, die
durch eigenes Fehlverhalten Schaden angerichtet haben. Außerdem vertreten fast
alle Wissenschaftler der Ethik die Ansicht, daß die Folgen einer Handlung für
alle Betroffenen (hier die Palästinenser) von Belang sind, um zu beurteilen, ob
sie moralisch gut ist oder schlecht. Weiterhin: Diejenigen, die die Staatsgewalt
ausüben, können moralisch verantwortlich sein. Die Medien sollten die Regierung
mit der Frage herausfordern, ob auch sie Schuld an der Lage der Palästinenser
trägt.
Im Juni 2003 hat der
Spiegel ein Gespräch mit Außenminister Fischer geführt. Auf die Frage, wie das
Ausmaß von Haß und Leid in Israel und in den besetzten Gebieten zu erklären sei,
zitierte Fischer einen Israeli, der meinte: „Beide Seiten haben hundert Prozent
recht, und beide Seiten haben hundert Prozent unrecht.“ Diese Vernebelung bedarf
einer Erläuterung, doch Fischer gab keine. Manchmal ist es wohl doch klüger,
sich kurz zu fassen. Ein Journalist bemerkte, daß die Fundamentalisten eine
gerechte Lösung der Palästinafrage forderten. Fischers Erwiderung enthielt
zweierlei Gedanken. Zum einen: „Seit es Israel gibt, wird es als Blitzableiter
benutzt. Für vieles, was schief läuft in der arabisch-islamischen Welt, wird
immer wieder Israel vorgeschoben. Ich sage bewußt vorgeschoben, denn
Israel trägt dafür nicht die Verantwortung.“ Zum zweiten: Israel sei eine
Herausforderung für seine arabischen Nachbarn, aber eine positive: durch seine
Modernität, die Offenheit der Gesellschaft, ihre Lebendigkeit, die Dynamik der
Ökonomie, von Technologie, von Forschung.“ Diese Aussage müsste
selbstverständlich im Licht folgender Tatsachen beurteilt werden:
Die jüdischen Siedlerkolonisten machten und machen
sich in einem schon bevölkerten Land breit, ohne die Einheimischen zu fragen.
Sie nehmen den Boden in Besitz und verdrängen die Einheimischen, und zwar ohne
Entschädigung. Sie schufen getrennte Wohngebiete und beeinträchtigten die
einheimische Wirtschaft, mit dem Ergebnis, daß Palästinenser ihre Arbeitskraft
an israelische Arbeitgeber verkaufen müssen. Sie bauen Wohnungen für jüdische
Siedler, obwohl es sie schmerzt, daß sie dadurch Palästina verraten. Bei
friedlichen sowohl wie gewaltsamen Aufständen werden sie mit unverhältnismäßiger
Gewalt zermalmt. Ja, es gab und gibt arabischen Terror gegen israelische
Zivilisten. In dem Interview sprach Fischer von ihren Ängsten. Zum Nachdenken
hier ein Zitat aus dem Jahr 1857 von einem Mitglied des Gesetzgebenden Rats der
Kapkolonie anläßlich einiger Überfälle von Schwarzen auf weiße Siedler: „Wenn
die Kolonisten die Ländereien der Einheimischen in Besitz nehmen, können sie
nicht damit rechnen, auf Rosen gebettet zu sein. Wenn man nah an die Wilden
herangeht, ist es, als ob man sich auf ein Wespennest setze – sie werden einen
stechen. Aber wir können die Kaffer nicht dafür verantwortlich machen. Nach
seiner unzivilisierten Denkweise hat der Kaffer das Recht, sein ihm gestohlenes
Land zurückzugewinnen. Wenn den Franzosen ein Teil ihres Landes geraubt würde,
würden sie mit aller Wahrscheinlichkeit versuchen, es zurückzuerobern“.
Auch bei seinem
Spiegel-Gespräch behauptete der Außenminister, daß „wir“ (die Deutschen K.L.)
eine besondere Verpflichtung gegenüber dem Existenzrecht Israels hätten. Darauf
fragte ein Journalist, ob Fischer das Überleben Israels in Gefahr sähe. Er
antwortete: „Ich glaube nicht, daß Israel strategisch erschüttert werden kann.
Dazu ist es zu stark. Aber die Existenz wird ohne Frieden prekär bleiben.“ Soll
man ob dieser sich widersprechenden Äußerung lachen oder weinen?
Im Mai 2002 erhielt
Fischer einen Ehrendoktor von der Universität Haifa. Im November 2002 wurde er
von der Heinz-Galinski-Stiftung wegen seines „Eintretens für Frieden und
Versöhnung“ ausgezeichnet. Danach hat die Christlich-Jüdische Gesellschaft ihm
während der Woche der Brüderlichkeit die Buber-Rosenzweig-Medaille verliehen.
Die Laudatien bei den Preisverleihungen hielten der ehemalige Bundespräsident
von Weiszäcker bzw. Paul Spiegel. Im Mai 2005 erhielt er den Leo Baeck Preis. In
seiner Rede erfuhren die Zuhörer, dass Israel die einzige Demokratie im Nahen
Osten wäre. Zur Sicherung der Existenz Israels sei seine „Dominanz“
unverzichtbar. Er zeigte auch seine Besorgnis um die Juden in Deutschland. Als
vielseitig gebildeter Mensch konnte er seinen Zuhörern mitteilen, dass die
deutsche Geistesgeschichte ohne die deutsche Judenheit nicht denkbar wäre. „Und
Gleiches gilt für die Wissenschaft, die Kunst und die Wirtschaft“.
Fischers
Israel-Schwärmerei übertrifft bei weitem die Stellungnahmen der bisherigen
deutschen Außenminister, aber keine Partei im Bundestag hat ihn zurechtgewiesen.
Die führenden Kreise in Politik und Medien in Deutschland geben nie zu, daß ihre
Unterstützung für Israel zu den Ursachen der erbärmlichen Lage der Palästinenser
geführt hat.
Auszüge aus einem Gespräch vom 5. März 2005 zwischen
„Tribüne“ und Angela Merkel
Tribüne: „Shimon Stein, der Botschafter Israels in
Berlin befürchtet, daß mit dem Generationswechsel in Deutschland der Versuch
einher gehen könnte, einen Schlußstrich unter die jüngste Geschichte zu ziehen.“
Merkel: „Die Gründung des Staates Israel war eben mit
der schrecklichen Verfolgung und Ausrottung durch die Nationalsozialisten
verbunden, sie gab den entscheidenden Impuls. Darum wird die Beziehung zwischen
Israel und Deutschland immer von besonderem Charakter bleiben.“
Meine kritischen Ausführungen oben über die Kausalkette zwischen dem
Massenmord
an Juden im Dritten Reich und der Entstehung des Staates Israel gelten
auch hier.
Tribüne: „Können Sie erklären, warum in der EU und
auch in den Medien die PLO mehr Sympathie und Verständnis findet als die
Israelis und ihre Verteidigungsmaßnahmen?“
Merkel: „Die Bereitstellung von Geldmitteln für die
Palästinenser seitens der EU zu einem Zeitpunkt, als Israel gerade durch das
Einbehalten von Steuermitteln Druck ausüben wollte, war nicht in Ordnung. Auch
was die Kritik am Bau des Sicherheitszauns betrifft, hätte ich persönlich eine
abgewogenere Haltung gewünscht. Insofern plädiere ich dafür, daß Deutschland
seiner besonderen Verantwortung gegenüber Israel gerecht wird. Der
Bundesaußenminister hat dies aber auch schon in vielen Fällen unter Beweis
gestellt.“
Der „Sicherheitszaun“, d.h. die acht Meter hohe
Mauer, die in die besetzten palästinensischen Gebiete hineinragt, markiert eine
weitere Ausdehnung des zionistischen Staates und gibt palästinensischen Bauern
mangels Land und Wasser noch einen Grund, „freiwillig“ auszuwandern. War das
Urteil des Internationalen Gerichthofs nicht ausgewogen? Das Gericht stellte
fest, daß Israel keinen Rechtsanspruch auf Gebiete hätte, die es seit dem 1967er
Krieges besetzt hält Weiterhin: Alle jüdischen Siedlungen seien nach Artikel 49
des Genferabkommens widerrechtlich. Daher sei die Mauer eine Verletzung des
Völkerrechts. Sie müßte abgebaut werden, und die Palästinenser, die dadurch
Verluste erlitten haben, müßten entschädigt werden. Vierzehn Richter stimmten
dafür. Der andere, ein Amerikaner, stimmte nicht dagegen, er gab bloß eine
Erklärung ab.
Der Anlaß für die Einbehaltung von Zoll - und
Steuergeldern, die der Autonomiebehörde gehörten (etwa $50 Millionen im Monat),
war die Wahl der Hamasregierung und ihre Weigerung, Israel bedingungslos
anzuerkennen. Im April 2006 hat auch die EU alle ihre Zahlungen an die
palästinensische Behörde eingestellt, weil die Hamas das Existenzrecht Israels
nicht anerkannt hat. Darauf hat Joachim Koch, Ministerialrat a.D., in einem
Brief an Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier gefragt: „Wo bleiben
gleiche Maßnahmen gegenüber Israel, gegen das man die gleichen Vorwürfe erheben
kann? Ist Israel bereit, Palästina in den Grenzen von 1967 anzuerkennen und die
nach einem verbotenen Angriffskrieg widerrechtlich besetzten Gebiete zu räumen?
Stattdessen werden in den palästinensischen Gebieten weiterhin israelische
Siedlungen ausgebaut und neuerdings das Jordantal vom restlichen Westjordanland
abgetrennt, um es endgültig völkerrechtswidrig zu annektieren. D.h. mit anderen
Worten, daß Israel wesentliche Teile der den Palästinensern gehörenden Gebiete
nicht als ihnen gehörend anerkennt. Damit verhält sich Israel genauso wie die
Palästinenser und muß deshalb in gleicher Weise behandelt werden. Dabei ist zu
berücksichtigen, daß die gegenseitige Anerkennung nur Resultat eines
Verhandlungsprozesses sein kann, wenn man für beide Seiten eine gerechte
Lösung finden will. Sie darf nicht Vorbedingung einer Seite sein, wenn sie nicht
bereit ist, die Rechte der anderen Seite anzuerkennen. Wer solch einseitige
Forderungen unterstützt und nichts zu den Völkerrechtsverletzungen der
fordernden Seite sagt und ihn bedingungslos unterstützt, macht sich zum Mittäter
solcher Rechtsverletzungen...
Auch das Verlangen an Hamas, der Gewalt
abzuschwören, ist angesichts der dauernden Übergriffe der israelischen Armee
gegen Palästinenser einseitig. Die Palästinenser haben keine staatlichen Mittel,
um sich gegen die rechtswidrigen Übergriffe der israelischen Armee zu wehren.
Der Terror ist Folge ihrer Ohnmacht. Deshalb ist es erforderlich, daß auch
Israel der Gewalt abschwört und zu einer gerechten Verhandlungslösung bereit
ist. Die israelische Regierung droht jedoch, einseitige Lösungen ohne
Verhandlungen mit den Palästinensern vorzunehmen. Dem müsste schärfstens
entgegen getreten werden. Ich sehe bisher jedoch keine Reaktion der
Bundesregierung zu dieser Frage, obwohl ein einvernehmlicher Interessenausgleich
zwischen Israel und den Palästinensern auch im vitalen deutschen Interesse
liegt. In diesem Zusammenhang muß auch berücksichtigt werden, daß die Hamas vor
mehr als einem Jahr einen Waffenstillstand verkündet hat und sich bisher daran
gehalten hat. Das sollte für die Zeit von Verhandlungen ausreichend sein. Von
israelischer Seite gibt es ein solches Angebot bisher nicht!“
Tribüne: „Es könnte schon lange einen
Palästinenserstaat geben, wenn nicht Camp David gescheitert wäre. Damals hätten
die Palästinenser 98 % der besetzten Gebiete zurück bekommen können“...
Merkel: „Es war damals „ein schwerer Fehler, daß die
palästinensische Seite diese weitreichenden Angebote abgelehnt hat.“
Robert Malley, ein enger Berater von Clinton in Camp
David, berichtete, daß Baraks Gesprächsbeiträge in Worte gefasst wurden, die nur
als Denkanstöße und nicht als Angebote gedeutet werden konnten. Seine
Stellungnahme erschien am 9.
August
2001 in der New York Review of Books.
Malley erklärte Baraks Verhalten damit, daß er sich im Wahlkampf befand. Das
konnte Joachim Koch gut bestätigen. Er hat bekannt gemacht, daß er während
seiner 25jährigen Erfahrung in internationalen Verhandlungen ernsthafte Angebote
immer schriftlich eingereicht wurden.
Anhang 3
Wie kann es Frieden geben für Israel und Palästina?
Schalom 5767: Berliner Erklärung
Seit Jahrzehnten leben das israelische und das
palästinensische Volk als Nachbarn. Es gäbe viele Möglichkeiten zur
Zusammenarbeit und zur gemeinsamen Entwicklung. Stattdessen wird ihr Leben
vergiftet durch Krieg und Gewalt, durch Bedrohung und Terror, durch
gegenseitigen Hass, Verachtung und Respektlosigkeit.
Das Grundübel ist die
seit 1967 andauernde israelische Besetzung palästinensischen Gebiets. Die
Besetzung bedeutet Entwürdigung und Entrechtung der Palästinenser. Sie lähmt ihr
wirtschaftliches, politisches und soziales Leben. Darüber hinaus verhindert
dieses täglich neu erlebte Unrecht einen friedlichen Ausgleich des alten
Unrechts, das den Palästinensern mit der Vertreibung von 1948 angetan wurde. All
dies treibt die Spirale der Gewalt an.
Es ist an der Zeit,
diese Spirale zu durchbrechen und einer dauerhaften Friedenslösung den Weg zu
bereiten, die
- dem palästinensischen
Volk ein sebstbestimmtes Leben in Würde ermöglicht
- beiden Nationen die
Existenz in international anerkannten Grenzen sichert
-
die gesamte Region befriedet und dadurch die
ganze Erde friedlicher und sicherer werden lässt
In beiden
Gesellschaften, der israelischen wie der palästinensischen, gibt es seit langem
Stimmen für Verständigung; die „Genfer Vereinbarung“ ist dafür wegweisend (www.genfer-
initiative.de). Diese Stimmen brauchen Unterstützung.
Nur wenig Unterstützung
kommt jedoch aus Deutschland. Das hat seinen Grund: Vor 61 Jahren endete mit der
Niederlage Nazi-Deutschlands der unter Führung von Deutschland begangene
Massenmord an den Juden Europas. Scham und Trauer über dieses Verbrechen lässt
viele Menschen zur Politik des jüdischen Staates Israel schweigen.
Aber dieses Schweigen
ermöglicht neues Unrecht. Um in diese erstarrte Situation Bewegung zu bringen,
haben wir, Jüdinnen und Juden aus Deutschland, als Erstunterzeichnende diese
Erklärung auf den Weg gebracht. Denn wir sehen mit Entsetzen, wie der mit so
großen Hoffnungen gegründete Staat Israel in einer Sackgasse der Gewalt
feststeckt.
Wir fordern die deutsche
Regierung auf, mit der Europäischen Union
-
die israelische Besatzungspolitik nicht länger
zu tolerieren
-
kurzfristig den Boykott der Palästinensischen
Autonomiebehörde zu beenden
-
endlich die Verwirklichung eines lebensfähigen
palästinensischen Staates ernsthaft anzustreben, in Gaza und dem gesamten 1967
besetzten Westjordanlandes einschließlich Ost-Jerusalems, mit voller
Souveränität und freiem Verkehr.
Damit wird eine
Sicherheitsregelung für die Staaten der Region zu verbinden sein, besonders für
das sich bedroht fühlende Israel, ebenso wie für seine Nachbarstaaten. Fragen
des Rückkehrrechts der von Israel 1948 vertriebenen Palästinenser können
einvernehmlich gelöst werden, wenn Israel als Zeichen der
Versöhnungsbereitschaft die Vertreibung als Unrecht benennt. Der Status
Jerusalems als Doppelhauptstadt wird zu klären sein. Ein Vorschlag der
Arabischen Liga zur Einigung mit Israel liegt vor. Der Frieden wäre greifbar
nahe.
„Was Dir verhaßt ist, tu
Deinem Nächsten nicht an.“ So faßte vor zweitausend Jahren Rabbi Hillel das
Wesen des Judentums zusammen. Das sollte auch heute der Leitfaden menschlichen
Handelns sein, - auch in der Politik.
Bitte unterstützen Sie
mit Ihrer Unterschrift diese Erklärung, oder tragen Sie sich ein: auf
www.schalom5767.de.
Jüdische Erstunterzeichnende:
Es folgen die Namen
von 71 Unterzeichnern mit ihren Berufen.
Prof. Dr.
Rolf Verleger, Postfach 110137, 23534 Lübeck. Spenden für weitere Anzeigen:
R. Verleger,
130101397 bei der Sparkasse zu Lübeck, BLZ
23050101. |
|
Das Palästina Portal
|