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 Die zionistische Ideologie
In Israel, den USA und Deutschland
Prof. Dr. Kenneth Lewan

 

Einleitung

 

 

In diesem Aufsatz will ich zeigen, wie die zionistische Ideologie in Israel, den USA und Deutschland zur Anwendung kommt. Durch Vergleiche können wir die eigene Lage besser verstehen und geeignetere Wege gehen. An einigen Stellen erläutere ich die Haltung deutscher Politiker hierzu.

 

Theodor Herzl, der Hauptideologe und Organisator der zionistischen Bewegung, schrieb 1895 in seiner Streitschrift „Der Judenstaat“: „Kein Volk der Geschichte hat solche Kämpfe und Leiden ausgehalten wie wir..., denn tief im Volksgemüt (aller anderen Völker, K.L.) sitzen alte Vorurteile gegen uns... Und je länger der Antisemitismus auf sich warten lässt, um so grimmiger muss er ausbrechen. Die einzige Hoffnung, den Verfolgern zu entrinnen“ sei ein Staat der jüdischen Nation. (1)

 

Herzls Aussage über das Leiden der Juden und die tiefsitzenden Vorurteile in anderen Völkern ihnen gegenüber ist empirisch nicht überprüfbar. Das war ihm gewiss einerlei, ihm und seinen Mitstreitern ging es um die Begründung eines eigenen Staates für Juden. Seine  Ideologie dient als Rechtfertigung dafür. Die Führung der Bewegung entschied sich für die Kolonisierung von Palästina, einem schönen Land, in dem die Bevölkerung einen gewissen Wohlstand genoss und sich auf eine tausendjährige arabische Geschichte berufen konnte. Herzl meinte: „Wir würden in Palästina einen Vorposten gegen die Barbaren bauen.“ Herzl und die späteren Führer meinten, dass die Einheimischen ganz oder zum größten Teil das Land verlassen müssten. Weiterhin sollten die Grenzen des Staates nicht auf Palästina beschränkt werden. Allerdings redeten sie im Völkerbund und auch sonst nicht von der Verdrängung der Palästinenser oder von einem noch größeren Staat.

 

Der erste praktische Schritt, die fortschreitende Assimilation der Juden in ihren „Wirtsvölkern“ aufzuhalten, sollte durch die Verbreitung der zionistischen Ideologie unter den Juden erreicht werden. Wie bei anderen Ideologien war zu erwarten, dass auch manche Juden die zionistische Lehre verinnerlichen würden, andere würden Lippenbekenntnisse ablegen, insoweit es ihnen nutzvoll erschiene. Die zu erwartende Grundeinstellung der wirklich Überzeugten wäre Mistrauen, Unsicherheit und Angst vor den Nichtjuden, die anderen würden so tun, als ob. Die zu erwartenden Folgen wären Rechthaberei und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Menschen in Palästina.

 

Wir sollten an dieser Stelle über eine Aussage von Klaus von Dohnanyi, dem ehemaligen Bürgermeister Hamburgs, nachdenken. Er sagte über eine Karikatur, die in der britischen Zeitung „The Economist“ erschienen war: „Sie zeigt uns Deutsche ängstlich in eine Ecke geduckt, in die uns ein starker Arm mit dem Davidstern weist... Der Vorwurf des Antisemitismus erschreckt, lässt verstummen und stärkt nicht das demokratische Selbstbewusstsein der Deutschen. Man sollte umsichtig und gut begründet mit dem Wort Antisemitismus umgehen... Wir sollten offen, aber wahrheitsgemäß sagen dürfen, was uns am Herzen liegt.“(2)

 

Der Zionismus in Israel

 

Die politischen Führer Israels haben sich immer wieder zu den Grundgedanken der zionistischen Bewegung bekannt und sie angewendet

.

Der Eichmann-Prozess: Während des Prozesses, der 1961 in Israel stattfand, behauptete der Ankläger mehrmals, dass der Fall den ewigen Judenhass bestätige. Diese Deutung des Falles im Sinne von Herzl durch den Ankläger hat große Bedeutung gewonnen. Bis zu dem Prozess war es in politischen Kreisen und in den Medien in Amerika gang und gäbe, die Massenmorde im Dritten Reich und in kommunistischen Ländern als Folge des Totalitarismus zu bezeichnen. In andern Worten: Feindschaft gegen ethnische oder klassenzugehörige Gruppen, hätte sie in einer offenen Gesellschaft nicht, oder höchst wahrscheinlich nicht, zu den grausamen Ergebnissen geführt. In diesem Sinne deutet die Philosophin  Hannah Arendt den Fall Eichmann: Dieser sei nicht antisemitisch, gar kein Ideologe, sondern ein oberflächlicher, ehrgeiziger Handlanger des Totalitarismus gewesen.(3) Wenn politische Kreise und Medien bei dieser Deutung geblieben wären, hätten die Verfechter der ständigen Erinnerung an den Holocaust weitaus geringere Aussichten auf Erfolg gehabt.

 

Das Yad Vashem Museum: Das Museum sei eingerichtet worden, so der Beirat, um die Lehre zu verkünden, daß das Leben von Juden außerhalb Israels auf Flugsand gebaut ist. Diese Begründung ist unzutreffend, weil der Massenmord an den Juden unter völlig anderen Umständen geschah als zur Zeit des Museumbaus. Aber diese Aussage ist wohl dazu geeignet, manche Juden über ihr Leben unter Nichtjuden zu verunsichern.

 

Zionistische Erziehung: Das Erziehungsministerium in Israel unterstützt seit mehreren Jahren Schülerreisen in die Vernichtungslager in Polen. Mehr als 22.000 israelische Schüler haben diese Reise gemacht. Die israelischen Wächter, die die Besucher begleiten, ergreifen verschiedene Sicherheitsmaßnahmen, als ob die Besucher mit Angriffen auf sich selbst rechnen müßten. In Vorträgen wird der Holocaust in das zionistische Weltbild eingebracht: Die „Erlösung“ der Juden kann nur in Israel stattfinden. Da aber der Judenhaß nach Herzl unheilbar sei, wie kann „der einzige Zufluchtsort“ bestehen ? Während der zweiten Intifada hielt Sharon eine Rede in Auschwitz. Er sagte, die Voraussetzung für Israels Sicherheit sei seine militärische Stärke.(4) Er sprach nicht von Verhandlungen mit den Nachbarn, um gemeinsame Lösungen und damit Sicherheit für alle zu erreichen. Kein israelischer Ministerpräsident hat jemals ernstzunehmende Verhandlungen mit den Palästinensern über die wesentlichen Streitfragen gewollt, um einen Ausgleich zu erreichen. Verhandelt haben sie nur mit Amerika und England. Chaim Weizman, der Führer der Zionisten zu Anfang der Kolonisierung Palästinas, sagte 1919 bei einem Treffen der Zionisten:  Sie (die Palästinenser) seien „eine verdorbene Rasse, mit der man unmöglich verhandeln“ könne. Die Araber seien  „verräterisch und wankelmütig, bar aller moralischen Werte, man kann nicht erwarten, daß sie sich an Grundsätze halten“.(5) Das entspricht der Grundeinstellung der zionistischen Ideologie. Die Juden sollten mißtrauisch sein. Verhandlungen sind schlecht, Diktate sind besser, weil sicherer. Hier allerdings wurde die Rechtfertigung für die Ablehnung von Verhandlungen nicht mit dem Vorwurf des Antisemitismus begründet, sondern mit der Behauptung, daß die Araber tief verwurzelte, gefährliche Eigenschaften hätten. Dies ist ein antiarabisches Vorurteil, das immer wieder zum Vorschein kommt, um das Verhalten Israels zu rechtfertigen oder um das Verhalten von der arabischen Seite zu erklären. Ein Beispiel: Herzls Aussage, wir werden ein Vorposten gegen die Barbarei sein. Ein zweites: Als Barak entgegengehalten wurde, daß er einen falschen Eindruck über Camp David verbreitete, sagte er: „Die Palästinenser stammen aus einer Kultur, in der Lügen kein großes Mißfallen hervorrufen.. Im Gegensatz zu Christen und Juden sind sie nicht mit einem schlechten Gewissen belastet. Die Wahrheit wird als unwichtig betrachtet.“ Dieses Vorurteil ist eines von mehreren politischen Glaubenssätzen/Dogmen, die die zionistische Führung in die Köpfe von Juden eingebläut hat. Wenn man diese Dogmen verinnerlicht oder so tut, als ob, wird eine empirische Überprüfung der jeweiligen Umstände überflüssig. Mit diesem Vorurteil und dem Antisemitismusvorwurf  bewaffnet dürften die Israelis weitgehend gefeit sein gegen Gewissensqualen.(6)

 

Kernwaffen für Israel: Der amerikanische Geheimdienst CIA benachrichtigte Präsident Kennedy 1961, daß in Israel eine Atomanlage im Bau wäre, die wahrscheinlich für die Herstellung von Kernwaffen geeignet wäre. Israel sei den arabischen Staaten schon jetzt militärisch überlegen. Wäre Israel in Besitz solcher Waffen, so wäre es schwieriger als bisher, es gegenüber den Nachbarn zur Ruhe zu verpflichten, sodaß die Araber sich an die Sowjetunion wenden würden. Kennedy traf sich mit Ben Gurion und bat um die Zusicherung, daß er keine Kernwaffen bauen lassen würde. Er solle auch der Atomenergiekommission erlauben, die Anlage zu untersuchen. Im Notfall würden die USA zugunsten von Israel einschreiten. Kennedy bat ihn auch, einen Teil der palästinensischen Flüchtlinge zurückkehren zu lassen. Man könne sich erkundigen, wie viele die Gelegenheit wahrnehmen würden.

 

Ben Gurion versicherte, die Anlage würde nur für Forschungszwecke benutzt, mit einer Untersuchung wäre er einverstanden. Dann fügte er hinzu: Nassers erklärtes Ziel wäre, Israel zu zerstören. Wenn Ägypten siegen würde, würde es den Israelis antun, was Hitler den sechs Millionen Juden in Deutschland angetan hat. Weiterhin : Wenn die Flüchtlinge zurückkämen, wäre unsere Lage kritisch. „Wir sind umzingelt, sie wollen uns zerstören“. Kennedy besprach die Angelegenheit mit der Außenministerin Golda Mair. Auch sie sprach von der Gefahr eines neuen Holocaust. Nach einiger Zeit war es ein offenes Geheimnis, daß Israel Atomwaffen besaß. Israels Atomanlage ist nie von der AEK untersucht worden.(7) Die Rechtfertigungen für die Bombe werden Kennedy wohl nicht überzeugt haben. Vielleicht genügte es ihnen, den Eindruck von Ängstlichkeit zu vermitteln. Die Vortäuschung, unsicher und ängstlich zu sein, ist bezeichnend für die Führer der zionistischen Bewegung.

 

Zwei Kriege und ein Aufstand: Der Sechstagekrieg 1967 begann mit der Zerstörung der gesamten ägyptischen Luftwaffe, während sie noch auf dem Boden stand. Die Rechtfertigung des israelischen UNO-Botschafters lautete: „Es hieß leben oder sterben: die Endlösung stand bevor“ Vier Mitglieder des israelischen Generalstabs gaben später zu, sie hätten gewusst, daß Präsident Nasser keine Kriegsabsichten hatte. Vor dem Angriff stritten die Parteien über die Durchfahrt durch die Straße von Tiran für israelische und andere Schiffe. Die USA und England versuchten zu vermitteln. Ehe sie zu einem Ergebnis kommen konnten, eroberten die israelischen Streitkräfte in einem Blitzkrieg Ostjerusalem, das Westjordanland, die Golan-Höhen und die Sinaihalbinsel. 250.000 Palästinenser und mehr als 100.000 Syrer wurden vertrieben. Der Verbleib Israels in diesen eroberten Gebieten ist seither der Kern der Auseinandersetzung im Nahen Osten. (8)

 

Während des Libanonkrieges 1982 schrieb der israelische Premier Begin an Präsident Reagan, er marschiere nach Beirut, um Hitler (Jassir Arafat) zu liquidieren. Israel hatte den Krieg begonnen. Sein UNO-Botschafter sagte, die PLO, die damals im Libanon im Exil war,  habe den Waffenstillstand, der 11 Monate zuvor vereinbart worden war, wiederholt verletzt hätte. Die UNO-Beobachter berichteten jedoch, die PLO wäre äußerst zurückhaltend geblieben, während Israel den Waffenstillstand seinerseits Hunderte Male von der Luft und von der See aus verletzt hätte. Die palästinensischen Flüchtlingslager, Beirut und andere Städte wurden weitgehend zerstört. Erinnern wir uns nur an Sabra und Shatila. Nach Krankenhausberichten gab es mindestens 18.000 Tote, 90 Prozent davon Zivilisten. Etwa 30.000 wurden verletzt. Der libanesische Erzbischof Georges Haddad sagte über die Zerstörung von Sidon: „So haben die Städte nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland ausgesehen“ Die Hisbulla ist nach diesem Krieg entstanden. (9)

Der Vergleich zwischen Hitler einerseits und Nasser und Arafat andererseits waren lächerlich und gemein. Die Ankläger deuteten an, daß Israels Gegner aus Judenfeindlichkeit alle Juden in Israel umbringen wollten und die Mittel dazu hätten. Beweise wurden nicht erbracht und die Palästinenser und Ägypter hatten sachliche Gründefür ihren Widerstand gegen Israel. Mit diesen vorgetäuschten Fällen vom ewigen Antisemitismus haben die israelischen Führer Landraub und Vertreibung gerechtfertigt. Auch während der letzten Intifada wurde das Vorgehen der israelischen Armee als Vergeltung in einem Existenzkampf gerechtfertigt, obwohl der Aufstand erst mit der Tötung von 7 palästinensischen Demonstranten begann und die übermäßige Anwendung von Gewalt bezeichnend war für die Kampfweise der israelischen Armee. Ebenso rechtfertigte Israels Vize Premier Israels Vorgehen im Libanon als „eine Frage des Lebens oder Sterbens“. (10)

Der Zionismus in Amerika und Deutschland

 

In diesem Abschnitt erläutere ich drei Gegenstände: 1. Die sogenannte Welle von Antisemitismusvorwürfen während der letzten Intifada. 2 . Die Vergegenwärtigung des Massenmords an Juden und die Frage, ob der Holocaust einzigartig ist. 3. Näheres zu den Zielen der Verfechter der zionistischen Ideologie in Amerika und Deutschland.

 

Zu 1: Die Welle von Antisemitismus-Vorwürfen: Die Vorwürfe begannen, als die Bombardierung und Belagerung von palästinensischen Flüchtlingslagern und Städten ihren Höhepunkt erreichte und in Europa und anderswo heftige Kritik an Israel hervorrief. Es geht uns hier um die Frage, ob tatsächlich Antisemitismus vorliegt, wenn die Kritiker sich nur über Israel äußern und nicht über „die Juden“. Ein Beispiel dafür ist der Befund einer europaweiten Meinungsumfrage, daß 59% der Europäer Israel für das gefährlichste Land in der Welt für den Frieden halten. Im Alltags- und wissenschaftlichen Sprachgebrauch liegen negative Vorurteile gegen ethnische oder religiöse Gruppen nicht vor, wenn nur ein Teil der Gruppe kritisiert wird.

 

Von ausschlaggebender Bedeutung  sind hier Stellungnahmen von den Leitern der großen jüdischen Verbände in Amerika, des Zentralrats der Juden in Deutschland und mancher Journalisten, und Akademiker. Wegen ihrer engen Bindung an Israel kann man sie als Zionisten bezeichnen. Hier ein paar Beispiele: Der Chefredakteur von „Commentary“ , einer der wichtigsten jüdischen Zeitungen in Amerika, schrieb: „Wir haben die Kristallnacht in Amerika hinter uns gebracht und sind auf dem besten Weg zur Endlösung“. Der Leiter der Anti Defamation League sagte, das Überleben des jüdischen Volkes könnte wieder auf dem Spiel stehen. Elie Wiesel, ein führender Verfechter der Holocaust Erinnerung, sprach 2004 bei Antisemitismus-Konferenzen der OSZE in Berlin und der UNO in New York. In Berlin sagte er: „Es gibt Städte in der Welt, die von mündlichem und gewaltsamem Hass gegenüber Juden geplagt werden...es gibt extrem linkslastige Transparente, die Israel schamlos verunglimpfen, ...und die Anstachelung zu hysterischer Gewalt unter dem Deckmantel von antiisraelischer Propaganda“. In New York brachte er zu Gehör: „60 Jahre nach der schrecklichsten Tragödie in der menschlichen Geschichte ist Antisemitismus wieder auf dem Vormarsch, eine einzigartige Kombination aller Formen von Bigotterie“. (11)

 

In Deutschland war die Antwort auf die Israelkritik nicht anders. Salomon Korn vom Zentralrat der Juden in Deutschland schrieb am 6. Mai 2002 in der FAZ: „Alle Juden werden für jegliche Vergehen Israels gegen die Palästinenser in Kollektivhaft genommen. Die Debatte über den Nahostkonflikt entlarvt den vorhandenen Antisemitismus. Die alte  Damoklesschwert-Frage schwebt abermals über den Köpfen der Juden: War es richtig, in Deutschland zu bleiben?“ In einer darauffolgenden Nummer der FAZ pflichtete Außenminister Fischer Korn bei. „Warum diese heftige Kritik an Israel? Warum diese weitverbreitete Einseitigkeit? Viele deutsche Juden fühlen sich in diesen Monaten alleingelassen.“ Michel Friedman sagte bei einer Spendensammlung für Israel auf Sat.1: „Antisemitismus ist das größte Problem für die westliche Welt. In  allen Kreisen in Deutschland ist es salonfähig, schlecht über die Juden zu reden.“ Auf die Frage, ob es auch Philosemitismus in Deutschland gäbe, antwortete er: „Die Philosemiten sind schlimmer als die Antisemiten, weil sie immer Dankbarkeit von uns erwarten“. (12)

 

Paul Spiegel hielt im Juni 2002 eine Rede beim CDU Parteitag, auf dem er vor einer Koalition mit der FDP warnte: Ein führendes Mitglied der FDP habe „antisemitische Äußerungen“ gemacht. „Antisemitismus wäre als Teil öffentlicher Politik wieder denkbar und ermöglicht worden.“ Keiner der anwesenden Politiker fragte, welche Äußerungen von Jürgen Möllemann gemeint waren, oder was Spiegel unter Antisemitismus verstand. Möllemann hatte gesagt, daß die israelische Regierung Staatsterrorismus betreibe. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch besteht Terrorismus darin, daß Angriffe auf unbewaffnete Zivilisten gemacht werden. Dazu gehören mit Sicherheit Attentate von Hubschraubern aus ohne Gerichtsverfahren und ohne Rücksicht auf in der Nähe unbeteiligter Menschen. Möllemann sagte auch „Der aggressiv- arrogante Umgang Herrn Friedmans mit Sharon-Kritikern ist leider geeignet, antiisraelische und antisemitische Ressentiments zu erwecken.“ Möllemann hatte mit seiner Kritik an der israelischen Regierung offenbar recht und er meinte Israel und nicht die Juden. Spiegel machte dem ehemaligen Bundesminister Norbert Blüm den Vorwurf, eine rassistische Aussage gemacht zu haben. Blüm hatte die Meinung geäußert, daß der Vorwurf des Antisemitismus „als Knüppel benutzt wird“, um Hinweise auf die Mißachtung der Menschenrechte durch Israel unter den Teppich zu kehren. „Ich kann in den Aktionen des israelischen Militärs keinen Abwehrkampf gegen den Terrorismus sehen, sondern Vernichtung.“ Das Urteil von Shimon Stein, dem israelischen Botschafter in Deutschland, die  Kritik an Israel betreffend, lautete: „Der Antisemitismus in Deutschland ist offensichtlich eine chronische Krankheit. Jetzt konzentriert er sich auf den Staat Israel als Kollektivjude.“ (13)

 

Führende Politiker im Bundestag behandelten Möllemann „wie ein Insekt“. (Volker Zastrow von der FAZ).Ob die Aussagen von Möllemann und Blüm stimmten, kam gar nicht zur Sprache. Bundeskanzler Schröder beschuldigte die FDP, sie spiele mit dem Antisemitismus. Müntefering: Die FDP wolle „antisemitische Strömungen in Deutschland für ihre Zwecke instrumentalisieren.“ Der Ministerpräsident von NRW, Rüttgers, meinte, daß Blüms Äußerung „nützlich für die Ewiggestrigen“ sei. Beck (Grüne): Wer die Juden für Antisemitismus verantwortlich macht, legitimiert ihn.“ Auch hier gilt der Einwand, daß Möllemann nicht über die Juden geredet hat. Barbara Bohley (Grüne): Möllemann ist ein lumpiger Antisemit“. (13a)

 

Bedenken wir, was für ein Kunststück der Zionisten glatt über die Bühne gegangen ist. Kritik an Israel wird ohne Weiteres mit Feindschaft gegen alle Juden gleichgesetzt, sogar auch dann, wenn die Kritik gerechtfertigt ist. Nach Meinung mancher liegt Antisemitismus erst dann vor, wenn die Kritik an Israel scharf ist. Auch das ist kein Antisemitismus im landläufigen und wissenschaftlichen Sinne. Ein Verfechter dieses Gedankensprungs, Alan Dershowitz, Professor für Strafrecht an der Harvard Universität, schrieb 1991: „Es ist unmöglich zu verstehen, warum Israel diese Aufmerksamkeit erregt, im besonderen diese Kritik, ohne zu erkennen, daß Israel „der Jude“ unter den Nationen ist.“ (14) Doch andere Erklärungen liegen auf der Hand. Palästina liegt seit Beginn der zionistischen Kolonisierung im Erdbebenzentrum des Vorderen Orients und das geht uns alle an. Darüber hinaus sind Millionen von Menschen in Europa und anderswo über das schon Jahrzehnte andauernde erbarmungslose Verhalten Israels gegenüber den Palästinensern und anderen Arabern entsetzt.

 

Vielleicht haben manche Kritiker während der Wahrnehmung dieser Ereignisse Vorurteile gegen Juden im Allgemeinen entwickelt. Oft führen die Untaten von Teilen einer Nation zu Vorurteilen gegen die ganze Nation. Im vorliegenden Fall kann die Haltung von Israels Mitstreitern in Amerika und Deutschland, die als Vertreter der Juden in dem jeweiligen Land gelten, die Entwicklung der Vorurteile begünstigt haben. Wären nicht sie und die Pulverköpfe in Israel die Verursacher dieses Antisemitismus? Allerdings stoßen wir hier auf einen der Glaubenssätze des Zionismus: Juden seien nie die Verursacher von Antisemitismus. (15)

 

Zu 2: Die Vergegenwärtigung des Holocausts: Seit Jahrzehnten schauen Amerikaner und Deutsche wie besessen rückwärts auf ein Großverbrechen, den Massenmord an Juden im Dritten Reich. Alle anderen Großverbrechen bleiben im Dunkeln. Bekannterweise wird der Holocaust in Deutschland von jüdischer wie von deutscher Seite in Erinnerung gerufen. M.E. brauche ich keine Beispiele zu nennen. In Amerika ist die Hervorhebung der jüdischen Tragödie das Werk der großen jüdischen Verbände und von Juden in Schlüsselstellungen in Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen, Verlagen, in Hollywood und in der Akademia. (16)

 

 

Es gibt Holocaust-Museen nicht nur an einer markanten Stelle in Washington, es gibt sie auch in jeder Großstadt. In einigen wird auch anderer Opfer des Dritten Reichs gedacht, das aber nur am Rande. An dem Ort in New England, der den Helden der amerikanischen Revolution gewidmet ist, steht jetzt auch ein Holocaust-Denkmal. In vielen Bundesstaaten sind die Lehrer gesetzlich  verpflichtet, den Holocaust im Unterricht zu behandeln. Es sind Lehrstühle an Universitäten entstanden, die sich nur mit diesem Thema befassen. Der neunstündige Film „Holocaust“ wurde 1979 ganz oder zum größten Teil von 110 Millionen Zuschauern gesehen. Jüdische Verbände warben 1979 für „Schindlers Liste“ mit 10 Millionen Kopien einer sechzehnseitigen Broschüre und bearbeiteten die wichtigsten Zeitungen, damit sie die Buchvorlage serienmäßig druckten. Der National Councel of Churches nannte den ersten Tag  der Filmvorführung „Holocaust-Sonntag“. Gelbe Sterne wurden verteilt, um die Stimmung anzuheizen. Die New York Times hat von 1996 bis 2000 3.500 Artikel mit Holocaust-Bezug gedruckt.  Politiker finden es hilfreich, sich in Yad Vashem ablichten zu lassen, u.s.w. (17)

 

In Amerika fing die Hervorhebung des Massenmordes an den Juden nicht gleich nach dem Kriege an, sondern erst Anfang der sechziger Jahre. Bis dann war der Kalte Krieg im Gange, die Politiker und die Medien bekämpften den Kommunismus. Vergleiche zwischen den Verbrechen im Kommunismus und im Nationalsozialismus waren gang und gäbe. Das Ende des Kalten Krieges ermöglichte die Wende. Der Eichmann-Prozess ebnete den Weg. Zuerst zweifelten manche jüdische Führer, ob der Prozeß gut für die Juden wäre. Hie und da wurde in den Medien eingewendet, daß Juden Ankläger und Richter zugleich wären, es wäre ein Schauprozess. Auch die Führer von zwei der großen jüdischen Verbände erklärten den Eichmann-Fall als Folge des Totalitarismus. Doch während der vier Monate dauernden Verhandlung erlebten die Fernsehzuschauer grausame Bilder und Erzählungen, die anfängliche Kritik hörte allmählich auf. Der Weg zum Holocaust als Dauerbrenner war geebnet. (18)

 

In Deutschland gab es schon in den frühen 50er Jahren eine beachtliche Aufklärung über das Dritte Reich durch die Adenauer-Regierung, den Bundestag, die Medien und durch die Schulen. Immer wieder wurde die Bevölkerung ermahnt, die Vergangenheit nicht zu verdrängen. Besonderer Nachdruck wurde auf den Massenmord an den Juden gelegt. Diese Entwicklung wurde verstärkt durch die NS Prozesse Ende der fünfziger Jahre und den Bühnenerfolg des „Tagebuch der Anne Frank“ (allein 1957 1420 Vorstellungen), wie auch durch den Verkauf von 700.000 Taschenbuchausgaben. Nach der Schändung einer Kölner Synagoge Ende 1959 durch Jugendliche, gab zahlreiche Sympathieerklärungen in Deutschland für die betroffene Gemeinde. Die Täter wurden bestraft. Aber jüdische Verbände in Amerika und England behaupteten, Hitlers Verbrechen würden in Deutschland verharmlost, der Geist der Nazizeit sei immer noch am Werk. Untersuchungen über die Einstellung der deutschen Bevölkerung zeigten aber ein ganz anderes Bild. Trotz der bisherigen Bemühungen um Aufklärung wurde die Schändung der Synagoge in den Medien hochgespielt. Zusammen mit dem Eichmann-Prozeß, der zwei Jahre lang in den Medien behandelt wurde, war dieses Ereignis der unmittelbare Anlaß für die ständige Klage, daß die Aufklärung  nicht ausreiche, um die Gefahr des Antisemitismus zu unterdrücken. Der Kampf gegen den Kommunismus endete auch in Deutschland in der sechziger Jahren. Auch der Vergleich zwischen Kommunismus und Faschismus kam zu Ende. Die Beschäftigung mit dem Holocaust wurde in Deutschland wie auch in den USA zu einer Besessenheit. (19)

 

Der Anspruch auf Einzigartigkeit: Wo „die Erinnerung“ gefordert wird, wird beharrlich beteuert, daß der Holocaust einzigartig und unvergleichbar sei. Diese Aussage ist offenbar zweideutig. Sie kann bedeuten, daß ein Ereignis Merkmale besitzt, die es nirgendwo anders gegeben hat, was auf  jedes geschichtliche Ereignis zutrifft. Doch die Verfechter der Einzigartigkeit des Holocausts wollen die Überzeugung verbreiten, er wäre das allerschlimmste Verbrechen in der menschlichen Geschichte. Diese Absicht wird deutlich, wo Vergleiche mit anderen Großverbrechen als Verharmlosung des Holocausts verurteilt werden. Der erwünschte Eindruck wird dadurch bestärkt, daß der Holocaust seit Jahren im Rampenlicht steht.

 

War der Holocaust das Allerschrecklichste? Aussagen über das Allerschrecklichste sind empirisch nicht überprüfbar, sie sind weder wahr noch falsch, sondern Ansichtssache. Um diesen Gedanken zu erläutern, lohnt es sich, die am häufigsten vorgebrachten Erklärungen von jüdischen Führern zu überprüfen. Erstens: Die Tötungsweise sei eine organisierte, fabrikmäßige Vergasung gewesen. Doch die Tötung durch Nahrungsentzug, ein viel eingesetztes Mittel in den kommunistischen Ländern und andere Tötungsweisen können als genauso schlimm oder schlimmer angesehen werden. Übrigens sind Zigeuner und andere Nichtjuden auf die gleiche Weise umgebracht worden wie die Juden. (20)

 

Weiter wird behauptet: Ohne Ausnahme sollten alle Juden umgebracht werden, keiner sollte am Leben bleiben, gleich wie er sich verhielt, und zwar aus ideologischen Gründen. Ob die Tötung aller Juden beabsichtigt war, wissen wir nicht. Die Vereinbarung zwischen Hitler und der zionistischen Führung “zur Förderung der Auswanderung von deutschen Juden nach Palästina“ spricht dafür, daß er die Juden aus Europa verdrängen wollte und nicht die Absicht hatte, alle Juden umzubringen. Laut Ludwig Penner  vom Leo Baeck Institut brachte die Durchführung der Vereinbarung der jüdischen Wirtschaft in Palästina einen raschen industriellen Aufschwung.(21) Was die Ideologie der Nationalsozialisten in bezug auf Juden betrifft, wollen wir Aussagen von Hitler, dem ausschlaggebenden Ideologieträger, heranziehen. Er vertrat eine Geschichtsauffassung, der zufolge die Arier die Bestimmung hätten, sich an oberster Stelle in kultur- und staatsbildenden Angelegenheiten zu entfalten. Dafür seien gegnerische Kräfte nötig, die Widerstand und einen Anreiz hervorbringen würden. (Er folgt hier dem Sozialdarwinismus) Die Juden stellten den Gegenpol zu den Ariern dar, sie seien zerstörerisch und müßten bekämpft werden. (22) Aus seiner Aussage, „etwas Schlechtes muß da sein, um das Gute zu reizen“, könnte man schließen, daß er die Wechselwirkung mit Juden weiter für notwendig hielt, um die Sendung der Arier zu stützen, auch wenn die Juden auf irgendeine Weise unterjocht werden sollten. Im Januar 1939 sagte er in einer Rede: „Wenn es dem internationalen Finanzjudentum gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, wird das Ergebnis die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa sein.“  Im Januar 1941 hieß es: „Wenn Amerika von dem Judentum in einen allgemeinen Krieg gestürzt wird, wird das gesamte Judentum seine Rolle in Europa ausgespielt haben.“ Das waren scharfe Warnungen, allerdings waren es keine vorbehaltslosen Willenserklärungen und betrafen nicht alle Juden.

 

Nehmen wir einmal an, daß die Tötung aller Juden wirklich beabsichtigt war. Die Absicht, ganze Völker auszulöschen, hat es gegeben und ist auch durchgeführt worden. 23). Weiterhin: Angesichts der Tatsache, daß die Zahl der von Kommunisten ermordeten Menschen weitaus höher war, mögen Manche meinen, daß dieses Ereignis das allerschrecklichste in der menschlichen Geschichte ist. Die logische Folge aus diesem Blickwinkel wäre, daß der Vorwurf, der bisher gegen Deutsche gerichtet wurde, auch gegen Russen, Juden und andere Kommunisten gelten müsste. Russen und Juden hatten eine Vormachtstellung im russischen Geheimdienst, der die vom Staat angeordneten Massenmorde vollstreckte. In einer neueren Untersuchung über den Anteil von  verschiedenen Nationalitäten an der Führung des sowjetischen Geheimdienstes ist eine russische Forschergruppe zu dem Ergebnis gekommen, daß der Anteil von Juden 1934 noch vierzig Prozent betrug. Russen und Ukrainer zusammen machten etwas weniger als 40 Prozent aus. (24) Allerdings muß auch hier eingeräumt werden, daß die Meinung, diese Gruppe hätte das Allerschlimmste getan, auch Ansichtssache wäre.

 

Die Behauptung, der Holocaust sei einzigartig, wurde auch von dem ehemaligen Bundeskanzler Schröder,  der jetzigen Bundeskanzlerin  Merkel und von dem Vorsitzenden der CSU Stoiber vertreten. Es gibt keine Anzeichen dafür, daß der Wahrheitsgehalt dieser Aussage in politischen Kreisen hinterfragt worden wäre. Erinnern wir uns an die Mahnung von jüdischer Seite und von deutschen Politikern, dass der Holocaust nicht relativiert werden darf, d.h., daß dieses Ereignis nicht mit anderen Ereignissen verglichen werden darf. So weit darf man nicht denken, wohl weil man wahrscheinlich zu einem unerwünschten Ergebnis käme. (25)

 

Zu 3: Näheres zu den Zielen:  Erstens: Möglichst viele Juden sollten sich als Angehörige des jüdischen Volkes fühlen, und zwar mit einer besonderen Bindung an Israel. Herzl sagte, „Wir sind ein Volk“. Das war gewiss übertrieben. Ihm ging es um die Schaffung eines Volksbewusstseins. Israels Präsident Katzav sagte letztes Jahr im Bundestag, er spreche im Namen des jüdischen Volkes. Alle Präsidenten Israels haben geredet, als ob alle Juden sich  zum jüdischen Volk bekennen und Israel als ihren Vertreter anerkennen. Das stimmt auch heute nicht. Eine nicht unwichtige Zahl der Juden bekennen sich nicht dazu und lehnen den Anspruch Israels ab, für sie zu sprechen. Das gilt auch für Amerika, wo der Zionismus am leidenschaftlichsten verfochten wird. Katzavs Anspruch gilt aber wohl für die Leiter der jüdischen Verbände und ihre Mitstreiter in Amerika und Deutschland. Schon der Name des Zentralrats deutet darauf hin, daß sie sich nicht als Angehörige der deutschen Nation betrachten. Michel Friedmann hat diese Einstellung wie folgt zum Ausdruck gebracht: „Israel verleiht uns Identität und Selbstverständnis“. (26)

 

Wie Herzl sind seine Nachfolger in Amerika und Deutschland bestrebt, den jüdischen Zusammenhalt durch die Verbreitung von Angst und Schrecken zu schaffen und zu stärken.  In Amerika gab es Alarmrufe wie: „Es wird wahrscheinlich auch hier geschehen, die Frage ist nur, wann?“ „Ein Holocaust-Bewußtsein ist notwendig, damit die Juden bereit sind, Amerika zu verlassen“.  Es handelt sich hier um eine Täuschung. Peter Novick, Professor für Geschichte an der Universität von Chicago, hat in seinem Buch „The Holocaust in American Life“ darauf hingewiesen, daß die Angstmacher bestrebt waren, Mischehen und Assimilation zu beenden. In den 1960er Jahren heirateten 40% der jüdischen Männer und 30% der jüdischen Frauen in den USA Nichtjuden. Das führte zu Aufregung unter den Nationalgesinnten. Sie sprachen von einem „blutlosen Holocaust“. Es gab keinen nennenswerten Antisemitismus in Amerika und Juden besaßen einflußreiche Stellen in den Medien, in der Politik und an den Universitäten. Als Gruppe zeichneten sie sich durch einen außerordentlichen Wohlstand aus. (27)

 

In diesem Zusammenhang lohnt es sich, den Erlebnisbericht eines ehemaligen deutschen Diplomaten zu berücksichtigen, der sich viele Jahre von Washington, New York und Bonn aus, um das Deutschlandbild in Amerika, gleichfalls um eine Normalisierung des deutsch-jüdischen Verhältnisses, bemühte. Dr. Wolf Calebow hat auf Grund seiner Überzeugung, daß die einseitige Darstellung des Holocaust in den USA ein düsteres, gefährliches Bild des heutigen Deutschland vermittelt, unter anderem Gespräche mit großen jüdischen Verbänden geführt. Er bat sie, die Darstellungen mit Angaben über den deutschen Widerstand, die Wiedergutmachung an die Opfer, die deutsche Unterstützung für Israel und ein wahrhaftiges Bild des heutigen Deutschland zu ergänzen. Seine Vorschläge wurden abgelehnt. Der Beirat des Holocaust-Museums in Washington hat sich geweigert, darüber mit Deutschen zu verhandeln. Allerdings gewann er die zeitweilige Mitarbeit des American Jewish Committee und des eigens für diesen Zweck gegründeten Amonk Instituts. Zusammen erreichten sie in einigen Bundesländern, in denen Holocaustunterricht Pflichtfach war, daß seine Ergänzungsvorschläge teilweise übernommen wurden. Über die Atlantik-Brücke kam es zu einem Schüleraustausch zwischen amerikanischen und deutschen Schulen ermöglicht. Er brachte in seinem Buch „Auf dem Weg zur Normalisierung“ umfangreiche Belege dafür, daß die wichtigsten jüdischen Kräfte in Amerika ein bedrohlich erscheinendes Bild von Deutschland aufrechterhalten und nutzen wollten, um jüdisches Bewußtsein zu stärken. Daß die Juden Deutschland als Schreckgespenst wahrnehmen würden, war ihnen nicht nur recht, es war so gewollt. (28)

 

Auch in Deutschland haben jüdische Führer (Korn und Friedman) während der Niederschlagung der 2. Intifada beteuert, daß Juden hier wegen Antisemitismus verunsichert und verängstigt wären. Solche Aussagen mögen das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Abgrenzung der Juden in Deutschland gestärkt haben, doch erzeugen sie m.E. keinen Fluchtgedanken. In Deutschland gibt es keinen nennenswerten Antisemitismus und der Weg für Juden, ihre Lebensziele zu verwirklichen, steht ihnen offen. Weiterhin hätte der Zentralrat sich bestimmt nicht für die Einwanderung etwa zweihunderttausend Juden aus der früheren Sowjetunion eingesetzt, wenn er wirklich geglaubt hätte, daß diese Menschen in Deutschland gefährdet wären. Der Zentralrat will selbst nicht weg aus Deutschland. Der Einsatz der Mitglieder für die Verwirklichung der zionistischen Ideologie gibt ihnen einen Lebenssinn und bringt ihnen materielle Vorteile. (Näheres dazu weiter unten).

 

Das zionistische Ziel, die Zusammengehörigkeit der Juden in Deutschland als ethnisch/nationale Gruppe zu stärken, wird sogar vom deutschen Staat unterstützt. Ein sogenannter Staatsvertrag zwischen der deutschen Regierung und dem Zentralrat ist vor kurzem Gesetz geworden. Die Regierung verspricht, alljährlich 3 Millionen Euro an den Zentralrat zu zahlen. Das ist unabhängig davon, daß die jüdische Religionsgemeinschaft anerkannt ist und finanzielle Unterstützung erhält. In der Präambel steht: „Das deutsche Volk hat eine geschichtliche Verantwortung für jüdisches Leben in Deutschland.“ Das Geld soll für „gemeinsame Interessen der Bundesregierung und des Zentralrats“ verwendet werden, nämlich für den Aufbau einer jüdischen Gemeinschaft und die Integrationsaufgaben des Zentralrats, darüber hinaus für „überregionale Aufgaben und die Verwaltungskosten des Zentralrats“. Diese Vereinbarung ist kein Vertrag, sondern ein Geschenk. Eine Gegenleistung wird nicht gefordert. Die schwammige Beschreibung der „Aufgaben“ bedeutet im Klartext: Der Zentralrat soll das Geld für Zwecke verwenden, die er nach eigenem Gutdünken fördern will. Vom Standpunkt des Zentralrats ist die „Integrationsaufgabe“ die Stärkung des jüdischen Bewußtseins als ethnisch/nationale Gruppe mit einer besonderen Bindung an einen anderen Staat. Friedman hat erklärt, daß er eine jüdische Lobby in Europa ähnlich der in den USA aufbauen will. Zu bedenken ist jedoch, daß die große Mehrzahl des deutschen Volkes möchte, daß die verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen das Gemeinsame erstreben und nicht das, was sie trennt. (29) Zum Ende des letzten Ramadan sprach Bundespräsident Köhler den Wunsch aus, die eingewanderten Muslime mögen Deutschland als Heimat betrachten. Soll dieser Wunsch nur an die Muslime gerichtet sein?

 

Ein zweites Ziel: Die Belange Israels fördern: Das Ziel Herzls, einen Staat für alle Juden aufzubauen, wird vorläufig nicht angestrebt. Israel braucht Juden in anderen Ländern, insbesondere in Amerika, aber auch in Deutschland. Ein günstiges Israelbild und wirtschaftliche, militärische und diplomatische Unterstützung sind von großer Bedeutung. Die jüdischen Führer und ihre Mitstreiter in Amerika und Deutschland besetzen ein breites Feld in der Öffentlichkeit, wo sie ihre Sicht der Dinge im Nahen Osten bekannt machen können. Sie beteuern beharrlich, daß Israel immer der Verteidiger sei, daß es nur um seine Existenz kämpfe. So z. B. Dershowitz: „Die große moralische Frage für die Welt zu Beginn dieses Jahrtausends ist, ob Israels Bestreben, sich vor Terroristen zu verteidigen, zu einer großen Zunahme von Antisemitismus führen wird.“ (30) In diesem Sinne erklärte Spiegel nach einem Angriff auf das Hauptquartier der Hamas, bei dem acht Zivilisten, einige davon Kinder, starben: „Es sind erklärte Terroristen...Notwehr...eine Existenzfrage.“ (31) Dieser Einstellung entsprechend kritisieren sie Israel höchst selten. Es war ein unerhörtes Ereignis, als ein Mitglied des Zentralrats und Vorsitzender der jüdischen Gemeinschaft von Schleswig-Holstein, Herr Prof. Verleger,  Israel wegen der gezielten Tötungen ohne Gerichtsverfahren, der Zerstörung ganzer Stadtviertel u.s.w. scharf  kritisierte. Ihm wurde vom Zentralrat vorgeworfen, „antiisraelische Klischees“ bedient zu haben. Er wurde aus dem Verband ausgestoßen.

 

Zum Zweck eines günstigen Israelbildes werden grundlose Antisemitismusvorwürfe und die Vergegenwärtigung des Holocausts eingesetzt. Während der letzten Intifada dienten die Antisemitismusvorwürfe dazu, die Öffentlichkeit von der verheerenden Kampfweise der israelischen Armee und den Folgen für die Palästinenser abzulenken. Dazu dienten die Antisemitismuskonferenzen in New York und Berlin. Ein weiterer Zweck war, einzelne wichtige Kritiker (Blüm und Möllemann) verächtlich zu machen und womöglich auszuschalten. Diesem Zweck diente auch der Angriff während des Libanonkrieges auf Heide Marie Wieczorek-Zeul, nachdem sie auf die Gefahren  durch die Blindgänger der israelischen Streubomben hinwies, die noch zahlreich im Libanon herumlagen. Der Zentralrat warf ihr vor, sie rede „einseitig zum Nachteil Israels und unterstütze damit antisemitische Stimmungen. Ein drittes Ziel war wohl, künftige Kritik an Israel von Menschen, die im öffentlichen Leben stehen, zu verhindern. Der Vorwurf des Antisemitismus erschreckt.

 

Die Berieselung mit der Holocaust-Erinnerung geschieht wohl, um den Eindruck zu verbreiten, daß Israel trotz allem Anschein eigentlich das Opfer in der Auseinandersetzung mit den Palästinensern und anderen Arabern ist oder jedenfalls unter mildernden Umständen handelt. Hier zwei Beispiele: 1. Nachdem Israel im Sechstagekrieg 1967 den Rest von Palästina eroberte und gleich anfing, die eroberten Gebiete „aus Sicherheitsgründen“ mit Juden zu besiedeln, wurde das Israelbild weltweit getrübt. Da tauchte im Kreis der engsten Unterstützer Israels in Amerika der Gedanke auf, dieses trübe Bild sei durch einen Mangel an Holocaust-Bewusstsein zu erklären. Daraufhin schuf man allerlei Abhilfe. Holocaust Romane wurden an alle Kongressmitglieder geschickt. In vielen Filmen und Romanen planten Nazis und Palästinenser die Zerstörung Israels. Der Leiter der ADL schrieb: Die Palästinenser, oder viele von ihnen, waren Hitlers kleine Helfer“. (32) 2. Während des letzten palästinensischen Aufstands forderten Spiegel und Israels Botschafter Shimon Stein besseren Holocaust-Unterricht, um Antisemitismus zu bekämpfen. Es ging ihnen damals offenbar darum, sich der Kritik an Israel zu widersetzen. Spiegel forderte bezeichnenderweise die deutschen Kultusminister auf, sich von Fachleuten des Yad Vashem Museums über Holocaustunterricht beraten zu lassen.

 

Die Forderungen nach wirtschaftlicher, militärischer und diplomatischer Unterstützung für Israel, die gegenüber Amerika und Deutschland gestellt und durchgesetzt werden, werden auf völlig unterschiedliche Weise gerechtfertigt. Gegenüber Amerika wird beteuert, daß Israels Forderungen in Einklang mit amerikanischen Interessen seien. Ähnliche Leistungen von Deutschland werden als Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung bezeichnet, Israels Existenz zu sichern. Was die Verhältnisse in den USA betrifft, empfehle ich hier der Kürze halber eine neue Veröffentlichung und einige Besprechungen dazu. Die Verfasser, John Mearsheimer und Stephen Walt, Professoren an der University von Chicago bzw. Harvard. Sie vertreten die Auffassung, dass die „Israel Lobby“ die amerikanische Nahostpolitik auf Bahnen zwingt, die den Interessen der USA widersprechen und auch moralisch nicht zu rechtfertigen sind. (33)

 

Über die Jahre hinweg haben zionistische und deutsche Kreise gemeint, daß die Deutschen sittlich verpflichtet wären, Israels Existenz zu sichern. Der deutsche Staat müßte die notwendigen Leistungen erbringen. So sagte zum Beispiel Israels Ministerpräsident Barak in einem Gespräch mit Kanzler Schröder am Beginn der Intifada: „Wegen der Schatten der Vergangenheit hat Deutschland eine besondere Verpflichtung gegenüber Israel“. Israels Präsident Mosche Katzav sagte letztes Jahr in einer Rede im Bundestag: „Für die Shoa kann es weder Vergebung noch Verzeihung geben.“ Mit diesen strengen Worten wollte er alle Deutschen treffen, auch die noch Ungeborenen, ihr Gewissen belasten und ihr Selbstbewusstsein beeinträchtigen, obwohl in unserem Kulturkreis nur d i e Menschen, die Schuld auf sich geladen haben, Grund haben, um Vergebung zu bitten. Friedman hat während der Intifada gesagt, „Den Erben des judenmordenden Staates kommt gar nichts anderes zu, als die schwere historische Verantwortung auf sich zu nehmen.“ Die politische Führung in Deutschland hat diese Behauptung ohne öffentliche Debatte übernommen und nie in Frage gestellt. Außenminister Fischer, sagte z.B. während die israelische Armee palästinensische Städte und Dörfer bombardierte: „Wir (die Deutschen, KL) müssen mit allen Mitteln die Zerstörung Israels verhindern“.(34) Die Gründe der Bundesregierung für den Libanon-Einsatz wurden vom stellvertretenden Sprecher wie folgt beschrieben: „Es gibt erstens die historische Verpflichtung zur Sicherung der staatlichen Existenz Israels und zweitens das Interesse an der Stabilität im Nahen Osten.“ (35) Kanzlerin Merkel erklärte: „Unsere Staatsräson ist vor allem, Israels Existenz zu sichern.“ Wenn man der zionistischen Ideologie genügend aufgesessen ist, kann man reden, als ob es um die Existenz Israels ginge und nicht um die des Libanon. Israel legte anläßlich der Gefangennahme von 2 Soldaten libanesische Städte und große Teile der Infrastruktur in Schutt und Asche und brachte dabei mehr als eintausend nichtbeteiligte Zivilisten um, und das alles ohne nennenswerten Widerstand. Weiterhin: Wo eine Regierungschefin behauptet, daß die Staatsraison ihres Landes vor allem sei, die Existenz eines anderen Staates zu sichern, und niemand aus dem öffentlichen Leben widerspricht, ist die Zeit nicht fern, wo das Volk ans Auswandern denkt.

 

Wie lässt sich eine Verpflichtung des deutschen Volkes und des deutschen Staates, Israels Existenz zu sichern, begründen? Aus deutscher Sicht hat Klaus Schütz, ein ehemaliger deutscher Botschafter in Israel, die Meinung vertreten, daß der Holocaust „der Auslöser“ für die Entstehung Israels gewesen sei. „Daraus resultiert eine bleibende Verantwortung für die Nation.“ Richard von Weizsäcker u. a. hat sich in diesem Sinne geäußert. Der Kern der schwammigen Erklärung von Schütz ist, daß es einen Kausalzusammenhang zwischen dem Holocaust und der Entstehung Israels gäbe. Hier ist jedoch zu bedenken, daß die ausschlaggebende Ursache für die Entstehung Israels die ungleichen Machtverhältnisse in der Mandatszeit war. Damit  wurden die Bemühungen der palästinensischen Nationalbewegung, einen Staat zu gründen, vereitelt. England hatte seit 1920 siebzehn Jahre lang die Kolonisierung ermöglicht und unterstützt. Die britische Armee hat die erste Intifada (1936-39) gewaltsam niedergeschlagen. 3000 Aufständische wurden getötet, 100 wurden erhängt und die Anführer des Landes verwiesen. England erlaubte den Zionisten sogar, eine Streitmacht aufzubauen, die zusammen mit jüdischen Terrorverbänden die Mehrzahl der Palästinenser vertrieb und 80% von Palästina eroberte. Waren und sind die Engländer für die Sicherung von Israels Existenz verantwortlich? Das würde niemand ernst nehmen, weil England dem Staat Israel nicht geschadet hat, vielmehr hat es den Zionisten ermöglicht, das zu bekommen, was sie wollten. Den Schaden hatten die Palästinenser. Logischerweise müßte die Frage gestellt werden, ob nicht England (genauer: die englischen Entscheidungsträger und ihre Unterstützer) eine moralische Verpflichtung hatte und hat, den Palästinensern Entschädigung zu leisten.

 

Von israelischer Seite hat es auch keinen tauglichen Begründungsversuch gegeben. Bei Forderungen an Deutschland wird in aller Regel an den Holocaust erinnert, aber ohne einen Schaden für den Staat zu belegen. Katzav behauptete in seiner Bundestagsrede, er spräche für alle Juden. Das stimmt so nicht. Ben Gurion hat zur Zeit seines ersten Abkommens mit Deutschland gemeint, daß er die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus zum Zweck ihrer Entschädigung vertrete. Doch hat er sich nicht gegen die Vertreter der jüdischen Opfer in den USA, England, Frankreich und anderen Ländern durchsetzen können. Dazu kommt, daß der Schaden der Opfer keinen Schaden für den Staat Israel darstellt. Israel hätte nur dann einen eigenen Anspruch auf Schadenersatz von Deutschland gehabt, wenn es für die Eingliederungskosten von jüdischen Flüchtlingen in Israel (angeblich 500.000) aufgekommen wäre. Aber die jüdischen Einwanderer haben Grundeigentum von palästinensischen Flüchtlingen bekommen. Das heißt, dass ein  wesentlicher Teil der Eingliederungskosten durch palästinensisches Eigentum gedeckt wurde. Von arabischer Seite wurde auf die Folgen für die Palästinenser hingewiesen. Doch Adenauer sagte, er hätte kein Recht, Stellung zu der Frage der arabischen Flüchtlinge zu nehmen. Er zahlte an Israel. Damit widersprach er der fast einhelligen Meinung in der Wissenschaft der Ethik, einschließlich der katholischen, daß die Folgen von Vereinbarungen für Dritte berücksichtigt werden müssen.

 

 

In erheblichem Umfang sind inzwischen deutsche Waffen an Israel geliefert worden. Die ersten Lieferungen wurden geheim gehalten. Das ist auch später der Fall gewesen. Weder die Araber noch die deutsche Öffentlichkeit sollten davon erfahren. Die Kosten wurden manchmal teils oder ganz vom deutschen Staat, sprich den Steuerzahlern, übernommen. Für die U-Boote, die mit Nuklearwaffen ausgerüstet werden können, zahlte der deutsche Steuerzahler 85%. (36) Das Ergebnis war eine deutsche Beihilfe zu Angriffskriegen, Vertreibungen und Unterdrückung. Um die eigene Rolle zu beschönigen, beteuerte man, daß Israel um seine Existenz kämpfe und die Deutschen dementsprechend verpflichtet seien. Dieses Verhalten ist nicht nur wegen der Folgen für Israels Opfer beklagenswert. Während der zweiten Intifada und des zweiten Libanon-Krieges haben Meinungsumfragen herausgefunden, daß die Mehrzahl der deutschen Bevölkerung eine ganz andere Meinung zu dem Verhalten Israels hatte. Das heißt, die Mehrzahl der Bevölkerung hat das Kind beim rechten Namen genannt. Wie schon oben erwähnt, haben 59% der Europäer gesagt, Israel sei das gefährlichste Land für den Weltfrieden. Während der Kämpfe im Libanon wurden im Auftrag von „Spiegel“ zwei Fragen gestellt. Die erste Frage: „Israel versucht, die Angriffe der radikal islamischen Hisbullah auszuschalten. Halten Sie die israelischen Angriffe auf den Libanon durch das Recht auf Selbstverteidigung für gerechtfertigt, oder hat Israel kein Recht dazu?“ 22% antworteten mit „Ja“, 63% mit „Nein“ und 15% hatten keine Meinung. Die zweite Frage: „Sollte Israel auf den Angriff auf Großstädte verzichten, um Opfer unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden, selbst wenn die Hisbullah ebenfalls große Städte in Israel mit Raketen angreift?“ 72% antworteten mit “Ja“, 18% mit „Nein“ und 10 % gaben keine Meinung dazu ab.(37) Weiterhin: Die Berieselung der Deutschen mit einer angeblichen Verpflichtung durch einen Teil der Siegermächte und jüdischer und deutscher Führungskräfte hat zweifellos das Zusammengehörigkeitsgefühl, das Nationalbewußtsein und das Selbstbewußtsein vieler Deutscher stark beeinträchtigt.(38)

 

Haben die deutschen Regierungen wirklich aus dem Bewußtsein einer sittlichen Verpflichtung gegenüber Israel gehandelt, als sie es über die Jahre hinweg mit Geld, Waffen und diplomatischer Rückendeckung unterstützt? Gesetzt den Fall, die Zionisten hätten nicht einen Teil des schwachen Arabien erobert, sondern einen Teil der Vereinigten Staaten und die Einheimischen vertrieben. Hätten die Deutschen sich für das „Existenzrecht“ des Vertreiberstaats oder für die Vertriebenen eingesetzt? Zum Hintergrund des Abkommens zwischen Adenauer und Ben Gurion, worin Adenauer Israel die Zahlung von 350 Millionen versprach, gehört, daß Deutschland  die Unterstützung der USA in der Berlinfrage und die Aufnahme in das Westbündnis anstrebte. Die USA wollten deutsche wirtschaftliche  Leistungen für Israel und befürworteten ein Abkommen für diesen Zweck. Bei den Verhandlungen mit Israel mußte Adenauer auch „jüdischen Bankkreisen“ entgegenkommen, um, wie er in seinen Erinnerungen schrieb, „einen Erfolg bei der Londoner Schuldenkonferenz zu erzielen“. Die Haltung aller Regierungen in der Zwischenzeit  gegenüber den Opfern des Dritten Reichs ist bezeichnend dafür, daß es nicht um  moralische Beweggründe ging. Der letzte Beleg dafür ist die Tatsache, daß in der neuen Gedenkstätte nur an jüdische Opfer erinnert wird. Die Anregung von Dr. Calebow und anderen für eine Überprüfung der deutsch/jüdisch/arabischen Verhältnisse hat bisher zu keiner Debatte in den herrschenden Kreisen, in den Medien und der Politik geführt. Warum ist das so? Ist es Angst vor dem Antisemitismusvorwurf? Ist es Angst vor Vorgesetzten in Politik und Medien? Ist es Amerikahörigkeit? Die Jagd nach persönlichen Vorteilen oder Fremdnationalismus?

 

Eine Wende im deutsch/jüdischen Verhältnis ist nicht in Sicht. Betrachten wir es als Kennzeichen dafür ist, was in Bezug auf die Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem geschehen ist. Die Bundesrepublik unterstützt mit bisher 2,3 Millionen Euro die Identifizierung und Ablichtung von Dokumenten über die Verfolgung von Juden im Dritten Reich. Justizministerin Brigitte Zypries hat 2005 einen Scheck an die Leitung übergeben und gesagt: „Unsere Verpflichtung als Deutsche ist, ein Wiederaufleben des Antisemitismus zu verhindern. Wir haben als Deutsche auch  die Aufgabe, die Erinnerung an die Verbrechen des Naziregimes wach zu halten, weil dies eine Voraussetzung dafür ist, daß sich so etwas nie mehr wiederholt.“  Deutsche und Israelis seien „einander verlässliche Partner und Freunde“ geworden.(39)

 

Seit Jahren bietet die Gedenkstätte Seminare „Erziehung nach Auschwitz“ für Lehrer an. Seit 1998 haben 200 Lehrer aus NRW die Seminare besucht. Ihre Beteiligung wird von deutschen Stellen finanziell unterstützt. Der deutsche Botschafter in Israel, Rudolf Dressler, hat 2005 die deutschen Lehrer zu einem Empfang eingeladen: Er sagte: „60 Jahre nach Auschwitz kann der Holocaust gar nicht genug behandelt werden. Normalisierte Beziehungen zwischen Israel und Deutschland kann es auch nach 40 Jahren diplomatischer Beziehungen nicht geben.“ (40) Wie das Thema behandelt wird, darauf geht er nicht ein. Zu dem Unterricht in Yad Vashen hat Calebow Folgendes geschrieben: „Das Ziel der amerikanischen Mitgestalter dieses Programms ist nicht nur die Förderung eines emotional geprägten Holocaust-Unterrichts, in dem „die Juden“ als „die Opfer der Geschichte schlechthin“ dargestellt werden. Ziel sei auch die Darstellung Deutschlands als „Land der Täter“, wobei auch die Bundesrepublik „in den denkbar düstersten Farben dargestellt werden soll.“ Daß Deutschland und Israel verläßliche Partner und Freunde seien, hält er für bloßen Schein.(41) Wie er in seinem Buch dargestellt hat, ist die jüdische Führung, besonders in den USA, bestrebt, das Bild vom „bösen Deutschen“ aufrecht zu erhalten. Ein weiterer Beleg dafür: Der Leiter des Museums lädt jedes Jahr eine Anzahl von Staatsführern zu einer Erinnerungsveranstaltung ein, schließt jedoch Deutschland aus, obwohl  es maßgeblich zu der Finanzierung des Museums beigetragen hat. Dressler erklärte, er hätte Verständnis dafür, daß Deutschland nicht eingeladen würde.

 

Ein drittes Ziel: Eine Sonderstellung für die jüdische Leidensgeschichte. Es gibt andere ethnische Gruppen in Amerika und Deutschland, die ihre Leidensgeschichte zur Geltung bringen wollen. Ein Beschlussantrag im amerikanischen Kongress für den Bau eines Museums zum Andenken an die Opfer der Sklaverei, der die Schwarzen unterworfen waren, fiel durch. Die Schwarzen haben nie Wiedergutmachungsleistungen erhalten. Ein Beschlussantrag zum  Andenken an die weitgehende Vernichtung der Indianer ist auch durchgefallen.

 

Der Beirat des Holocaust – Museums in Washington erläuterte den Sinn des Baus folgendermaßen: „Dieses Museum gehört in das Zentrum des amerikanischen Lebens, weil Amerika als demokratische Zivilisation der Feind des Rassismus und seiner radikalen Ausdrucksform, des Völkermords ist. Die Nazis hätten in Wort und Tat die tiefsten Glaubenssätze des amerikanischen Volkes verletzt.“

 

Ein Kongressbeschlußantrag für ein Andenken an die Tragödie der Armenier wurde von Israel und jüdischen Verbänden erfolgreich bekämpft. Die Einzigartigkeit des jüdischen Leidens läge, ihnen zufolge, darin, daß es keinen rationalen Grund für die Ermordung der Juden gegeben hätte. Doch Hitlers Drohungen gegen die europäischen Juden für den Fall, daß amerikanische Juden Amerika veranlassen würden, Krieg gegen Deutschand zu führen (Siehe den Abschnitt weiter oben über „Einzigartigkeit“) belegt, daß der Massenmord, nachdem die Niederlage Deutschlands sicher war, ein Mittel zum Zweck der Rache war, also nicht grundlos.

 

Die Schwarzen haben in den sechziger Jahren die Apartheidgesetze  - die Trennung in Wohngebieten, Schulen, Verkehrsmitteln und anderen öffentlichen Einrichtungen - erfolgreich bekämpft. In den siebziger Jahren forderten sie und andere schwache Minderheiten ein Gesetz, wonach sie als Bewerber für Arbeitsstellen und Studienplätze gewisse Quoten beanspruchen dürften. (Affirmative Action). Die großen jüdischen  Verbände stritten dagegen. Der Leiter der Anti-Defamation League führte die Antisemitismuswaffe ins Feld gegen die Befürworter des Gesetzes. Seine Auffassung von Antisemitismus ist bemerkenswert: „Gleichgültigkeit gegenüber jüdischen Ängsten“. Dabei erinnerte er an die „Gleichgültigkeit zur Zeit des Dritten Reiches“. Novick erklärt diese Haltung damit, daß die Mehrheit der Juden ihre Elitestellungen  und ihren Wohlstand gegen aufstrebende Minderheiten zu sichern versuchten.(42)

 

Das Holocaust-Museum in Washington sollte, nach dem ursprünglichen Plan, zum Andenken an alle Opfer des Nationalsozialismus gebaut werden. Anlaß dazu war die Befürchtung in Präsident Carters Partei, daß Carters offenbare Sympathie für die Palästinenser zu einem starken Verlust von jüdischen Wahlkampfspenden und Stimmen in einigen wichtigen Wahlkreisen führen würde. Doch Elie Wiesel, der für die Juden sprach, war nicht einverstanden. Er bestand darauf, daß nur der Juden in der Gedenkstätte gedacht werden sollten. Ihr Leiden sei einzigartig gewesen. Die Juden würden den Bau sonst nicht unterstützen. Carter gab nach. Die Sonderstellung, die Juden in Amerika für die Erinnerung an jüdisches Leiden errungen haben, hat zu großer Spannung unter den schwachen Minderheiten, insbesondere der Schwarzen, geführt.(43)

 

Auch in der neuen Gedenkstätte an einer markanten Stelle in Berlin wird nur jüdischer Opfer des Dritten Reiches gedacht. Die Verfechter des Baus in der Öffentlichkeit, Wolfgang Jäckel und Lea Rosh,            gehören nicht dem Zentralrat an, traten aber gewiß im Einvernehmen mit Spiegel auf. Auch sie spielten die „Einzigartigkeit“ als Trumpf aus. Jäckel erklärte in der FAZ den Ausschluß der Zigeuner folgendermaßen:

 

1. Hitler hatte Drohungen gegenüber Juden abgegeben, aber nicht gegenüber Zigeunern. Also,  wenn einer ohne Vorwarnung umgebracht wird, verdient er kein Andenken. 2. Nach „eigenen Quellen“ sind viel weniger Zigeuner umgebracht worden, als die von ihnen angegebene Zahl. Doch auch die Zahl jüdischer Opfer, die allgemein von Juden genannt wird, ist in Frage gestellt worden. 3. Die Zigeuner sind aus anderen Gründen und auf andere Weise umgebracht worden“. Doch Zigeuner und andere Opfer in den Vernichtungslagern sind auch vergast worden. Ist die Ermordung von schuldlosen Menschen aus anderen Gründen als Rassenzugehörigkeit weniger beklagenswert?

 

Viertens: Gewinne. Tausende von Menschen haben durch ihre berufliche Tätigkeit ein ureigenes Interesse an der Ausbreitung der zionistischen  Ideologie, was durch die Verbreitung des Antisemitismusvorwurfs und die Berieselung mit der Holocaust-Erinnerung geschieht. Sie werden gegebenenfalls mit Geld, Ansehen und Einfluß belohnt. Dazu zählen u.a. die Leiter von jüdischen Verbänden, die Jewish Claims Commission against Germany, Beiräte und Angestellte in den Holocaust-Museen, Filmemacher, Verleger von jüdischen Zeitungen und Zeitschriften, Rechtsanwälte.(44)

 

Schlusswort

 

Wollen wir zum Schluss die Dogmen, die Zerrbilder der Wirklichkeit, noch einmal in Erinnerung bringen, die Herzl und seine Nachfolger entwickelt und angewendet haben. Auch mit anderen Ideologien, z.B. mit dem Darwinismus, dem Kommunismus und dem Liberalismus sind Dogmen verbreitet worden. Sie  standen ebenfalls auf wackeligen Beinen. Trotzdem gaben sie vielen Menschen einen Lebenssinn – für viele von ihnen war es ein Religionsersatz – und sie waren zeitweilig erfolgreich.

 

Das Kennzeichen (Leitmotiv) der zionistischen Ideologie ist Angst und Unsicherheit. Der unhaltbare Antisemitismusvorwurf wird benutzt, um Juden in Angst zu versetzen, damit sie zusammenhalten und die Ziele der zionistischen Führung unterstützen. Der gleiche Vorwurf wird erhoben, um Angst und Unsicherheit von Juden in Israel und anderswo vorzutäuschen und so eine Rechtfertigung u.a. für das Verhalten Israels zu bringen. Derweil sind nicht wenige Deutsche, Amerikaner und Araber in Ecken geduckt, in die sie ein starker Arm mit dem Davidstern weist. Kurz zusammengefasst die Dogmen:

 

  1. Für Herzl diente die Geschichte (oder besser, seine Auffassung davon) als Rechtfertigung für den erwünschten Staat und als Mittel, Juden dafür zu gewinnen. Im neunzehnten Jahrhundert haben andere Ideologen und mehrere nationale Bewegungen die Geschichte als Rechtfertigung für ihre Ansprüche benutzt. Die Juden, so Herzl, könnten  nur in einem Judenstaat sicher sein. Das lehre die Geschichte der Juden. Weil Antisemitismus im Volksgemüt aller anderen Völker verankert ist und bleiben wird, bliebe ihnen kein Ausweg.

 

  1. Juden seien nie die Ursache für Antisemitismus.

 

  1. Der Holocaust sei eine Folge des Antisemitismus schlechthin. Ein weiteres Dogma in diesem Zusammenhang: Der Holocaust sei das allerschlimmste Verbrechen in der menschlichen Geschichte. Weiterhin: Wegen des vorhandenen Antisemitismus sei ein neuer Holocaust auch heute eine erhebliche Gefahr.

 

  1. Kritik an Israel, für manche scharfe Kritik, sei antisemitisch.

 

Ich ziehe den Schluss, daß die düstere zionistische Ideologie mit ihren Dogmen und der Rechthaberei, die eng damit zusammen hängt, durch ein natürliches und heiteres Leitbild ersetzt werden sollte. Das wird nicht leicht sein, aber „die Welt ist kein stinkender Teich. Sie ist ein Fluß. Was nicht ist, kann werden. “Ole Bienkopf“ (Erwin Strittmacher)  Ich kenne kein besseres Leitbild dafür, als den Spruch Zarastros in der Zauberflöte: „Das Leben beginnt, wo die Angst aufhört.“

 

Anmerkungen

  1. Theodor Herzl, Der Judenstaat, 1895, zitiert in Julius Schoeps, Zionismus, Wiesbaden 1983, S. 18. Er bringt eine Darstellung der Bewegung mit dem geschichtlichen Hintergrund. Vgl. die in wesentlichen Zügen unterschiedliche Darstellung von Allen Taylor, The Zionist Mind, Beirut 1974. Vgl. auch Israel Shahak, Jüdische Geschichte, Jüdische Religion, Süderbrarup 1998 und meine Besprechung in Orient, Heft 1, 1998, S. 144-146.

  2. Klaus von Dohnanij, Zivilcourage contra Political Correctness, München 2003, S. 12ff. 32/33.

  3. Hannah Arendt, Report on the Banality of Evil, zitiert in Peter Novick, The Holocaust in American Life, Boston, New York 1999, S. 134.

  4. FAZ, !. Juli 2005.

  5. Zitiert in Simha Flapan, Zionism and the Palestinians, New York, 1979, S. 82.

  6. Näheres zu der Frage der Verhandlungen in: Kenneth Lewan, Ist Israel Südafrika?, Tossens 1993, S. 85-92. Die Haltung Israels hat sich trotz  der sieben Jahre andauernden Oslo Gespräche nicht geändert. Siehe ders., Palestina: Das Zentrum des Erdbebens, Neue Ordnung, Bd. 2, 1994, S. 9ff. Weitere Beispiele für die Unterstellung, daß die Araber gefährlich und nicht vertrauenswürdig seien, sind in Lewan, Ist Israel..., a.a.O., S. 60-62, 68,71/72. Baraks Aussage ist zitiert aus New York Review of Books, 2006.

  7. Avi Shlaim, The Iron Wall, London 2000, S. 208-216.

  8. Lewan, Sechs Tage und Zwanzig Jahre, Berlin 1988, S. 13-38. Ders. Der Nahost Krieg in der westdeutschen Presse, Köln 1970 passim. Kurze von Dems. In: Die Zweite Intifada –  Zwiespalt in der FAZ, Frankfurt/M. 2002, S. 143/144.

  9. Noam Chomsky, The Fateful Triangle, London 1999, passim. Zusammengefaßt in Lewan, Ist Israel...a.a.O., S. 73-74.

  10. Lewan,  Die zweite Intifada...a.a.O., S 18-43; Perez zitiert in SZ, 26. Juli 2006.

  11. Zitate in Norman Finkelstein, Beyond Chutzpah, Berkelay 2005, S. 39; 33 und 81. Näheres über die Antisemitismuswelle in Amerika auf den Seiten 32-65.

  12. Israel ist unser Rückgrad, Gespräch mit Michele Friedman auf Sat.1, Tacheles , 4. Januar 2005.

  13. Lewan, Die zweite ..., a.a.O., S. 126-134; Shimon Stein zitiert im Tribüne – Verlag, 5.

13a. Zitiert in Lewan, ebenda, S. 130.

  1. Zitiert in Finkelstein, a.a. O., S. 33.

  2. Ebenda, S. 77-81.

  3. Novick, a.a.O., S. 208-210.

  4. Novick, ebenda, S. 207/208; Juncker, Die Amerikanisierung des Holocausts, FAZ, 9. September 2000.

  5. Novick, ebenda a.a.O., S. 85-102, 127 –145.

  6. Manfred Kittel, Die Legende von der zweiten Schuld, Berlin, Frankfurt/M, 199, passim.

  7. Guenther Levy, Rückkehr nicht erwünscht, Berlin 2001, S. 372-378.

  8. Penner, Die Bedeutung der Einwanderung aus Deutschland, in: Werner Feilchenfeld, Dolf Michaeli und Ludwig Penner, Havara-Transfer nach Palästina, Tübingen 1972, S. 89-1O6.

  9. Frank Lothar Kroll, Utopie als Ideologie, Paderborn 1998, S. 44-64.

  10. Näheres in Immanuel Geis, Geschichte Griffbereit, Gütersloh/München, 2002, S. 1009.

  11. Näheres in Lewan, Die zweite...a.a.O., S. 144.

  12. Das von Horst Möller herausgebrachte Buch, Der rote Holocaust, München 1999, enthält Streitschriften zur Frage der Vergleichbarkeit von Nationalsozialismus und Kommunismus. Leider hat es in den führenden Politikerkreisen keine Debatte darüber gegeben. Dieses Buch wäre auch besonders empfehlenswert für die Schulen, damit die Schüler die Geschichte ihres Landes besser einordnen können. Es sei an ein Zitat aus Goethes Tasso erinnert: „Vergleiche dich. Erkenne was du bist.“

  13. Israel ist unser Rückgrad, a.a.O.

  14. Novick, a.a.O., S. 170-188.

  15. Wolf Calebow, Auf dem Wege zur Normalisierung, Berlin 1999.

  16. Ein Leserbrief in diesem Sinne von Dr. Rudolf Baumann ist am 18. Juni 2005 in der FAZ erschienen.

  17. Zitiert in Finkelstein, a.a.O., S. 46.

  18. Zitiert in Lewan, Die zweite..., a.a.O., S. 132.

  19. Zitiert in Novick, a.a.O., S. 156ff.

  20. Die Kurzfassung der Abhandlung erschien zuerst am 10. März 2006 in der London Review of Books. Besprechungen sind u.a. erschienen in International Harald Tribune, 4. April 2006, Ha-Áretz, 25. März 2006 und der Financial Times, 3. April 2006. Diese Kurzfassung und mehrere Besprechungen sind abgedruckt in Journal of Palestine Studies, Bd. 139, Spring 2006.

  21. Näheres in Lewan, Die zweite..., a.a.O., S.112-120.

  22. Zitiert in SZ, 7. September 2006.

  23. Näheres in Christopher Steinmetz, German-Israeli Armaments Cooperation, Berlin Information Center for Security, Nov./Dec. 2002.

  24. TNS Infratest für den „Spiegel“, 18.-20 Juli 2006. Freundlicherweise hat Prof Helmut Spehl mich auf diese Meinungsumfrage aufmerksam gemacht.

  25. Für eine eingehende Schilderung der Kollektivschuld - und Pflichtzuweisung an das deutsche Volk und eine Erläuterung der Folgen siehe Heinz Nowratil, Der Kult der Schuld, München 2004. Ein Nachwort „Aus der Sicht der Psychoanalyse“ von Prof. Hubert Speidel ergänzt Nowratils Befund.

  26. Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 23. Mai 2005.

  27. Newsletter der Israelischen Botschaft Berlin in www. Jüdische, 31. August 2005.

  28. Unveröffentlichter Leserbrief an die FAZ von Calebow einen Artikel betreffend die NRW Lehrerfortbildung in Yad Vaschem.

  29. Novick, a.a.O., S. 178/79.

  30. Ebenda, S. 16-22.

  31. Finkelstein bringt eine Fülle von Belegen für die Benutzung der Holocaust-Erinnerung für gewinnbringende Geschäfte. The Holocaust Industry, London, New York, 2000.

 

 

 

 

Anhang 1

 

Ohne wenn und aber für Israel

Erschienen in „Die Aula“ Juli/August 2005

 

Die deutsche Regierung bewirbt sich um einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Wie bei anderen Bewerbern auch müssten verschiedene wahrscheinliche Folgen in Erwägung gezogen werden. Was wäre von der jetzigen und zukünftigen deutschen Regierung in Bezug auf die Israel-Palästina-Frage zu erwarten? Das vom gegenwärtigen Außenminister geprägte Bild des Konflikts während der zweiten Intifada sollte in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden.

 

Als die Vollversammlung der UN Israel wegen seiner außerhalb jeglichen Vergleichs mit palästinensischer Gewalt stehenden Gewaltausübung zurechtwies, enthielt sich Deutschland der Stimme. Nach den Angriffen auf New York im September 2001 versicherten Kanzler Gerhard Schröder und Außenminister Fischer, daß die Terroristen westliche Einrichtungen und Werte zum Ziel gehabt hätten. Dies war auch der Standpunkt von Präsident Bush und anderer Staatsmänner in der EU. Die naheliegende Erklärung, daß das Verhalten Israels und der USA den Angreifern als Beweggrund gedient haben könnte, erwähnten sie nicht. Die deutsche Regierung lieferte sogar Ersatzmotoren für israelische Panzer, trotz der Tatsache, daß sie palästinensische Städte und Flüchtlingslager zerstörten.

 

Fischer erläuterte seine Ansichten über den Konflikt in einer Bundestagsrede am 12. Dezember 2001 und in einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen. Er behauptete in seiner Rede, daß eins der Ziele der islamischen Terroristen die Zerstörung Israels gewesen sei. Israel hätte ein Recht darauf zu existieren, „Terror gegen Israel muß verurteilt werden“. Wir (die Deutschen, K.L.) müssen mit allen Mitteln eine Zerstörung Israels verhindern. Er verlor kein Wort darüber, warum diese Leute vielleicht die Existenz Israels zerstören wollten. War dieses Verhalten ohne jeden Zusammenhang mit dem, was die Israelis angerichtet hatten? Fischer schwieg auch zu den israelischen Angriffen auf Zivilisten (also Staatsterror) und sonstigen Gewaltanwendungen. In diesem Zusammenhang sollte erwähnt werden, daß er von Israels Recht auf Sicherheit sprach; bei den Palästinensern hieß es nur, sie hätten „legitime Interessen“.

  

In seinem Artikel, der im Mai 2002 erschien, schrieb er: „Zwei Nationen kämpfen um das gleiche Territorium.“ Aber der Kampf geht um besetzte Gebiete, um Land, auf das Israel keinen berechtigten Anspruch hat. Fischers Äußerung stimmt überein mit der israelischen Sichtweise – es handle sich um „umstrittene Gebiete“. Fischer führte weiter aus, daß eine Lösung nur durch einen Kompromiß und die Schaffung eines Staates für die Palästinenser erreicht werden könnte. Aber auch Sharon und Bush, die sich nie durch Großzügigkeit gegenüber den Palästinensern hervorgetan haben, behaupten, daß sie für einen Palästinenserstaat seien. Aber die Kernfrage müßte sein: Wo sollen die Grenzen gezogen werden? Sharon und Bush haben sich nie zu dieser Frage geäußert, in diesem Artikel geht Fischer auch nicht darauf ein. Bemerkenswert ist, daß er die Forderung der EU nach einem vollständigen Rückzug Israels hier nicht vertritt. Was Camp David und seine Auswirkungen angeht, schrieb er, daß Barak, nach israelischer Auffassung, den Palästinensern einen Staat angeboten hätte und daß die Intifada die Antwort darauf gewesen sei. Völlig unwichtig scheint Fischer das, was andere Teilnehmer an den Verhandlungen inzwischen berichtet haben und was in Untersuchungen festgestellt worden ist. Von diesem Hinweis auf den israelischen Standpunkt springt er zu seiner Schlußfolgerung: „Seither kämpft Israel um sein Überleben.“ Zur gleichen Zeit zerstörten israelische Hubschrauber, F 16 Bomber und Panzer palästinensische Städte und Flüchtlingslager, ohne nennenswerten Widerstand anzutreffen.

 

Fischer schloß  seinen Artikel mit einer weiteren Geste von Sympathie für Israel. „Angesichts ihrer Erfahrung mit dem Zusammenbruch der Verhandlungen in Camp David, sorgen sich die Israelis, daß die palästinensischen Anführer mehr wollten, als eine Zweistaatenlösung.“ Sie befürchten, schrieb er, daß Arafats PLO die Rückkehr einer so großen Anzahl von Flüchtlingen durchsetzen will, daß Israel seinen jüdischen Charakter einbüßen und ein bi-nationaler Staat werden würde. Man wundert sich hier, ob er sich überhaupt bemüht hat, die Gründe für das Scheitern der Verhandlungen herauszufinden. Wahrscheinlich hatte er von der zweiten Erklärung Baraks für das Scheitern gehört: Die Palästinenser hätten die Rückkehr von so vielen Flüchtlingen gefordert, daß Israel nicht mehr jüdisch sein würde. Baraks erste Erklärung – die unterschiedlichen Meinungen über Jerusalem – ist durch Interviews mit Teilnehmern beider Seiten ausreichend gut belegt. Clintons Berater, Robert Malley, hat außerdem bestätigt, daß Arafats Standpunkt über das Rückkehrrecht nichts mit dem Scheitern der Verhandlungen zu tun gehabt hätte. Er wäre schon mit einer Rückkehr einverstanden gewesen, die die jüdische Mehrheit nicht gefährdet hätte. Auf jeden Fall ist es kaum vorstellbar, daß die Palästinenser die Israelis dazu zwingen könnten, so viele Flüchtlinge zurückzulassen. Während der vergangenen 55 Jahre ist es ihnen nicht einmal gelungen, Wiedergutmachung für ihr verlorenes Eigentum zu erhalten. Übrigens ist Barak gewiß deshalb zu der zweiten Erklärung übergewechselt, weil sie wirksamer war, um Sympathie für die israelische Seite zu gewinnen. Fischers Sorge, daß Israel seinen jüdischen Charakter verlieren und ein binationaler Staat werden könnte, widerspricht der Haltung der Partei, die er führt, zu ihrem eigenen Land. Für Deutschland befürwortet sie eine multikulturelle Gesellschaft. Quod licet Iovi non licet bovi.

 

Als in der EU die Frage der Sanktionen gegen Israel gestellt wurde, weigerten sich die deutschen und die britischen Vertreter sogar, mögliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen. Sie wollten nur weiter vermitteln. Im April 2002 machte Fischer drei Einwände gegen den Einsatz von Druck auf Israel. Erstens: Eine erfolgreiche Vermittlung kann ohne das Vertrauen beider Seiten nicht stattfinden. Aber wenn der Zweck der Vermittlung darin bestünde, Sharon zu bewegen, den Palästinensern entgegenzukommen, wären bloße Gespräche zu diesem Zeitpunkt offensichtlich sinnlos gewesen. Zweitens: Der EU, sagte er, mangelte es an Mitteln, wirksam Druck auf Israel auszuüben. Doch könnte man mit kleinen Schritten anfangen, z.B. der Einstellung von Waffenlieferungen, Geldzuwendungen oder diplomatischer Rückendeckung. Das könnte sehr wohl die israelische Führung dazu bewegen, über die Zukunft seiner wichtigsten Handelsbeziehungen nachzudenken. Auf jeden Fall erfordern gute Entscheidungen ernsthafte Überlegungen über mögliche Mittel und Zwecke. Die Weigerung der britischen und deutschen Vertreter, genau das zu tun, belegt, daß sie eher zusehen würden, wie die Palästinenser in den Staub getreten werden, als die amerikanische und israelische Führung zu verärgern. Drittens: Die Deutschen hätten eine moralische Verpflichtung gegenüber Israel. Fischer hat wiederholt erklärt, daß diese Verpflichtung niemals zuende kommen würde. Aber ist diese Behauptung wahr? Wenn wir den Maßstab zugrunde legen, der überall in der westlichen Welt gilt, dann sind nur diejenigen moralisch verpflichtet, die durch eigenes Fehlverhalten Schaden angerichtet haben. Außerdem vertreten fast alle Wissenschaftler der Ethik die Ansicht, daß die Folgen einer Handlung für alle Betroffenen (hier die Palästinenser) von Belang sind, um zu beurteilen, ob sie moralisch gut ist oder schlecht. Weiterhin: Diejenigen, die die Staatsgewalt ausüben, können moralisch verantwortlich sein. Die Medien sollten die Regierung mit der Frage herausfordern, ob auch sie Schuld an der Lage der Palästinenser trägt.

 

Im Juni 2003 hat der Spiegel ein Gespräch mit Außenminister Fischer geführt. Auf die Frage, wie das Ausmaß von Haß und Leid in Israel und in den besetzten Gebieten zu erklären sei, zitierte Fischer einen Israeli, der meinte: „Beide Seiten haben hundert Prozent recht, und beide Seiten haben hundert Prozent unrecht.“ Diese Vernebelung bedarf einer Erläuterung, doch Fischer gab keine. Manchmal ist es wohl doch klüger, sich kurz zu fassen. Ein Journalist bemerkte, daß die Fundamentalisten eine gerechte Lösung der Palästinafrage forderten. Fischers Erwiderung enthielt zweierlei Gedanken. Zum einen: „Seit es Israel gibt, wird es als Blitzableiter benutzt. Für vieles, was schief läuft in der arabisch-islamischen Welt, wird immer wieder Israel vorgeschoben. Ich sage bewußt vorgeschoben, denn Israel trägt dafür nicht die Verantwortung.“ Zum zweiten: Israel sei eine Herausforderung für seine arabischen Nachbarn, aber eine positive: durch seine Modernität, die Offenheit der Gesellschaft, ihre Lebendigkeit, die Dynamik der Ökonomie, von Technologie, von Forschung.“ Diese Aussage müsste selbstverständlich im Licht folgender Tatsachen beurteilt werden: Die jüdischen Siedlerkolonisten machten und machen sich in einem schon bevölkerten Land breit, ohne die Einheimischen zu fragen. Sie nehmen den Boden in Besitz und verdrängen die Einheimischen, und zwar ohne Entschädigung. Sie schufen getrennte Wohngebiete und beeinträchtigten die einheimische Wirtschaft, mit dem Ergebnis, daß Palästinenser ihre Arbeitskraft an israelische Arbeitgeber verkaufen müssen. Sie bauen Wohnungen für jüdische Siedler, obwohl es sie schmerzt, daß sie dadurch Palästina verraten. Bei friedlichen sowohl wie gewaltsamen Aufständen werden sie mit unverhältnismäßiger Gewalt zermalmt. Ja, es gab und gibt arabischen Terror gegen israelische Zivilisten. In dem Interview sprach Fischer von ihren Ängsten. Zum Nachdenken hier ein Zitat aus dem Jahr 1857 von einem Mitglied des Gesetzgebenden Rats der Kapkolonie anläßlich einiger Überfälle von Schwarzen auf weiße Siedler: „Wenn die Kolonisten die Ländereien der Einheimischen in Besitz nehmen, können sie nicht damit rechnen, auf Rosen gebettet zu sein. Wenn man nah an die Wilden herangeht, ist es, als ob man sich auf ein Wespennest setze – sie werden einen stechen. Aber wir können die Kaffer nicht dafür verantwortlich machen. Nach seiner unzivilisierten Denkweise hat der Kaffer das Recht, sein ihm gestohlenes Land zurückzugewinnen. Wenn den Franzosen ein Teil ihres Landes geraubt würde, würden sie mit aller Wahrscheinlichkeit versuchen, es zurückzuerobern“.

 

Auch bei seinem Spiegel-Gespräch behauptete der Außenminister, daß „wir“ (die Deutschen K.L.) eine besondere Verpflichtung gegenüber dem Existenzrecht Israels hätten. Darauf fragte ein Journalist, ob Fischer das Überleben Israels in Gefahr sähe. Er antwortete: „Ich glaube nicht, daß Israel strategisch erschüttert werden kann. Dazu ist es zu stark. Aber die Existenz wird ohne Frieden prekär bleiben.“ Soll man ob dieser sich widersprechenden Äußerung lachen oder weinen?

 

Im Mai 2002 erhielt Fischer einen Ehrendoktor von der Universität Haifa. Im November 2002 wurde er von der Heinz-Galinski-Stiftung wegen seines „Eintretens für Frieden und Versöhnung“ ausgezeichnet. Danach hat die Christlich-Jüdische Gesellschaft ihm während der Woche der Brüderlichkeit die Buber-Rosenzweig-Medaille verliehen. Die Laudatien bei den Preisverleihungen hielten der ehemalige Bundespräsident von Weiszäcker bzw. Paul Spiegel. Im Mai 2005 erhielt er den Leo Baeck Preis. In seiner Rede erfuhren die Zuhörer, dass Israel die einzige Demokratie im Nahen Osten wäre. Zur Sicherung der Existenz Israels sei seine „Dominanz“ unverzichtbar. Er zeigte auch seine Besorgnis um die Juden in Deutschland. Als vielseitig gebildeter Mensch konnte er seinen Zuhörern mitteilen, dass die deutsche Geistesgeschichte ohne die deutsche Judenheit nicht denkbar wäre. „Und Gleiches gilt für die Wissenschaft, die Kunst und die Wirtschaft“.

 

Fischers Israel-Schwärmerei übertrifft bei weitem die Stellungnahmen der bisherigen deutschen Außenminister, aber keine Partei im Bundestag hat ihn zurechtgewiesen. Die führenden Kreise in Politik und Medien in Deutschland geben nie zu, daß ihre Unterstützung für Israel zu den Ursachen der erbärmlichen Lage der Palästinenser geführt hat.

 

 

 Anhang 2

 

Auszüge aus einem Gespräch vom 5. März 2005 zwischen „Tribüne“ und Angela Merkel

 

 

Tribüne: „Shimon Stein, der Botschafter Israels in Berlin befürchtet, daß mit dem Generationswechsel in Deutschland der Versuch einher gehen könnte, einen Schlußstrich unter die jüngste Geschichte zu ziehen.“

 

Merkel: „Die Gründung des Staates Israel war eben mit der schrecklichen Verfolgung und Ausrottung durch die Nationalsozialisten verbunden, sie gab den entscheidenden Impuls. Darum wird die Beziehung zwischen Israel und Deutschland immer von besonderem Charakter bleiben.“

 

         Meine kritischen Ausführungen oben über die Kausalkette zwischen dem Massenmord
         an Juden im Dritten Reich und der Entstehung des Staates Israel gelten auch hier.

 

Tribüne: „Können Sie erklären, warum in der EU und auch in den Medien die PLO mehr Sympathie und Verständnis findet als die Israelis und ihre Verteidigungsmaßnahmen?“

 

Merkel: „Die Bereitstellung von Geldmitteln für die Palästinenser seitens der EU zu einem Zeitpunkt, als Israel gerade durch das Einbehalten von Steuermitteln Druck ausüben wollte, war nicht in Ordnung. Auch was die Kritik am Bau des Sicherheitszauns betrifft, hätte ich persönlich eine abgewogenere Haltung gewünscht. Insofern plädiere ich dafür, daß Deutschland seiner besonderen Verantwortung gegenüber Israel gerecht wird. Der Bundesaußenminister hat dies aber auch schon in vielen Fällen unter Beweis gestellt.“

 

Der „Sicherheitszaun“, d.h. die acht Meter hohe Mauer, die in die besetzten palästinensischen Gebiete hineinragt, markiert eine weitere Ausdehnung des zionistischen Staates und gibt palästinensischen Bauern mangels Land und Wasser noch einen Grund, „freiwillig“ auszuwandern. War das Urteil des Internationalen Gerichthofs nicht ausgewogen? Das Gericht stellte fest, daß Israel keinen Rechtsanspruch auf Gebiete hätte, die es seit dem 1967er Krieges besetzt hält Weiterhin: Alle jüdischen Siedlungen seien nach Artikel 49 des Genferabkommens widerrechtlich. Daher sei die Mauer eine Verletzung des Völkerrechts. Sie müßte abgebaut werden, und die Palästinenser, die dadurch Verluste erlitten haben, müßten entschädigt werden. Vierzehn Richter stimmten dafür. Der andere, ein Amerikaner, stimmte nicht dagegen, er gab bloß eine Erklärung ab.

 

Der Anlaß für die Einbehaltung von Zoll - und Steuergeldern, die der Autonomiebehörde gehörten (etwa $50 Millionen im Monat), war die Wahl der Hamasregierung und ihre Weigerung, Israel bedingungslos anzuerkennen. Im April 2006 hat auch die EU alle ihre Zahlungen an die palästinensische Behörde eingestellt, weil die Hamas das Existenzrecht Israels nicht anerkannt hat. Darauf hat Joachim Koch, Ministerialrat a.D., in einem Brief an Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier gefragt: „Wo bleiben gleiche Maßnahmen gegenüber Israel, gegen das man die gleichen Vorwürfe erheben kann? Ist Israel bereit, Palästina in den Grenzen von 1967 anzuerkennen und die nach einem verbotenen Angriffskrieg widerrechtlich besetzten Gebiete zu räumen? Stattdessen werden in den palästinensischen Gebieten weiterhin israelische Siedlungen ausgebaut und neuerdings das Jordantal vom restlichen Westjordanland abgetrennt, um es endgültig völkerrechtswidrig zu annektieren. D.h. mit anderen Worten, daß Israel wesentliche Teile der den Palästinensern gehörenden Gebiete nicht als ihnen gehörend anerkennt. Damit verhält sich Israel genauso wie die Palästinenser und muß deshalb in gleicher Weise behandelt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die gegenseitige Anerkennung nur Resultat eines Verhandlungsprozesses sein kann, wenn man für beide Seiten eine gerechte Lösung finden will. Sie darf nicht Vorbedingung einer Seite sein, wenn sie nicht bereit ist, die Rechte der anderen Seite anzuerkennen. Wer solch einseitige Forderungen unterstützt und nichts zu den Völkerrechtsverletzungen der fordernden Seite sagt und ihn bedingungslos unterstützt, macht sich zum Mittäter solcher Rechtsverletzungen...

 

Auch das Verlangen an Hamas, der Gewalt abzuschwören, ist angesichts der dauernden Übergriffe der israelischen Armee gegen Palästinenser einseitig. Die Palästinenser haben keine staatlichen Mittel, um sich gegen die rechtswidrigen Übergriffe der israelischen Armee zu wehren. Der Terror ist Folge ihrer Ohnmacht. Deshalb ist es erforderlich, daß auch Israel der Gewalt abschwört und zu einer gerechten Verhandlungslösung bereit ist. Die israelische Regierung droht jedoch, einseitige Lösungen ohne Verhandlungen mit den Palästinensern vorzunehmen. Dem müsste schärfstens entgegen getreten werden. Ich sehe bisher jedoch keine Reaktion der Bundesregierung zu dieser Frage, obwohl ein einvernehmlicher Interessenausgleich zwischen Israel und den Palästinensern auch im vitalen deutschen Interesse liegt. In diesem Zusammenhang muß auch berücksichtigt werden, daß die Hamas vor mehr als einem Jahr einen Waffenstillstand verkündet hat und sich bisher daran gehalten hat. Das sollte für die Zeit von Verhandlungen ausreichend sein. Von israelischer Seite gibt es ein solches Angebot bisher nicht!“

 

 

Tribüne: „Es könnte schon lange einen Palästinenserstaat geben, wenn nicht Camp David gescheitert wäre. Damals hätten die Palästinenser 98 % der besetzten Gebiete zurück bekommen können“...

 

Merkel: „Es war damals „ein schwerer Fehler, daß die palästinensische Seite diese weitreichenden Angebote abgelehnt hat.“

 

Robert Malley, ein enger Berater von Clinton in Camp David, berichtete, daß Baraks Gesprächsbeiträge in Worte gefasst wurden, die nur als Denkanstöße und nicht als Angebote gedeutet werden konnten. Seine Stellungnahme erschien am 9. August 2001 in der New York Review of Books. Malley erklärte Baraks Verhalten damit, daß er sich im Wahlkampf  befand. Das konnte Joachim Koch gut bestätigen. Er hat bekannt gemacht, daß er während seiner 25jährigen Erfahrung in internationalen Verhandlungen ernsthafte Angebote immer schriftlich eingereicht wurden.

 

 

 

Anhang 3

Wie kann es Frieden geben für Israel und Palästina?

Schalom 5767: Berliner Erklärung

 Seit Jahrzehnten leben das israelische und das palästinensische Volk als Nachbarn. Es gäbe viele Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und zur gemeinsamen Entwicklung. Stattdessen wird ihr Leben vergiftet durch Krieg und Gewalt, durch Bedrohung und Terror, durch gegenseitigen Hass, Verachtung und Respektlosigkeit.

 

Das Grundübel ist die seit 1967 andauernde israelische Besetzung palästinensischen Gebiets. Die Besetzung bedeutet Entwürdigung und Entrechtung der Palästinenser. Sie lähmt ihr wirtschaftliches, politisches und soziales Leben. Darüber hinaus verhindert dieses täglich neu erlebte Unrecht einen friedlichen Ausgleich des alten Unrechts, das den Palästinensern mit der Vertreibung von 1948 angetan wurde. All dies treibt die Spirale der Gewalt an.

 

Es ist an der Zeit, diese Spirale zu durchbrechen und einer dauerhaften Friedenslösung den Weg zu bereiten, die

- dem palästinensischen Volk ein sebstbestimmtes Leben in Würde ermöglicht

- beiden Nationen die Existenz in international anerkannten Grenzen sichert

-         die gesamte Region befriedet und dadurch die ganze Erde friedlicher und sicherer werden lässt

In beiden Gesellschaften, der israelischen wie der palästinensischen, gibt es seit langem Stimmen für Verständigung; die „Genfer Vereinbarung“ ist dafür wegweisend (www.genfer- initiative.de). Diese Stimmen brauchen Unterstützung.

 

Nur wenig Unterstützung kommt jedoch aus Deutschland. Das hat seinen Grund: Vor 61 Jahren endete mit der Niederlage Nazi-Deutschlands der unter Führung von Deutschland begangene Massenmord an den Juden Europas. Scham und Trauer über dieses Verbrechen lässt viele Menschen zur Politik des jüdischen Staates Israel schweigen.

 

Aber dieses Schweigen ermöglicht neues Unrecht. Um in diese erstarrte Situation Bewegung zu bringen, haben wir, Jüdinnen und Juden aus Deutschland, als Erstunterzeichnende diese Erklärung auf den Weg gebracht. Denn wir sehen mit Entsetzen, wie der mit so großen Hoffnungen gegründete Staat Israel in einer Sackgasse der Gewalt feststeckt.

 

Wir fordern die deutsche Regierung auf, mit der Europäischen Union

-         die israelische Besatzungspolitik nicht länger zu tolerieren

-         kurzfristig den Boykott der Palästinensischen Autonomiebehörde zu beenden

-         endlich die Verwirklichung eines lebensfähigen palästinensischen Staates ernsthaft anzustreben, in Gaza und dem gesamten 1967 besetzten Westjordanlandes einschließlich Ost-Jerusalems, mit voller Souveränität und freiem Verkehr.

 

Damit wird eine Sicherheitsregelung für die Staaten der Region zu verbinden sein, besonders für das sich bedroht fühlende Israel, ebenso wie für seine Nachbarstaaten. Fragen des Rückkehrrechts der von Israel 1948 vertriebenen Palästinenser können einvernehmlich gelöst werden, wenn Israel als Zeichen der Versöhnungsbereitschaft die Vertreibung als Unrecht benennt. Der Status Jerusalems als Doppelhauptstadt wird zu klären sein. Ein Vorschlag der Arabischen Liga zur Einigung mit Israel liegt vor. Der Frieden wäre greifbar nahe.

 

„Was Dir verhaßt ist, tu Deinem Nächsten nicht an.“ So faßte vor zweitausend Jahren Rabbi Hillel das Wesen des Judentums zusammen. Das sollte auch heute der Leitfaden menschlichen Handelns sein, - auch in der Politik.

 

Bitte unterstützen Sie mit Ihrer Unterschrift diese Erklärung, oder tragen Sie sich ein: auf www.schalom5767.de.

 

Jüdische Erstunterzeichnende:   Es folgen die Namen von 71 Unterzeichnern mit ihren Berufen.      

Prof. Dr. Rolf Verleger, Postfach 110137, 23534 Lübeck. Spenden für weitere Anzeigen:

R. Verleger, 130101397 bei der Sparkasse zu Lübeck, BLZ 23050101.                             

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