23. Juli
2009
An das
Bundespräsidialamt
Grethenweg 1
10557 Berlin
vorab per
Fax 030 2000 1922
Betr.:
Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an
Felicia Langer
Sehr
geehrter Herr Bundespräsident,
im
Internet kursieren wütende Protestschreiben
gegen Ihre Entscheidung, Frau Felicia Langer
das Bundesverdienstkreuz zu verleihen.
Im
Gegensatz dazu schreibe ich Ihnen hier, um
Ihnen persönlich und auch als Mitglied der
"Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in
Nahost" meine große Zufriedenheit über Ihre
Entscheidung mitzuteilen.
Ich habe
als Mitglied des Direktoriums des
Zentralrats der Juden in Deutschland im
Sommer 2006 in einem Offenen Brief den
israelischen Libanonfeldzug kritisiert,
initiierte danach die Aktion "schalom5767"
(eine Unterschriftenliste an die
Bundesregierung, sich im Nahostkonflikt
weniger einseitig zu verhalten), schrieb das
Buch "Israels Irrweg. Eine jüdische Sicht"
(2. Auflage 2009) und hielt zahlreiche
Vorträge über das Judentum und gegen seine
Vereinnahmung durch den übersteigerten
zionistischen Nationalismus.
Bei diesen
Aktivitäten habe ich vielfach erfahren, was
die Leute über die
Israel-Palästina-Problematik denken. Das
generelle Gefühl ist eine tiefe Enttäuschung
über Israel. Die meisten Menschen halten
sich mit öffentlichen Äußerungen zurück, aus
einem verständlichen Gefühl, dass es
Deutschen nicht zustehe, einen überwiegend
jüdischen Staat zu kritisieren. Aber allen
ist auch klar, dass sich die deutsche
Politik moralisch falsch verhält: Man kann
nicht altes Unrecht dadurch wiedergutmachen,
indem man neues Unrecht unterstützt.
Und so,
während die gleichen wenigen Leute, die nun
gegen die Ehrung von Frau Langer bei Ihnen
protestieren, auch auf mich nicht gut zu
sprechen sind, haben mir die für mich
wirklich wichtigen Leute ihre Zustimmung
mitgeteilt, seien dies nun ehemalige
Schulkameraden, Kommilitonen und Kollegen,
meine ehemaligen Professoren und Chefs,
zahlreiche Kollegen unserer Universität wie
auch einfach unsere Hausnachbarn und
Hunderte von fremden Menschen, die mir
geschrieben haben.
Sie haben
mit dieser Ehrung all diesen Leuten aus dem
Herzen gesprochen. Das sind keine Nazis,
keine Antisemiten, keine Hasser, das sind
vielmehr Leute, die aus den Verbrechen der
Nazizeit die Konsequenz gezogen haben, dass
man frühzeitig gegen Unrecht aufstehen muss.
Felicia
Langer ist ein Vorbild dafür.
Mit
aufrichtigem Dank für Ihre Entscheidung