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Pfullingen, Rede zur Eröffnung der Ausstellung über Flucht und Vertreibung der Palästinenser aus Palästina im Jahre 1948, die Nakbah-Ausstellung.
Felicia Langer, 8.11.2013

 

Ich begrüße Sie herzlich zur Eröffnung der Ausstellung. Nakbah, das ist der unbekannte oder fast unbekannte Narrativ der Palästinenser, die Geschichte ihrer Katastrophe, die erzählt werden muss.

„Wir sind überzeugt, dass ohne die Kenntnis dieser Seite des Konflikts Aussöhnung, Gerechtigkeit und Frieden im Nahen Osten keine Chance haben werden, mit unserer Ausstellung wollen wir dazu einen Beitrag leisten“, sagte Ingrid Rumpf in der Einleitung zu der Ausstellung. Ich begrüße dich herzlich, liebe Ingrid Rumpf, als die Mutter der Ausstellung und sage, im Namen von Vielen: „Wir sind stolz auf dich.“

Ein wichtiger Teil der Vertreibung und Zerstörung war „Plan Dalet“, im Herbst 1947 entwickelt nach der UN Resolution 181 (II) und im März 1948 beschlossen. Plan Dalet forderte u.a.:

• die Vertreibung der lokalen arabischen Bevölkerung über die Grenze im Falle ihres Widerstands gegen unsere Angriffe, und die Verteidigung zusammenhängender jüdischer Siedlungen in arabischen Gebieten einschließlich der zeitweisen Eroberung arabischer Stützpunkte auf der anderen Seite der Grenze.

• die Zerstörung der Dörfer durch Niederbrennen, Sprengen und Verminen, um eine Rückkehr der vertriebenen Bewohner zu verhindern.

Unsere so genannten „Neuen Historiker“, wie Simha Flapan und Ilan Pappe haben die wahre Geschichte erzählt. Ilan Pappe schreibt in seinem Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“ u.a.:

„Mitte Februar folgten gewaltsame Vertreibungen, bei denen es jüdischen Truppen gelang, an einem einzigen Tag fünf palästinensische Dörfer zu räumen. Am 10. März 1948 wurde Plan Dalet beschlossen. Die ersten Ziele waren die Städte Palästinas, die bis Ende April alle besetzt wurden. In dieser Phase, die mit mehreren Massakern einherging – vor allem mit dem Massaker von Deir Yassin –, wurden etwa 250.000 Palästinenser entwurzelt.“

Ein unmoralischer Aspekt der Resolution 181 (Bildung von zwei Staaten in Palästina) war, dass sie keinerlei Mechanismen vorsah, um die ethnische Säuberung Palästinas zu verhindern. Am Ende hat man über 700.000 Palästinenser vertrieben.

Ich bin mit meinem Mann im Rahmen von Familien-Zusammenführung 1950 nach Israel gekommen. Ich war noch keine 20 Jahre alt und nicht vorbereitet auf was mich dort erwartet hat: Zerstörte Dörfer, Flüchtlingsfamilien, die über die Vertreibung und Flucht und über Massaker erzählten. Ich war während des Krieges selbst ein Flüchtling, ich weiß Bescheid, was das bedeutet.

Ich habe auch die Gettoisierung der Palästinenser (bis in die sechziger Jahre) erlebt und alles verinnerlicht.

Ich wußte schon damals, dass wir Schuld bekennen und die Palästinenser entschädigen müssen. Wir müssen das Rückkehrrecht der Palästinenser, völkerrechtsentsprechend, berücksichtigen. Nur dann wird es Frieden mit Gerechtigkeit geben. Was ich damals erlebt habe, prägt mich bis zum heutigen Tag.

Es gibt in Israel Friedenskräfte (leider keine Friedensbewegung), wie z.B. die Organisation „Zochrot“, die die Nakbah verstehen, die die Orte der zerstörten palästinensischen Dörfer kennzeichnen. Diese Organisation macht den Begriff Nakbah und seine Bedeutung populär, und informiert über das Schicksal der Flüchtlinge, die Opfer der Nakbah.

Wie wichtig das in Deutschland ist, wird ihnen diese Ausstellung zeigen.

Liebe Friedensfreunde, die Nakbah geht weiter, Israel zerstört Häuser, vertreibt und entrechtet die Palästinenser und die Welt schweigt. Israel kennt keine „roten Linien“. Israel ist friedensresistent und agiert so, wie Ben-Gurion einmal gesagt hat: „Wir wollen keinen jüdischen Staat in Palästina, sondern Palästina, ganz Palästina als einen jüdischen Staat.“ Ben-Gurion sagte auch, dass Zwangsaussiedlung nicht unmoralisch ist.

Das ist der genetische Code des Zionismus. Wem Frieden mit Gerechtigkeit wichtig ist, muss sich gegen diese Politik, die auch für Israel eine Tragödie ist, wehren. Die Nakbah-Ausstellung soll aufklären, aber auch eine Warnung sein gegen das Schweigen angesichts von Unrecht, was eine Art von Mittäterschaft bedeutet. Diese Ausstellung soll das Verbrechen des Schweigens zu Nichte machen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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