Ist in unserem Land die
Meinungsfreiheit als Grundrecht noch
geschützt?
Abraham
Melzer
Es gibt kaum einen Begriff, der so mit
Emotionen beladen und so verworren ist,
wie das Schlagwort „Antisemitismus“,
wobei man es fast schon wörtlich nehmen
kann, denn es ist in der Tat heute ein
Schlagwort, eine „Keule“, wie es Martin
Walser genannt hat, mit der man Menschen
erschlagen kann.
Natürlich
gibt es noch Judenhass auf der Welt,
besonders aber in Europa, wo der
Antisemitismus geboren wurde. Kontinente
wie Asien, Afrika, Latein-Amerika,
Australien und Nord-Amerika kannten
dieses Phänomen nicht und wenn es dort
trotzdem vorhanden ist, dann weil die
europäischen Einwanderer es mitgebracht
haben. Dennoch ist der nordamerikanische
Judenhass niemals in Verfolgung und
Vernichtung ausgeartet, wie in Europa.
In Nordamerika drückt sich der
Antisemitismus höchstens darin aus, dass
manche Tennis- oder Golfclubs Juden (und
Schwarze) nicht aufnehmen. In Europa
entartete der Judenhass, der anfangs nur
eine Konkurrenz der Religionen war, in
einen rassisch-biologischen Krieg und am
Ende zur Vernichtung von sechs Millionen
Juden, fast die Hälfte des europäischen
Judentums.
Das alles
ist aber Schnee von gestern und
vorgestern. Diese Art von Judenhass gibt
es nicht mehr und fast ausnahmslos
alles, was man heute Antisemitismus
nennt, ist nichts anderes als die
Auseinandersetzung mit dem Zionismus,
der eine aggressive jüdische Expansions
Politik auf Kosten eines anderen Volkes
betreibt und deshalb weltweit Widerstand
und inzwischen auch Verachtung erfährt
und bekämpft werden muss. Der frühere
israelische Botschafter in Deutschland,
Avi Primor, sagte: „Es ist nicht so,
dass der Antisemitismus zugenommen hat.
Die Sympathie für Israel hat
abgenommen.“
Antisemitisches Denken, Reden und
Handeln haben keinen Platz in
Deutschland und vielen Ländern Europas,
auch wenn mit dem Begriff selbst
inflationären Gebrauch gemacht wird.
Rabbiner Joel Berger sagte
unmissverständlich, dass man nur dann
von Antisemitismus sprechen könne, wenn
Juden von Staats wegen verfolgt werden.
Dennoch gebraucht auch er diesen Begriff
oft in seiner neuen Bedeutung, als
Ersatz oder Synonym für Antizionismus.
Dabei muss man nicht einmal Antizionist
sein, um als Antisemit stigmatisiert zu
werden. Es reicht Israels Politik zu
kritisieren, um als Antizionist zu
gelten und es reicht als Antizionist zu
gelten, um als Antisemit diffamiert zu
werden.
Es
mag sein, dass Israelkritik, eine für
sich genommen legitime Sache, für manche
zum Ventil wird, mit dem antijüdische
Emotionen artikuliert werden. Bei der
Mehrheit der Israelkritiker handelt es
sich aber nicht um antijüdischen
Emotionen, und erst recht nicht, wenn es
sich um Juden handelt. Es handelt sich
bei den meisten Kritiker auch nicht
darum, dem Staat Israel das
Existenzrecht abzustreiten oder Israel
pauschal zu delegitimieren, sondern
einzig darum einen gerechten und fairen
Weg zur Lösung des Konflikts zu finden.
Es mag
sein, dass hinter einer Israelkritik
tatsächlich Antisemitismus verborgen
ist, aber das berechtigt noch lange
nicht sämtliche Kritiker israelischer
Handlungen als Antisemiten zu
diffamieren, zumal wenn sie Juden sind
und andere Juden sie dann hämisch
„koschere Antisemiten“ nennen.
Leserbriefe,
Zuschriften, Rufe aus dem Publikum, aber
auch Reden von Politiker und Vertreter
der Zionistischen Organisation in
Deutschland oder hasserfüllte Pamphlete
jüdischer Polemiker, bestätigen, dass
ganz bewusst ein Popanz erzeugt wurde,
um ihn dann mit aller Kraft und großer
Wut bekämpfen zu können, um aber auch
das wichtigere Thema zu verdecken. Der
Popanz heißt Israelkritik und wird von
beiden Seiten aufgeblasen. Die einen
meinen Israelkritik sei Antisemitismus
und die anderen meinen, es sei erlaubt
und sogar notwendig Israel zu
kritisieren. Natürlich ist Kritik an der
Politik des Staates Israel erlaubt, aber
wenn man dieses Recht in Anspruch nimmt,
kommt prompt die Kritik an der Kritik
ausgerechnet von denen, die immer laut
sagen, dass Kritik selbstverständlich
erlaubt und kein Tabu sei.
Offensichtlich ist nur solche Kritik
erlaubt, die die zionistische Zensur
passiert hat. Denn sonst sind solche
Kritiker sehr schnell „Antisemiten“.
Zurück
aber zur Sprachverwirrung. Heute ist
schon jemand ein Antisemit, der
Netanjahus Politik kritisiert, ohne
dabei Israel zu hassen. Das zeigt doch
wie absurd und krankhaft der Begriff
ist. Heute muss man gar nicht Juden
hassen, um als Antisemit bezeichnet zu
werden, es reicht sich für das
Existenzrecht der Palästinenser
einzusetzen. Deshalb behaupte ich, dass
der klassische Antisemitismus längst tot
ist und der Diskurs darum künstlich von
denjenigen am Leben gehalten wird, die
daran Interesse haben. Unsere Welt hat
heute viel ernsthaftere Probleme, als
diese Scheingefechte und dieser Kampf
gegen Windmühlen. Die (relativ) wenigen
Antisemiten, die es tatsächlich noch
gibt, kann man bedauern und „nicht
einmal ignorieren“, wie es Karl
Valentin treffend formuliert hat.
Und Israel wird sich daran gewöhnen
müssen nach normalen rechtsstaatlichen
Kriterien beurteilt zu werden, ohne dass
man gleich behauptet, der Kritiker sei
ein Antisemit.
In
Deutschland tobt wieder die
Antisemitismus-Debatte, die alle Jahre
wieder aus der Versenkung hochkommt und
die Gemüter erregt. Diesmal wird die
Hochschule für angewandte Wissenschaft
und Kunst (HAWK) in Hildesheim durch die
Gassen gejagt. Emanuel Nachshon,
Sprecher des israelischen
Außenministeriums hyperventiliert sogar:
„Das ist keine Universität – das ist
eine Hassfabrik“. Wie schon öfters
mischt sich Israel in innerrdeutsche
Angelegenheiten ein und begründet das
mit dem Vorwurf des Antisemitismus.
Dabei geht es, wie immer, um das
Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit,
der Meinungsfreiheit und der Rechte, die
unser Grundgesetz uns einräumt und um
die grundsätzliche Frage, wer darf
bestimmen, was an deutschen Hochschulen
gelehrt wird, und was deutsche Bürger
sehen und welche Bücher in Deutschland
verlegt werden dürfen? Das israelische
Propagandaministerium, der Zentralrat
der Juden in Deutschland, jüdische
Journalisten aus Jerusalem, das Simon
Wiesenthal Institut, Henryk M. Broder
oder vielleicht Prof. Micha Brumlik. Ist
in unserem Land die Meinungsfreiheit als
Grundrecht noch geschützt?
Sacha
Pommrenke schrieb am 11.08.2016 in
Telepolis über den Mitarbeiter der
Hildesheimer Allgemeinen Zeitung (HAZ),
Norbert Mirzowsky, dass dieser sich in
„Unkenntnis des kritisierten
Gegenstandes“ für die „Meinungsfreiheit“
entschieden hätte. Als ob Pommrenke
selber weiß wovon und worüber er
schreibt. Seine Unkenntnisse sind noch
viel gravierender und peinlicher und im
Übrigen muss man überhaupt keine
besonderen Kenntnisse haben, um sich für
die Meinungsfreiheit einzusetzen.
Meinungsfreiheit steht jedem zu, auch
wenn es eine „falsche“ Meinung ist. Man
muss nur Mut und Charakter haben.
Was ist
geschehen? Die promovierte aber äußerst
empfindliche, einäugige jüdische
Religionspädagogin Rebecca Seidler
erhielt im Juni 2015 von Christa
Paulini, der Dekanin der Fakultät für
Soziale Arbeit und Gesundheit an der
HAWK eine Anfrage, ob sie einen
Lehrauftrag übernehmen könne. Dabei ging
es um zwei sehr gegensätzliche Seminare
zu Israel und Palästina. Ihre
palästinensische Kollegin Ibtissam
Köhler bietet seit Jahren ein Seminar
„Zur sozialen Lage der Jugendlichen in
Palästina“ und die Jüdin Rebecca Seidler
sollte das Seminar „Jüdisches Leben in
Deutschland und in Israel“ leiten. Wie
üblich vertraute die zionistische Jüdin
ihrer Kollegin nicht und sichtete die
Seminarmaterialien des „gegensätzlichen“
Seminars. Über das Ergebnis war sie
offensichtlich so schockiert, dass sie
die Dekanin darüber informierte. Diese
nahm es locker und kümmerte sich nicht
um die „sensible Wahrnehmung“ oder
besser gesagt um die paranoide Reaktion
einer Jüdin.
Erbost
lehnte Seidler den Lehrauftrag ab und
statt die Materialien zurückzugeben,
reichte sie sie weiter an die Amadeu
Antonio Stiftung, mit der Bitte um ein
„unabhängiges“ Gutachten. Da wurde der
Bock zum Gärtner gemacht. Die Amadeu
Antonio Stiftung ist bekannt für ihre
pro israelische, pro jüdische und
paranoide Einstellung zu Israel und zum
Antisemitismus und so fiel das Gutachten
entsprechend eindeutig aus. „Es
vermittelt den Studierenden ein zutiefst
antiisraelisches, in Teilen
antisemitisches Weltbild.“ Das Gutachten
war kurz, unsachlich und persönlich.
Das
Kurzgutachten bestätigte Seidlers
Annahme und bestärkte sie darin gegen
die im Seminar ihrer „Konkurrentin“
vermittelten Inhalte vorzugehen. Da die
Hochschule weiterhin jegliche Kritik von
sich wies, setzte sich Seidler mit dem
Zentralrat der Juden in Deutschland in
Verbindung. Da lief sie offensichtlich
offene Türen ein und Dr. Josef Schuster,
der Präsident des Zentralrats nahm sich
dieser Sache an, obwohl sie ihn
eigentlich nicht anging und er noch
weniger wusste, als der Gutachter der
Amadeu Antonio Stiftung. Im Mai 2016
überprüfte dann die Ethikkommission der
HAWK das Seminar und plädierte für
dessen Fortsetzung. Die Kommission
schrieb: „Die Ethikkommission hat keine
Bedenken gegen die Fortführung der
Lehrveranstaltung. Sie sieht keinen
Anhaltspunkt, dass in dieser
Lehrveranstaltung antiisraelische oder
antisemitische Inhalte unzulässiger
Weise Propagiert werden.“
Damit ist
die Deutungshoheit des Antisemitismus
dem Zentralrat und der israelischen
Botschaft aus der Hand entrissen worden
und das durfte so nicht stehen bleiben.
Am Ende haben Zentralrat und Botschaft
auch tatsächlich gesiegt und diese
ominöse Deutungshoheit in der Hand
behalten.
Aufgrund
dieser Reaktion wandte sich Frau Seidler
an die Presse, ausgerechnet an die
Jüdische Allgemeine, die als Sprachrohr
der israelischen Politik bekannt ist und
die die Sache mit Genugtuung aufgriff
und am 21. Juli 2016 unter dem infamen
Titel „Hass an der Hochschule“ erstmals
über die Vorwürfe öffentlich berichtete.
Aber erst der gehässige und hetzerische
Artikel von Benjamin Weinthal in der
Jerusalem Post, machte das Ganze zu
einem Skandal. Von allen Seiten wurde
die Hochschule angegriffen und zum
„Austragungsort des Palästina-Konflikts
gemacht.“ Ziel der zionistischen Attacke
war offenbar, mit allen Mitteln zu
verhindern, dass unterschiedliche
Sichtweisen zu diesem Konflikt an der
Hochschule zu Wort kommen, besonders
natürlich Israel kritische Sichtweisen.
Es sollte mit moralischem Druck und dem
unberechtigten Vorwurf des
Antisemitismus erzwungen werden, dass
nicht genehme Ansichten aus der
Hochschule verbannt werden. Das ist eine
bekannte, üble und oft angewendete
Taktik der Zionisten, die man auch gegen
die Nakba-Ausstellung angewendet hatte,
in Zusammenarbeit mit diversen jüdischen
Gemeinden, mit der
Deutsch-Israelischen-Gesellschaft (DIG)
und oft genug mit Parteien und
Gewerkschaften. Und obwohl immer wieder
Gerichte festgestellt haben, dass die
Nakba-Ausstellung weder anti-israelisch
noch und besonders antisemitisch sei,
wollten es die ewig gestrigen nie
akzeptieren und wahrhaben.
Sascha
Pommrenke meint dazu, dass weil die
Hochschule die Worte „nicht genehme
Ansichten“, die sie in ihrer Entgegnung
benutzt hat, nicht in Anführungszeichen
gesetzt hatte, folgern zu müssen: „Der
letzte Satz ergibt natürlich gar keinen
Sinn, denn schließlich dient das
Material doch „zur kritischen
Auseinandersetzung“ oder sind die
Materialien jetzt doch „nicht genehme
Inhalte“? Solche Fragen kann freilich
nur jemand stellen, der keine Ahnung vom
Konflikt hat, der rein „akademisch“ an
die Sache rangeht und möglicherweise
einiges gelesen aber nichts verstanden
hat. Nicht genehm sind die Ansichten
immer wieder denselben „Verdächtigten“.
Besonders
lächerlich macht sich Pommrenke bei
seiner Kritik an Erich Fried, dessen
hoch moralische Gedichte er kritisiert,
ohne sie verstanden zu haben. Er mokiert
sich über das Gedicht
„Abwesende-Anwesende“, dem er auch noch
Nähe zu dem Naziregime bescheinigt. In
der gefühllosen Orwell'schen Sprache der
israelischen Behörden werden eine
Million israelischer Araber als
"anwesende Abwesende" bezeichnet: sie
waren 1948 in Israel zwar anwesend, aber
von ihren Häusern abwesend, weil sie
vertrieben wurden. Deshalb konnte ihr
Besitz enteignet werden.
Ich wollte
Pommrenke testen und fragte ihn: „Was
meinen Sie mit: "Die
Abwesenden-Anwesenden"? Er antwortete:
„Das Gedicht von Erich Fried heißt "Die
Abwesend-Anderen". Ist also ein
Eigenname“. Damit war klar, dass er
nichts kapiert hat und von dem bekannten
Begriff, Anwesende-Abwesende
(Nochechim-Nifkadim), das eigentlich
ein Fach-Terminus war, und inzwischen
ein geflügeltes Wort in Israel wurde,
keine Ahnung hatte.
Dieses
Phänomen kommt oft vor, dass
Philosemiten, die keine Ahnung haben,
glauben, uns Juden beschützen zu müssen.
Da sind mir Antisemiten schon lieber,
sie sind zumindest ehrlich. Philosemiten
sind aber gewöhnliche Antisemiten, die
Juden lieben. Da verhält es sich wie mit
einer Person, die einen liebt und die
man nicht leiden kann, ja sogar
verachtet. Die Person drängt ihre Liebe
auf und man hat keine Ahnung, wie man
sie loswerden könnte. Da hilft nur das
Gebet: „Gott schütze mich vor meinen
Freunden, vor meinen Feinden werde ich
mich selber schützen.“
Antisemitismus ist immer wieder der
Lackmustest der Meinungsfreiheit, ja der
Demokratie allgemein, auch wenn Leute
wie Pommrenke es nicht glauben und sich
darüber lustig machen. Offensichtlich
gibt es immer noch Schwierigkeiten beim
Erkennen von Antisemitismus, denn die
meisten Menschen denken immer noch an
den klassischen Antisemitismus, den es
aber seit 1945 nicht mehr gibt. Selbst
die üblichen Verdächtigten, Pommrenke
inklusiv, geben zu, dass dieser
Antisemitismus kaum noch verbreitet ist.
Pommrenke,
der hier aber nur stellvertretend
erwähnt wird für alle Antideutschen,
Zionisten und Sprecher der israelischen
Hasbara (Propaganda), werden nicht müde
Israel Kritiker zu beschimpfen, weil sie
angeblich Israels Kriegsverbrechen und
tagtäglichen Verletzungen des
Völkerrechts mit den Taten
Nazi-Deutschland zu vergleichen. Sie
selber scheuen sich aber nicht von
„Ritualmordlegenden“ zu sprechen, wenn
selbst israelische Fachleute wie die
Pädagogin und Sozialwissenschaftlerin
Nurit Peled-Elhanan, die selber ein Kind
bei einem Attentat verloren hatte, von
„systematische routinemäßige Ermordung
von Kinder“ spricht und beklagt, dass
die Schuldigen niemals zur Rechenschaft
gezogen werden.“ Für Pommrenke ist das
„die Ritualmordlegende im neuen Gewand.“
Die inzwischen Tausenden Kinder, die
tatsächlich ermordet wurden, vergleicht
er mit den erfundenen Toten der
Ritualmordlegenden.
Und er
zitiert aus dem Lehrmaterial des
Seminars: „Die Kinder in Israel werden
innerhalb einer unnachgiebig
rassistischen Weltanschauung erzogen.
Die rassistische Weltanschauung stoppt
nicht an den Checkpoints, sondern
regiert alle menschlichen Beziehungen in
diesem Land“. Was aber von vielen
Israelis bestätigt wird. Pommrenke weiß
es aber besser. Er kommentiert wie
folgt: „Alle Juden sind auch noch
Rassisten.“ Wo war hier die Rede von
„allen Juden“? Er macht den klassischen
Fehler aller Kritiker der Kritik an
Israel. Er setzt immer voraus, dass wir
„alle Juden“ meinen, wenn wir Israelis
sagen. Dabei versuchen wir immer zu
differenzieren, allein die israelische
Politik, Benjamin Netanjahu und
unwissende wie Pommrenke machen es uns
schwer, und natürlich Juden wie
Schuster, Knobloch und andere auch. Wenn
Israels Politik alle Juden der Welt als
Zionisten, als potentielle Israelis, als
tatsächliche Israelis vereinnahmt und
die Juden in der Welt sich nicht dagegen
wehren, sondern noch treu und brav, wie
Charlotte Knobloch, bekennen, dass „mein
Herz in Israel ist“ und sie alle treu
und blind hinter Israel stehen, dann
sollte man sich nicht wundern, wenn man
Juden für die Verbrechen der Israelis
verantwortlich macht. Hat nicht auch
Broders Rechtsanwalt Gelbert bekannt:
„Wir alle sind Israel“?
Wenn man
Zahlen und Fakten zu palästinensischen
Flüchtlingen, die von der
Deutsch-Palästinensischen-Gesellschaft
kommen, als unseriös betrachtet und
selbstgerecht fragt, ob es „keine
anderen seriösen Quellen“ gäbe, dann
disqualifiziert man sich selbst. Man
diffamiert das Palästina Portal von
Erhard Arendt als
„pro-palästinensisches“ Portal ohne zu
prüfen, ob es sachliche und wahre
Berichte bringt und wirft Arendt vor, er
würde Israels Verhalten als „Böse,
einfach böse, sadistisch böse“
bezeichnen. Dabei hat der bekannte
„seriöse“ israelische Publizist Gideon
Levy, dessen Text Arndt veröffentlichte,
in der bekannten „seriösen“ Tageszeitung
Haaretz just diese Tage einen Artikel
veröffentlicht mit dem Titel: „Israel is
an Evil State“. Er schreibt
am 31.
Juli 2016 in Haaretz: „Israel mag nicht
Nazi sein, nicht einmal ein
faschistischer Staat. Dennoch ist es
Mitglied derselben schrecklichen
Familie, die Familie der bösen Staaten.
Nachdem wir von Nationalismus und
Rassismus, Hass auf Araber und
Geringschätzung ihres Lebens, vom Kult
der Sicherheit und die Ablehnung der
Besatzung und der messianischen
Aufopferung gesprochen haben, muss man
noch eine Komponente erwähnen, ohne die
man das Regime der israelischen
Besatzung nicht erklären kann: das Böse.
Das „lupenreine“ Böse, das sadistische
Böse, das Böse schlechthin. Manchmal ist
es die einzige Erklärung.“ Und ein Tag
vorher konnte man im Leitartikel der
Redaktion lesen: „Der Rassismus
korrumpiert uns!“
Pommrenke
hat dazu aber nichts anderes zu sagen
als: „Es ist der Duktus der Verleumdung
und der Duktus des radikalen Fanatismus,
der keine Differenzen kennt.“ Dabei hat
Gideon Levy sehr wohl differenziert,
Philosemiten wie Pommrenke wissen aber
nicht zu differenzieren. Sie lieben
Israel, sie lieben die Juden, aber es
ist eine blinde Liebe, die die Fehler
des Geliebten nicht einsehen will. Man
will nichts von der „Israel-Lobby“
wissen und versucht die Behauptung „die
Juden sind mächtig und können alle
anderen mit der Antisemitismuskeule zum
Schweigen bringen“ als Antisemitismus
hinzustellen. Dabei stimmt diese Aussage
nur in einem Wort nicht. Es sind nicht
die „Juden“, sondern die Israelis. Wie
kommt es sonst, dass der israelische
Journalist Benjamin Weinthal, der
möglicherweise gar kein Journalist ist,
sondern ein Agent der israelischen
Propaganda, wissen konnte, dass die
Commerzbank mein Konto gekündigt hatte,
noch bevor ich es wusste. Er schrieb mir
am 8. Juni 2016 um 18:43: Shalom Herr
Melzer, mein Name ist Benjamin Weinthal.
Ich bin der Europa-Korrespondent der
Jerusalem Post, Israels größter
englischsprachiger Zeitung. Ich habe
eine Frage; trifft es zu, dass Ihr Konto
bei der Commerzbank geschlossen wurde?
Am 9. Juli 2016 schrieb er: Mit welcher
Begründung hat die Commerzbank Ihr Konto
gekündigt? Und am 4. August 2016
steigerte er sein unzumutbares Drängen
in ein inquisitorisches Fordern:; Können
Sie mir bitte das Schreiben bezüglich
der Schließung Ihres Commerzbank-Kontos
zusenden?
Mir ist
bis heute noch keine Begründung der
Commerzbank zugegangen und ich frage
mich, ob das nicht ein Fall für die
Staatsanwaltschaft sei.
Pommrenke
wirft aber dem Bremer Journalisten Arn
Strohmeyer Antisemitismus vor, weil er
„ohne Kenntnis der Sachlage“ geschrieben
hatte: „Man kennt das inquisitorische
Vorgehensmuster der Zionisten und der
Israel-Lobby seit Jahren: jeden Hauch
von Kritik an der israelischen Politik
…mit dem Totschlagargument des
Antisemitismus-Vorwurfes zu
unterbinden.“ Wenn man freilich schon so
lange dabei ist, wie Arn Strohmeyer oder
wie ich, dann kennt man den „langen Arm
der Israelis“. Wenn man aber keine
Ahnung hat, wie Pommrenke, dann kann man
auch Evelyn Hecht-Galinski vorwerfen,
sie würde „ohne jegliche Kenntnis der
Sachlage auf dem dezidiert
„antizionistischen“ Onlineportal NRZ
kommentieren. Warum das NRZ-Portal
„antizionistisch“ ist kann und will
Pommrenke nicht erklären. Warum auch? Es
reicht wenn er es behauptet. Ich bin
kein Freund von EHG, aber ihr
vorzuwerfen, sie hätte keine Kenntnis
der Sachlage, ist nicht nur naiv,
sondern auch dumm.
Pommrenke
bejammert die Tatsache, dass es in der
Welt „der Arendt, Strohmeyers und
Hecht-Galinskis“ keine Antisemiten mehr
gibt. Da kann er aber einige hundert und
tausend weitere Namen hinzufügen, von
prominenten und weniger prominenten
Kritiker der Israelischen Politik wie
Uri Avnery, Gideon Levy, Amira Hass,
Alan Hart, Noam Chomsky und, und, und.
Es mag sein, dass es noch hier und da
Antisemiten gibt, aber die sind mir und
uns allen egal.
Beleidigend und ein Fall für die
Staatsanwaltschaft oder zumindest für
den Presserat wird Pommernke, wenn er
Arn Stromeyer „Küchenpsychologie“
vorwirft und behauptet, der konkrete
Fall der HAWK sei ihm egal, ebenso wie
ihm das Schicksal von Köhler vollkommen
egal ist. „Ihm geht es ausschließlich
darum, einen neuen Anhänger zu haben, um
seine antiisraelischen und
antisemitischen Vorstellungen an seine
Leserschaft zu bringen.“ Mir kommt das
aber auch sehr „küchenpsychologisch“
vor, ganz abgesehen davon, dass es
einige Paragrafen des Strafgesetzbuches
erfüllt. Dabei bin ich der Meinung, dass
es genau umgekehrt ist, der Israel-Lobby
ist die HAWK und alle Beteiligten
vollkommen gleichgültig und sie benutzen
den Fall, so ähnlich wie Erdogan den
„angeblichen“ Militärputsch benutzt hat:
Ein Geschenk Gottes.
Pommrenke
meint, dass die Israelis und nicht die
Palästinenser in diesem Konflikt die
wirklichen Opfer sind. Dabei hat doch
der Zionist und selbst ernannte
Reaktionär Henryk M. Broder gesagt: „Die
Israelis sind Täter – und Täter sein
macht Spaß“. Es geht also nicht, wie
Pommernke meint, „um die Deutungshoheit,
wer Opfer und wer Täter“ ist. Das ist
schon allein angesichts der Zahl der
palästinensischen Opfer und der
Tatsache, dass sie ihre Heimat verloren
haben, absolut klar und deutlich und
wird von vielen Israelis zugegeben. 1952
hat der damalige Außenminister Moshe
Sharett anlässlich einer Debatte über
die Wiedergutmachung in der Knesset,
gesagt, dass wenn man genügend Geld von
den Deutschen bekommen würde, man auch
die Palästinenser entschädigen würde. So
spricht kein Opfer.
Pommrenke
spricht immer wieder von „einseitige
antiisraelische Propaganda, die nicht
selten in überraschend plumpen
Antisemitismus daher kommt.“ Er vergisst
aber immer wieder zu verraten wie er das
erkennt und wodurch sich seiner Meinung
nach „plumper Antisemitismus“ ausdrückt.
Er behauptet immer wieder „das Seminar
verwende Material, dass ausschließlich
dem Zwecke dient, Israel und häufig auch
verallgemeinernd „die Juden“ zu
dämonisieren und Israel zu
delegitimieren“. Konkret nennt er aber
keine Beispiele. Er fragt scheinheilig
„Wie sieht es mit den Menschenrechten in
den von den Hamas kontrollierten
Gebieten aus?“ Dabei vergisst er zu
erwähnen, dass alle von der Hamas
kontrollierten Gebiete ihrerseits von
den Israelis kontrolliert werden. Sind
denn in einem Gefängnis die Gefangenen
für die schlechten Zustände
verantwortlich, oder die Wärter?
Pommrenke
behauptet, dass die gesamte
Materialauswahl zum Seminar an der HAWK
darauf abzielt, Gefühle gegen Juden zu
schüren. Gegen Juden? Nicht gegen
Israelis? Dabei schreibt er einige
Seiten weiter: „Es sollte also nicht
darum gehen, den Involvierten der HAWK
Antisemitismus vorzuwerfen.“ Worum
sollte es dann sonst gehen? Um Israel?
Es ist
schon erstaunlich wie sehr Israel und
seine zionistische Regierung die
Stimmung an deutschen und auch
US-amerikanischen und anderen
Hochschulen fürchten, mehr noch als alle
arabischen Armeen zusammen. Warum
fürchtet Israel den BDS-Boykott mehr als
die iranische Atombombe (die es noch gar
nicht gibt)? Ja, Israel fürchtet
delegitimiert zu werden und tut aber
alles damit es passiert. Israel
behauptet die moralischste Armee der
Welt zu haben und will nicht sehen, dass
seine Armee genauso Kriegsverbrechen
begeht, wie jede andere Armee auch.
Israel will, wie es der biblische
Prophet Jesaja gefordert hat, „ein Licht
für die Völker“ sein, aber es ist nur
ein Waffenhändler geworden, der die
jüdische Ethik und Moral mit
Militärstiefel zertritt.
Das tut
weh und man will es nicht wahrhaben,
andererseits will man aber auch die
„süßen Früchte“ der diversen Siege
behalten, ein anderes Volk weiter
unterdrücken und sein Land rauben. Man
verhandelt über Rückgabe bis es nichts
mehr zurückzugeben gibt. Man verhandelt
über die Verteilung einer Pizza, wie es
Uri Avnery beschrieben hat, und isst
währenddessen die gesamte Pizza auf. Es
gibt schon lange nichts mehr, worüber
Israelis und Palästinenser verhandeln
könnten, aber man tut immer noch so als
ob. Israels rechtsradikaler früherer
Außenminister Avigdor Lieberman sagte:
„Ich bin bereit noch 100 Jahre zu
verhandeln, Haupsache es kommt nichts
dabei heraus.“
Man
ignoriert Kritik und behauptet, wie es
Pommrenke macht, „Der extreme
Anti-Israelismus, der heute die
vorherrschende Meinung für
antisemitische Vorurteilsbekundungen
ist, hat nichts mit Israel-Kritik
gemein. Anti-Israelismus ist eine
feindselige Einstellung gegenüber dem
jüdischen Staat und einfach nur
destruktiv.“ Anti-Israelismus würde
teils nur antisemitische Bilder
vermitteln. „Klassisch könnte man auch
sagen, hier werden die „Gerüchte über
Juden“ gestreut.
Primitiver
und absurder geht es nicht mehr. Als ob
die Kritik an Israels Politik
unbegründet und nur ein „Gerücht“ wäre.
Als ob man ein Antisemit sein muss, um
Israels Kriegsverbrechen zu verurteilen.
Die israelische Bewegung „Breaking the
Silence“ wird vom Staat diffamiert und
dabei gehören dieser Bewegung inzwischen
Tausende israelischer Soldaten. Von
allen anderen Organisation ganz zu
schweigen, die heute in Israel einen
sehr schweren Stand haben, weil sie
nichts anderes tun, als Unrecht zu
bekämpfen, weil sie nichts anderes tun,
als über Unrecht zu reden. Ich wünschte
die Zionisten und Philosemiten in
Deutschland würden es auch tun.
Besonders
peinlich und man kann fast sagen
widerlich wird Pommrenke, wenn er von
der „deutschen Kontinuität“ schreibt. Er
beklagt, dass es „einen latenten
Antisemitismus gibt, der hier seinen
Ausdruck im israelbezogenen
Antisemitismus findet, getarnt als
Israelkritik“. Wie es sich ausdrückt
kann er freilich nicht beschreiben und
richtet sich nach Henryk M. Broder, dem
Urvater aller zionistische Polemiker -
Warum sachlich, wenn es auch persönlich
geht. Kritik an Israels Kriegsverbrechen
ist halt antisemitisch: Weshalb?
Deshalb! Man behauptet, dass Israel
Ungerechtigkeiten „vermeintlich“
repräsentiert. Die mehr als 2000 Tote in
Gaza waren nur „vermeintlich“ und zählen
tun nur die 14 israelischen Toten, die
in diesem Massaker gefallen sind. Die
500 Kinder, die 2014 getötet wurden,
übergeht man.
Man
jammert darüber, dass der Zentralrat der
Juden, die Journalisten, die sich pro
Israel positionieren und in diesem Fall
Rebecca Seidler und viele anderen mit
Beleidigungen und Drohungen überzogen
werden. Dass aber Kritiker Israels seit
Jahrzehnten mit Drohungen, Beleidigungen
und Diffamierungen überzogen werden wird
verschwiegen. Dabei ist doch die
Behauptung man sei Antisemit eine der
schlimmsten, gefährlichsten und
existenzbedrohendsten Drohungen, die es
seit Jahren gibt. Am Ende steht der
Vernichtungswunsch, dessen sollte man
sich bewusst sein, wenn man
Antisemitismusvorwürfe erhebt. Und wenn
es einen am Ende doch trifft, dann war
er selber schuld. Existierende Fälle
sprechen für sich. So behauptet Sascha
Pommernke dass das kritisierte Seminar
für den Konflikt an der HAWK die Schuld
trägt, weil es, wie kann man es nicht
sehen, antisemitisch sei.
Rosa
Luxemburg, die tapfere Jüdin, sagte:
„Freiheit ist immer auch die Freiheit
des anders denkenden.“ Unser
Grundgesetzt erlaubt uns anderer Meinung
als der Zentralrat der Juden zu sein
oder als die offizielle israelische
Hasbara. Wir dürfen auch Netanjahus
Meinung widersprechen und die
Palästinenser dürfen ihre Version der
Nakba verbreiten. Wenn es den Zionisten
nicht Passt, dann dürfen sie ihre eigene
Ausstellung machen und dort ihre
Propaganda und ihre Lügen verbreiten.
Keiner wird sie daran hindern.
Und
deshalb dürfen wir hoffen und fordern,
dass auch wir unsere Auffassung frei,
unzensiert und ohne Drohungen und
Diffamierungen verbreiten dürfen, auch
wenn manches nicht wahr sein sollte. Wir
erwarten, dass man dann auf falsche,
unwahre Behauptungen aufmerksam gemacht
wird, ohne dass man gleich eine
Ausstellung schließt oder ein Seminar
suspendiert.
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