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„ L e i p z i g h a t
e in e n B o n u s.…”
27.1.2012 - Christel Hartinger für
„Leipzigs Neue“ im Gespräch mit Felicia Langer
anlässlich
ihrer Veranstaltung „ Um Hoffnung kämpfen- Der lange Weg zum Frieden
in Nahost“ Donnerstag, den 26.Januar 2012, in der Ratstonne
der Moritzbastei
L N :
Felicia Langer, Sie Sind Augen- und Zeitzeugin der
seit 1967 andauernden israelischen Besatzung Palästinas, des immer
wieder begonnenen und immer wieder durch Israels Politik
abgebrochenen Prozesses um gerechten Frieden. Was ist Ihrer Meinung
nach gegenwärtig möglich und nötig?
F L :
Man muss Druck gegen Israel ausüben, weil das
Schweigen tötet. Völkerrechtlich haben die Palästinenser das Recht
auf Selbstbestimmung und deshalb ist der Druck gerechtfertigt
und legitim! Die internationale Solidarität, die es ja gibt, ist
auch weiterhin unbedingt nötig und muss wachsen. Die Palästinenser,
ein heroisches Volk, die die längste Besatzung in der neueren
Geschichte leben müssen, haben diese Solidarität verdient.
L N :
Immer wieder- so sagen und schreiben Sie- teilen
Ihnen Deutsche mit, dass es für sie angesichts der Geschichte des
Holocaust sehr schwierig sei, Israels Politik zu kritisieren und zu
verurteilen. Was entgegen Sie?
F L :
Erstens- Menschen- und Völkerrechte sind universell
und haben überall Geltung. Und zweitens- die Deutschen haben
schon einmal geschwiegen, wenn auch in anderer Zeit und anderen
Umständen. Schweigen a n g e s i c h t s von Unrecht hat
immer einen Beigeschmack von Mit-Täterschaft. Die O p f e r von
gestern haben kein Recht, die T ä t e r von heute zu sein. Was
leider geschieht. Die Deutschen sollen, gerade wegen ihrer
Vergangenheit, sich überall dort einmischen, wo völkerrechtlich
Unrecht geschieht. Das ist
kein Antisemitismus, sondern eine
Unterstützung der israelischen Friedensbewegung, die es gibt, die
aber in der Regel in den Medien ausgegrenzt bleibt...
L N :
Für Ihre langjährige Verteidigung palästinensischer
Rechte auf ihren Boden, ihre Häuser und Brunnen, ihre Olivenbäume
als Juristin bis 1990 und für die Fortsetzung Ihres Kampfes nach der
Protestschließung Ihrer Jerusalemer Kanzlei 1990 als Autorin und
Publizistin erhielten Sie internationale Anerkennung u.a. durch den
Alternativen Nobelpreis und das Bundesverdienst- kreuz. Unlängst
erfuhren Sie in Berlin eine weitere hohe Ehrung.?
F L :
Ich konnte am 17. Januar dieses Jahres den
palästinensischen Orden für besondere Verdienste aus der Hand von
Präsident Mahmoud Abbas entgegennehmen. Ich bin tief bewegt von
dieser wundervollen und inspirierenden Ehrung, die ich dankbar
annahm. Und ich bin sehrglücklich, durch sie in einer Ära der
arabischen Revolutionen ausgezeichnet worden zu sein, trotz all
ihrer Schwierigkeiten und Rückschläge. Dieser gesegnete Wind der
Veränderung wird die Palästinenser nicht vergessen. Wir stehen noch
am Anfang. Und wir stehen auch am Beginn der palästinensischen
Einheit. Das ist meine Hoffnung...
LN :
Felicia Langer, Sie haben schon wiederholt in Leipzig
gelesen, gesprochen, gestritten, in der Stadtbibliothek, im Erich-
Zeigner- Haus, im Werk II. Genießt unsere Stadt einen besonderen
Bonus?
F L :
Ich kann wohl sagen- ja. In Ostdeutschland, Sachsen,
in der Leipziger Region müssen neonazistische,
antisemitische, ausländerfeindliche Gesinnungen und
Gewalttaten , sicher auch im Zusammenhang stehend mit
gegenwärtigen sozialen Verwerfungen , entschieden abgewehrt werden,
ich glaube, ich kann dazu einen spezifischen Beitrag geben. Außerdem
ist in diesem Bonus die Interviewerin eingeschlossen, die mich seit
Jahren unterstützt und - bin ich hier- umsichtig betreut.
Leipzig, 27.1.2012
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