Vom 26.
bis 28. November 2010 fand in Stuttgart unter
dem Titel "Getrennte Vergangenheit –
Gemeinsame Zukunft: Hindernisse und
Perspektiven für eine gerechte Lösung"
die Palästina-Solidaritätskonferenz
statt.
Im Vorfeld habe ich diese Konferenz
beworben, hab Videos und Reden
veröffentlicht. Meine Seiten sind für
jeden sinnvollen Gedanken offen, so auch
die unterschiedlichen Lösungen der
Staatenbildung.
Nachträglich wurde ein Schlussdokument veröffentlicht. Um
dieses Schlussdokument herum entstand eine - ausartende,
dogmatische, sektiererhafte - Diskussion über Die
Ein-Staaten Lösung, die Zwei-Staaten Lösung. Man glaubte,
die Ein Staaten Lösung erfunden zu haben und dass einzig sie
eine Lösung des Nahostkonflikts bieten würde.
Meinen
Widerspruch erregte dieses Schlussdokument und nachträgliche
Veröffentlichungen weil Nichtbefürworter der
Einstaatenlösung, die, die sich nicht eindeutig festlegen
wollten als angebliche Experten disqualifiziert wurden und
üble, unsolidarische Angriffe stattfanden.
Das von den Verfassern
und den Unterzeichnern erklärte
Einvernehmen über die Forderung einer
Einstaatenlösung:
"Am Ende der Diskussion bestand weit
gehendes Einvernehmen darüber, dass nur
die Schaffung eines gemeinsamen,
säkularen und demokratischen Staates auf
dem historischen Palästina mit gleichen
Rechten für alle Frieden und
Gerechtigkeit für PalästinenserInnen und
Israelis bringen kann - ein Staat, in
dem alle Menschen, gleich welcher
Religion und Herkunft, gleichberechtigt
zusammenleben."
und das ablehnen der
Zweistaatenlösung:
"Die große Mehrheit
stellte fest, dass das dogmatische
Festhalten an der Zwei-Staaten-Lösung
die tatsächlichen Realitäten ignoriert
und von einer falschen Parität zwischen
einer kolonialisierten und besetzten
Bevölkerung auf der einen Seite und
einem Kolonialstaat mit seiner
militärischen Übermacht auf der anderen
Seite ausgeht." weiter: "Die
Zwei-Staaten-Lösung kann zu nichts
anderem führen als der Vertiefung und
Zementierung der Ungleichheit."
führte zu einer
Diskussion die nachfolgend -
auszugsweise - dokumentiert wird. Die
Diskussion entstand nicht unbedingt
durch den Gegensatz, ja oder nein zur
Ein - Staaten - Lösungen oder zur Zwei -
Staaten- Lösung.
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Als
in den anfänglichen Diskussionstexten
anerkannte Experten, weil sie nicht
einseitig einer Ein-Staat Lösung
vertreten wollten, diffamiert wurden,
man sie „Experten“ in Anführungszeichen,
Dogmatiker nannte, weckte das zunehmend
meinen Widerspruch.
Das vorher nicht bekannte
Auftreten von Gilad Atzmon wurdekritisiert.
Die Möglichkeit einer
Ein-Staat-Lösung war mir ist anderen schon vorher
bekannt gewesen . Ob Vision oder Utopie, es gibt
einen breiten, unterstützenswerten und
zu akzeptierenden Spielraum. So lehne
ich nicht die Ein-Staat-Lösung ab, sehe sie aber auch
nicht als einzigen Lösungsweg an.
Ich werde auch
weiterhin „gute“ Gedanken dazu, auch zur
Zwei-Staaten-Lösung, zu jeder nur
möglichen Lösungsmöglichkeit
veröffentlichen. Nicht ich, nicht wir
sind letztlich die Akteure, die
entscheiden können, müssen..
Vertreter einer auch
möglichen Zwei-Staaten Lösung als
Dogmatiker zu bezeichnen, sie zu
angeblichen "Experten" in
Anführungszeichen zu degradieren
hat mich persönlich betroffen gemacht.
Dies hat, wie sich zeigte, zu einer
sinnlosen Spaltung geführt.
Ich habe von Beginn an die Stuttgarter
Konferenz unterstützt, habe viele
guten Reden als Videos veröffentlich,
habe kommentarlos die Schlusserklärung
veröffentlicht.
Diese
Schlusserklärung sehe ich nun mehr und
mehr getrennt von der begrüßenswerten
Konferenz. Ich kann sie so nicht
akzeptieren. Kann nicht akzeptieren wie
engstirnig, unsolidarisch und dogmatisch
hier gehandelt wird.
In ihr tauchen
Formulierungen auf, die spaltend wirken.
Sie disqualifizieren unfair und
unqualifiziert andere
Lösungsmöglichkeiten und deren
Vertreter, sie polarisieren nicht nur
sondern wie sie in den letzten Tagen
vertreten wurden, spalten sie.
Folgende
Beispiele aus der
kritisierenswerten Stuttgarter
Schlusserklärung sind für mich
einseitig, umgekehrt dogmatisch und
kritisierenswert:
„dass das
dogmatische Festhalten
an der Zwei-Staaten-Lösung die
tatsächlichen Realitäten ignoriert“
„Dies propagiert
fälschlicherweise
die Möglichkeit einen Frieden zu
erreichen“
„Das Festhalten an der
Zwei-Staaten-Lösung verurteilt die
PalästinenserInnen mit israelischer
Staatsangehörigkeit dazu, als Bürger
zweiter Klasse in ihrem angestammten
Land zu leben“
„Die
Zwei-Staaten-Lösung kann zu nichts
anderem führen als der Vertiefung und
Zementierung der Ungleichheit.“
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Schon kurz nach
der Veröffentlichung der
Schlusserklärung schrieb Frau Dr.
Viktoria Waltz:
„Dies bringt eine
zusätzliche Spaltung der Bewegung und
ist Bevormundung sowohl des
palästinensischen Widerstands als auch
der Solidaritätbewegung und das finde
ich nahezu kriminell“.
Eine andere
Aktivistin schrieb schon bevor die
endgültige Schlusserklärung
veröffentlich wurde warnend:
„Ich plädiere ganz
nachdrücklich für einen unaufgeregten
Umgang miteinander.
Wir haben doch eigentlich genug damit zu
tun, über die Politik Israels entsetzt
zu sein, nun ziehen wir es vor,
gegenseitig über uns selbst entsetzt zu
sein. Das wird unsere politischen Gegner
freuen. Schade, aber es muss doch
irgendwie anders gehen.“
Die derzeitige
Entwicklung, die immer mehr eskaliert,
zeigt, wie recht sie hatten….
Nun ist das, was
auch ich befürchtete, eingetreten. Es
gibt eine mehr als unnötige von
bestimmten Personen zunehmend bösartig
betriebene Spaltung innerhalb unserer
Solidaritätsbewegung. Sie war teilweise
mehr oder weniger in einem
erschreckenden privaten Emailwechsel
erkennbar. Einzelne versuchen sich
auf Kosten der Solidarität, auf Kosten
anderer zu profilieren.
Immer deutlicher
erkennbar waren auch spalterische
persönliche Angriffe. Mittlerweile kann
man sie nicht mehr als nicht
beabsichtigt endschuldigen.
Diese wurden nun mehr
und mehr entstellend in die
Öffentlichkeit getragen. Das bewegt auch
mich dazu Stellung zu nehmen.
Ich hatte in den genannten Grenzen
beiden Seiten NEUTRAL eine öffentliche
Plattform geboten.
Eine schon immer
existierende „Spielregel“ meiner Seiten
ist es aber, dass ich Texte, in denen
andersdenkende Friedensaktivisten,
Positionen delegitimiert, verunglimpft
und beleidigt werden, nicht akzeptiere
und veröffentliche.
Als in den
anfänglichen Diskussionstexten
anerkannte Experten, weil sie nicht
einseitig einer Ein-Staat Lösung
vertreten wollten, diffamiert wurden,
man sie „Experten“ in Anführungszeichen,
Dogmatiker nannte, weckte das zunehmend
meinen Widerspruch.
In einem aktuellen Artikel schrieb
Evelyn Hecht-Galinski spaltend:
„Vergessen wir
die „Experten“ von gestern und
lernen wir von den Betroffenen von
heute kennen. Vergessen wir die
Utopisten, halten wir uns an die
Visionäre“
Als diese
Entwicklung sich andeutete, habe ich
noch – ohne zu werten - einzig und
allein an diesem Punkt Einspruch erhoben
und gesagt, dass ich Texte, in denen
Mitglieder des Netzwerks, nur weil sie
andere Meinungen vertreten,
delegitimiert werden, nicht
veröffentlichen werde.
Hier warf mir dann z.
B. Frau Evelyn Hecht-Galinski unter
anderem vor: „Schade, dass Du mit
zweierlei Maß misst.“
Sie wusste aber, dass
ich auch zu anderen Zeiten, ohne
angeblich mit „ zweierlei Maß“ zu
messen auch Veröffentlichungen
verweigert habe. Meine Grundregeln
ist schon immer VERBINDEN STATT
SPALTEN gewesen. Das sah ich alles als
Diskussion unter Freunden.
Die Verfasser
des Textes hatten auch die strittigen
Formulierungen entfernt, und ich schrieb
Frau Evelyn Hecht-Galinski , dass die
Angelegenheit längst geklärt ist, und
ich deswegen natürlich den Text nun
veröffentlicht hätte.
Auf Umwegen
erfuhr ich dann zu meiner Verwunderung -
ohne dass ich vorher davon Kenntnis
hatte - dass Frau Evelyn Hecht-Galinski
nun an einem scheinbar größeren Kreis
Emails verteilt, in denen sie
verbreitet:
„Ab sofort
schreibe ich nicht mehr für das
Palästina Portal.“
Evelyn
Hecht-Galinski wußte, dass ich
extremistische
Positionen
ablehne und deswegen seit Jahren z.
B. keine Texte mehr von
Gilad Atzmon
veröffentliche.
(Siehe auch den Text von Dr. Watzal)
In ihrem neuen
Kommentar - davon musste ich mich
distanzieren - schreibt sie:
„Dieser begnadete
Jazz-Saxophonist wird von
verschiedenen „Kreisen“
verunglimpft, weil man hier noch
nicht so weit ist, sich
vorurteilsfrei mit seinen richtigen
und hoch intelligenten Thesen
auseinanderzusetzen“
Ich denke Atzmon
zu kritisieren, heißt ihn nicht zu
„verunglimpfen“. Wir sind noch nicht
alle gleichgeschaltet. Manch seiner
Thesen sind ganz und gar nicht „richtig
und hoch intelligent“ und aus der
„Auseinandersetzung“ mit ihm entstand
entstand bei vielen ein sehr kritisches
Urteil.
Dazu aber mehr auf Sonderseiten über Gilad Atzmon>>>
Norman Paech
hat schon früh die Bedeutung der
Stuttgarter Erklärung auf das richtige
Maß zurückgeführt, als er schrieb:
Liebe Freundinnen und
Freunde, seit kurzem erhalte ich Mails,
die mich auffordern, die Stuttgarter
Erklärung zu unterschreiben, andere
warnen mich davor. Da ich durch den
wildwuchernden Mail-Verkehr nicht mehr
durchschaue, möchte ich noch einmal
meine Entscheidung kurz erklären, warum
ich die Stuttgarter Erklärung angesichts
dieser Diskussion nicht unterschreibe.
Wie ich schon auf der Konferenz gesagt
habe, halte ich die Ein- wie auch die
Zweistaatenlösung derzeit gleichermaßen
für unrealistisch. Israel wird das
Besatzungsregime mit all seinen
Verbrechen und Zerstörungen
weiterführen, geduldet von den USA und
den Staaten der EU. Unsere Haupt- und
dringendste Aufgabe ist es daher, diese
Besatzung, den Kern allen Übels, zu
beseitigen. Dieses haben wir vor allem
gegenüber unseren eigenen Regierungen
durchzusetzen. Dazu haben wir uns auf
die BDS-Kampagne zu konzentrieren, um
den Druck auf die israelische Regierung
zu erhöhen. Dies allein wird noch
erhebliche Aufklärungsarbeit und
Anstrengung in unserer Gesellschaft
erfordern.
Erst wenn die Besatzung aufgehoben ist,
wird sich das Problem stellen, in
welcher staatlichen Organisation Juden
und Araber in Palästina miteinander
leben wollen. Doch das ist allein ihr
Problem, welches wir jetzt nicht mit
dogmatischen Positionen zu bestimmen
haben. Wenn derzeit in der israelischen
wie palästinensischen Diskussion die
Ein- bzw. Zwei-Staaten-Lösung erwogen
wird, so haben wir ihr zunächst
aufmerksam zu folgen, mit mehr Sympathie
für die eine oder andere Lösung. Eine
Dogmatisierung eine der beiden
Positionen, wie sie in der jetzigen
Diskussion erfolgt, vermag allenfalls
die Solidarität mit den Palästinensern
zu spalten und den primären Kampf gegen
die Besatzung zu schwächen - trotz aller
Freundschaftsbekundungen. Wer der
Meinung ist, dass der Kampf gegen die
Besatzung nur auf der Basis einer der
beiden Staatslösungen richtig und
wirksam zu führen ist, sollte sich
ernsthaft fragen, ob er damit nicht
schon die Ohnmacht der Bewegung durch
ihre Spaltung hervorruft.
Ich weiß nicht, warum eine
Abschlusserklärung auf der Konferenz
versäumt worden ist. Der Versuch, sie
jetzt nachzuholen, hat sie vollkommen
verselbstständigt und ganz unabhängig
von der Konferenz zum Forum eines
allgemeinen Glaubenskrieges gemacht. Sie
ist nutzlos, da sie nicht auf der
Tagesordnung steht. Denn das offizielle
Bekenntnis zu einer Zwei-Staaten-Lösung
durch Israel, PLO, USA und EU wird durch
ihre Praxis forcierter kriegerischer
Besatzung ad absurdum geführt. Und das
Gegenbekenntnis zu einer Ein-Staaten
Lösung wird unter den Bedingungen
fortdauernder Besatzung nur noch
schärfere Apartheidsbedingungen
herbeiführen.
Ich habe nichts dagegen, wenn die
gegenwärtige Version der sog.
Stuttgarter Erklärung so in die Medien
eingeht, wie sie dort schon zitiert
wird. Aber verlangt bitte keine
Eidesleistung in Form von
Unterschriften. Sie bewegen nichts. Man
wird an ihnen höchstens später einmal
erkennen, wer nicht unterschrieben hat.
Unsere Aufgabe ist die Bewegung gegen
die völkerrechtswidrige und
unmenschliche Besatzung und dafür
brauchen wir Einigkeit. Mit
solidarischen Grüßen Norman Paech
Ergänzende Links und
Kommentare
7.1.2011 -
Abraham Melzer - (...) man
kann zu Gilad Atzmon stehen wie man will
und ich zB möchte mich nicht mit seinen
krankhaften Visionen identifizieren,
aber zu schreiben, dass seine Position
von „orthodoxen Juden“ vertreten werden
ist ganz einfach falsch. Es sind die
Ultra-Orthodoxen, die Neturei Carta
Anhänger, die schon immer gegen den
Staat Israel waren und in Israel eine
äußerst kleine Minderheit von wenigen
tausend Seelen darstellen. Sie waren
schon immer gegen den Zionismus, und mit
Recht, und haben den Staat Israel nie
anerkannt, und das aus ihrem Standpunkt
aus gesehen auch vollkommen mit Recht.
Aber Gilad Atzmon ist von diesen genauso
weit entfernt, wie er vom Zionismus
entfernt ist.
Mich stört seine Radikalität und die
Tatsache, dass er bereit zu sein scheint
ist sich mit Antisemiten und Nazis
zusammen zu tun, um sein Ziel zu
erreichen. Es ist heute auch absolut
absurd und pathologisch gegen den Staat
Israel zu sein, wo inzwischen immerhin
mehr als fünf Millionen
Nicht-Palästinenser leben. Ich und mit
mir viele andere, bin gegen die
Apartheid-Politik dieses Staates. Ich
bin für eine Einstaaten-Lösung, weil die
Zweistaaten-Lösung überhaupt nicht mehr
möglich ist, aber ich habe vollstes
Verständnis für Palästinenser, die eine
Zweistaaten-Lösung wollen, weil auch sie
ihren eigenen, rein palästinensischen
Staat haben wollen. Deshalb sollten wir
endlich diese Debatte dorthin verlegen,
wo sie hingehört, in den Mülleimer. Es
ist nicht unsere Debatte. Es ist die
Debatte der Palästinenser und wir können
und wollen es ihnen auch nicht abnehmen.
Und es ist übrigens auch die Debatte der
Israelis, denn wir können auch nicht
über deren Kopf hinweg entscheiden und
schon gar nicht Entscheidungen
durchsetzen. Also was soll das Ganze? An
wen soll diese sogenannte Resolution,
auch wenn sie inzwischen von 900
Menschen unterschrieben wurde, gesandt
werden? An Benjamin Netanjahu, damit er
sie in den Papierkorb wirf oder sich
damit seinen Hintern abwischt? Es ist
doch dumm und schwachsinnig seine
Energien in eine Debatte zu investieren,
die zu nichts führt. Absolut gar nichts.
Und deshalb sollten Leute, die Visionen
haben, zum Arzt gehen. Ben Gurion sagte
zwar, wer keine Träume hat (Visionen)
ist kein Realist, aber er meinte eben,
man muss in der Politik in erster Linie
Realist sein und erst in zweiter Linie
Träume haben. Realistisch gesehen ist
weder die Einstaaten- noch die
Zweistaaten-Lösung machbar.
Das Einzige was wir machen können, wenn
wir uns nicht lächerlich machen wollen,
ist aufklären, informieren, eine
anständige BDS Kampagne durchführen, die
nichts mit „Kauf nicht bei Juden“ gemein
haben soll und versuchen Druck auf
unsere Politiker und Medien auszuüben,
damit sie nach und nach Israel
politisch, gesellschaftlich und
ökonomisch isolieren. Und eines Tages
wird es kommen. Und wie es heute in
Israel aussieht und wie es sich dort
entwickelt, ist Israel auf dem besten
Wege sich selbst abzuschaffen und zu
delegitimieren.
Der Versuch mit allen Mitteln Leuten
dazu zu bringen eine Resolution zu
unterschreiben, die zwar sehr schön,
human und visionär ist, aber wertlos,
spaltet und provoziert. Hört deshalb auf
damit. Es reicht.
Der Kongress in Stuttgart war wunderbar
und hat uns allen viel zum Nachdenken
gegeben. Denken wir also nach und hören
wir uns zu streiten. Es gibt noch viel
zu tun. Packen wir es an. Abi
Melzer
www.dersemit.de
Zur
„Vision“ einer
Einstaatenlösung - Dr.
Ludwig Watzal
Knut Mellenthin - Streit um den Jackpot -
Anerkennung eines palästinensischen Staates
–
oder Verewigung der israelischen Besatzung
und Annektion
Stellungnahme
zum Text vom 24.12.2010 - von Dr. Ludwig
Watzal
Stuttgarter Erklärung - Viktoria
Waltz
-
An die Erklärer und
Unterschreiber, warum unterschreiben um
jeden Preis nicht gut ist
Thomas Immanuel Steinberg -
Zukunftsgemälde, mal hell, mal düster
- Statt unsere Hausaufgaben zu
machen, führen wir eine trügerische
Debatte um die Zahl der Staaten im
ehemaligen britischen Mandatsgebiet
Palästina
Abstraktes Postulat -
Debatte. Die Forderung nach einem
gemeinsamen Staat für Israelis und
Palästinenser
geht an der politischen
Realität des Nahen Ostens vorbei
- Moshe Zuckermann
Ein- oder
Zweistaatenlösung für Palästina? -
Dr. Ludwig Watzal
Wider die
Einstaatenlösung als Dogma - Dr. Ludwig
Watzal
Leserzuschriften zum kurzen
Mailwechsel - Thomas Immanuel Steinberg
+Gisela
Siebourg - Liebe
KonferenzteilnehmerInnen, auch ich
möchte mich noch einmal melden und
erklären, dass ich den heutigen Emails
von Henning, Ingrid sowie Norman Paech
zustimme - die Argumente noch ein
weiteres Mal darzulegen erübrigt sich
damit. Es tut es mir leid sagen zu
müssen, dass ich meine Unterschrift
nicht unter die Erklärung setzen kann.
An die Erklärer und
Unterschreiber, warum unterschreiben
um jeden Preis nicht gut ist:
Dr.
Viktoria
Waltz - tut mir leid, ich finde
die Angelegenheit eine dumme
Vermischung von einer!
Einstaatenlösung mit den notwendigen
Forderungen nach Einhaltung der
Beschlüsse und Menschenrechte und
des Boykotts etc. . Dies bringt
eine zusätzliche Spaltung der
Bewegung und ist Bevormundung
sowohl des palästinensischen
Widerstands als auch der
Solidaritätbewegung und das finde
ich nahezu kriminell - wo die
Bewegung sowieso schwach ist und der
Gegner so immens aktiv und stark und
sich gerade wieder neue Finanzen auf
seine Konten scheffelt um noch mehr
Propaganda für Israel machen zu
können. Ich bin echt sauer und hatte
schon ein merkwürdiges und nun
scheints richtiges Gefühl bei der
Stuttgarter Initiative, die sich
ziemlich plötzlich als nationale
Konferenz auszuwachsen schien mit
dieser Einbahnschiene - ein Coup.
Dabei hätten wir wirklich nichts
dringenderes notwendig als eine
nationale Konferenz, die die
international anerkannten Rechte als
Basis geltend macht und unseren
Machthabern vorhält. Ich kann mir
auch nicht denken, dass Ilan Pappe
damit so einverstanden sein kann,
der da im Textgemisch wie ein Zeuge
gehandelt wird, denn in München hat
er noch gesagt, welche der Lösungen
richtig ist sei nicht die zentrale
Frage und auch nicht von hier aus
entscheidbar, man kann sicher alles
diskutieren, aber sich festlegen? -
wichtig sei,, dass Israel seinen
Part macht, zurückgeht auf vor 67,
die eigene Verantwortung an der
Nakba und das dadurch geschaffene
Flüchtlingsproblem anerkennt und
erst dann auf gleicher Augenhöhe
verhandeln kann... Ich kann mir
nicht vorstellen, dass Pappe jetzt
nur die Einstaatenlösung propagiert
hätte. Wer ist da denn wirklich
dahinter? Fraktionen? Das ist doch
tödlich. So viel Erfahrung dürften
Linke doch inzwischen haben, dass
sowas nur den Gegnern in die Hände
spielt.
Es wäre nicht schlecht gewesen, wenn
mehr Palästina-Freundinnen und
Freunde und die Linke Presse sich
Finkelstein in Berlin angehört
hätten - ein sachlicher Aufruf, sich
auf die Menschenrechtsverletzungen
Israels zu konzentrieren und deren
Einhaltung gegenüber den Regierenden
und Regierten ins Zentrum der
Forderungen und Beweismaterialien zu
rücken - Meinungen und Wünsche
und wie auch immer berechtigte
moralische Zurechtweisungen der
Palästinensischen Führung und aller
anderen bringen es nicht. Aber alle
wollen ja gern unterschrieben, weil
ja auch Richtiges drinsteckt - aber
es wirkt für einige andere
ausschließend und das kann sich die
Bewegung nun wirklich nicht leisten.
Gruß Viktoria Waltz
17.12.2010 13:37 - eMail von Paul
Grasse
Liebe Stuttgarter Soli-Aktivisten,
liebe GenossInnen, liebe Freunde,
Ich hatte mich schon einmal kurz
geäußert, als Ihr angefangen habt,
das Papier zu diskutieren. Richtig
finde ich, dass diese Konferenz
einen Abschluss gebraucht hätte.
Allerdings kann man so etwas nicht
nachholen und vor allem nicht
nachholend legitimieren. Ich will
sagen, dass eine Resolution auf dem
jeweiligen Event besprochen werden
muss und nicht im Nachhinein von
einigen verfasst werden kann.
Nun war die Konferenz derart
strukturiert, dass eine wirkliche
Debatte um die heißen Punkte (BDS,
Right of Return, one state) im
Publikum nicht geführt werden
konnte. Das ist kein Problem, ist
nur eben nicht mit einer
Entscheidungsfindung vereinbar.
Gezeigt hat sich das im allerletzten
Podium, wo dann erstmals eine
Debatte im Publikum durchgesetzt
werden konnte. Der scheinbare
Konsens, der beide Tage vorher
geherrscht hatte, brach hier sofort
auf. Das Papier gibt aber trotzdem
den scheinbaren Konsens wieder, der
auf den meisten Podien der Konfrenz
tatsächlich geherrscht haben mag,
aber nicht im Publikum.
Ich finde die inhaltlichen Ansagen
in dem Papier durchaus richtig. Ich
finde aber nicht, dass diese
ziemlich fortgeschrittenen Punkte
zur Voraussetzung eines
solidarischen Engagements gemacht
werden dürfen. Das wird der
Solibewegung eher schaden als
nützen.
Es gibt nun einmal für die nötigen
politischen Debatten keine
Abkürzung. Es ist meiner
Einschätzung nach nicht möglich, das
Ziel der Ausweitung der Solibewegung
v.a. auf Gewerkschaften mit dieser
Plattform zu erreichen, die Latte
ist schlicht zu hoch.
Einen gravierenden Fehler war finde ich
die prominente Erwähnung von Atzmon.
[Anmerkung: Gilad Atzmon wird
eingangs aufgeführt wie alle anderen
Akteure auch] Ich finde zwar nicht,
dass er ein Rassist ist, das möchte
ich vorweg schicken. Seine
"Radikalität" und die
kulturalistischen Ansätze sowie die
in Deutschland doch recht schräge
Relativierung des deutschen
gegenüber dem israelischen
Militarismus (israelisch schlimmer,
weil Demokratie) würde ich auf
seinen biographischen Hintergrund
zurück führen.
Von Marx kennen wir eine ähnliche
Vermischung von materieller und
Kulturkritik in Hinsicht auf das
Judentum. Er ist kein Antisemit und
kein Rassist, richtig, solche
Debatten um die tieferen
theologischen Eigenheiten des
Judentums können auch gern unter
jüdischen oder säkularen Theologen
oder Religionswissenschaftlern
geführt werden. Aber es ist wenig
zielweisend, Menschen, die vom
Judentum sehr wenig wissen, damit zu
konfrontieren, dass das Judentum
keinen Frieden kenne etc.
Das ist im Effekt eine totale
Verkürzung und schneidet den Weg ab,
als Solidaritätsbewegung gemeinsam
mit religiösen Juden zu arbeiten.
Rassismus ist immer die Spaltung der
Unterdrückten durch die
Herrschenden, das ist nicht Atzmons
Geschäft. Aber dennoch ist der
Hintergrund des Zionismus
Imperialismus und nicht die jüdische
Religion.
Nicht jeder teilt die Analyse von
Funktion und Praxis des Rassismus.
Deshalb dient die Erwähnung von
Atzmon unseren Gegnern und lädt sie
zur Instrumentalisierung des
vermeintlich "antisemitischen" Gilad
Atzmon ein. Ich finde einfach,
dass das nicht nötig.
Effektiv denke ich und sehe mich da
mit Inge Höger und auch Annette
Groth einig, dass es am Besten ist,
wenn ich und auch andere Linke (ich
weiß, es haben auch schon Linke
unterschrieben, das können die
individuell entscheiden) das so
nicht unterzeichnen.
Gleichzeitig bin ich aber auch
dagegen, sich zu distanzieren. Meine
Empfehlung an Aktivistinenn, mit
denen ich spreche, ist, sich
sozusagen "verhalten" zu verhalten,
also gar nicht.
Dessen unbenommen danke ich Euch für
die hervorragende Konferenz und
hoffe, dass sie ein Auftakt und kein
Schlusspunkt zu einer besseren,
stärkeren, breiteren
Palästina-Soliarbeit in Deutschland
sein wird. Mit solidarischen Grüßen,
Paul Grasse
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