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Der Ruf nach einer erträglichen Zukunft

 Rela Mazali, New Profile, 25.6.10

 

Was ist zu tun, wenn das Land, in dem ich lebe, total seinen Kompass verloren hat?  Total seine Scham verliert?  Was ist zu tun, wenn das Regime, das meine Steuern einsammelt, sie dazu benützt, sein High-tech-Militär , das  bis an die Zähne bewaffnet ist, gegen (Friedens)Aktivisten einsetzt, die gegen die kriminelle Belagerung ( des Gazastreifens)  segeln? Wenn Politiker dieses Landes Soldaten autorisieren, in eine ans Schiffsdeck gebundene Menge zu schießen, um zu töten? Und dann sagen sie mir, sie würden mich schützen. Was ist zu tun, wenn die Regierungen der Welt so sehr darin verwickelt sind, um dieses Regime, dieses Land verantwortlich zu machen?

Ich habe eine Regierung nach der anderen in Israel beobachtet, wie sie  sich selbst als respektables, normales Mitglied im Klub entwickelter Länder präsentiert: offen, kulturviert und liberal. Vor kurzem begann Israel eine größere  Kampagne, die die Vielfalt, den Reichtum, die Kreativität betont, um die Aufmerksamkeit von seiner  kriegerischen Haltung abzulenken. Israels Führung ist sehr darum bemüht, ihr positives Image zu bewahren.

Ich habe  die besonderen Privilegien zur Kenntnis genommen, die immer wieder unter dem Vorwand dieses Image gewährt wurden. Die USA gewährt Israel jedes Jahr Milliarden für die „Verteidigung“ in Form von Flugzeugen, Raketen, Kanonen und Munition. Erst im Mai dieses Jahres  gewährte die Organisation der sog. entwickelten Länder (OECD) Israel nach Jahren israelischer Lobby-Arbeit die volle Mitgliedschaft. Israel gründet seinen Stand in solchen Klubs auf der Behauptung, eine Demokratie zu sein.

 

Es wird Zeit für uns alle, an dieser Behauptung festzuhalten. Verantwortlich. Nicht nur Privileg-fähig.  Boykott, Divestment und Sanktionen (BDS), um  die Besatzung zu beenden -   reiße Israels Maske des „Business as usual“  weg .

 

Jeder/jede von uns, jeder/jede von euch kann bei BDS mitmachen und als ein  sich sorgender, verantwortlicher Bürger der Welt agieren, um Israels 43 Jahre anhaltende Besatzung zu beenden; um die nicht  weiter annehmbare, kriminelle Belagerung des Gazastreifens zu beenden; um die rassistischen Gesetze und Taktiken innerhalb Israels zu beenden, die offen die palästinensischen Bürger Israels als Ziel haben; um die mehr als sechzig Jahre anhaltende Landenteignung des palästinensischen Volkes zu beenden.

 

Innerhalb Israels fängt BDS zu wirken an. Es wirkt dort, wo jahrelang andere zivilgesell-schaftliche Strategien viel zu wenig erreicht haben. Nach sehr langer Zeit endlich horchen Israelis um mich herum auf und  bemerken, dass es da noch immer eine Besatzung gibt - seit 43 Jahren, eine Besatzung „dort drüben“ jenseits ihres „normalen Lebens und jenseits der selbst-aufrecht erhaltenen „existentiellen Bedrohung“. Sie bemerken, dass Millionen in aller Welt glauben, dass  „gewöhnliche“ Israelis – persönlich und kollektiv -  etwas mit der Besatzung zu tun haben. Sie bemerken, dass  sich dies als zu teuer herausstellt.

 

Seit Wochen haben Dutzende von Artikeln in den israelischen Medien über die Entwicklung von BDS berichtet und über ihre Chancen und Folgen spekuliert. Das israelische Kabinett beschäftigte sich kürzlich mit dem Boykott der Siedlungswaren durch die palästinensischen Behörden. Im Mai warnte ein Havard-Professor auf einer Tel Aviver Universitätskonferenz vor der ernsten strategischen Bedrohung von Israels schwindender Legitimität. Während  er den  Bericht ( ??) des Landes ignorierte, verbuchte er  die schwindende Legitimität auf Grund der BDS und  gab einzelnen Aktivisten die Schuld, die Verräter seien, wie er tatsächlich sagte. BDS-Aktivisten erhalten regelmäßig verdeckte und weniger verdeckte Drohungen, einschließlich einer Todesdrohung vor kurzem… Ein neuer Gesetzentwurf ist auf dem Weg durch die israelische Legislative. Er würde die Unterstützung für BDS in Vergangenheit und Gegenwart kriminalisieren …

Israels Bildungsminister ist der Gesetzgebung zuvorgekommen und  hat Strafen für Akademiker, die BDS unterstützen, zugesichert. All dies ist ein klarer Beweis, dass BDS angefangen hat, sich in der israelischen Gesellschaft bemerkbar zu machen.

Unterdessen verabschieden internationale zivilgesellschaftliche Organisationen Resolutionen, die BDS unterstützen: Handelsunionen, Studentenvereinigungen, Gemeinden, Fußballteams, sogar eine Regierung – in Norwegen, Südafrika, Großbritannien, New Hampshire, Kalifornien, Schweden, Frankreich.

2005 kamen palästinensische Zivilgesellschaften zusammen, um gemeinsam zum BDS aufzurufen. Aktivistengruppen in aller Welt und innerhalb Israels haben sich an diesem Aufruf beteiligt und ihre Unterstützung zugesagt. BDS ist ein politisches Mittel, das durch zivilgesellschaftliche Mittel operiert, wo andere Mittel unwirksam sind; wenn andere internationale Institutionen und Regierungen versagen; wenn eine schon lange überfällige Notwendigkeit, die Unterdrückung zu beenden, nicht getroffen wird. Heute kann  BDS das einzige  gewaltfreie Mittel in der Lage sein, Israel von seiner militarisierten Brutalität befreien.

 

Mutig und kreativ sieht sich  die BDS-Kampagne Gewalt gegenüber, der sie mit Gewaltlosigkeit begegnen will. Sie steht in erster Linie in Solidarität mit den Palästinensern und dann mit der Menschheit – mit den Tausenden von Internationalen und Israelis, die den gewaltlosen Widerstand als ihr Mittel gegen die Unterdrückung und ihre Beendigung gewählt haben.

BDS wirkt als Mittel, als Strategie. So wie  in der Vergangenheit 1953 der Boykott der  getrennten Busse wirkte und die wichtigen Jahre der Bürgerrechtsbewegung in den USA in Gang brachte; als die afrikanisch-amerikanisch Gemeinde von Baton Rouge Boykott übte und in Louisiana eine Gerichtsentscheidung  klein kriegte; als zwei Jahre später Rosa Park sich weigerte, in einem Montgomery-Bus sich nach hinten zu setzen und so den Montgomery-Bus-Boykott anfing; als der massive Schulboykott 1965 die Bewegung in Cook County,  noch einmal galvanisierte, als mehr als 100 000 afrikanisch-amerikanische Schüler von skandalösen Schulen trotz gerichtlicher Verfügung zu Hause blieben; als die Weltbewegung der südafrikanischen Apartheid nach und nach in den 60er-Jahren an Boden gewann – zur Bestürzung der US- und britischen Regierung, …

Heute kann es die BDS-Bewegung zunehmend für Israel schwierig machen, an der  Besatzung  fest zu halten und den internen Druck durchzuhalten. Die Kosten steigen, die Besatzung wirft keinen Profit mehr ab und Rassismus wird eine Schande.

Unterdessen  - und das ist nicht weniger wichtig – ist  der israelischen Gesellschaft schon ein klarer Realitätsscheck erlaubt, der widerspiegelt, wie die internationale zivile Gesellschaft aussieht und was aus ihr geworden ist.

BDS ist ein Mittel, um jene zu rechtfertigen, denen es verweigert worden ist. Die BDS-Kampagne zielt nicht gegen, sondern eher für beide, für Israel und die Palästinenser, um die Politik, die das Leben der Palästinenser zerstört und die Menschlichkeit der Israelis verschlingt. BDS unterstützt die erträgliche, lebensfähige Zukunft aller Völker in diesem Land .

 

(dt. Ellen Rohlfs)

 

 

 

 

 

 

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