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ief-aus-Israel]


 

 From: "Angelika Schneider" <anka.sch(at)gmx.net To: <Brief-aus-Israel(at)yahoogroups.de Subject: [Brief-aus-Israel] Aktuelles aus
den besetzten Gebieten


 

"Das Leben hat seinen Geschmack verloren"

Liebe FreuneInnen,

Dorothy schickt unter der Überschrift "Das Leben hat seinen Geschmack verloren" folgenden Bericht vom IWPS aus Jayous vom 22. April:
Ich war zuletzt in Jayous kurz nachdem die Enteignungsbefehle an Bäumen angeheftet worden waren, die die Dorfbewohner informierten, dass ihr Land für die Mauer genommen werden würde. Es gab große gewaltfreie Demos um dagegen zu protestieren und den drohenden Raub des Landes und der Wasserressourcen, die auf der anderen Seite der Mauer bleiben würden, zu verhindern. Man zeigte uns die route der geplanten Mauer während einer Demo und wir sahen die Gebete um Frieden an einigen Freitagen, bei denen gebetet wurde, dass die Mauer nie gebaut würde.

Leider wurde sie gebaut und jetzt, 18 Monate später, sind die katastrophalen Auswirkungen deutlich zu sehen. IWPS hat einen Tag mit einem der bekannteren Bauern verbracht und seine Geschichte gehört, um Einsicht in die Probleme zu gewinnen.

Die Mauer ist hier eigentlich ein Drahtzaun mit "Natodraht" verbrämt und eine Straße, auf der das Militär patrouilliert. Die DorfbewohnerInnen werden bedroht mit Erschießung wenn sie sich der Mauer ohne Erlaubnis nähern.

Sharif Omar zeigte mir sein Land. Es ist jetzt vollständig von seinem Haus und dem Dorf abgeschnitten. Um es zu besuchen musste ich durch das Jayous Tor in der Mauer in der Nähe des Flaschenhals-Checkpoints nach Qalqilia [ein Städtchen, dass von der Mauer umringt und nur durch einen schmalen Streifen mit der Westbank verbunden ist]. Er hatte sein Passierschein benutzt um sein Land zu erreichen aber mich, als Internationale, ließen sie ohne Kontrolle durch. Es gibt jetzt einen ähnlichen Checkpoint in das Dorf Jayous von der Westbank, der auch von der Armee kontrolliert wird und an dem sich ein riesen Stau gebildet hatte von Verkehr, der nach Jayous wollte, als ich das Dorf verließ. Jayous, ein kleines palästinensischen Dorfes innerhalb einer ummauerten Enklave, kann so leicht vollständig abgeschnitten werden, auch von den anderen Dörfern in der Enklave, und kann völlig vom israelischen Militär kontrolliert werden.

Das Land von Sharifs Familie ist she nahe an der 1948iger Grenze, der "Grünen Linie", und sein Vater hat schon Land an die Siedlung Tsurgal, die direkt auf der anderen Seite der Grenze gebaut wurde, im Jahr 1948 verloren. Seine Familie hat aber weiterhin das Land bearbeitet. Dann, am 30. Okt. 1988 haben die Israelis mehr Land enteignet um einen Steinbruch anzulegen und er musste zuschauen, als sie die Bäume und die Erde entfernten und den Stein ausgruben. Nach einigen Jahren fingen sie an, Sprengstoff im Boden zu vergraben, um den Steinbruch zu vergrößern und es gab viele Sprengungen. So ging er zum Gericht, um für sein Land zu kämpfen.

Land kann unter anderem enteignet werden, wenn es nicht bebaut wird oder wenn es mehr als 50% aus Steinen besteht und als ungeeignet für
die Landwirtschaft gesehen wird. Aber ein Großteil des Landes in Palästina ist steinig und wird trotzdem bearbeitet. So haben Sharif und seine Familie hart gearbeitet, um Terassen anzulegen und Obstbäume zu pflanzen um zu beweisen, dass sie das Land behalten dürften. und haben beim Obersten Gericht am 28.Mai 1996 gewonnen und bewiesen, dass das Land ihnen gehört.


Endlich, erst Juni 2003 hat Sharif eine Gerichtsverfügung erhalten, die besagte, dass es sein Land sei und die Sprengungen aufhören müssten. Das taten sie auch, aber seine Sorgen waren nicht vorüber, da inzwischen die Mauer gebaut wurde und sein Land nun auf der anderen Seite gesperrt war, vom Dorf getrennt.

Die mauer läuft nun 6 km von der Grünen Linie entfernt, und trennt das ganze Grundwasser der Gegend vom Dorf ab. fünf palästinensische Gemeinden sind von der Westbank, ihren nachbaren und Familien abgeschnitten und auch von Israel abgeschnitten. Ihr Status ist unklar. Sharif sagte, "Die Westbank wird aus fünf großen Gefängnissen bestehen, die in noch kleiner Gefängnisse aufgeteilt sind. Es ist besser, nur einmal am Tag zu essen als neue Flüchtlinge zu sein und so müssen Leute ihr Land zurück erhalten. Er ist an vorderster Front gewesen beim Kampf, um die Mauer zu verhindern und war durch den Bau am Boden zerstört.

Er spricht davon, dass das Land "isoliert" wurde, eher als weggenommen ... er will nicht die Hoffnung verlieren, dass sie das Land zurückbekommen. Die Entscheidung des Obersten Gerichts, dass es tatsächlich sein Land sei besagte auch dass das Land hinter der mauer
nicht enteignet ist (nur das Land auf dem sie tatsächlich errichtet wird, wird enteignet), und dass er deshalb auch das Recht hat, es zu bearbeiten. Von den 12,500 dunam (3100 ha), zu denen Jayous vor der Mauer Zugang hatte, sind 9300 nun "isoliert".

Das Militär hat am 2. Okt 2003 erkärt, dass das Land von Jayous, inklusive die Farm von Sahrif eine "geschlossenen militärische Zone" sei, aber seine Schafe waren in der Gegend und er blieb bei den Schafen und ignorierte die Erklärung. Dann machten am 12. Okt die Soldaten einen großen Kreis und fingen 66 Bauern, die ihr Land bearbeiteten und sich weigerten, zu gehen. Diese 66 wurden vom Land entfernt, und es wurde ihnen gesagt, dass wenn sie zurückkehrten, sie 2000 NIS zahlen und einen Monat im Gefängnis verbringen müssten. Es gelang aber 19 von ihnen (ihm auch), den Soldaten zu entkommen indem sie sich auf Bäumen oder hinter Felsen versteckten, und bis 23 Uhr versammelten sie sich in einem Schuppen und "lebten unter den Sternen" mit Nahrung von ihrem Land. Aber, wie Sharif sagte, "hörten sie den Ruf aus Jayous" von ihren Familien, die sich Sorgen machten, wo die Soldaten gedroht hatten, jeden zu erschießen, der sich der mauer näherte. Sie hatten auch kein Reis oder Brot und ihnen gingen die Lebensmittel aus. Das Rote Kreuz aus Qalqilia warf ihnen Reis über den Zaun, so gelang es ihnen sich 26 Tage lang zu verstecken. Er ging nur weil er zum Sozialforum nach Indien eingeladen wurde, um über die Mauer und seine Auswirkungen zu sprechen. Als er zurückkehrte, konnte er 5 Monate lang seine Land nicht erreichen, aber glücklicherweise konnte ein Freund einen Passierschein bekommen und auf die Farm gehen und einige Feldfrüchte kultivieren.

Er erhielt kein Passierschein, den er wiederholt beantragte, weil er sich so deutlich gegen die Mauer und auch gegen die Passierscheine ausgesprochen hatte. Ihm wurde gesagt, er habe ja nur Oliven und brauche also keinen Passierschein, da er nur 20 tage im Jahr auf dem
Land sein müsse, wogegen er tatsächlich das Land intensiv kultiviert und jeden Tag hin muss um es zu bewässern und bearbeiten. Nachdem er
allerdings in den Haag Zeuge war und israelischen Zeitungen Interviews gab und sie vor der Welt beschämten mit seiner Bezeugung,
dass es ihm nicht erlaubt wurde, dass Land zu bearbeiten, wurde ihm mitgeteilt, dass er einen Schein erhalten wurde. Er hat nun einen Schein für nur 6 Monate, der ihm erlaubt, durch das Tor auf sein Land zu gehen, wenn es geöffnet wird.

Die Tore sollen von 5 bis 19 Uhr geöffnet sein. Aber die Tore werden oft nicht geöffnet, und die Leute müssen Stunden warten, um rein oder raus zu gehen. Soldaten kommen auch und fragen sie, wie lange sie brauchen, und setzen sie unter Druck, früher zu gehen. Der Passierschein gestattet ihnen nicht, auf dem Land zu übernachten, was sie im Sommer regelmäßig getan hatten. Manche bleiben trotzdem, da es 2 oder 3 Stunden morgens und abends dauern kann, um rein oder raus zu gehen, besonders für die, dessen Land weiter entfernt ist vom Tor. Am Tag als ich dort war, gab es einen alten Mann, der sein Land bearbeitet hatte und von einer Schlange gebissen wurde, und der auf seinem Eselskarren zurückfuhr, um dringend medizinische Versorgung zu erhalten. Als ich einige Stunden später die Mauer erreichte, war es ihm immer noch nicht erlaubt worden, durch das Tor zurück nach Jayous zu kehren (obwohl er einen Schein hatte) und sein Bein war von dem Biss geschwollen.

Sharif zeigte mir die Gewächshäuser, die noch genutzt wurden - sie waren voller reifender Tomaten, die jetzt einem Dorf in der Nähe von
Nablus verkauft werden, da die Israelis ihnen nicht mehr erlauben, in die großen Städte zu gehen, um ihre Erzeugnisse zu verkaufen. Sie haben früher die vier großen Städte Jenin, Nablus, Qalqilia (das größte Gefängnis, das nun 45000 festhält) und Tulkarem. Die großen Städte dürfen nur israelische Produkte einführen und die meisten palästinensischen Erzeugnisse faulen, weil die Israelis den Transport zum Markt nicht gestatten. In diesem Jahr verfaulten 75% von Sharids Guavaernte wegen mangelnder Bewegungsfreiheit. Das wenige, das er jetzt vermarkten kann wird für sehr niedrige Preise verkauft - er bekam früher 5 oder 6 NIS pro Kilo für Licheefrüchte, jetzt sind es nur noch 2 NIS.

Es ist jetzt gerade Licheesaison und die mit Früchten beladenen Bäume sind wunderschön, aber Sharif kann das Großteil seiner Ernte nicht
verkaufen wegen der Beschränkungen und Mangel an Passierscheinen für seine Arbeiter. Haufen von Zitronen sah man auf dem Boden verfaulen
aus demselben Grund. Er brauch 4 bis 5 Arbeiter jeden Tag und über das Jahr brauch er etwa 2500 Arbeiter um die Früchte zu ernten - er züchtet Avocados, Mangos, Mandeln, Feigen, Guavas, Oliven, Pfirsiche, Pekannüsse und Trauben im Freien und in den Gewächshäusern hauptsächlich Tomaten und Gurken und zwischen den Gewächshäusern wachsen Blumenkohl und Weißkohl, Bohnen, Zwiebel und andere Gemüse und noch Weizen und Gerste. Er hat einen organischen Bauernhof und macht Kompost. Er ist der größte Bauer der Gegend was die Ernte angeht, da er 100 dunam bewässert hat. Von einem Gewächshaus auf einem Dunam kann er 36 Tonnen Tomaten ernten. Das Wasser wird gemeinsam genutzt von allen Bauern, die in der Gegend bewässern. Die Menge des Wassers das ihnen erlaubt wird ist aber jetzt von Israel kontrolliert, und kann jeder Zeit begrenzt werden.

3200 Menschen leben im Dorf Jayous und die meisten beziehen ihr einkommen von dem Land. Nun ist 90% ihres Landes abgeschnitten oder
enteignet und nur wenige von ihnen haben Passierscheine. Sie brauchen aber alle Passierscheine, nicht nur für sich aber auch für die Arbeiter die sie benötigen. Viele Leute, die keine Schein bekommen können und deswegen ihr Land nicht mehr bearbeiten können müssen ihre Gewächshäuser verlassen, die früher in vollem Umfang produziert haben. Der Anblick der flatternden, auseinander fallenden
Plastik Gewächshäuser war ein trauriger Anblick, da ich den fruchtbaren Anblick von vor nur anderthalb Jahren noch gut in Erinnerung habe.

Damals konnte ich frei von einer Farm zur nächsten laufen und eine Tasse Tee hier, einen Kaffee dort trinken und sehen, wie die Familien die Arbeit auf den Feldern und in den Gewächshäusern genossen haben.
Nun gibt es nur eine Handvoll Bauern, die das Land bearbeiten dürfen und sie werden gestört und verunsichert. Die Soldaten hindern sie daran, Gas mitzunehmen um ihren Tee zu kochen oder Dieselöl für die Traktoren und die Wasserpumpe, so wird es schwierig, die Früchte zu bewässern und viel Land ist verlassen. Die Familien in den Dörfern haben keine Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das ist eine weitere Form der langsamen ethnischen Säuberung, die Israel so geschickt anwendet.

Nicht zufrieden damit, das Land wegzunehmen und das Wasser und die Bewegung zu kontrollieren, kommen Soldaten nun jeden Tag ins Dorf
und werfen Tränengas, so dass viele Menschen Atmungsprobleme haben. Es gibt Berichte, dass Frauen Fehlgeburten haben. Bei den Tieren
gibt es auch einen Anstieg der Fehlgeburten, mit Berichten das 30 Schafe Fehlgeburten erlitten wegen eines Gaskanisters, der auf eine
Scheune geworfen wurde. Wie Sharif sagte, "das Leben hat seinen Geschmack verloren".





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