Leserbrief an die OZ, Leer - Ellen
Rohlfs
Die OZ
brachte am 18.3. gleich zwei Artikel zum Nahostkonflikt: ein
Bericht zur Veranstaltung in Leer mit Ilan Mor, Gesandter
des Staates Israel, und ein Interview mit dem israelischen
Friedensaktivisten Uri Avnery (85).
Auch auf
die Gefahr hin, wieder in die antisemitische Ecke geschoben zu
werden, will ich mich dazu äußern, da ich mich seit 40 Jahren
mit dem Thema Nahost befasse, die einschlägige kritische
Literatur israelischer Wissenschaftler kenne, viele Male im
Land war, seit Jahren Uri Avnerys wöchentliche Artikel übersetze
und Mitglied von Gush Shalom bin. Mir geht es um Menschlichkeit
und Gerechtigkeit.
Ilan Mor
sprach u.a. von zwei Brillen: der „rosaroten“, die wir tragen
würden und der „Nahostbrille“. Nun ist es aber so, dass er die
rosarote Brille trägt, durch die er ein falsches Bild Israels
wahrnimmt, ja und - kaum zu glauben – den Nahostkonflikt sehr
verkürzt und einseitig sieht und weitergibt: z.B. „Israel habe
stets die Hand zum Frieden ausgestreckt“. Der israelische Prof.
Jeff Halper, der nächstens den Kant-Preis in Freiburg erhält,
hat nachgewiesen, dass Israel seit 1965 14 Friedensangebote von
arabischer Seite ausgeschlagen hat. Es gibt also arabische
Gesprächspartner ! Nur Israel ist nicht an ihnen interessiert.
Es müsste sonst Konzessionen machen.
Dann
stellt er die zynische Frage: „Warum hassen uns die Araber ?“
Diese Frage kann jeder beantworten, der sich in den letzten 40
Jahren auch in den besetzten palästinensischen Gebieten
aufgehalten hat und/ oder die Berichte von isr.
Menschenrechtsorganisationen liest : Vertreibung und
Unterdrückung des palästinensischen Volkes, Land- und
Wasserraub, Zerstörung von Tausenden von Wohnhäusern aus
fadenscheinigen Gründen, illegaler Mauerbau, illegaler Straßen-
und Siedlungsbau nur für jüdische Siedler, ethnische Säuberung
nicht nur in Ost-Jerusalems, Tausende von Getöteten,
Zigtausende von Gefangenen, totale Blockade und Aushungerung des
Gazastreifens, Kriegsverbrechen mit geächteten Waffen ( nach
Berichten von ai, medico, UNO) im letzten Gazakrieg und noch
vieles mehr .
Deshalb
wächst der Hass, der Antisemitismus und Terrorismus besonders
in arabischen
Ländern
gegen den Westen. Und Israel wird zu Recht weltweit immer
negativer angesehen. Doch Israel allein könnte dies sehr schnell
ändern, wenn es wirklich Frieden will: echte
Friedensverhandlungen und nicht nur „Friedensgeplapper“ , den
Siedlungsbau stoppen, die Gefangenen entlassen, die Blockade des
Gazastreifens aufheben, die Besatzung beenden ….Mit der
„rosaroten Brille“ können diese Menschenrechtsverletzungen
natürlich nicht wahrgenommen werden.
Dagegen hat Uri Avnery die „Nahostbrille“ auf und sieht
die Realität Israels, der besetzten Gebiete und der brutal
unterdrückten Bevölkerung, wie sie wirklich ist. Er sieht auch
die Gefahren, die jetzt mit der neuen rechtsradikalen Regierung
auf den ganzen Nahen Osten zukommen. „Wenn Europa das wieder
stillschweigend hinnimmt, ohne zu reagieren“, wird diese
faschistische Regierungspolitik gestärkt, – und der nächste
Krieg „wird noch schrecklicher werden“ …warnt Uri Avnery (und
mit ihm Gush Shalom und viele jüdischen Friedensgruppen, auch
die „Jüdische Stimme für Frieden im Nahen Osten“ hier in
Deutschland und die EJJP in Europa).
Ellen
Rohlfs, Leer