Offener Brief - Frauen
in Schwarz (Wien)“
WomenInBlack-Vienna@gmx.net und „Jüdische Stimme für
gerechten Frieden in Nahost (European Jews for a Just Peace
– Österreich)“
4.6.2009
Sehr geehrte Abgeordnete zum
Europäischen Parlament und KandidatInnen der bevorstehenden
EU-Wahl!
Als
Menschenrechts-AktivistInnen und Mitglieder der
Zivilgesellschaft, als besorgte BürgerInnen des
österreichischen Staates, möchten wir Ihnen unsere Meinung
zu einem für uns und für den Frieden im Nahen Osten sehr
wichtigen Thema mitteilen, welches die Beziehungen zwischen
der EU und dem Staat Israel betrifft.
Aufgrund der letzten
israelischen Kriegshandlungen, Massaker und Verbrechen gegen
die Menschlichkeit im Gaza-Streifen möchten wir daher gegen
jede Kooperation zwischen der EU und Israel protestieren.
Die Zusammenarbeit zwischen der
EU und Israel, einem Land welches vor 3 Jahren den Libanon
angegriffen und halb zerstört hat und im Dezember 2008 und
Januar 2009 Massaker und Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
begangen hat, ist ein schwerwiegender moralischer Fehler.
Ist es möglich, dass die EU mit
einem Land zusammenarbeitet, welches verantwortlich war für
über eine Million Landminen und Streubomben im Südlibanon,
die im Zuge Israels Einmarsches im Juli 2006 zurückgelassen
wurden und welches verantwortlich ist für das Abwerfen
illegaler chemischen Waffen, u.a. von weißem Phosphor, auf
Wohngegenden in Gaza.
Israel ist ein Land, das Massaker an Flüchtlingen im Libanon
und im Gaza-Streifen begangen hat. Wie ist es möglich, dass
das Europa-Parlament einer Entschließung für ein umfassendes
Luftfahrtabkommen mit Israel zustimmt, wie am 17. Februar
2009 geschehen?
Kann es sein, dass die brutale
Blockade des Gaza-Streifens, eine Kollektivstrafe über eine
ganze Zivilbevölkerung von 1.500.000 Menschen – die Hälfte
davon Kinder – für die EU keine Bedeutung hat? Kann das
Zusammenpferchen von Männern, Frauen, Kindern, Todkranken,
die während Kampfhandlungen und auch nachher keine
Möglichkeit zur Flucht hatten, von der EU kommentarlos
akzeptiert wird?
Akzeptiert wird von der EU
anscheinend auch – und das betrifft die europäischen bzw.
österreichischen Steuerzahler – dass die Infrastruktur in
den besetzten palästinensischen Gebieten von Israel zerstört
worden ist, die mit dem Geld und Spenden der EU aufgebaut
wurde. Man denke nur an die Einmärsche und Bombardierungen
im Jahre 2002. Kann es sein, dass diese Aktionen von der EU
kommentarlos und ohne Protest akzeptiert wurden?
Seit Jahren hören wir von einer
menschlichen Katastrophe in Gaza, die durch die israelische
Militärbesatzung bzw. Abriegelungen verursacht wird.
Zahllose bekannte Menschenrechts-AktivistInnen, Autoritäten
und Organisationen haben Israel diesbezüglich verurteilt und
zu internationalen Sanktionen oder Druck auf die israelische
Regierung aufgerufen, unter anderem: Mairead Maguire
(irische Friedens-Nobelpreisträgerin), Richard Falk
(UNO-Spezialberichterstatter für Menschenrechte), Desmond
Tutu (Erzbischof und Friedens-Nobelpreisträger), Jean
Ziegler (UN-Sonderberichterstatter bezüglich Recht auf
Nahrung), Ex-U.S.-Präsident Jimmy Carter
(Friedens-Nobelpreisträger), John Dugard (südafrikanischer
Professor für internationales Recht, Richter am
Internationalen Gerichtshof, Spezial-Berichterstatter für
die UN-Kommission für Menschenrechte in den besetzten
palästinensischen Gebieten), John Ging (UNRWA-Direktor des
Hilfwerks in Gaza), Amnesty International, Human Rights
Watch und viele andere mehr.
Es wird von der EU kein Druck
auf Israel gemacht um die Blockade aufzuheben, das die
palästinensische Gesellschaft in Gaza zerstört hat. Die
Menschen im Gaza-Streifen werden ärger als Gefangene
behandelt. Gefangene bekommen wenigstens regelmäßige
Mahlzeiten und reines Wasser; Gefangene verbringen ihre
Gefangenschaft meistens nicht mit der Bedrohung, dass sie
eventuell massakriert oder getötet werden.
Obwohl die gesamte Bevölkerung
in Gaza für ihre demokratisch gewählte Regierung boykottiert
und ausgehungert wird, hat es keinen europäischen bzw.
keinen österreichischen Abgeordneten gegeben, die/der nur
ein Wort geäußert hat gegen die rechtsgerichtete Regierung
Israels oder den neuen Außenminister Lieberman, der ein
bekannter Rassist ist und sich für den Transfer der
PalästinenserInnen offen ausgesprochen hat. Und wenn man von
Abgeordneten spricht, ist es – soweit uns bekannt – in der
EU Kommission oder im EU-Parlament nie erwähnt worden, dass
Israel die palästinensischen Abgeordneten verhaftet hat.
Etwas, was von einem Land, das sich gerne als demokratisch
beschreibt, zu verurteilen wäre.
Israel weigert sich den
Siedlungsbau zu stoppen und mit dem Bau der Annexions-Mauer
aufzuhören, obwohl die ganze Weltgemeinschaft –
einschließlich der USA – sie als illegal verurteilt hat. Als
EU-BürgerInnen hätten wir erwartet, dass Israels Handeln,
Israels Ablehnung des internationalen Rechts, von der EU
verurteilt wird. Israel hat sich ständig geweigert, zahllose
Friedenspläne in Betracht zu ziehen.
Wir bitten Sie dringend, die
Verbrechen am palästinensischen Volk zu stoppen. Wir möchten
Sie bitten, von Israel die Einhaltung des Art. 2 des
Assoziierungsabkommens zu fordern.
Österreich hat schwer zu tragen
an seiner Vergangenheit und den grauenvollen Vergehen an den
Juden und an anderen Minderheiten während der Nazizeit. Es
sollte aber nicht zulassen, dass für diese Verbrechen
PalästinenserInnen leiden müssen durch ethnische Säuberungen
und alles was damit verbunden ist. Österreich sollte nicht
wegen seiner Schuld gegenüber den Juden dem Staat Israel
eine "carte blanche" geben.
Wir fordern Sie daher als
VertreterInnen und KandidatInnen der bevorstehenden EU-Wahl,
als gewissenhafte Menschen, auf, jede Annäherung und
Kooperation mit der jetzigen israelischen Regierung, sei sie
wissenschaftlicher, militärischer oder kultureller Art, zu
stoppen. Ihre Stimme gegen Ungerechtigkeit ist sehr wichtig.
Wir fordern Sie auch auf, auf die Meinung ihrer Wähler und
die Meinung hunderter Organisationen, die die
Zivilgesellschaft weltweit vertreten, zu hören.
Israel soll endlich für seine
zahllosen Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen
internationalen Rechts verantwortlich gemacht werden. Wir
fordern die EU daher auf, mit der Annäherung an Israel
aufzuhören.
Mit freundlichen Grüßen,
Paula Abrams-Hourani
für „Frauen in Schwarz (Wien)“
WomenInBlack-Vienna@gmx.net und
Samuel Welber
„Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost (European
Jews for a Just Peace – Österreich)“
Nahostfriede@gmx.net
Die “Jüdische Stimme für
gerechten Frieden in Nahost (Österreich)“ ist ein Teil der
westeuropaweiten Bewegung “European Jews for a Just Peace” (EJJP),
einer Föderation von 18 Gruppierungen in 11 Ländern (e-mail:
nahostfriede(at)gmx.at),
(homepage:
www.nahostfriede.at)
“Frauen in Schwarz
(Wien)“ ist Teil einer weltweiten Frauenfriedensbewegung
(e-mail:
fraueninschwarz(at)gmx.at),
(homepage:
www.fraueninschwarz.at)
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