„ Prophets Outcast“ (Verachtete/ Ausgestoßene Propheten): ein Jahrhundert
jüdischer Dissidenten über Zionismus“ von Adam Shatz (Hrsg)
Adam Shatz ist
Literaturverleger von „The Nation Magazine“ und bedeutender
Gesprächspartner innerhalb der jüdischen Gemeinde über den Zionismus.
Die Buchbesprechung wurde gerade im Journal „Middle East Policy“,
Washington, veröffentlicht.
Bitte, verbreiten Sie dies weit, besonders unter jüdischen Freunden. Ed
Corrigan.
Adam Shatz hat in „Prophets
Outcast“ eine exzellente Anthologie von Artikeln bedeutender
Mitglieder der jüdischen Gemeinde zusammengestellt. Das Buch enthält
Aufsätze oder Auszüge von 24 führenden jüdischen Intellektuellen, die
den Zionismus vor der Gründung Israels - und von prominenten
Israelis und Diasporajuden, die ihn nach der Schaffung des
jüdischen Staates, 1948, kritisch kommentieren.
Der Titel „ Prophets
Outcast“ (Verachtete Propheten) wurde vom Historiker Isaak Deutscher
ausgeliehen, der „ selbst ein großer jüdischer Dissident“ war, und
betont zugleich den schrecklichen Preis, den die außergewöhnlich
vorausschauenden Männer und Frauen dafür haben zahlen müssen, dass sie
sich gegen den Zionismus aussprachen und gegen die (schlechte)
israelische Behandlung der Palästinenser. Diese jüdischen Dissidenten
sind angegriffen worden, weil sie ( angeblich) Israels Feinden
„Munition“ gegeben hätten. Sie wurden „ sich-selbsthassende Juden“
bezeichnet. Tom Segev, der Autor von „Die siebte Million“ bestätigt auf
der Rückseite des Buches: “Dieses Buch ist eine aktuelle und wichtige
Erinnerung daran, dass es alles andere als unjüdisch sei, den Staat
Israel zu kritisieren.“
Die Sammlung hat 10
Teile: „Der nicht-jüdische Jude“, „ Der andere Zionismus“ , „Marxisten
und die jüdische Frage“, „Die Geburt Israels und die Zerstörung
Palästinas“, „Von der Preventiv-Eroberung bis zur in die Länge gezogenen
Besatzung“, „Die interne Kolonie des Zionismus“, „ Die
Instrumentalisierung des Holocaustgedenkens“, „Das Gerede über den
Antisemitismus“, „ Ein Lob auf den Widerstand“, „Das Ende von Oslo und
die Rückkehr zum Bi-Nationalismus“. 25 Aufsätze oder Auszüge behandeln
umfassend das Thema des Zionismus und das israelisch-palästinensische
Problem. Der Herausgeber versucht, die Kritik am Zionismus in erster
Linie durch jüdische Linke, Marxisten und Humanisten behandeln zu
lassen. Von Isaak Deutscher, der die Anregung zu diesem Buch gab, sind
zwei Artikel in diesem Band: „Der nicht-jüdische Jude“ und „Der
israelisch-arabische Krieg, Juni 1967“ (beide aus „Der nicht-jüdische
Jude und andere Aufsätze“, 1968. Shatz nennt Deutscher „die Seele und
Inspiration der „ Prophets Outcast“.
In diesem Band sind
auch Auszüge aus Leo Trotzkys Schriften „Über das jüdische Problem“
(1934) und Abraham Leon’s „Zionismus“ aus „Die jüdische Frage, eine
marxistische Interpretation (1940), enthalten. In der Sammlung ist
religiöse Kritik von anti-zionistischen orthodoxen Juden von der Neturei
Karta und von Satmar-Sekten weggelassen worden. Ausgelassen wurden auch
Kritiken des anti-zionistischen amerikanischen Rates für Judentum, der
von 92 Reformrabbinern 1943 gegründet wurde, und von anderen Reformjuden
wie Norton Mezvinsky und dem verstorbenen Rabbiner Elmer Berger. Marc
Ellis Aufatz „Der palästinensische Aufstand und die Zukunft des
jüdischen Volkes“ aus „ Auf dem Wege zu einer jüdischen Theologie der
Befreiung: die Intifada und die Zukunft“ (1988) ist jedoch mit
eingeschlossen.
Ebenso ist in die
Anthologie ein ausgezeichneter Artikel von Brian Klug aufgenommen
worden: „Es wird Zeit, über „Jüdische Identität und Solidarität mit
Israel neu nachzudenken“. ( aus der Zeitschrift The Jewish Quarterly,
die sich mit jüdisch religiösen Themen befasst). Kritik am Zionismus vom
rechten jüdischen Flügel einzelner wie Alfred Lilientag, Mark Bruzonsky
und Allen C. Brownfeld fehlen.
Der Herausgeber
einer solchen Sammlung hat eine sehr schwierige Aufgabe, um ( die
wichtigsten) Beispiele von Artikeln jüdischer Dissidenten auszuwählen.
Im Gegensatz zu dem,
was einige Unterstützer Israels behaupten, gibt es viele jüdische
Kritiker des Zionismus und der israelischen Politik. Bevor das ganze
Ausmaß des Holocaust bekannt wurde, waren die meisten Juden gegenüber
der politischen Ideologie des Zionismus und der Schaffung eines
„jüdischen Staates“ in Palästina neutral oder sogar offen feindlich
gesinnt. Prominente linke jüdische Kritiker des Zionismus, die meiner
Meinung nach auch in dieser Zusammenstellung jüdischer Dissidenten
hätten vertreten sein müssen und die in diesem Band nicht berücksichtigt
wurden, sind – um nur einige Namen zu nennen – Isaac Asimov, Lenni
Brenner, Uri Davis, Richard Falk, Norman Finkelstein, Ilan Halevi (ein
jüdischer Palästinenser), Jeff Halper, Amira Hass, Eric Hobsbawn, Gideon
Levy, Juda Magnes, Baruch Kimmerling, Ilan Pappe, Tanya Reinhart, Maxime
Rodinson, Israel Shahak und Avi Shlaim.* Auch Mordechai Vanunu hätte
eine ehrenvolle Erwähnung verdient.
Die Beiträge von
vielen dieser Persönlichkeiten zur jüdischen Debatte über Zionismus
und Israels Politik haben in verschiedenen Aufsätzen in „ Prophets
Outcast“ Anerkennung gefunden. Eine bemerkenswerte Auslassung ist
Avraham Burg,** früherer Vorsitzender der Jüdischen Agentur in Israel,
ein prominenter israelischer Politiker der Labor-Partei und von 1999 –
2003 Vorsitzender der Knesset, des israelischen Parlamentes. Burg hat
eine heftige Kritik über den Zionismus und Israels Politik geschrieben:
„Eine gescheiterte israelische Gesellschaft kollabiert, während ihre
Führer schweigen“. ( veröffentlicht in der jüdischen Zeitschrift
„Forward“, 29.August 2003. Der Artikel wurde zuerst in der israelischen
Tageszeitung Yedioth Aharonot veröffentlicht. Die Version, die in The
Guardian abgedruckt wurde, lief unter dem Titel: „Das Ende des
Zionismus“. Die israelische Tageszeitung Haaretz brachte danach am
14.11.2003 ein Interview mit Burg unter dem Titel: „Am Vorabend der
Zerstörung“, bei dem er sich nicht für seinen Kommentar und die daraus
folgende Furore entschuldigte.
(* und ** genau
diese und noch andere Dissidenten findet man in einem eben (2005)
erschienenen Buch auf Deutsch: „Stimmen israelischer Dissidenten“ (34)
im ISP Verlag, Deeg, Sibony, Warschawsky ( Hrsg))
Tony Judts
ausgezeichneter Essay „Israel: eine alternative Zukunft“ ( bei New York
Review of Books ) und bei „Prophets Outcast“ veröffentlicht, diskutiert
diesen wichtigen Artikel, der einer führenden israelischen politischen
Persönlichkeit geschrieben wurde.
Es ist schade, dass
Burgs Aufsatz nicht in diese exzellente Anthologie mit hineingenommen
werden konnte.
Es gibt aus früherer
Zeit mehrere Kollektionen von Artikeln jüdischer Kritiker des Zionismus.
Z. B.: „Zionismus – neu hinterfragt: die Ablehnung jüdischer
Normalität“ Hrsg. von Michael Selzer (New York, Mac Millan, 1970);
„Zionismus: der Traum und die Realität – eine jüdische Kritik“, Hrsg.
Gary v. Smith (NY, Barnes and Nobles, 1974) und „Jüdische Kritik des
Zionismus von Moshe Menuhin (Detroit: Association of America Arab
University Graduates, 1976)
Aus letzter Zeit
gibt es Artikel jüdischer Kritiker des Zionismus und von Israels Politik
gegenüber den Palästinensern : „Das andere Israel: Stimmen von
Verweigerung und Dissens“ hrsg. von Roane Carey und Jonathan Shainin (
The New Press, NY, 2002) Dieser Band enthält Artikel von 27 israelischen
Kritikern israelischer Regierungspolitik und des Zionismus; „Schweres
Ringen um Zion“, hrsg. von Tony Kushner und Alisa Solomon (Grove Press:
NY, 2003). Es sind Kommentare von 54 progressiven jüdisch-amerikanischen
Autoren. „Neuformulierung des Antisemitismus, alternative jüdische
Perspektiven“, hrsg. von Henry Picciotto und Mitchell Plitnick (
Jüdische Stimme für den Frieden, Oakland, 2004) dieses letzte Buch
enthält die Artikel von 8 jüdisch-amerikanischen Friedensaktivisten.
Mein Versuch, die
jüdische Debatte über den Zionismus zu überprüfen, kann in „Jewish
Criticism of Zionism“ bei American-Arab Affairs ( jetzt Middle East
Policy) Winter 1990-91, Bd. 35,pp94-116 gefunden werden. Dieser Artikel
gibt einen Überblick über 160 jüdische Kritiker des Zionismus und kann
auf der Website von Middle East Policy Council gefunden werden, genau so
ein Dutzend Artikel vom verstorbenen israelischen Kritiker Israel
Shahak.
Die Sammlung in
„Prophets Outcast“ schließt Artikel von wohl bekannten jüdischen
Intellektuellen wie Hannah Arendt, Uri Avnery, Martin Buber, Noam
Chomsky, Albert Einstein, Ahad Ha’am ( a.k.a. Asher Ginzberg) und I.F.
Stone ein. Yitzhak Epsteins „Eine verborgene Frage“ (1907) über die
Existenz einer großen einheimischen arabischen Bevölkerung in der
vorgeschlagenen zukünftigen jüdischen Heimstätte ist hier auch
enthalten.
Drei separate
Statements von Albert Einstein, die eine widersprüchliche, aber
kritische Ansicht des zionistischen Projektes zeigen, sind auch
vertreten; dazu auch der berühmte Brief an die NY-Times, in dem Einstein
und 27 führende jüdische Persönlichkeiten Menachem Begins Herut-Partei
als faschistisch verurteilen und dass diese eine „Mischung von
Ultra-Nationalismus, religiöser Mystik und rassistischer Überlegenheit“
sei. In der Verurteilung von Begins Partei waren sich mit Einstein auch
wohl bekannte jüdische Intellektuelle wie Hanna Arendt und Sidney Hook
einig. Michel Warschawskys Artikel „Rede über die Grenze“ ist auch dabei
( aus seinem Buch: „An der Grenze“, Nautilus 2004). Mikado, wie er im
Freundeskreis genannt wird, ist der Leiter des Alternativen
Informationszentrum in West-Jerusalem und ein bekannter
Friedensaktivist.
Die Artikel dieser
Autoren sind unter informierten Lesern über das Thema Zionismus und den
israelisch-arabischen Konflikt ziemlich bekannt. Bei dieser Rezension
möchte ich mich auf Material konzentrieren, das nicht so bekannt ist,
auch mir nicht als Schreiber. Wir schulden Adam Shatz großen Dank, dass
er dieses Werk in einem Format zusammen gestellt hat, das es für einen
größeren Leserkreis schnell verfügbar macht, Shatz hat z.B. einen wenig
bekannten Brief von Sigmund Freud mit hinein genommen: ein „Brief an den
Keren Hajessod ( Dr. Chaim Koffler) vom ( damals noch genannten)
„palästinensischen Stiftungsfond“ (26.Februar 1930) in dem er sich
weigerte, einer Aufforderung nachzukommen, seinen bekannten Namen unter
eine Petition zu setzen, die den Aufstand der arabischen Palästinenser
1926 betraf. Um den Herausgeber Shatz zu zitieren, „lehnte Freud dies in
einem eloquenten Brief ab, indem er auf die Gefahren aufmerksam machte,
die religiöser Fanatismus und aggressiver Nationalismus für jüdische
Sicherheit darstellen“.
Zwei bedeutende
Aufsätze über die „Geburt Israels“ und die Vertreibung von ca. 700 000
Palästinensern durch den jüdischen Staat findet man in „ Prophets
Outcast“ . Der Autor des ersten ist Simha Flapan: die Einführung und
die Folgerung aus seinem erschütternden Buch „Die Geburt Israels:
Mythen und Realitäten“* (1987). Shatz beschreibt Flapan „ als den
Pionier der neuen Historiker“, der die Mythen entlarvte, die sich um
die Schaffung des jüdischen Staates rankten. Er beschreibt im Detail die
Vertreibung der Palästinenser. Flapan war von 1954 – 1981 der
Nationalsekretär der links-zionistischen Mapan-Partei, die ein Teil der
regierenden israelischen Arbeitspartei war. (( * auf Deutsch neu
aufgelegt in Semit-edition!!))
Der zweite Aufsatz
über die Schaffung des Staates Israel ist von Gabriel Piterberg, mit dem
Titel: „Ausradierung“. Piterberg ist als Historiker Dozent an der
Universität von Kalifornien. Er war in einem Kibbuz von argentinischen
Eltern erzogen worden. Sein Beitrag beschreibt die „ethnische Säuberung
von Palästina“ von seiner arabischen Bevölkerung und wie der Terminus „
retro-aktiver Transfer“ geprägt und spezielle Kampagnen organisiert
wurden, um die Rückkehr der palästinensischen Araber zu ihren Häusern
und ihrem Landbesitz zu verhindern.
Piterberg bringt
ausführliche Dokumentationen aus Quellen wie dem halb-offiziellen
Tranfer-Komitee, das von Yosef Weitz geleitet wurde. Dieses Komitee
formulierte, „was später das offizielle israelische Narrativ über das
Flüchtlingsproblem wurde: „Die Palästinenser verließen auf Aufforderung
arabischer Staaten ihre Häuser und Palästina. Dieses Narrativ „ wurde
die Standardversion der Geschichte für Propaganda und Zwecke der
Außenpolitik“ Piterberg schreibt: dies Narrativ war Schwindel, und es
gibt Gründe zu glauben, dass dies bewusster Schwindel war.“
Piterbergs
ausgezeichneter Aufsatz prüft auch die „Anwesend Abwesenden“ oder die
Araber, die weiterhin in Israel auch nach dem Krieg von 1948/49 lebten,
denen aber alle Rechte auf ihr Eigentum aberkannt wurden. Ein anderes
Problem, das in „Ausradierung“ untersucht wird ist die „kulturelle
Auslöschung“ des arabischen Palästina.
Ein anderer
erstklassischer Artikel in „ Prophets Outcast“ ist „Die Besatzung und
der Terror“ von Yeshayahu Leibowitz. Er weist auf den korrumpierenden
Einfluss der Besatzung auf den jüdischen Staat hin. Leibowitz schreibt:
„ Die israelische Politik in den Besetzten Gebieten ist eine der
Selbstzerstörung des jüdischen Staates und eine der Beziehung zu den
Arabern, die auf ständigem Terror beruht.“ Shatz stellt auch fest, dass
Leibowitz oft als „das Gewissen Israels“ dargestellt wurde. Leibowitz
war der Autor vieler Bücher über Judentum und Ethik.
Ein anderer wenig
bekannter aber bedeutsamer Beitrag zur kritischen Debatte über Zionismus
ist Yehudi Menuhins „Gnade und Wahrheit“. Menuhin war weltweit einer
der wunderbarsten Geiger und Dirigenten im 20 Jahrhundert. 1991 erhielt
er Israels renommiertesten Preis, den Wolf-Preis, für seinen Beitrag in
der Musik. In seiner Dankesrede vor der Knesset verurteilte er Israels
Politik gegenüber den Palästinensern. Er erklärte: „diese ständige
Abwürgung eines abhängigen Volkes sollte das allerletzte Mittel von
denen sein, die selbst nur zu gut die Schrecken und das unvergessliche
Leiden eines solchen Lebens kennen“. Shatz vergaß jedoch einen wichtigen
Aspekt von Yehudi Menuhins Hintergrund zu erwähnen: Sein Vater war Moshe
Menuhin, Autor von „Die Dekadenz des Judentums in unserer Zeit“ (
vgl. Hajo Meyer: „Das Ende des Judentums“, Semit-Edition, 2005 ) .
Mosche Menuhin war ein ausgesprochener anti-zionistischer Jude.
Einer der
schärfsten Beiträge in „ Prophets Outcast“ ist ein Artikel von Ella
Shohat: „Sephardim in Israel: Zionismus aus der Sicht seiner jüdischen
Opfer“, ursprünglich im „Social Text“, 1988, veröffentlicht. Shohat
wurde in Israel geboren und von irakisch-jüdischen Eltern aufgezogen.
Sie ist Dozentin für kulturelle Studien und Frauenstudien an der City
Universität von NY. Sie bezeichnet sich selbst als „arabische Jüdin“.
Ihre Kritik am Zionismus konzentriert sich auf die Diskriminierung und
den Rassismus, unter dem sephardische Juden in Israel – auf Grund ihres
arabischen kulturellen Make-up – litten.
Shohat zählt eine
beunruhigende Liste rassistischer Charakterisierungen arabischer Juden
auf, die von führenden israelischen Politikern gemacht wurden,
einschließlich David Ben Gurion, Golda Meir und Abba Eban. Shohat
schreibt: „der sephardische kulturelle Unterschied war besonders für
einen säkularen Zionismus beunruhigend, der sich darauf gründete, ein
einziges jüdisches Volk zu vertreten, das nicht nur einen
gemeinsamen religiösen Hintergrund, sondern auch eine gemeinsame
Nationalität hatte. Die starken kulturellen und historischen Bindungen,
die die Sephardim mit der arabisch-muslimischen Welt teilte und die in
vieler Hinsicht stärker sind als die zu den Ashkenazim ( europäische
Juden), gefährdete die Vorstellung einer homogenen Nation, ähnlich der,
auf die sich die nationalen Bewegungen (Europas) gründeten.
Shohat behandelt
auch ausführlich die Zerstörung der jüdisch-arabischen Gemeinschaft,
die -ihrer Ansicht nach - durch den Zionismus verursacht wurde. Shohat
nennt schließlich auch die zionistischen Versuche, die arabischen Juden
nach Zion zu locken. Diese Versuche schlossen die „Operation fliegender
Teppich“ ein, um die Juden aus dem Yemen nach Israel zu bringen und „Ali
Baba“, um die aus dem Irak einzusammeln. Da die Juden des Irak wenig
Neigung zeigten, nach Israel auszuwandern, „und die Karotte nicht
genügte, war der Stock nötig“ – wie Shohat sagt. Sie bringt Details über
die zionistische Bombenkampagne, die von zionistischen Agenten gegen
irakische Juden ausgeführt wurde, um diese irakisch-jüdische Gemeinde zu
terrorisieren, damit sie nach Israel flieht. Shohat schreibt: „was die
Befürworter selbst „grausamen Zionismus“ nennen – nämlich die Idee, dass
Zionisten Gewalt anwenden mussten, um die Juden aus dem Exil zu holen –
so hat dieser sein Ziel erreicht.“
Sarah Roys
eloquenter Aufsatz „ Mit dem Holocaust leben: die Reise eines Kindes von
Holocaustüberlebenden“ beinhaltet Roys Erfahrungen als Kind von
Holocaustüberlebenden und ihre Erfahrungen, mit Palästinensern unter
israelischer Besatzung ( in Gaza) zu leben. Sie vertritt die
Meinung, dass die Lektionen des Holocaust als universelle Werte
angesehen werden sollten und nicht nur speziell als die eines Volkes.
Roy kritisiert Israel, dass es die jüdische Vergangenheit in Europa
nicht beachtet, und sie zieht Parallelen zwischen den jüdischen
Erfahrungen in Europa und Israels Behandlung der Palästinenser.
In „ Prophets
Outcast“ ist ferner eine sehr deutliche Entgegnung des Rektors der
Harvard-Universität Lawrence Summer auf die Charakterisierung von
Protesten gegen die Besatzung durch Israel enthalten, die er „in ihrer
Wirkung, wenn nicht gar in der Absicht, als antisemitische Aktionen“
bezeichnet.
Judith Butler, eine
Dozentin für Literatur an der Universität von Kalifornien, wies dies in
einem Artikel „ Der Vorwurf des Antisemitismus: die Gefahren
öffentlicher Kritik“ zurück (erschienen in The London Review of Books).
Butler argumentiert: in dem ich betone, dass zwischen Israel und Juden
unterschieden werden muss, fordere ich einen Raum für Widerspruch durch
Juden und Nicht-Juden, die Kritik an Israel vorzubringen haben; zugleich
spreche ich mich gegen antisemitische Reduzierung des Jüdischen auf
israelische Interessen aus. „Der Jude wird ebenso wenig durch Israel
definiert wie durch Antisemitismus.“
Brian Klugs Aufsatz
„ Es wird Zeit, über jüdische Identität und Solidarität mit Israel neu
nachzudenken.“ (ursprünglich in The Jewish Quarterly 2002-2003
veröffentlicht) ist ein ausgezeichneter Text über die Konfusion und/oder
Fusion jüdischer Identität mit Israel. Klug bringt viel interne Kritik
am Zionismus aus einer jüdisch-religiösen und kulturellen Perspektive.
Klug ist ein jüdisch-britischer Philosoph, der schon viel über Jüdisches
veröffentlicht hat.
Shatz führt in
seinem Vorwort an, diese jüdischen Dissidenten seien Erben einer
prophetisch-jüdischen Tradition moralischer Kritik und säkularer
kosmopolitischer Ideale der Aufklärung, die sich auf menschliche
Gleichheit und Solidarität ( égalité und fraternité) gründen.
Indem diese Dissidenten gegen die Ungerechtigkeiten sind, die auch in
ihrem Namen begangen werden, haben sie gezeigt, dass es noch einen
anderen Weg gibt, das Gedächtnis der Juden zu ehren, die bei den
Pogromen und in den KZ-Lagern Europas umgekommen sind, und dass
Betroffenheit über das Schicksal der Juden nicht auf Kosten des
palästinensischen Volkes gehen muss.
Wir sind Shatz für
dieses Buch zu tiefst dankbar, das – wie er selbst sagt – einer
Tradition huldigt, der sich wenige und immer weniger Juden bewusst
sind.
(dt. Ellen Rohlfs – kursiv
Gedrucktes von der Übersetzerin eingefügt) |