November 2007
Liebe
Freunde und Förderer von Talitha Kumi,
Das Schuljahr
2007/2008 schreitet schnell voran. Das erste Semesters ist
fast schon vorbei, Weihnachten schaut schon um die Ecke. Die
glänzenden Ergebnisse des letzten Tawjihijahrganges sind
vergessen, die Konzentration auf die nächste Abschlussprüfung
hat begonnen.
Die
Sommerferien waren voll von Aktivitäten für unsere Schüler, von
denen nur wenige die Chancen hatten, aus der Enge Bethlehems
heraus zu kommen. Und so hat auch dieses Jahr unser
traditionelles Sommercamp wieder großen Zuspruch gefunden neben
anderen zahlreichen Veranstaltungen.
Ein ganz
besonderer Einstieg in das neue Schuljahr war ein einwöchiges
Projekt mit zwei Musikerinnen aus Berlin, an deren Ende eine
Aufführung von „Hänsel und Gretel“ stand, ein Musical in
Anlehnung an die gleichnamige Oper von Humperdinck. Bei der
Aufführung erklang aus allen Ecken unserer Aula Chor- und
Instrumentalmusik, auf der Bühne war die eigentliche Handlung zu
beobachten und dazwischen wurde fröhlich getanzt.
Der im letzten
Jahr begonnene Geigenunterricht konnte durch Regina Pilz, unsere
Geigenlehrerin aus Deutschland, fortgeführt werden. Wir haben
jetzt ein Talitha – Kumi - Streicherensemble, das durch einige
Erwachsene verstärkt wird. Der erste Auftritt mit 3 kleinen
Stücken war jedenfalls vielversprechend.
Viel
Anerkennung hat erneut unser Schulchor beim Kirchentag in Köln
bekommen. Das war für unsere Lehrer und Schüler ein großes
Erlebnis. Überrascht und natürlich sehr erfreut hat uns nun eine
Einladung des Außenministers Frank-Walter Steinmeier für unseren
Chor nach Berlin, den Weihnachtsmarkt am 26.11.2007 am
Gendarmenmarkt zu eröffnen.
Streitschlichtung und Mediation sind erlernbare Strategien, um
Konflikte zu lösen. Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem
Ehepaar Schmid Fachleute gewinnen konnten, die auf diesem Gebiet
einige Schüler und Lehrer ausgebildet haben. Wenn Schüler selbst
in die Lage versetzt werden, Konflikte ihrer Mitschüler entlang
von gewissen Regeln zu befrieden, dann sind das sicherlich
Fähigkeiten, die auch auf außerschulische Bereiche übertragen
werden können.
Die ungelösten
Probleme aus dem letzten Schuljahr sind leider alle liegen
geblieben, ja, sie haben sich teilweise noch verschärft. Die
finanziellen Sorgen nehmen auf breiter Basis zu. Das liegt
teilweise an ausstehenden Gehältern vieler Eltern über eine
lange Zeit, das liegt teilweise auch daran, dass sich Israeli
immer weniger trauen, Geschäfte in der West Bank zu tätigen.
Hinzu kommt, dass es immer weniger Palästinenser aus der West
Bank gibt, die in Israel arbeiten dürfen.
Ein wichtiger
Meilenstein für unser Community College wurde erreicht: Nach
zweijährigem Studium haben die ersten Studenten ihre
Diplomprüfung für Hotelmanagement abgelegt. Alle haben
bestanden, was für einen ersten Jahrgang wichtig ist. Wenn sie
nun noch eine Stelle finden, dann können wir auch in diesem
Bereich einen Beitrag zur Entwicklung der palästinensischen
Gesellschaft leisten.
Leider ist
unser Gästehaus immer noch nicht ausgebucht. Es konnte jedoch
während der Sommerferien seinem Ruf als Begegnungstätte gerecht
werden. Wir hatten mehr als 25 verschiedene Gruppierungen bei
uns im Haus, bei denen Palästinenser und Israeli zusammen
gearbeitet und sich gegenseitig als friedliebende Menschen
schätzen gelernt haben. Es waren zwar meist Tagesgruppen, von
denen nur wenige bei uns übernachteten, aber immerhin. Wir waren
auch dankbar, dass wir einigen christlichen Familien aus dem
Gazasttreifen Unterkunft zu geben, die in ihrer Heimat
erheblichem Druck ausgesetzt waren.
Trotz aller
anstehenden Friedensverhandlungen ist der Weiterbau der Mauer in
vollem Gange. Es ist jetzt sehr bald abzusehen, wie der Zugang
nach Talitha Kumi für die, die von Jerusalem kommen, in Zukunft
ausschauen wird. Der Weg wird uns vermutlich von der
Tunnelstraße über Al Khader nach Talitha Kumi führen.
Wie wird die
politische Situation auf das christlich Privatschulwesen
durchschlagen? Bisher können wir ungehindert unseren Weg, auf
dem wir uns als eine christliche Schule profilieren, weiter
gehen. Während der Regierungszeit der nationalen Einheit gab es
verschiedene Ansätze, die christlichen Schulen durch
einschneidende Vorschriften zu beeinflussen. Diese Ansätze sind
glücklicherweise wieder zurück genommen worden. Wir erfreuen uns
täglich an den alten Freiheiten und hoffen, dass sie bestehen
bleiben. Mit Dr. Kholoud Daibes Abu Dayyeh, Ministerin für
Familie und Tourismus, einer ehemaligen Talitha Kumi Schülerin,
haben wir im Kabinett eine große Fürsprecherin und Fördererin
unserer Schule und der christlichen Privatschulen insgesamt.
Am 15.
November feiertenn die Menschen in der West Bank und im
Gazastreifen ihren Unabhängigkeitstag. Vor wenigen Tagen fanden
Friedensverhandlungen mit Israel in den USA statt. Dürfen wir
auf ein Ende der Besatzung hoffen, dürfen wir mit Gerechtigkeit
und Frieden rechnen? Ich möchte diesen Brief mit der Hoffnung
losschicken, dass die Weihnachts- und Friedensbotschaft von
Jesus auch jene erreicht, die für diese Verhandlungen die
Verantwortung tragen.
Es ist mir ein
großes Bedürfnis, Ihnen für Ihre fortdauernde Begleitung unserer
Schule zu danken, sie gibt uns Kraft und Hoffnung, Ihre
Unterstützung schafft in vielen Fällen die materielle
Voraussetzung, dass unser Name und Wahlspruch auch noch morgen
wirken kann.
Wir wünschen
Ihnen eine frohes und friedliches Weihnachtsfest, Gottes Segen
und ein gesundes Wiedersehen 2008
Ihr
Dr. Georg Dürr
Schulleiter Talitha Kumi
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