25. September 2009 -
Siegfried Ullmann
Liebe Friedensfreunde,
Menschenrechtsaktivisten und die es noch werden wollen oder sollten,
die Nachrichten aus
Palästina sind weiterhin bestürzend und deprimierend. Die Siedler werden
immer aggressiver. Wenn israelische Sicherheitskräfte einen illegalen
Außenposten (meist nur vorübergehend) räumen, fallen die Siedler als
Vergeltung über benachbarte Palästinenserfamilien her. Sie nennen das
"Preisschild", weil die Palästinenser den Preis für die Räumung des
Außenpostens zahlen sollen. Und in der Regel schauen die israelischen
Sicherheitskräfte dabei zu (siehe anliegender Bericht).
Trotz der Intervention der
amerikanischen Regierung geht die Besiedlung geraubten palästinensischen
Landes ungehindert weiter. Es ist offensichtlich, daß die mächtige
amerikanische Israel-Lobby wieder Erfolg hatte und die Weigerung des
israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu, den Siedlungsbau einzustellen,
massiv unterstützt hat. Die amerikanischen Professoren Mearsheimer und Walt
haben in Ihrem Buch "Die Israel-Lobby - Wie die amerikanische Außenpolitik
beeinflußt wird" neutral und akribisch beschrieben, wie die amerikanischen
Präsidenten, immer wieder vor der Israel-Lobby und den israelischen
Ministerpräsidenten eingeknickt sind und ihre Forderungen nach einem Rückzug
Israels aus den besetzten Gebieten und der Schaffung eines
Palästinenserstaates aufgegeben haben, obwohl dies der amerikanischen
Außenpolitik und damit amerikanischen Interessen geschadet hat. Sogar der
zweite Irakkrieg wird vor allem dem Einfluß der Israel-Lobby zugeschrieben.
Die Aussagen der beiden Autoren lassen auch Rückschlüsse auf den Einfluß der
Israel-Lobby in Deutschland zu. Das Buch ist ein Muß für jeden, der sich mit
der Lage und der Zukunft des Nahen Ostens beschäftigt.
In der Jüdischen
Allgemeinen vom 1o. 9. 2009 stand ein Bericht über das Verhältnis der Grünen
zu Israel: "Heute schweigen die meisten Grünen lieber, um nicht, wie einst
Ströbele, zum Gegenstand von Attacken zu werden." Die Grünen hätten Angst
vor dem Vorwurf, antisemitisch zu sein, "so daß die Leute deswegen lieber
schweigen." So halten es wohl auch fast alle Politiker der anderen Parteien.
Eine offene, objektive Debatte über die israelische Expansionspolitik und
ihre Folgen, wie auch von Mearsheimer und Walt gefordert, findet deshalb
nicht statt.
Am 23. 9. 2009 sagte
Präsident Obama beim G 20 Treffen, daß kein Volk ein anderes beherrschen
dürfe. Dies fand kaum Resonanz in der deutschen Presse. Ahmadinedschad
sprach dann vom Genozid, der an den Palästinensern begangen würde und die
deutsche Delegation verließ daraufhin die Versammlung. Dabei haben schon
etliche Israelis, die noch ein Gefühl für Recht und Gerechtigkeit haben,
die ständig weitergehende ethnische Säuberung Palästinas als schleichenden
Völkermord bezeichnet. So schrieb Ilan Pappe vom "Genocide in Gaza" und
Yitzak Rabin verkündete sogar: "Wir werden die Palästinenser vernichten wie
die Heuschrecken und ihre Köpfe an die Wände schlagen" (New York Times am 1.
4. 1988). Für einen israelischen Siedler in Homesh sind Palästinenser
"Eingeborene, die ausgerottet werden müssen." (Spiegel Online , 28. 3. 07)
und der Rabbi Israel Hess äußerte die Ansicht: " Wir müssen alle Völkermord
begehen, denn die Palästinenser sind die alten Ameliketer ..." ( Haaretz 11.
7. 05). Dabei bezog er sich offensichtlich auf die biblischen Anweisungen
zum Völkermord, z. B. in 1. Samuel 15 2-3: "So spricht der Herr der Heere:
.... Zieh jetzt in den Kampf und schlag Amalek! Weihe alles, was ihm gehört,
dem Untergang! Schone es nicht, sondern töte Männer und Frauen, Kinder und
Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel!" - Der letzte Gazakrieg hat
ja gezeigt, was solche Aufrufe bewirken. Aber jegliche Dokumentationen über
die Tatsachen, wie die Berichte von amnesty international und der Vereinten
Nationen werden entweder totgeschwiegen oder als antisemitisch motiviert
abgetan, um jegliche kritische Debatte im Keim zu ersticken. Dies gilt nicht
nur für fast alle deutschen Politiker, sondern auch für die deutsche
Hauptrichtungs-Presse, die auch israel-kritische Leserbriefe weitgehend
unterdrückt..
Wenn in Deutschland ein
Rechtsradikaler im Wahlkampf ausländische Mitbürger zum Verlassen des Landes
auffordert, wird das nach unserem Rechtsverständnis als Volksverhetzung
bezeichnet und als strafbare Handlung verfolgt. Aber wenn der amtierende
israelische Ministerpräsident Avigdor Lieberman fordert: "90 % der
arabischen israelischen Bürger sollten deportiert werden. Für sie ist hier
kein Platz. Sie sollen ihr Bündel nehmen und verloren gehen." interessiert
das hier niemanden. Im Jahre 2003 hatte Lieberman sogar vorgeschlagen, "alle
Palästinenser in Busse zu packen und im Roten Meer zu ertränken." , was ein
eindeutiger Aufruf zum Völkermord ist. Trotzdem wurde Lieberman nicht mit
einem Einreiseverbot belegt und als Schande für sein Land bezeichnet,
sondern vom deutschen Außenminister Steinmeier empfangen. - Man muß sich
einmal vorstellen, wenn Ahmadinedschad ähnliches unter Bezugnahme auf die
Zionisten sagen würde und welche Reaktionen es dann gäbe.
Die Aussichten auf eine
Friedenslösung, die Israelis und Palästinensern ein Leben in Freiheit,
Würde, Sicherheit und Wohlstand ermöglichen würde, sind weiterhin
deprimierend. Trotzdem sollten wir uns nicht einschüchtern und entmutigen
lassen, sondern überall dort, wo die Menschenrechte mißachtet werden, den
Entrechteten, Gefolterten und Gedemütigten beistehen.
Mit Friedensgrüßen, Shalom
und Salam
Siegfried Ullmann
Für diejenigen, die die
Texte noch nicht haben, füge ich einen Bericht über
die Angriffe israelischer Siedler auf Palästinenser und einige Aussagen
von israelischen Soldaten, die am letzten
Gasakrieg teilgenommen haben, bei. Im Internet finden sie bei Amazon
informative Rezessionen zu dem Buch "Die Israel-Lobby". Wahrscheinlich bezog
sich Ahmadinedschad auch auf dessen Aussagen, als er jetzt von jüdischen
Netzwerken sprach, die großen Einfluß auf die Weltpolitik ausüben. Die
Autoren sehen das aber wesentlich differenzierter.
Abschließend noch die
Frage: Wie würden Sie reagieren, wenn... (siehe Anlage)
Anlage:
Wie würden Sie
reagieren,
- wenn plötzlich
Soldaten in Ihrem Obstgarten erscheinen, mit Planierraupen Ihre Bäume entwurzeln
und mitten durch Ihr Grundstück eine 8 m hohe Mauer oder einen mit Starkstrom
gesicherten, hohen und dichten Zaun errichten würden, so wie es in Bethlehem und
anderen Orten der besetzten palästinensischen Gebiete geschehen ist und
geschieht?
- wenn Sie von
Soldaten aus Ihrem Haus vertrieben und dann Angehörige einer anderen
Religionsgruppe einziehen würden, so wie kürzlich in der Jerusalemer Altstadt
mehrere palästinensische Familien aus ihren Häusern vertrieben wurden, in die
dann jüdische Siedler einzogen, um Jerusalem araberfrei zu machen?
- wenn von Ihrem
Dorf zweidrittel der umgebenden landwirtschaftlichen Nutzfläche
entschädigungslos enteignet und mit einem militärisch gesicherten hohen Zaun
abgetrennt und alle friedlichen Protestdemonstrationen mit Tränengas und
Schußwaffen brutal unterdrückt würden, so wie es in den palästinensischen
Dörfern Bilin und Nilin geschehen ist und weiterhin geschieht?
- wenn Sie sich in
Ihrem Land nicht mehr frei bewegen könnten, sondern überall Straßensperren
errichtet würden, die Sie nur mit besonderer, aber nur selten erteilter
Genehmigung passieren dürften, so wie es den Palästinensern ergeht?
- wenn Ihnen eine
Baugenehmigung für die Schaffung von mehr Wohnraum für Ihre Familie verweigert
wird, um die Vermehrung Ihrer Bevölkerungsgruppe zu verhindern, aber den
Mitgliedern einer illegal eingewanderten privilegierten Bevölkerungsgruppe auf
entschädigungslos enteignetem Land großzügige Baugenehmigungen erteilt werden,
so wie es in den besetzten palästinensischen Gebieten der Fall ist?
- wenn Ihr Haus
einschließlich Ihres gesamten Hausrats mit Planierraupen zerstört würde, weil
ein Hausbewohner eine Straftat begangen hat oder deren nur verdächtigt wird, so
wie das immer wieder mit Häusern von Palästinensern geschehen ist?
- wenn Ihrer
hochschwangeren Frau an einem Straßenkontrollpunkt die Weiterfahrt zu einem
Krankenhaus verweigert wird, Ihre Frau ihr Kind unter den Augen der mitleidlosen
Soldaten am Straßenrand zur Welt bringen muß und das Kind mangels ärztlicher
Versorgung dann stirbt, wie es immer wieder an den israelischen Kontrollpunkten
in den besetzten Gebieten vorkommt?
- wenn Ihre Kinder
wegen einer oft wochenlangen Ausgangssperre nicht zur Schule gehen und auch
nicht vor dem Haus spielen dürfen, weil sie sonst erschossen werden, wie es
immer wieder in den Palästinensergebieten vorgekommen ist?
- wenn Ihr Mann
oder Ihr Vater plötzlich verhaftet, in ein anderes Land verschleppt und ohne die
Angabe von Gründen und ohne Anklage monate- und jahrelang durch sogenannte
Verwaltungshaft inhaftiert wird, so wie es Tausenden Palästinensern ergeht?
- wenn es Ihnen als
einem deutschen Christen nicht erlaubt würde, eine deutsche Jüdin oder Moslemin
zu heiraten, so wie es einem nichtjüdischen Israeli nicht erlaubt wird, eine
jüdische Israelin zu heiraten?
- wenn Sie oder ein
Familienmitglied verhaftet und zu langen Haftstrafen wegen Mitgliedschaft in
einer illegalen Vereinigung verurteilt werden, obwohl diese Vereinigung zum
Zeitpunkt der Verhaftung noch nicht als illegal bezeichnet wurde, so wie es
jetzt mit Palästinensern durch israelische Gerichte geschieht?
- wenn ein
Krankenhausbesuch von der Mitarbeit mit einem Geheimdienst zwecks Ausspähung
Ihrer Mitmenschen, die dann oft der Ermordung durch den Geheimdienst zum Opfer
fallen, abhängig gemacht wird, so wie es immer wieder bei schweren Erkrankungen
von Palästinensern im Gasastreifen geschieht?
- wenn Sie durch
eine Besatzungsarmee Ihrer Freiheit, Ihrer Lebensgrundlagen, Ihrer Eigentums-
und Menschenrechte sowie Ihrer Würde beraubt würden, so wie die Palästinenser in
den von Israel völkerrechtswidrig besetzten Gebieten?
Ja,
wie würden Sie dann reagieren? Würden Sie sich dann widerspruchslos mit so einer
zerstörerischen Lebenssituation abfinden oder vielleicht auch zu gewalttätigen
Mitteln greifen, wenn friedliche Mittel erfolglos bleiben und die internationale
Staatengemeinschaft nicht nur tatenlos zuzieht, sondern die völkerrechtswidrig
handelnde Besatzungsmacht sogar politische und finanziell unterstützt? Diese
Frage sollte man auch mal den bedingungslosen Unterstützern der israelischen
Politik und Vorgehensweise, die alle UN-Resolutionen und
Menschenrechtskonventionen mißachten, stellen.
S.
Ullmann
Siedler werden immer aggressiver : südlich Hebron
Nur eines von vielen Beispielen
Von Ehud Krinis und Erella Dunayevsky, The
Villages Group
http://villagesgroup.wordpress.com
Am Mittwoch, den 9.September 2009 zerstört die
israelische Armee einen Wohnwagen ( von Siedlern) auf dem „Flaghügel“ ein paar
hundert Meter entfernt von der Susya-Siedlung. Eine kurze Zeit später um etwa
11 Uhr tauchen Dutzende von Siedlern im Wohn- und Lebensbereich der Familie
Balal im palästinensischen Weiler von Susya auf. Die Siedler greifen die drei
Familienmitglieder, die gerade anwesend sind, gewalttätig an, den Vater Abu
Nimer, die Mutter Umm Nimer und ihre Tochter Alia. Sie brechen auch in die Küche
der Familie ein und zerbrechen alles , was sie finden. Die Angreifer schneiden
auch das Kabel zur Solaranlage durch, die die Familie mit Strom versorgt.
Soldaten kommen bald nach den Siedlern an den Ort, bleiben aber in der Nähe
stehen und tun nichts. Erst als die Mutter mit einem stumpfen Gegenstand auf den
Kopf geschlagen wird, greifen sie ein und verscheuchen die Siedler. Dieselben
Angreifer gehen weiter zum Wohnplatz der Familie Shiniran, wurden dort aber von
Mitgliedern der großen Familie abgehalten. Sie waren bei Zeiten alarmiert
worden.
Während des Angriffes auf die Balalfamilie griffen
andere Siedler die Viehherde der Familie und den Sohn Issa, der die Herde
weidete, an. Mehrere Leute von anderen Familien kamen ihm zu Hilfe. Ein Kampf
entwickelte sich zwischen ihnen und den Siedlern. Zum Glück gab es keine Opfer
oder Verhaftete. Die Siedler griffen auch einen lokalen Photographen an, als er
das, was sich dort abspielte, mit einer Kamera, die er von der
Menschenrechtsorganisation B’tselem bekommen hatte, filmte. Man zerbrach ihm die
Kamera. All diese Aktionen sind Teil dessen, was die Siedler „Preis-Schild“ („price
tag“) nennen, ein vorsätzlich geplantes, reguläres Verfahren, mit dem die
Siedler auf jeden Versuch von Seiten der Regierung und der Armee reagieren, die
Siedlungsaußenposten zu evakuieren oder aufzulösen. Siedler greifen dann sofort
die in der Nähe lebenden Palästinenser an .
Nachdem „price tag“ ausgeführt wurde, nehmen die
selben Siedler den Wiederaufbau des Außenposten auf dem Flag-hügel wieder auf
und es sieht so aus, als ob er in der nächsten Zeit weiterwachsen wird. (dem
Bericht sind noch vier Fotos beigefügt)
(dt. Ellen Rohlfs)
Ein paar weitere, längst nicht alle Beispiele nur
aus der letzten Zeit:
Ganz in der Nähe von Susya, in Tuwani wurden im
Juli drei Brunnen zerstört ( ISM-Bericht)
In Beit Hanun werden Felder durch isr. Bulldozer
zerstört (IMENC)
Am 9.9. zerstören/ verbrennen Siedler Felder bei
Azun; am 7.9. werden 50 Ölbäume bei Ramallah und 150 Ölbäume am 3.9. in der
zentralen Westbank von Siedlern zerstört.
Am 10.9. werden in Hebron 10 Palästinenser
verletzt; 2 Häuser in Sawaya und Yatna zerstört
In Nablus am 8.9.zwei Fahrzeuge angezündet.
Am 4.9. werden 4 Palästinenser getötet, 10
verletzt.
Im August 2009 wurden 63 Palästinenser getötet,
davon 11 Kinder, 8 Patienten.
Die Zahl der im August verhafteten/ entführten
Palästinenser konnte ich gerade nicht finden: ca 3-5 täglich . Am 8.9. wurden
Fischerboote von der isr. Flotte beschossen. Und bei Jenin 5 Pal. entführt
usw.usw
Das sind alles Nachrichten, die bei uns nicht in
den Medien erscheinen – aber täglich vorkommen. Es ist die Routine der
Besatzung.
Ellen Rohlfs
Im
Juni 2009 veröffentlichte die israelische Veteranenorganisation „Breaking the
Silence“ („Das Schweigen brechen“) den 110 Seiten umfassenden Bericht „Operation
Cast Lead“. In ihm legen etwa 30 Soldaten anonym Zeugnis ab über den brutalen
Krieg, den Israels Armee drei Wochen lang gegen den Gaza-Streifen und seine 1,5
Millionen Bewohner geführt hatte. Die Arbeit von „Breaking the Silence“ wird
gefördert durch die Regierungen Großbritanniens, Spaniens, der Niederlande und
die Europäische Union.
Einige ins Deutsche übersetzte Zitate aus der Veröffentlichung (die teilweise
gestrafft wurden) sollen es dem SEMIT-Leser ermöglichen, sich aus der
Perspektive der israelischen Soldaten ein Bild zu machen von den unvorstellbaren
Verwüstungen und Zerstörungen im Gaza-Streifen, der völligen Missachtung
palästinensischen Lebens, dem Vandalismus und der Aufhetzung der Soldaten durch
Militärrabbis. Die meisten Soldaten, die sich an „Das Schweigen brechen“ gewandt
haben, taten dies aus großer Sorge wegen des „moralischen Verfalls der
israelischen Armee“. Im Vorwort zu den insgesamt 54 Interviews stellen die
Herausgeber fest, dass die in Gaza verübten Verbrechen nicht etwa Fehlleistungen
einzelner Soldaten waren, sondern logische Folge des Verhaltens der Armeeführung
und ihres „Wertesystems“. Für die Herausgeber ist es zudem eindeutig, dass der
offenkundige Verfall des „Wertesystems“ der Armee mit einem gesellschaftlichen
Werteverfall in Israel einhergeht.
-„Viele Dinge haben mich an der Operation „Vergossenes Blei“ gestört. Zunächst:
all diese Zerstörungen. All dieser Beschuss von Unschuldigen. Der Schock
festzustellen, mit welchen Leuten ich dabei zusammen war, wie sie sich benommen
haben. Unvorstellbar…. Der Hass, die Freude am Töten…Einer sagte: Ich habe einem
Terroristen den Kopf weggeschossen.“
-„Warum wurde weißer Phosphor (der schwerste
Brandverletzungen verursacht) verschossen? Weil es Spaß macht, cool ist“.
-„Die Verhaltensregeln für uns: Wenn sich etwas
bewegt, schießen. Schießt, wenn ihr wollt. Wenn ihr Angst habt oder jemanden
seht: schießt!“ Später: „Shoot
to kill!“. Und: „Den Soldaten wurde
klargemacht, dass ihr eigenes Leben das Wichtigste sei, und dass es nicht sein
dürfe, dass unsere Soldaten getötet würden, nur um im Zweifel das Leben von
Zivilisten zu schonen. Man hat uns erlaubt, zu schießen, um unser Leben zu
schützen“.
-„Ständig wurden in meinem Gebiet Häuser zerstört…
Wir sahen kein einziges Haus, das nicht zerstört war… Es sah aus wie in Filmen
über den 2. Weltkrieg, wo nichts mehr übrig geblieben war. Eine völlig zerstörte
Stadt“.
-„Der Brigadekommandeur ging soweit zu sagen, dass
keine Rücksicht auf Zivilisten genommen werden sollte. Ihr schießt auf jeden,
den ihr seht.“ „Gegenwärtig spielen humanitäre Überlegungen in der Armee keine
Rolle“.
Die nächtliche Ermordung eines etwa 60 Jahre alten
Palästinensers: „Nachdem wir ihn (ohne Vorwarnung) aus 20 Meter Entfernung
beschossen hatten, stellten wir fest, dass der Mann ein weißes Hemd und eine
flackernde Fackel trug. Die Schreie des Mannes werden mich noch länger
verfolgen. Nach zwei Tagen wurde die Leiche abgeholt“.
-Zu den Militärrabbis in der Armee: „Der Rabbi
erzählte uns, dass wir Israelis vier Feinde hätten: Iran, Hamas, die
Palästinensische Autonomiebehörde und die arabischen Bürger Israels. Diese hat
er tatsächlich unter Hinweis auf den Krieg als Feinde Israels bezeichnet… Er
sprach vom Heiligen Krieg. Er war darauf aus, die Männer zu inspirieren: mit
Mut, Grausamkeit, Aggressivität. Er gebrauchte Ausdrücke wie „keine Gnade, Gott
schützt euch, alles was ihr tut ist heilig.“
-Bericht über das Briefing durch einen
Batteriekommandeur: „Ihr sollt zwar kein Massaker durchführen, aber…“. In einem
weiteren Bericht heißt es: „Leider sind wir eine Demokratie, so dass wir Gaza
nicht so stark zerstören können, wie wir eigentlich möchten“. Und:
„Glücklicherweise sind alle Krankenhäuser in Gaza schon übervoll, so dass die
Verletzten schneller sterben“.
-„Der Batteriekommandeur sagte, dass es für Jeden
genügend Leute zum Töten gebe: „plenty of terrorists for everyone“. Und: „Keine
Sorge, wenn der Platz auf euren Gewehrkolben für Kreuze (für Erschossene) nicht
ausreicht, macht Kreuze auf euren Ärmeln“. Ein weiterer Soldat berichtete:
„Einer sagte, dass er aus dieser Operation nicht nach Hause gehe könne, ohne
irgendeinen getötet zu haben. Also tötete er irgendjemanden…. Er wollte eben
nicht mit leeren Händen nach Hause gehen“.
-„Wir sollten soviel wie möglich von der Umgebung
dem Erdboden gleichmachen. Das ist ein anderer Ausdruck für absichtliche
systematische Zerstörung… Ich habe noch nie eine solche Feuerkraft erlebt… Das
war eine ununterbrochene Zerstörung“. „Das Ausmaß der Zerstörung war
unglaublich. Kein Stein stand mehr auf dem anderen. Felder, Obstgärten,
Gewächshäuser. Alles verwüstet. Es ist schrecklich. Es ist surreal“.
„Ich hatte den Eindruck, dass die Armee in Gaza
etwas ausprobiert hat. Es gab keine Notwendigkeit für ein so intensives Schießen
und Bombardement, nicht für den Einsatz von Granatwerfern oder
Phosphormunition“.
-„Fast keiner hat je den Feind angetroffen. Auch
die Soldaten waren enttäuscht, dass sie kein Gefecht mit Terroristen hatten“.
- Zum Thema „Vandalismus“ der Soldaten in besetzten
Häusern: „Der Soldat zerriss die Schulhefte der Kinder. Ein anderer warf
Schränke um…. Einer schrieb „Tod den Arabern“ an die Wände…. Viele Soldaten
zerschossen aus Langeweile die Wassertanks auf den palästinensischen Häusern…
Einige zerstörten die ganze Zeit über alle möglichen Sachen. Sie warfen Sofas
aus dem Fenster. Sie zerschlugen Familienfotos. Sie wussten wirklich nicht,
warum sie all dies nicht tun sollten“.
-Antwort auf die Frage einer Interviewers, ob
verwundete Palästinenser während der humanitären Feuerpausen evakuiert wurden:
„Technisch gesehen ja, aber da gab es nicht viel zu evakuieren, weil es meistens
Tote gab, keine Verwundeten“.
„Es ist unmöglich, sich das Ausmaß des Leidens
vorzustellen, das wir (den Palästinensern) in Gaza zugefügt haben“.
Dieter Neuhaus
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