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Ein-Staaten
Lösung? - Zwei-Staaten Lösung?
Vom 26.
bis 28. November 2010 fand in Stuttgart unter
dem Titel "Getrennte Vergangenheit –
Gemeinsame Zukunft: Hindernisse und
Perspektiven für eine gerechte Lösung"
die Palästina-Solidaritätskonferenz
statt.
Im Vorfeld habe ich diese Konferenz
beworben, hab Videos und Reden
veröffentlicht. Meine Seiten sind für
jeden sinnvollen Gedanken offen, so auch
die unterschiedlichen Lösungen der
Staatenbildung.
Nachträglich wurde ein Schlussdokument veröffentlicht. Um
dieses Schlussdokument herum entstand eine - ausartende,
dogmatische, sektiererhafte - Diskussion über Die
Ein-Staaten Lösung, die Zwei-Staaten Lösung. Man glaubte,
die Ein Staaten Lösung erfunden zu haben.
Meinen
Widerspruch erregte dieses Schlussdokument und nachträgliche
Veröffentlichungen weil Nichtbefürworter der
Einstaatenlösung, die, die sich nicht eindeutig festlegen
wollten als angeblich Experten disqualifiziert wurden und
üble, unsolidarische Angriffe stattfanden.
Das von den Verfassern
und den Unterzeichnern erklärte
Einvernehmen über die Forderung einer
Einstaatenlösung:
"Am Ende der Diskussion bestand weit
gehendes Einvernehmen darüber, dass nur
die Schaffung eines gemeinsamen,
säkularen und demokratischen Staates auf
dem historischen Palästina mit gleichen
Rechten für alle Frieden und
Gerechtigkeit für PalästinenserInnen und
Israelis bringen kann - ein Staat, in
dem alle Menschen, gleich welcher
Religion und Herkunft, gleichberechtigt
zusammenleben."
und das ablehnen der
Zweistaatenlösung:
"Die große Mehrheit
stellte fest, dass das dogmatische
Festhalten an der Zwei-Staaten-Lösung
die tatsächlichen Realitäten ignoriert
und von einer falschen Parität zwischen
einer kolonialisierten und besetzten
Bevölkerung auf der einen Seite und
einem Kolonialstaat mit seiner
militärischen Übermacht auf der anderen
Seite ausgeht." weiter: "Die
Zwei-Staaten-Lösung kann zu nichts
anderem führen als der Vertiefung und
Zementierung der Ungleichheit."
führte zu einer
Diskussion die nachfolgend -
auszugsweise - dokumentiert wird. Die
Diskussion entstand nicht unbedingt
durch den Gegensatz, ja oder nein zur
Ein - Staaten - Lösungen oder zur Zwei -
Staaten- Lösung.
Mehr als
kritisierenwert sind die spalterischen
Formulierungen:
"dogmatische
Festhalten an der Zwei-Staaten-Lösung
die tatsächlichen Realitäten ignoriert"
noch mehr die Formulierung: "
Als in den anfänglichen
Diskussionstexten anerkannte Experten,
weil sie nicht einseitig einer Ein-Staat
Lösung vertreten wollten, diffamiert
wurden, man sie „Experten“ in
Anführungszeichen, Dogmatiker nannte,
weckte das zunehmend Widerspruch.
Das vorher nicht bekannte
Auftreten von Gilad Atzmon wurde sehr
kritisiert.
Auch hier:
Stellungnahmen zur
Stuttgarter Konferenz -
Frieden und Existenzrecht für Israelis
und Palästinenser - Was mit der vom 26.
bis 28. November 2010 in Stuttgart
durchgeführten Palästina-Konferenz
deutlich geworden ist - Resümee von
Anneliese Fikentscher und Andreas
Neumann - >>>
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30.12. 2010 -
1.1.2011 -
Wer verschanzt sich
eigentlich hinter dogmatischen Barrieren? -
Attia und Verena Rajab -
Palästinakomitee Stuttgart - (…) Ein Wort in eigener Sache:
Die OrganisatorInnen der Stuttgarter Konferenz haben einen
von sehr vielen als positiv empfundenen Beitrag zur
Solidaritätsbewegung geleistet. Auch die Stuttgarter
Erklärung ist inzwischen von 850 UnterstützerInnen
unterzeichnet worden, unter ihnen ist Richard Falk, der die
Erklärung sogar auf seiner Website veröffentlicht hat
(http://richardfalk.wordpress.com/). Jeder kann sich
vorstellen, dass die Konferenz eine lange und intensive
Vorbereitung erforderte. Umso enttäuschter sind alle
OrganistorInnen nun über eine wochenlang andauernde Debatte
mit schweren Vorwürfen, die von Personen geführt wird, die
nicht an der Konferenz teilgenommen haben. Dies hält die
Solidaritätsbewegung von wichtigen zukünftigen Aufgaben ab,
für die unter anderem auch die Konferenz Impulse gegeben
hat. Wir sollten nun endlich nach vorne schauen.Wir sind
davon überzeugt, dass die Stuttgarter Konferenz und
Erklärung mit ihren neuen Perspektiven sich auch in der BRD
durchsetzen werden, wenn dies auch mit langen und schweren
Geburtswehen verbunden ist. >>>
24.12.2010 -
Zu einer typisch deutschen Diskussion um
Palästina
-
Attia und Verena Rajab -
Palästinakomitee Stuttgart - Die Stuttgarter Palästina
Solidaritätskonferenz vom 26. bis 28. November 2010 hat in
erfolgreicher Weise Wege für die zukünftige
Solidaritätsarbeit beleuchtet. Unter dem Titel „Getrennte
Vergangenheit – Gemeinsame Zukunft, Hindernisse und
Perspektiven für eine gerechte Lösung“ referierten und
diskutierten PalästinenserInnen, Israelis, Deutsche und
AktivistInnen aus vielen anderen Ländern über die Frage
Rassismus und Apartheid, Unterstützung des palästinensischen
zivilen Widerstandes durch BDS und die Perspektive der
Ein-Staat-Lösung. Die Konferenz wurde von der Mehrheit der
TeilnehmerInnen als positiv empfunden, das
Abschlussdokument, die Stuttgarter Erklärung, haben eine
Woche nach ihrem Erscheinen 475 UnterstützerInnen aus der
Bundesrepublik und vielen weiteren Ländern unterzeichnet und
die Zahl wächst rasch. Trotzdem ist um die Stuttgarter
Erklärung eine Debatte entstanden, die kontraproduktiv
für die Bewegung werden kann. Zwar melden sich nur wenige
KritikerInnen zu Wort, doch sie führen die Diskussion umso
schärfer und mit diffamierenden Argumenten. >>>
Ein Staat, zwei Völker -
Der israelisch-palästinensische Antagonismus kann nur in
einem gemeinsamen demokratischen Staat aufgehoben werden
- Werner Pirker - In
Haifa, der stark arabisch geprägten israelischen Hafenstadt,
fand vom 28. bis 30. Mai die »Zweite Konferenz für einen
säkularen, demokratischen Staat im historischen Palästina
und das Recht auf Rückkehr« statt. Initiiert von der
jüdisch-arabischen Organisation »Abnaa el Balad« (Kinder des
Landes) zog die Veranstaltung, auf die drei Tage verteilt,
mehr als tausend Teilnehmer von allen fünf Kontinenten an.
Auf der Eröffnungsveranstaltung sprachen unter anderen Omar
Barghuti, Koordinator der internationalen Kampagne für
Investitionsstopp, Boykott und Sanktionen (BDS), Jamal Jumaa
von Stop the Wall, per Videoübertragung aus Gaza Haidar Eid,
Koordinator der Bewegung gegen die Blockade, Abd el Latif
Gheit, Vorsitzender der Gefangenenhilfsorganisation
»Adameer«, sowie der in London lebende israelische
Historiker Ilan Pappe. Ihnen ist die Einsicht gemeinsam, daß
die Möglichkeit einer Zweistaatenlösung, sofern sie
überhaupt erstrebenswert ist, von den zionistischen Eliten
vertan wurde und man deshalb auf die einfachere,
selbstverständlichere, nachhaltigere, vor allem aber
gerechtere unter den beiden Lösungen orientieren sollte: auf
die Schaffung eines demokratischen Staates für alle Bürger
auf dem Boden des historischen Palästina. >>>
Arbeiterfotografie zur Erklärung von Norman Paech -
20.12.2010 -
Lieber Norman, wir
verstehen Dich nicht. Es ist zwar richtig, daß Du auf der
Konferenz von der Unrealisierbarkeit der Ein- als auch der
Zwei-Staaten-Lösung gesprochen hast. Du hast dies aber auf
die Gegenwart bezogen, indem Du gesagt hast: "Alle beiden -
ob Ein- oder Zwei-Staaten-Lösung - halte ich im Augenblick
für gleich unrealistisch." Das sehen wir ähnlich. Und
nachdem Du die unterschiedlichen Positionen von Uri Avnery
und Moshe Zuckermann auf der einen und Ilan Pappe und Ali
Abunimah auf der anderen Seite angesprochen hast, hast Du
selber ganz klar mit folgenden Worten Stellung bezogen:
"Ich will ein Argument hinzufügen, warum
die Ein-Staaten-Lösung letzten Endes überzeugend ist...
für die jüdische Gesellschaft selber... Der Staat Israel
ist als kolonialer Fremdkörper in eine Umgebung
eingepflanzt worden - mit keiner Bemühung, sich
irgendwie zu integrieren. Wer sich in eine fremde
Umgebung hineinbegibt, der kann dort nur friedlich und
gleichberechtigt leben, wenn er bereit ist, sich in
diese Umgebung zu integrieren." Die arabischen Nachbarn
- hast Du gesagt - seien "nicht genetische Ungeheuer und
genetische Feinde, sondern [sind] nur deswegen Feinde,
weil hier ein Fremdkörper sich nicht intergrieren will.
Israel wird nur dann eine friedliche Zukunft haben, wenn
es bereit ist, sich dort zu intergrieren."
Und das war noch
nicht alles, was Du zu diesem Thema gesagt hast. Wir haben
aus Deinem Munde folgendes gehört:
"Die jüdische Gesellschaft wird nie
Frieden haben, wenn sie sich als eine ausschließlich
jüdische Gesellschaft versucht dort festzusetzen und
sich nicht zu intergrieren. (Applaus) Die Gefahr ist,
wenn man die Zwei-Staaten-Lösung als die endgültige und
einzige Lösung anerkennt, wie das so allgemein von
Merkel bis Gysi jetzt ist, daß dieses es der jüdischen
Gesellschaft nicht ermöglicht, sich wirklich zu
integrieren, wirklich gleichberechtigter, friedlicher
Partner mit der arabischen Gesellschaft zu sein."
Nun heißt es in
der Stuttgarter Erklärung zum Themenkomplex Ein- bzw.
Zwei-Staaten-Lösung:
"Die große Mehrheit stellte fest, dass
das dogmatische Festhalten an der Zwei-Staaten-Lösung
die tatsächlichen Realitäten ignoriert... Das Festhalten
an der Zwei-Staaten-Lösung verurteilt die
PalästinenserInnen mit israelischer Staatsangehörigkeit
dazu, als Bürger zweiter Klasse in ihrem angestammten
Land zu leben, in einem rassistischen Staat, der ihnen
nicht dieselben Rechte wie den jüdischen BürgerInnen
gewährt. Außerdem würde das Fortbestehen eines
zionistischen Staates den palästinensischen Flüchtlingen
aus dessen Territorium das international anerkannte
Recht auf Rückkehr verwehren. Die Zwei-Staaten-Lösung
kann zu nichts anderem führen als der Vertiefung und
Zementierung der Ungleichheit. Das Modell zweier nach
Ethnien oder Religionszugehörigkeiten getrennter Staaten
bedeutet ethnische Separation oder fundamentale
Ungleichheit innerhalb dieser Staaten... Am Ende der
Diskussion bestand weit gehendes Einvernehmen darüber,
dass nur die Schaffung eines gemeinsamen, säkularen und
demokratischen Staates auf dem historischen Palästina
mit gleichen Rechten für alle Frieden und Gerechtigkeit
für PalästinenserInnen und Israelis bringen kann - ein
Staat, in dem alle Menschen, gleich welcher Religion und
Herkunft, gleichberechtigt zusammenleben..."
Das widerspricht doch in keiner Weise Deinen
Ausführungen. Im Gegenteil: Du siehst - wie auch die
Stuttgarter Erklärung - im (dogmatischen) Festhalten am
Zwei-Staaten-Modell als der endgültigen und einzigen Lösung
eine Gefahr. Und noch mehr: Deine auf der Konferenz
vorgetragenen Argumente orientieren ganz klar auf die
Ein-Staaten-Lösung.
Nach Deinen Worten müsse zudem folgendes für uns im
Vordergrund stehen: "Beseitigung der Besatzung, vollkommene
Gleichstellung der Palästinenser und die Anerkennung des
Rückkehrrechts derjenigen, die vertrieben sind." Auch das
entspricht doch genau dem, was in der Stuttgarter Erklärung
zu lesen ist. Die liest sich so, als seien Deine Äußerungen
fast 1:1 übernommen. Dort werden die Ziele wie folgt
formuliert:
-
Das Ende der israelischen Besatzung und
der Kolonialisierung allen arabischen Landes wie auch
der Abbau der Apartheid-Mauer
-
Israels Anerkennung der fundamentalen
Rechte der arabisch-palästinensischen Bürger Israels zu
voller Gleichberechtigung und
-
Israels Respekt, Schutz und die
Unterstützung der Rechte der palästinensischen
Flüchtlinge, in ihre Häuser und zu ihrem Eigentum
zurückzukehren, wie es in der UN Resolution 194
vorgesehen ist“
Eine größere Deckungsgleichheit der
Forderungen kann es doch fast nicht geben. Und deshalb
verstehen wir Deine Distanzierung von der Stuttgarter
Erklärung ("Sie ist nutzlos, da sie nicht auf der
Tagesordnung steht... Unterschriften... bewegen nichts")
überhaupt nicht. Was ist passiert?
Und dann hast Du noch gesagt - bezugnehmend auf den Umstand,
daß Du nicht mehr der Bundestagsfraktion der Partei DIE
LINKE angehörst: "Jetzt bin ich befreit von dem politischen
Gefängnis." Das würden wir uns wirklich wünschen. Es geht um
den Entwurf einer Vision - unabhängig von ihrer momentanen
Realisierbarkeit. Das leistet die Stuttgarter Erklärung ganz
vorzüglich. Du hast bewiesen, daß Du die gleiche Vision
hast. Und wir sehen keinen Grund, warum wir uns nicht alle
diesbezüglich einig sein sollten...
Mit besten Grüßen
Anneliese und Andreas
Leserzuschriften zum
kurzen Mailwechsel -
Thomas Immanuel Steinberg - „Schafft zwei, einen oder gar
keinen Staat...“
vom 19. Dezember 2010 - Auswahl von Auszügen,
.doc-Datei. >>>
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21.1.2011 -
Die Mär vom „Paradigmenwechsel“ im
Nahostkonflikt
- Dr. Ludwig Watzal - Die Debatte um
Sinn oder Unsinn einer Einstaatenlösung als
„Königsweg“ zur Lösung des Nahostkonflikts,
wie sie von der so genannten Stuttgarter
Erklärung vertreten worden ist, geht in die
nächste Runde. Kein geringerer als der
Historiker und Politikwissenschaftler Ilan
Pappé ist der deutschen Szene intellektuell
beigesprungen, um zu retten, was noch zu
retten ist. Die Kritik an der so genannten
Stuttgarter Erklärung, in der eine
Einstaatenlösung als Ziel für die Lösung des
Nahostkonflikts angestrebt und dafür die
BDS-Kampagne als Vehikel in Anspruch
genommen wird, wurde als unredlich und
dogmatisch kritisiert sowie als „Utopie“ be
zeichnet, die nicht Grundlage einer
aktuellen und notwendigen Kampagne sein
kann, die den zionistischen Staat Israel
unter Druck setzen und das
Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser
befördern möchte. Den Vertretern einer
Zweistaatenlösung wurde im Gegenzug ein
dogmatisches Festhalten an der
Zweistaatenlösung von den Verfassern/Innen
attestiert, was auch vonseiten Ilan Pappés
wiederholt wird, indem er deren Befürwortern
ein „orthodoxes Herangehen“ attestiert. Die
Utopie einer Einstaatenlösung wird jetzt
wissenschaftlich überhöht, indem man sie in
den Status eines „Paradigmenwechsels“
erhebt, sie quasi damit gegen Kritik
„immunisiert“ und als nicht mehr
hinterfragbar erklärt. Dabei ist die Idee
der Einstaatenlösung ein uralter Hut und
historisch gescheitert. >>>
Es ist nicht unsere Debatte.
- Abraham Melzer - Es ist die Debatte
der Palästinenser und wir können und wollen
es ihnen auch nicht abnehmen. Und es ist
übrigens auch die Debatte der Israelis, denn
wir können auch nicht über deren Kopf hinweg
entscheiden und schon gar nicht
Entscheidungen durchsetzen. Also was soll
das Ganze? An wen soll diese sogenannte
Resolution, auch wenn sie inzwischen von 900
Menschen unterschrieben wurde, gesandt >>>
Zur
„Vision“ einer
Einstaatenlösung
- Dr.
Ludwig Watzal - Die
Stuttgarter-Konferenz von
Ende November und die
darauffolgende „Stuttgarter
Erklärung“
haben sich als das entpuppt,
was Kritiker befürchtet
haben, und zwar als Dokument
der Spaltung der
zivilgesellschaftlichen
Solidaritätsbewegung in so
genannte Visionäre und alte
„Experten“, die man hinter
sich lassen müsse.
>>>
Stellungnahme zum
Text vom 24.12.2010 -
von Dr. Ludwig Watzal:
(...) Ich nehme kein einziges Wort meiner
sachlichen Bewertung dieses Dokumentes
zurück, weise aber die zahlreichen falschen
Behauptungen und Unterstellungen in ihrem
Beitrag zurück. So findet sich in meinem
Beitrag >>>
Wider die
Einstaatenlösung als Dogma
- Dr. Ludwig Watzal Als ich am 24. Dezember
2010 die emotionsgeladene Stellungnahme von Attia und Verena
Rajab gegen meinen Beitrag „Ein- oder Zweistaatenlösung für
Palästina?" auf der Website „Palästina-Portal“ gelesen
hatte, habe ich eine kurze Erwiderung verfasst, weil ich es
unter meinem Niveau empfinde, mich mit einem solch
indiskutablen Text auseinanderzusetzen. Dieser >>>
Ein- oder
Zweistaatenlösung für Palästina?
-
Dr. Ludwig Watzal - (...) Die Debatte
um eine Einstaatenlösung ist fast so alt wie
der Konflikt selber. Nicht erst die
Unterzeichner der „Stuttgarter Erklärung“
haben dies entdeckt >>>
Abstraktes Postulat
- Debatte. Die Forderung nach einem
gemeinsamen Staat für Israelis und
Palästinenser geht an der politischen
Realität des Nahen Ostens vorbei
- Moshe Zuckermann *Der
Rückzug aus den besetzten Gebieten, mithin
die Zweistaatenlösung, ist in der
gegenwärtigen geschichtlichen Phase - bei
allen damit einhergehenden Konflikten,
Zerrissenheiten und kollektiven
Verlustängsten - unabdingbar. Seine
Notwendigkeit liegt auf der Hand. Fraglich,
ob sich dafür eine genügend starke und
bewußt agierende israelische Führungsgestalt
finden läßt, die dies Notwendige rigoros zu
vollziehen vermöchte. Eine, die es war, hat
ihre Mission mit dem Leben bezahlt; eine
andere, die es hätte vielleicht werden
können, liegt seit vielen Monaten im Koma.
Aber selbst eine starke politische Führung
wird sich kaum zu bewegen wagen, wenn sich
die israelische Bevölkerung dem, was zur
Zeit noch den allermeisten in ihr als
bedrohliche Sackgasse anmutet und sie in
paralysierter Stagnation verharren läßt,
nicht stellt, um die Herstellung der
historisch möglichen Grundlagen für ihre
eigene staatliche Fortexistenz einzufordern
und diese zu garantieren. >>>
PR-Feldzug gegen Zwei-Staaten-Lösung
-Thomas Immanuel Steinberg - Eine Ha'aretz
zufolge geheime Depesche des israelischen
Außenministeriums weist alle Geschäftsträger
im Ausland an, mit Public-Relations-Mitteln
gegen eine drohende Proklamation Palästinas
als Staat vorzugehen. Zielpersonen seien
Regierungschefs, Außenminister und
Parlamente in der Welt. Die Kampagne habe
sich vornehmlich zu richten gegen das
palästinensische Streben >>>
Norman Paech -
Erklärung
vom 20.12.2010
-
Liebe Freundinnen und Freunde, seit kurzem
erhalte ich mails, die mich auffordern, die
Stuttgarter Erklärung zu unterschreiben,
andere warnen mich davor. Da ich durch den
wildwuchernden Mail-Verkehr nicht mehr
durchschaue, möchte ich noch einmal meine
Entscheidung kurz erklären, warum ich die
Stuttgarter Erklärung angesichts dieser
Diskussion nicht unterschreibe.
Wie ich schon auf der Konferenz gesagt habe,
halte ich die Ein- wie auch die
Zweistaatenlösung derzeit gleichermaßen für
unrealistisch. Israel wird das
Besatzungsregime mit all seinen Verbrechen
und Zerstörungen weiterführen, geduldet von
den USA und den Staaten der EU. Unsere
Haupt- und dringendste Aufgabe ist es daher,
diese Besatzung, den Kern allen Übels, zu
beseitigen. Dieses haben wir vor allem
gegenüber unseren eigenen Regierungen
durchzusetzen. Dazu haben wir uns auf die
BDS-Kampagne zu konzentrieren, um den Druck
auf die israelische Regierung zu erhöhen.
Dies allein wird noch erhebliche
Aufklärungsarbeit und Anstrengung in unserer
Gesellschaft erfordern.
Erst wenn die Besatzung aufgehoben ist, wird
sich das Problem stellen, in welcher
staatlichen Organisation Juden und Araber in
Palästina miteinander leben wollen. Doch das
ist allein ihr Problem, welches wir jetzt
nicht mit dogmatischen Positionen zu
bestimmen haben. Wenn derzeit in der
israelischen wie palästinensischen
Diskussion die Ein- bzw. Zwei-Staaten-Lösung
erwogen wird, so haben wir ihr zunächst
aufmerksam zu folgen, mit mehr Sympathie für
die eine oder andere Lösung. Eine
Dogmatisierung eine der beiden Positionen,
wie sie in der jetzigen Diskussion erfolgt,
vermag allenfalls die Solidarität mit den
Palästinensern zu spalten und den primären
Kampf gegen die Besatzung zu schwächen -
trotz aller Freundschaftsbekundungen. Wer
der Meinung ist, dass der Kampf gegen die
Besatzung nur auf der Basis einer der beiden
Staatslösungen richtig und wirksam zu führen
ist, sollte sich ernsthaft fragen, ob er
damit nicht schon die Ohnmacht der Bewegung
durch ihre Spaltung hervorruft.
Ich weiß nicht, warum eine
Abschlusserklärung auf der Konferenz
versäumt worden ist. Der Versuch, sie jetzt
nachzuholen, hat sie vollkommen
verselbständigt und ganz unabhängig von der
Konferenz zum Forum eines allgemeinen
Glaubenskrieges gemacht. Sie ist nutzlos, da
sie nicht auf der Tagesordnung steht. Denn
das offizielle Bekenntnis zu einer
Zwei-Staaten-Lösung durch Israel, PLO, USA
und EU wird durch ihre Praxis forcierter
kriegerischer Besatzung ad absurdum geführt.
Und das Gegenbekenntnis zu einer Ein-Staaten
Lösung wird unter den Bedingungen
fortdauernder Besatzung nur noch schärfere
Apartheidsbedingungen herbeiführen.
Ich habe nichts dagegen, wenn die
gegenwärtige Version der sog. Stuttgarter
Erklärung so in die Medien eingeht, wie sie
dort schon zitiert wird. Aber verlangt bitte
keine Eidesleistung in Form von
Unterschriften. Sie bewegen nichts. Man wird
an ihnen höchstens später einmal erkennen,
wer nicht unterschrieben hat. Unsere Aufgabe
ist die Bewegung gegen die
völkerrechtswidrige und unmenschliche
Besatzung und dafür brauchen wir Einigkeit.
Mit solidarischen Grüßen Norman Paech
Knut Mellenthin -
Streit um den Jackpot - Anerkennung eines
palästinensischen Staates – oder Verewigung
der israelischen Besatzung und Annektion
Lieber Thomas, mit Schrecken habe ich sowohl
die Stuttgarter Erklärung als auch die
Auseinandersetzung darum zur Kenntnis
genommen. Um aber kein Missverständnis
zuzulassen, schicke ich als persönliche
Anmerkung voraus, dass der Kommunistische
Bund ("Arbeiterkampf") sich schon nach dem
Oktoberkrieg von 1973 in einer Art
programmatischer Erklärung für einen
einzigen multinationalen Staat im ehemaligen
britischen Mandatsgebiet ausgesprochen hat.
Verfasst war diese Stellungnahme von mir und
einem weiteren leitenden Genossen. Einiges
von unserer Position verdankten wir der
Gruppe Matzpen, für die sich damals meiner
Erinnerung nach auch Daniel Cohn-Bendit
einsetzte, und einer noch kleineren Gruppe,
die sich Ma'avak nannte, wenn ich nicht
irre. Sie stand in näherem Zusammenhang mit
der "Red Front", >>>
Leserzuschriften zum
kurzen Mailwechsel -
Thomas Immanuel Steinberg - „Schafft zwei, einen oder gar
keinen Staat...“
vom 19. Dezember 2010 - Auswahl von Auszügen,
.doc-Datei. >>>
Stuttgarter Erklärung -
Viktoria
Waltz
-
An die Erklärer und
Unterschreiber, warum unterschreiben
um jeden Preis nicht gut ist: tut
mir leid, ich finde die
Angelegenheit eine dumme Vermischung
von einer! Einstaatenlösung mit den
notwendigen Forderungen nach
Einhaltung der Beschlüsse und
Menschenrechte und des Boykotts etc.
. Dies bringt eine zusätzliche
Spaltung der Bewegung und ist
Bevormundung sowohl des
palästinensischen Widerstands als
auch der Solidaritätbewegung und das
finde ich nahezu kriminell - wo die
Bewegung sowieso schwach ist und der
Gegner so immens aktiv und stark und
sich gerade wieder neue Finanzen auf
seine Konten scheffelt um noch mehr
Propaganda für Israel machen zu
können. Ich bin echt sauer und hatte
schon ein merkwürdiges und nun
scheints richtiges Gefühl bei der
Stuttgarter Initiative, die sich
ziemlich plötzlich als nationale
Konferenz auszuwachsen schien mit
dieser Einbahnschiene - ein Coup.
Dabei hätten wir
wirklich nichts dringenderes
notwendig als eine nationale
Konferenz, die die
international anerkannten Rechte als
Basis geltend macht und unsereren
Machthabern vorhält. Ich kann mir
auch nicht denken, dass Ilan Pappe
damit so einverstanden sein kann,
der da im Textgemisch wie ein Zeuge
gehandelt wird, denn in München 2009
hat er noch etwa gesagt, ...welche
der Lösungen richtig ist sei nicht
die zentrale Frage und auch nicht
von hier aus entscheidbar - (man
kann sicher alles diskutieren, aber
sich festlegen?) - wichtig sei,,
dass Israel seinen Part mache,
zurückgehe auf vor 67, die eigene
Verantwortung an der Nakba und das
dadurch geschaffene
Flüchtlingsproblem anerkenne und
erst dann auf gleicher Augenhöhe
verhandeln könne... Ich kann mir
nicht vorstellen, dass Pappe jetzt
n u r die Einstaatenlösung als
Basis der Unterstützungsarbeit
propagiert hätte. Wer ist da denn
wirklich dahinter? Fraktionen? Das
ist doch tödlich. So viel Erfahrung
dürften Linke doch inzwischen haben,
dass sowas nur den Gegnern in die
Hände spielt.
Es wäre nicht
schlecht gewesen, wenn mehr
Palästina-Freundinnen und Freunde
und die Linke Presse sich
Finkelstein in Berlin angehört
hätten - ein sachlicher Aufruf, sich
auf die Menschenrechtsverletzungen
Israels zu konzentrieren und deren
Einhaltung gegenüber den Regierenden
und Regierten ins Zentrum der
Forderungen und Beweismaterialien zu
rücken - Meinungen und Wünsche
und wie auch immer berechtigte
moralische Zurechtweisungen der
Palästinensischen Führung und aller
anderen bringen es nicht. Aber alle
wollen ja gern unterschrieben, weil
ja auch Richtiges drinsteckt - aber
es wirkt für einige andere
ausschließend und das kann sich die
Bewegung nun wirklich nicht leisten.
Gruß Viktoria Waltz
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