*Eine
abnormale Normalisierung*
Palestine Update Nr. 417 – 3. Nov. 2020
Kommentar - Ranjan Solomon - Wie bezeichnest Du ein
„Normalisierungs-Abkommen“, das mit einer Hand für das Ende der
Feindschaften unterzeichnet wird und stimmst gleichzeitig für
einen Bewaffnungs-Vertrag, noch bevor die Tinte auf dem ersten
Abkommen trocken ist?
Die Diplomatie hat außerirdische Formen angenommen. Der „Deal of
the Century“ ist immer schon einen Zig-zag-Kurs gegangen. Jetzt
hat er sich drei Opfer mit einer Geste und dem Zugeständnis
besonderer politischer und wirtschaftlicher Vorteile
eingefangen. UAE, Bahrain und der Sudan sind direkt in die
Fallen gegangen, die ihnen USA und Israel gestellt haben.
Das politische
Flüstern behauptet, weitere fünf Länder haben sich angestellt,
um auf der gestrichelten Linie zu unterzeichnen, wenn sie
igendwie „Big Daddy“ Trump in das Weiße Haus schieben können.
In der Tat, so geht
die zweifelhafte Geschichte: Wenn Trump’s Sieg nur sicher
geworden wäre, hätte sich sogar die Arabische Liga mit Israel
und USA in einen Handel eingelassen, der alle anderen
Verhandlungen beiseiteschieben würde. Wenn alles fair zugeht im
Krieg und in der Liebe, muss auch in der heutigen Politik alles
ein faires Spiel sein. Man hat die politische Ethik ihre
unterste Ebene berühren gesehen. In der USA und in Israel sind
es die Faschisten. In den arabischen Ländern, die sich
angeschlossen haben, sind es entschiedene Diktatoren, die für
die Demokratie nichts als Verachtung übrighaben. Das Wort
„Politik macht seltsame Bettgenossen“ hat sich ohne Zweifel im
Falle Israel-Arabien bewahrheitet.
Wie fühlt es sich in diesen Zeiten an, ein Palästinenser zu
sein? Moral – ganz unten! Eine lustlose palästinensische
Führerschaft hat nie die wirkliche Absicht gezeigt
zurückzuschlagen, präventiv vorzugehen oder wenigstens den Feind
mit Gegenoffensiven zu sekkieren oder zu verunsichern. So wird
das
in „792mag.com“ dargestellt:
„Das Schlüsselziel dieser neuen Allianzen ist es, die
Palästinenser unter Druck zu setzen, ihre zentralen politischen
Forderungen einzukellern – Forderungen, die im Völkerrecht und
in UN-Resolutionen verankert sind! Soweit die israelische
Regierung es sich vorstellt, sollten sich die Palästinenser wie
UAE, Bahrain und Sudan einlassen auf „Frieden für Frieden“,
wobei keine Gebiete zurückgegeben würden, kein Teil von
Jerusalem, und die Militär-regierung würde kein Ende haben und
es würde keine Repatriierung für Flüchtlinge geben.“
Viele der Nachrichten in dieser Ausgabe von Palestine Updates
sind herabsetzend. Jedoch, so lange der Krieg von der Partei
nicht gewonnen ist, die angegriffen wurde, kann er auch verloren
werden von der Partei, die angegriffen hat. Schließlich hat
nichts von den „Normalisierungs-Deals“ etwas von Moralität an
sich. Korrupte, grausame Diktaturen haben jetzt dem
faschistisch-rassistischen Israel ihre Hand gegeben, und sie
könnten sich alle bald ihre Finger verbrennen, während sie
Händchen halten. Ranjan Solomon
*Wie Israels Reihe von Friedens-Abkommen einen
Waffen-Wettlauf im Mittleren Osten veranlasst*
Israel hat während der letzten 6 Wochen drei
Friedens-Übereinkommen mit Ländern mit arabischer oder
muslimischer Mehrheit erzielt. Inzwischen wird berichtet, dass
weitere fünf Länder auf dem Weg sind, Vereinbarungen mit Israel
zu unterzeichnen, sagen US-Präsident Donald Trump und der
israelische Premierminister Benjamin Netanyahu. … Zurzeit werden
diese Vereinbarungen begleitet von zunehmenden israelischen
Verteidigungsausgaben. Perverser Weise haben diese einen
Wettlauf von neuen Waffen zwischen Israel und seinen neuen
Partnern im Golf geschaffen, der die US-Waffenindustrie zu
bereichern verspricht. Die Bestätigung könnte möglicherweise am
Montag, 9. November, herauskommen, wenn das Ministerkomitee für
Beschaffung zu einer Besprechung der Ergebnisse des
Washington-Trips von Verteidigungsminister Benny Gantz
zusammentritt, nämlich einer Liste von Luftwaffen- und anderem
Rüstungsmaterial, das die Vereinigten Staaten großzügigerweise
Israel zu kaufen erlauben. Die Einkaufsliste ist die
Kompensation für Israels Zustimmung zu einem Deal der USA mit
UAE zum Verkauf von modernisierten F-35 Kampfflugzeugen.
Lesen
Sie mehr
VIDEO
- Wie israelische Friedensabkommen ein Wettrüsten auslösen
könnten
*Der Mufti von Jerusalem sagt, Besucher von UAE
sind „nicht willkommen“ wenn sie aufgrund der
Normalisierungsverbindungen mit Israel kommen*
Nach Angabe der
Nachrichtenagentur WAFA sagte der Mufti von Jerusalem und Sheikh
Muhammed Hussein am Donnerstag, dass Besuche im
Al-Aqsa-Moschee-Komplex von Bürgern aus UAE und Bahrain, die in
Israel als Teil von Übereinkünften, die palästinensische Führer
ausschließen, „nicht willkommen“ sind. Er setzte dazu, dass sie
den „Soldaten der Okkupationskräfte und Siedlern“ als ebenbürtig
betrachtet werden und unterstrich, dass nur Pilger in der
Al-Aqsa-Moschee willkommen sind, die „die arabische und
islamische Rechtmäßigkeit nicht in Frage stellen“ und nicht
jene, „die durch die Normalisierung mit den Besatzungsbehörden“
kommen würden. Mit der Unterzeichnung von Übereinkommen zwischen
Israel und den UAE für Direktflüge zwischen den beiden Ländern,
was auch eine Visumsbefreiung für das Betreten des Landes
enthält, planen zahlreiche Touristen vom Golf einen Besuch im
Al-Aqsa-Moschee-Komplex. Jerusalems Vizebürgermeister(in?) Fleur
Hassan Nahum kam kürzlich von Dubai zurück und fragte bei der
Regierung nach, um die Sicherheitsmaßnahmen in dieser Region zu
erhöhen. *Quelle
*US-Gerichtshof gewährt pro-palästinensischer
Gruppe im Terrorfall rechtlichen Sieg*
„Ein Bundesgericht
in Chicago verfügte am Dienstag, dass die beiden Gruppen –
American Muslims for Palestine (AMP) und Americans for Justice
in Palestine (AJP) – nicht belangt werden können zur Bezahlung
von $ 156 Millionen Schadenersatz an Stanley und Joyce Boim.
Dem Ehepaar war
nach einem Gerichtsbeschluss 2004 die Summe für ihren Sohn David
Boim zugesprochen worden, der an einer Bushaltestelle nahe
Jerusalem 1996 tödliche Schussverletzungen erhielt…
Nach einem
dreijährigen Rechtsstreit entschied das Gericht in Chicago
zugunsten von AMP und AJP und stellte fest, dass die Boims keine
konkreten Beweise dafür lieferten, dass die beiden
Organisationen mit den nicht mehr existierenden Gruppen in
Verbindung standen".
Quelle
*‘Boykottiert französische Produkte‘ – Grund:
Macron’s Islam-Kommentare*
Verschiedene arabische Handelsgesellschaften haben Boykott von
französischen Produkten als Antwort auf kürzlich von Präsident
Emmanuel Macron geäußerte Kommentare über den Islam angekündet.
Kürzlich hat Macron seine Absicht erklärt, gegen den „Islamistischen
Separatismus“ vorzugehen, der, wie er sagte, gedroht hatte, die
Kontrolle über einige muslimische Gemeinden überall in
Frankreich an sich zu nehmen. Seine Rückendeckung für Satiren
produzierende Gruppen, die Karikaturen des Propheten Muhammad
veröffentlichen, hat zu einer Kampagne in den Sozialen Medien
geführt, die den Boykott französischer Produkte in Supermärkten
in arabischen Ländern und in der Türkei forderten.
Hashtags wie die #BoykottFrenchProducts in Englisch und der
arabische #NeverTheProphet reichten bis in Länder wie Kuweit,
Qatar, Palästina, Ägypten, Algerien, Jordanien, Saudi- Arabien
und die Türkei. In Kuweit beschlossen der Vorsitzende und das
Direktorium der Al-Naeem Cooperative Society, alle französischen
Produkte zu boykottieren und sie aus den Regalen der Supermärkte
auszuräumen. Die Dahiyat al-Thur Gesellschaft führte den
gleichen Schritt durch, indem sie sagten: „Aufgrund der Stellung
des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und seiner
Zustimmung zu den verletzenden Cartoons gegen unseren geliebten
Propheten beschlossen wir, alle französischen Produkte vom Markt
und seinen Zweigstellen zu entfernen bis zu einer weiteren
Nachricht.“
Quelle
*Mit oder ohne Flügen nach Abu Dhabi:
Israel hat die Westbank schon lange annektiert*
Als Teil seiner
Normalisierung der Beziehungen zu den Vereinigten arabischen
Emiraten hat Israel beschlossen – wenigstens für die nächste
Zeit – die Westbank nicht offiziell zu annektieren … und mit der
‚de facto’ Annexion so zu verbleiben. Der Aufschrei über die
offizielle Annexion ist still geworden, die internationale
Gemeinschaft hat einen Seufzer der Erleichterung von sich
gegeben – und die Palästinenser bleiben unter der Okkupation
unterdrückt, während Israel fortfährt, Tatsachen am Boden zu
produzieren, ohne irgendeinen Preis dafür zu bezahlen.
In “Die
Annexion, die immer war – und immer noch ist“ einem
neuen Positionspapier, das heute (3. November) von der
israelischen Menschenrechts-Organisation
B’Tselem herausgebracht wurde, wird beschrieben, dass Israel
auch ohne formelle Annexion die Westbank als sein souveränes
Gebiet behandelt, indem es einseitig seit Jahrzehnten daran
arbeitet, die israelische Kontrolle einzurichten und über das
Gebiet andauernd zu machen. Das Papier führt die vielen Wege
auf, durch die das Westbankgebiet bereits ‚de facto‘ annektiert
ist, und führt Schlüsselbespiele an, wie Israel mit seiner
Politik auch heute noch weiter daran arbeitet, nachdem die
Möglichkeit einer offiziellen Annexion bereits vom Tisch ist.
Unterstützer der Annexion und einige Verleumder bleiben dabei,
dass eine offizielle Annexion Israel von den Restriktionen
befreien würde, die ihm durch das Völkerrecht auferlegt sind,
und die ihm gestatten würden, das israelische Gesetz in der
Westbank anzuwenden und ihm helfen würde, seine Ziele zu
erreichen. Jedoch hat bis heute – nach mehr als 50 Jahren –
Israel sich nicht eingeschränkt gefühlt durch die Angaben von
Seiten des Völkerrechts, einschließlich der Grundsätze für das
Besetzungsgesetz, das erarbeitet worden war, um die
Palästinenser zu schützen.
Die Wirklichkeit, die Israel in der Westbank geschaffen hat,
kann nicht als „temporär“ bezeichnet werden – im Gegensatz zu
den Grundsätzen der Gesetze der Okkupation. Durch seine
Raumordnung hat Israel die Landkarte der Westbank radikal
verändert, damit sie zu seinen Interessen zu passen,
Nachbarschaft für die Siedlungen zu schaffen und die
Palästinenser in Flecken von isolierten, übervölkerten Enklaven
zu stoßen.
Quelle
Die Widerstandsgeschichte Gazas in der
Darstellung
von Ramzy und Zarefah Baroud
Der Gazastreifen wurde zu einer israelischen Schlachtzone
umfunktioniert, mit dem ausgesprochenen Ziel, den
palästinensischen Widerstand niederzuschlagen. Israelische
Waffen, die meisten davon von Washington aus Gefälligkeit
erhalten, haben Gaza seit mindestens 14 Jahren in das größte
Freiluftgefängnis der Welt verwandelt. Weder Gefängnis noch
Belagerung haben den Kampf der Palästinenser um Freiheit beenden
können. Palästinenser in Gaza sind - wie überall sonst –
entschlossen, ihre Rechte zu fordern, egal, wie hoch der Preis
ist. Die vorliegenden Fakten rühren an die Geschichten realer
Palästinenser, die einen hohen Preis für ihren Widerstand in
allen seinen Formen bezahlt haben.
Verfolgen Sie diese anregende Konversation >>>
Der Spruch des Obersten Gerichtshofes zu
palästinensische Hungerstreiker ist keine Überraschung.
„Die Anzahl der
Administrativhäftlinge ist nunmehr über die letzten paar Jahre
mehr oder minder konstant geblieben – ungefähr 350. Das ist ein
bequemes Arrangement: Es erspart dem System das Kopfzerbrechen,
einen Militärgerichtshof einzuberufen, Zeugen aufzurufen,
Beweisstücke vorzubereiten, die Leute zu bewegen.
Aber darüber kann
man nicht offen reden. Sogar im heutigen Israel, das
selbstzufriedener ist als je in Bezug auf die Konsequenzen
seines Regierens über ein anderes Volk, kann Shin Bet nicht
offen erklären, dass es das ist, was Sicherheitskräfte in jedem
militärischen, diktatorischen und autoritären Regime tun, das
über Untertanen regiert, die es nicht gewählt haben.
Daher führt sich
Shin Bet auf wie ein allwissender Gott. Und mit Gott kann man
nicht streiten. Als ein allwissender Stamm wusste Shin Bet
anfangs Oktober, dass Ahkras (Anm.: al-Akhras hat soeben nach
einem Hungerstreik von 100 Tagen abgebrochen) nach dem 26.
November keine Gefahr für die Sicherheit mehr darstellen würde.
Wieso?
Am 12. Oktober
schlug er vor, dass er seinen Hungerstreik beenden würde im
Austausch für das Versprechen, ihn in zwei Monaten zu entlassen,
außer es zeigten sich „neue Informationen“ über ihn. Akhras wies
das Angebot zurück, und es geschah kein Wunder. Offensichtlich
wunderten sich die Richter nie, welches Sicherheitsrisiko ein
Auslaufdatum enthält.“
https://www.haaretz.com/opinion/.premium-israeli-high-court-s-ruling-on-palestinian-hunger-striker-is-no-surprise-1.9266484
Das israelische Recht ist die neue Vision der
jüdischen politischen Überlegenheit.
Viele Kommentatoren glauben, dass während des letzten Jahrzehnts
ein neuer Trend innerhalb des dominanten Stroms der israelischen
politischen Rechten aufgetaucht ist: Die Nation ist jetzt mehr
als das Land im Herzen des Diskurses des rechtslastigen Flügels.
Der Diskurs über das Land, der Groß-Israel betrifft – dass der
Staat Israel zur Gänze das Land zwischen dem Jordanfluss und dem
Mittelmeer kontrollieren sollte – ist schwächer geworden zu
Lasten eines nationalistischen und ethnozentrischen Diskurses.
Und obwohl das Siedler-recht diese Narrative nicht begonnen hat,
hat es diese in den vergangenen Jahren beträchtlich angestoßen.
Das hat sich in der Weiterentwicklung der anti-demokratischen
Gesetzgebung, der Ablehnung palästinensischer Bürger von Israel
und linkslastiger Organisationen und Aktivisten manifestiert,
und fördert die Idee des „Jüdischen Staates“. Ein Aufgebot von
rechten Organisationen – einschließlich dem ‚Institut für
zionistische Strategie‘ (2005) ‚Im Tirzu‘ (2006), ‚The Jewish
Statesmanship Center‘ (2007), ‚My Israel‘ (2010), ‚Kohelet
Forum‘ (2012) und anderen, die im Schatten der Zweiten Intifada
und der Abriegelung von Gaza gebildet wurden, trugen bei zu
dieser Bewegung. Die Spitze dieses Prozesses war die Annahme des
„Jewish Nation-State Law“ (Gesetz über den jüdischen
Nationalstaat) in der Knesset im Juli 2018.
https://www.972mag.com/israeli-right-jewish-supremacy-segregation/
(Übers.: Gerhilde Merz)
Quelle Update
|
Richard Falk: Ein Bürgerpilger auf der Suche nach
Gerechtigkeit und Frieden wird 90
Jan Oberg - 13. November 2020
Letzten Monat
feierten wir Johan Galtung mit 90 Jahren. Und heute Richard Falk
mit 90 - beides weltbekannte, mega-produktive Gelehrte, die
ruhelos nach Wegen suchen, die Welt zu einem friedlicheren Ort
zu machen. Und beide TFF-Mitglieder, Mentoren und Freunde der
Gründer, noch bevor wir 1985 den TFF gegründet haben.
Als Student der Soziologie, des Friedens und der
Weltangelegenheiten in den 1970er Jahren fühlte ich mich zu
Falks bahnbrechenden Schriften und Lehrbüchern hingezogen - und
zu dem "relevant utopischen" Weltordnungsmodellprojekt WOMP, an
dem er beteiligt war. Ich traf ihn dann 1980 in Lissabon bei
einem Treffen zu diesem Projekt und profitiere seither von
seinen akademischen/juristischen Perspektiven, seinem
Friedensdenken und seinem anspruchsvollen, elegant komplexen
Schreibstil.
Richard Falk mit einigen seiner vielen Bücher,
März 2018, am Hauptsitz der TFF
Um diese von Herz und Hirn gefühlte Hommage zu schreiben, ging
ich zunächst in die Sektion "Schätze" von TFF Associate
1998-2005 zurück und fand 43 Artikel von Richard. Dann ging ich
auf die Homepage des TFF - 2006-2012 und fand 46 Artikel von
ihm. Wenn ich den TFF Associates-Blog 2012-2017 fortsetze,
stelle ich fest, dass wir in diesen fünf Jahren nicht weniger
als 243 Artikel von Richard veröffentlicht haben. Und
schließlich zu unserer heutigen Website, The Transnational from
2018, wo es etwa 50 gibt.
Insgesamt sind es mehr als 380 Theorien, Visionen, Kommentare,
Analysen und Diskussionsbeiträge. Obwohl dies nur ein Bruchteil
seiner Gesamtproduktion ist, erlaube ich mir, dieses
Publikationsergebnis als ein bescheidenes Zeichen meiner tiefen
Dankbarkeit und meiner Freude zu interpretieren, ein wenig von
dem zurückzuzahlen, was er der TFF und mir persönlich in all
diesen Jahren so großzügig gespendet hat - nicht zuletzt, wie
ich hinzufügen darf, indem ich all diese Artikel las und
redigierte, bevor ich sie veröffentlichte!
Es ist nicht leicht, vielleicht sogar unmöglich, herauszufinden,
wer Richard Falk ist, der seit so vielen Jahren unaufhörlich in
der ganzen Welt schreibt und spricht. Aber es genügt hier, die
unglaubliche Vielfalt einfach zu feiern. Richards lebenslanges
Engagement für das palästinensische Volk sticht hervor - ebenso
wie kritische Analysen des Militarismus und Interventionismus
der USA und der NATO; natürlich die Entwicklungen und Kriege im
Nahen Osten; das Völkerrecht und insbesondere die UNO - wir
teilen ein großes Herz für ihre Grundidee und ihre Rolle in der
Welt - sowie Gewaltlosigkeit und Frieden und die Analyse
aktueller Themen wie dieses von vor wenigen Tagen. .
Richard Falk ist Jude und erklärt, was diese Identität für ihn
bedeutet und, nebenbei bemerkt, warum er trotz seiner kritischen
Haltung zum Zionismus nicht als selbsthassender Jude
kategorisiert werden kann, wie er es bisher war. Er spricht
vielmehr aus einer ökumenischen Perspektive - von großer
Bedeutung für das Weltfriedensdenken:
"In einer grundlegenderen Hinsicht war meine eigene Entwicklung
immer misstrauisch gegenüber denen, die tribalistischen oder
sektiererischen Identitäten den Vorrang geben. Mit anderen
Worten: Es ist in Ordnung, das Jüdischsein zu bejahen, aber es
sollte nicht Vorrang vor dem Menschsein haben oder offen und
empfänglich für die Einsicht und Weisheit anderer Traditionen
sein. Wir sind in der politischen und kulturellen Entwicklung an
einem Punkt angelangt, an dem unser zukünftiges Gedeihen als
Spezies entscheidend von der Verbreitung eines ökumenischeren
Ethos abhängt. Wir haben diese Umarmung des Andersseins in Bezug
auf das Essen, mit dem Aufkommen der "Fusionsküche" und in Bezug
auf die Populärkultur, insbesondere die Musik, zum Ausdruck
gebracht, wo alle Arten von Anleihen und Synthesen als
aufregend, authentisch und wertvoll empfunden werden".
Und...
"Meiner Erfahrung nach ist unter unseren historischen Umständen
eine ökumenische und integrative spirituelle Identität und die
damit verbundenen ethischen und politischen Verpflichtungen am
besten geeignet. Was die kollektive Sensibilität der Völker der
Erde für die Herausforderungen, mit denen die Menschheit
konfrontiert ist, wecken würde, ist eine Bewegung der
spirituellen und ethischen Globalisierung, die sich dem
Universalen durch das Eintauchen in eine Vielzahl von
Besonderheiten nähert.
In diesem Sinne möchte ich sagen: Ja, ich bin Jüdin und stolz
darauf, aber ich bin gleichermaßen einheimisch, sufisch,
hinduistisch, buddhistisch, muslimisch und christlich in dem
Maße, wie ich es mir erlaube, an ihren Ritualen teilzunehmen, an
ihren heiligen Texten teilzuhaben und die Gelegenheit zu suchen
und zu nutzen, ihren Herren zu Füßen zu sitzen. Viele Menschen,
die ein benachteiligtes Leben führen, haben solche ökumenischen
Möglichkeiten nicht oder wünschen sie sich nicht und können sich
diesem universellen Ideal am besten nähern, indem sie die
integrativen Möglichkeiten ihrer eigenen religiösen und
kulturellen Realität ausfindig machen".
Natürlich wurde er, wie viele andere Experten, die Israels
Politik im Allgemeinen und die Politik gegenüber den
Palästinensern kritisch beurteilen, des Antisemitismus
bezichtigt. In diesem kurzen Video vom Herbst 2019 werden Sie
sehen, wie er - vorsichtig mit Formulierungen rund um die
Komplexität des Themas - erklärt, wie die Ablehnung/Ablenkung
aller Kritik des Zionismus als Antisemitismus mehr Dimensionen
und Zwecke hat, als wir vielleicht gedacht haben. In der Tat ist
diese kurze Sequenz eine Perle der Pädagogik.
Richards Schreibstil hat literarische Qualitäten, die weit über
den normalen akademischen Text hinausgehen - und zwar ohne seine
Präzision und den Versuch einer rationalen Argumentation zu
verlieren. Das mag sehr wohl mit seiner Lektüre von Belletristik
und seinem eigenen Schreiben von Gedichten zu tun haben.
Sie werden in der Skizze Memoiren - Verlorenes zu verteidigen -
sehen, wie literarisch-philosophische Klassiker wie Albert Camus
sein Denken beeinflusst, nicht nur über externe akademische
Fragen und die Welt, sondern auch darüber, was es bedeutet, ein
Intellektueller zu sein, der in dieser Welt verantwortungsvoll
handelt und - selbst in dunklen Zeiten - die Fallen des
Hoffnungsverlustes und der Überwältigung durch die Angst
vermeidet.
In diesem Artikel würdigt er einen seiner liebsten Freunde, den
Literaturprofessor Edward Said (1935-2003), der von Saids Essay
"On lost causes" aus dem Jahr 1997 ausgeht, auf den er in diesem
2014 in The Nation erschienenen Artikel über die Zukunft
Palästinas näher eingeht.
Erst als er 80 Jahre alt wurde, begann Falk mit seinem
persönlichen Blog "Global Justice in the 21st Century", der
Beiträge in einer faszinierenden Vielfalt und in einer Menge
enthält, dass man sich fragt, ob der Mann jemals schläft (er
behauptet, dass er schläft, vermittelt aber den Eindruck, dass
Schlaf für ihn eine unglückliche, notwendige Zeitverschwendung
ist; dieses Gefühl teilen wir).
Nicht zu übersehen ist, dass er in diesem Blog direkt und
indirekt untersucht, was es bedeutet, das zu sein, was er einen
Bürgerpilger nennt. Er definiert dies als eine Identität, die
durch einen wertschätzenden Bezug auf "den Bürger-Pilger"
geformt wird, d.h. auf den Bürger, dessen Gewissen auf andere
gerichtet ist, ohne Raum- oder Zeitgrenzen oder solche
kontingenten Identitätsmerkmale wie Nationalität, Ethnizität,
Rasse, Religion, Geschlecht, Klasse zu beachten. Der
Bürgerpilger hat sich auf eine im Wesentlichen spirituelle Reise
oder Pilgerfahrt begeben und sucht eine inspirierende Zukunft,
die weder machbar noch unmöglich erscheint. Eine solche
inspirierende Hingabe minimiert auch die phantasievollen
Abschottungen der Sterblichkeit, indem sie die Gewissheit des
Todes zu einem Teil des Lebens macht und dieses Schicksal
akzeptiert, ohne den Trost metaphysischer Fiktionen zu suchen
und somit nicht zutiefst beunruhigt zu sein über das "Sterben
des Lichts".
Wie ich oben angedeutet habe, hat sich Richard parallel zu
seiner akademischen und politischen Produktion konsequent mit
dem auseinandergesetzt, was es bedeutet, ein
verantwortungsbewusster Intellektueller zu sein - über die
moralischen Aspekte seines Lebensprojekts und seines mäandernden
Weges. "Responsible scholarship in dark times" aus dem Jahr 2007
ist nur eines von vielen solch nachdenklichen Stücken - selten
in der akademischen Welt - mit der größten Relevanz für die
heutige - nicht weniger dunkle - Welt, in der wahres Wissen,
ganz zu schweigen von Weisheit, gegen die banalitätsbedingte
Zeitspannenkontrahierung und impulsive Klick-Marotte des
schnellen Marktes verloren zu haben scheint, der schnellen,
klugen Meinungen den Vorrang vor der langsameren Wissensbildung
gibt - kurz gesagt, ein neues Analphabetentum.
Die Welt als Ganzes und wie wir sie heute in einer
makrohistorischen Perspektive erleben, hat sich nicht zum
Besseren entwickelt, zu dem, was er erkämpft und erhofft hat.
Aber ist er frustriert?
Richard Falk in Lund, Schweden, März 2018 - aus einem Interview
mit dem Autor
Anti-Krieg und für den Frieden
Diese kleine Hommage an einen der produktivsten und am
elegantesten argumentierenden Sozialwissenschaftler unserer Zeit
kann nur kaleidoskopisch sein. Dem Leser wird empfohlen, das
Falk-Universum und seine Aufklärung auf eigene Faust zu
erkunden, vielleicht durch einige der in diesem Artikel
angebotenen Links.
Von besonderer Bedeutung für unsere Beziehungen zu ihm ist
natürlich sein tiefer Glaube an und sein Eintreten dafür, alle
der Menschheit zur Verfügung stehenden zivilen Mittel zu nutzen
und Gewalt nur als letztes Mittel einzusetzen, ganz im Einklang
mit Artikel 1 der UN-Charta - deren Förderung die Aufgabe des
TFF ist.
Ein Beispiel. Bereits im September 2002 - etwa ein halbes Jahr
vor der Invasion und Zerstörung des Irak durch die USA mit ihren
Verbündeten unter Goerge W. Bush - hat Falk in diesem kurzen
Artikel über die TFF - "Ein Fahrplan zum Krieg" - das gesamte
Projekt intellektuell, rechtlich, politisch und moralisch
auseinandergenommen: Eine fehlerhafte Debatte".
Falk brachte seine sachliche und intuitive Vorkriegskritik
ebenso prägnant zum Ausdruck wie andere TFF-Mitglieder wie Hans
von Sponeck, Johan Galtung, Brian Martin, David Krieger, Burns
Weston, Birgitte Rahbek, Else Hammerich und ich, um einige der
damals eher lautstarken Anti-Interventionsstimmen zu nennen.
Es ist bemerkenswert, dass alle TFF-Mitglieder, die vor Beginn
dieses Krieges nachdrücklich davon abgeraten hatten, auch die
katastrophalen Folgen dieses Krieges für den Irak sowie die
Möglichkeit einer neuen und freundlicheren Weltordnung
vorhersagten, die durch den Untergang der Sowjetunion und des
Warschauer Paktes möglich geworden war. Doch nur wenige
Politiker und Medien in den USA und den NATO-Ländern hatten den
Wunsch oder die Fähigkeit, zuzuhören. Heute verursachen die
Folgen dieses unsensiblen und selbstzerstörerischen Militarismus
den Niedergang der USA und der NATO selbst.
Falks Hingabe an Gandhi, an eklektizistisches gewaltfreies
Denken und Politik, kann in diesem Artikel auf der Homepage der
TFF "Mahatma Gandhi und die Wiederbelebung gewaltfreier Politik
am Ende des 20. Jahrhunderts" - bereits 1998 - genossen werden.
Sollte zum ersten Mal ein Friedensnobelpreis an einen Friedens-
und Konfliktforscher verliehen werden, stünde Richard Falk ganz
oben auf der Shortlist. Glücklicherweise steht er auf der Liste
der "Nobel Prize Watch". Hier können Sie die Motivation für
seine Nominierung lesen, jedes Jahr in den letzten 12 Jahren.
Doch wie Johan Galtung und die anderen qualifizierten Personen
auf dieser Liste ist Falk wahrscheinlich zu zentral für die
wesentlichen Friedensbelange, wie Alfred Nobel sie in seinem
Willen zum Ausdruck gebracht hat, jemals überhaupt in Betracht
gezogen zu werden - nicht, dass es ihn meiner Meinung nach im
Geringsten stört.
Meine Frau und Mitbegründerin Christina - und viele andere
TFF-Associates - schließen sich Ihnen heute an, um Ihnen, lieber
Richard, für Ihre Freundschaft, Mentorschaft und
TFF-Associateship über mehr als 40 Jahre hinweg zu danken.
Wir freuen uns darauf und wünschen Ihnen und Ihrer Frau Hilal
Elver für die kommenden Jahre alles Gute, insbesondere gute
Gesundheit, damit Sie Ihre Bürgerpilgerreise, die zweifellos
weit über Ihre Zeit und Ihren Raum hinaus inspirierend sein
wird, mit Freude fortsetzen können. Und setzen Sie auch Ihre
täglichen Ping-Pong-Spiele fort...
Hilal & Richard im Haus der Gründer, März 2018
Sie können Richard Falk gratulieren:
falk@global.ucsb.edu
oder an rfalk@princeton.edu
schreiben.
Quelle und weitere links >>>
|